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    Christian Meier
    Athen:
    Ein Neubeginn der Weltgeschichte


    Pantheon 2012
    Paperback, Klappenbroschur,
    720 Seiten, € 16,99


    Leseprobe:

    DIE GESCHICHTE einer Stadt während vier Generationen ist das Thema dieses Buchs. Da es sich um Athen während des ausgehenden sechsten und des fünften Jahrhunderts vor Christus handelt, in jener Epoche, da dort die Weltgeschichte einen neuen Anfang nahm, mußte zugleich die Vorgeschichte ausführlicher behandelt werden. Denn in jenem Athen entfesselte und konzentrierte sich ja, was lange angelegt war; es spielte sich das entscheidende Stück eines welthistorischen Sonderwegs ab: einer Kulturbildung ohne prägende Rolle von Monarchie oder Religion, die in kleinen Städten statt in großen Reichen ihre politische Form fand und so erstmals die Möglichkeit zur Demokratie entwickelte, das heißt zu vielen und ganz neuen Weisen der Not und – der Freiheit. Zur Geschichte Athens gehört es also, daß der Frage, wie es überhaupt zu den Griechen kam, gründlicher nachgegangen wird als nur in einem einleitenden tour d’horizon.

    Siehe auch Leseprobe Random hier.

    Dazu der Deutschlandfunk am 1.1.2020:


    Zeitfragen | Beitrag vom 01.01.2020

    Althistoriker Christian Meier
    Was unsere Demokratie von den alten Griechen lernen kann


    Christian Meier im Gespräch mit Winfried Sträter

    Die Zukunft der Demokratie ist ungewiss, sagt Christian Meier angesichts der „totalen Krise“ unserer Zeit. Doch die antiken Griechen hätten das Wunder vollbracht, aus einer tiefen Krise heraus eine Demokratie zu erfinden, die anspruchsvoller war als unsere.

    Für den 1929 geborenen Historiker Christian Meier steht die Menschheit vor Fragen wie nie zuvor in der Geschichte: „Wir leben in einer totalen – vielleicht kann man sogar sagen: anthropologischen – Krise. Was sind eigentlich künftig Menschen?“, fragt Meier.

    Aufgewachsen mit Zeitungen und Büchern habe man früher die Welt einigermaßen überblicken können. Heute sei das Problem: „Können wir überhaupt noch intendieren, unsere Schüler im Laufe der Schulzeit so weit aufs Leben vorzubereiten, dass sie in dem Ausmaß erwachsen sind, wie man vor 50 Jahren in diesem Alter erwachsen wurde?“ ...

    deutschlandfunkkultur.de 1.1.2020

    Zu Christian Meier gibt es bei uns über 30 Einträge!

    Sigmar Salzburg

    06.01.2020 10:56   Bücher  »  Ordentlich gedruckte Bücher   Beitrag einzeln



    <I>Auch „Spiegel“ verschweigt den Volksentscheid S-H, ...</I>
    ... erwähnt ihn nur unter einem Foto und täuscht über den Dolchstoß gegen den Widerstand im eigenen Hause hinweg.
    Rechtschreibreform 1998

    Dann schreib doch, wie du willst
    Als vor 20 Jahren die Rechtschreibung umgepflügt wurde, wehrten sich Eltern und Lehrer, Schriftsteller und Journalisten. Ein regelrechter Kulturkampf - viele pfiffen in "zivilem Ungehorsam" auf den Neuschrieb.


    Von Norbert F. Pötzl [bis 2013 Spiegel-Redakteur]

    [Bild: Verkehrsschild mit Aufschrift „Reisverschluss“] Fotos

    Mittwoch, 01.08.2018 15:58 Uhr

    Die Empörung war enorm, der Widerstand ebenso. Profis wie Laien forderten, eine von oben herab verordnete Reform zu stoppen, die sie für so absurd wie unnötig hielten. Eine Bewegung wie ein paar Jahre zuvor gegen die Volkszählung machte gegen neue Rechtschreibregeln mobil. Meinungsumfragen ergaben stets breite Mehrheiten dagegen. Eltern, Lehrer und Schüler liefen Sturm, einige zogen sogar vor Verwaltungsgerichte, die teils für, teils gegen die Kläger entschieden.

    Mehr als 100 deutsche Intellektuelle verurteilten die geplanten Schreib-Vorschriften in einer "Frankfurter Erklärung" zur Buchmesse 1996. Diesem "Amtsfetisch" einiger "Sesselfurzer" sollten sich die Schriftsteller nicht beugen müssen, wetterte Hans Magnus Enzensberger. Günter Grass verfügte, dass seine Werke auch künftig nach traditionellen Regeln gedruckt werden. Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki nannte den Neuschrieb "unzweifelhaft eine Katastrophe".

    Letztlich half alles nichts. Am 1. August 1998 wurde die "neue Rechtschreibung" für Schulen und Amtsstuben verbindlich. Das Bundesverfassungsgericht ebnete kurz zuvor den Weg, indem es eine Verfassungsbeschwerde Lübecker Eltern zurückwies: Für die neue Rechtschreibung sei kein Gesetz vonnöten, es genüge ein kultusministerieller Erlass.

    Die Spracheiferer der Nazizeit

    Damit war der Kulturkampf aber noch keineswegs beendet. Im Gegenteil: Jetzt ging es erst richtig los. Und selten fanden Profi-Sprachforscher wie auch Hobby-Besserwisser so viel Aufmerksamkeit wie in dieser langen Debatte, die noch deutlich hitziger verlief als etwa der Streit um die Einführung der Mengenlehre oder des Sexualkundeunterrichts in den Siebzigerjahren.

    Erste Reformpläne gab es, genau genommen, schon 1944. Mitten im Krieg wollte Bernhard Rust, nationalsozialistischer Minister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, etliche Änderungen an der seit 1901 gültigen Orthografie durchsetzen; sie basierte auf dem "Vollständigen Wörterbuch der deutschen Sprache", das der Gymnasiallehrer Konrad Duden 1880 veröffentlicht hatte.

    Rust ließ eine Liste von teils rigorosen Vorschlägen erstellen:

    • Großbuchstaben sollte es nur noch bei Eigennamen und am Satzanfang geben.
    • Fremdwörter sollten generell eingedeutscht werden - wie zum Beispiel fosfor oder schofför.
    • Dehnungsbuchstaben sollten entfallen - das bot, der kan, di libe.
    • Ein f sollte generell das v ersetzen - das fi, der frefel.
    • Statt ai sollte es nur noch ei geben - keiser.

    Hitler stoppte das Vorhaben, weil eine Rechtschreibreform alles andere als kriegswichtig sei.

    Später nahmen Reformer, etliche dieselben wie einst im "Dritten Reich", einen neuen Anlauf. 1954 übergaben Sachverständige einer "Arbeitsgemeinschaft für Sprachpflege" den westdeutschen Kultusministern einen Katalog an Empfehlungen, die bis auf wenige Retuschen denen von NS-Minister Rust glichen.

    1980 wurde ein "Internationaler Arbeitskreis für Rechtschreibreform" von Germanisten aus der Bundesrepublik, der DDR, der Schweiz und Österreich gegründet und trieb die Bemühungen wieder voran. Sieben Jahre später beauftragte die Kultusministerkonferenz das Institut für deutsche Sprache in Mannheim, ein neues Regelwerk zu entwerfen. Die Öffentlichkeit quittierte die 1988 vorgelegten Vorschläge mit Hohn - man feixte vor allem über den Keiser im Bot. Freilich war nur wenigen bewusst, dass eben solche radikalen Änderungen schon linguistische Eiferer der Nazizeit angestrebt hatten.
    Was wurde nicht gegen den Althistoriker Prof. Christian Meier gegiftet, als er es wagte, die Wurzeln der „Reform“ in der Nazizeit zu verorten! – Das folgende Bekannte ist einigermaßen objektiv beschrieben, mit einer „kleinen Ungenauigkeit“:
    Im Jahr 2000 kehrte die "FAZ" zur "bewährten Rechtschreibung" zurück. Im August 2004 schlossen sich der SPIEGEL [nur verbal, denn Stefan Austs Vorhaben wurde vom Spiegelkollektiv boykottiert!] und die Zeitungen des Axel-Springer-Verlags dem "Akt des zivilen Ungehorsams" (so der damalige SPIEGEL-Chefredakteur Stefan Aust) an: Die Reform sei eine "zwangsneurotische Bürokratenlösung".
    [...]
    ... um die Reform zu retten, wurde 2004 der "Rat für deutsche Rechtschreibung" gegründet. Vorsitzender war der langjährige Kultus- und Wissenschaftsminister Zehetmair, der an der Reform mitgewirkt hatte und nun mit seinen Kollegen Korrekturen vornahm. "Von den rund 10.000 reformierten Duden-Einträgen", rechnete der Erlanger Germanistikprofessor und Reformgegner Theodor Ickler nach, "wurden etwa 4000 nochmals geändert."

    Der SPIEGEL folge "den bisherigen Ergebnissen der Zehetmair-Kommission, insbesondere den Änderungen in der Getrennt- und Zusammenschreibung", verkündete Chefredakteur Aust. "Sie sind eine Rückkehr zur Vernunft."

    Ex-Minister Zehetmair zeigte sich überraschend reumütig. In einem Interview bekannte er 2003: "Wir hätten die Rechtschreibreform nicht machen sollen."

    spiegel.de 1.8.2018
    In Schleswig-Holstein gelang der Volksentscheid gegen die „Reform“, weil er zusammen mit der Bundestagswahl stattfand und er von allen Hürden der Bundesländer eine der niedrigsten zu überwinden hatte – im Gegensatz zu Niedersachsen, wo sie höher waren und der Erfolg durch die perfide Nichtanerkennung von 100000 Unterschriften endgültig torpediert wurde. Dennoch wurden die Hürden in Schleswig-Holstein mit der Verfassungsreform noch einmal gesenkt, weil anders das Volk kaum an Volksentscheide käme.

    1998 sammelte die Bürgerinitiative „WIR gegen die Rechtschreibreform“ im Volksbegehren die in Schleswig-Holstein nötigen 110000 Unterschriften zur Einleitung eines Volksentscheids. Sie gewann damals die Zustimmung von 885511 Bürgern oder 56,4 Prozent der gültigen Stimmen für ihr Gesetz zur Abwehr der Schreibreform-Indoktrination an den Schulen. Dies wurde allerdings nach nur einem Jahr durch die dummdreisten Parlamentarier annulliert. Trotzdem schlug den Übeltätern wohl das Gewissen, denn sie bestimmten kurze Zeit nach diesem Schurkenstreich, daß Volksentscheide künftig erst nach zwei Jahren angegriffen werden dürften.

    In der neuen Verfassung von 2014 wurde dann das Quorum für ein Volksbegehren auf 80000 Unterschriften und die erforderliche Mindestzustimmung von 25 Prozent der Wahlberechtigten auf 15 Prozent gesenkt. (Daran kann man ermessen, wie demokratiefeindlich die Hürden in den Ländern der gescheiterten Volksbegehren wie Niedersachen, Bremen, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern waren und teilweise noch sind.)


    Sigmar Salzburg

    03.08.2018 08:53   Rechtschreibforum  »  Spiegel Online   Beitrag einzeln

    Enzensberger reformfrei im „Spiegel“
    Heute morgen blätterte ich im Wartezimmer im „Spiegel“ (den ich seit seinem „Reform“-Umfall nicht mehr kaufe). In Nr. 17 vom 21. April 2018 fand ich einen längeren Text, oh Wunder, in bewährter Rechtschreibung. Der Verfasser war, kein Wunder, Hans Magnus Enzensberger, der mit seinem Verdikt der Reformmacher als „Sesselfurzer“ für sich schon moralisch eine Unterwerfung ausgeschlossen hatte – was aber für andere kein Hinderungsgrund gewesen wäre. Sein Essay hatte den Titel „Lebenskünstler“. Es ging um Ricarda Huch, Curzio Malaparte, Gustav Regler, Nadeschda Mandelstam ...

    Leider wurde ich zu schnell abgerufen, aber mir fiel noch ein, daß zur Zeit der eifernden Zwangsunterwerfung die Spiegel-Redaktion darauf bestanden hatte, einen Text des Althistorikers Christian Meier in die „gültige“ Rechtschreibung zu konvertieren und dieser daraufhin auf die Veröffentlichung verzichtete.

    Die weltfremden, aber parteilichen Bundesverfassungsrichter haben reichlich danebengegriffen, als sie dem größten und sinnlosesten Erpressungswerk der Kultusminister und ihrer Hintermänner ihren Segen erteilten:


    „... auch für die Zeit nach dem 31. Juli 2005 ist nicht erkennbar, daß ein Festhalten an den überkommenen Schreibweisen für den Schreibenden mit gesellschaftlichem Ansehensverlust oder sonstigen Beeinträchtigungen der Persönlichkeitsentfaltung verbunden sein könnte.“ (Bundesverfassungsgericht 14.7.1998)
    Sigmar Salzburg

    18.05.2018 13:40   Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen  »  Spiegel   Beitrag einzeln

    Lengsfelds Rede im Hambacher Schloß
    Vera Lengsfeld, die Kämpferin gegen das SED-System der DDR, hat ziemlich schnell ihren Kotau vor dem ss-System der Kultusminister gemacht, obwohl sie noch 2004 den (schon vermerkelten) Gruppenantrag der Bundestagsabgeordneten gegen die Rechtschreib„reform“ mit unterzeichnet hatte. So umgeht sie den ständigen Ärger, daß sich die Medien das Recht herausnehmen, jegliche Veröffentlichungen in die „gültigen“ Schreibweisen umzufälschen.

    Ihre jüngste Rede auf dem „Neuen Hambacher Fest“, einer Veranstaltung eines konservativen CDU-Professors, hat sie sicherheitshalber parallel auf ihrer Homepage veröffentlicht, um nicht das Schicksal Akif Pirinçcis und Björn Höckes zu erleiden, durch mißverstehenwollende Umfälschungen dem Lynchmob der Correctness-Mafia vorgeworfen zu werden. Sehen wir uns also die Lengsfeldsche Rede auf die „Reform“ hin an:
    Vera lengsfeld - Rede zum Hambacher Fest 5. Mai 2018

    „Reform“ in 3023 Wörtern: 26 häßliche, nichts erleichternde „dass“, 20 sonstige traditionszerstörerische „Reform-ss“, 1 blöde Großschreibung: „vor Kurzem“.
    Das heißt: Die neuen „ss“ sind die „Reform“, oder ihr „Herzstück“, wie der Althistoriker Christian Meier sie nannte, 56 Prozent sind also völlig nutzlos und fehlerträchtig, 42 Prozent sind häßlich, schlecht leserlich („Missstand“) und ebenfalls fehlerträchtig. Der Rest der „Reform“, hier errechnet 2 Prozent, ist mühsam zusammengeklaubter Unfug, ein Kulturschurkenstück der Kultusminister und absegnenden Verfassungsrichter. Frau Lengsfeld zitiert allerdings anständigerweise aus der Rede Jacob Friedrich Siebenpfeiffers auf dem berühmten ersten Fest von 1832 im Hambacher Schloß in der damaligen Rechtschreibung:
    ... die Regungen der Vaterlandsliebe sind uns unbekannt, die Erforschung dessen, was dem Vaterlande Noth thut, ist Hochverrath, selbst der leise Wunsch, nur erst wieder ein Vaterland, eine frei-menschliche Heimath zu erstreben, ist Verbrechen... wir beneiden den Nordamerikaner um sein glückliches Loos, das er sich muthvoll selbst erschaffen...
    Es ist die Klagerede darüber, daß Deutschland von zahllosen Kleindiktatoren nach Gutdünken und von „Gottes“ Gnaden beherrscht wird – so wie es heute wieder von vaterlandslosen Volksver(t)rätern übertölpelt wird. Eins ist in Lengsfelds Rede bemerkenswert:
    Als die Grenzöffnung täglich zehntausende Einwanderer anzog, also auf dem Höhepunkt der illegalen Masseneinwanderung, sagte Angela Merkel in der Sendung „Was nun?“ des ZDF am 13.November 2015: „Ich kämpfe für den Weg, den ich mir vorstelle, für meinen Plan, den ich habe, … aus Illegalität Legalität zu machen.“

    Die Kanzlerin hat damit in aller Deutlichkeit klar gemacht, dass es sich nicht um einen Unfall handelte, als sie im September 2015 die Grenzen für eine beispiellose Masseneinwanderung öffnete, sondern dass es ihr Plan war.

    Inzwischen wird der ungesetzliche Zustand an unseren Grenzen zu einer Art Gewohnheitsrecht erklärt.

    Was ihr Plan ist, hat die Kanzlerin der Bevölkerung bis heute nicht verraten. Aber langsam wird klar, dass die Masseneinwanderung verstetigt werden soll, hinter dem Rücken der Bevölkerung, die das mit großer Mehrheit ablehnt.
    Die Kanzlerin hat sich im Beifall der Linksmafia und der Mainstream-Medien ermutigt gefühlt, wie der kleine Goethe, als er unter dem Beifall des Straßenvolks vor dem Haus das elterliche Geschirr zerschmiß. Jetzt sucht sie, ihr illegales Handeln in legales umzuwandeln. Das war allerdings schon durch die fast konspirativ vereinbarten „Resettlement & Relocation“-Programme von 2012 *) vorgezeichnet, die nie im Parlament behandelt wurden.

    *) Damals sprachen die Innenminister von 300, heute wird die Aufnahme von 200000-300000 „Flüchtlingen“ pro Jahr als moralische Pflicht hingestellt.

    Sigmar Salzburg

    13.05.2018 05:59   Rechtschreibforum  »  Verantwortungslose Politiker   Beitrag einzeln

    Reformpädagoge von Hentig und die Rechtschreibreform
    Heute morgen war auch ich auf das in den SHEV-Nachrichten genannte Interview (spiegel.de 26.8.2011) zum Fall Odenwaldschule gestoßen und hatte schon einiges über Hartmut von Hentig hier im Archiv herausgesucht:

    Wie dem auch sei, Hentig und andere sind verantwortlich für die durchschlagende Wirkungslosigkeit der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, die das Thema Rechtschreibreform zunächst verschlafen und dann verschlampt hat. Ickler 26.10.2000

    Bei der heutigen Herbsttagung der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung stellte deren Präsident, Professor Christian Meier, die Akademie-Studie von Birken-Bertsch und Markner: "Rechtschreibreform und Nationalsozialismus" vor. Laut Hessen-Videotext hätten sich der Dortmunder "Linguist" Zabel und der Pädagoge von Hentig gegen die Ausführungen von Professor Christian Meier verwahrt. Riebe 26.10.2000

    Hartmut von Hentig ist mittlerweile ebenso wie zuvor Friedhelm Kemp und Harald Weinricht aus der Orthographiekommission der Darmstädter Akademie zurückgetreten... Auf der Pressekonferenz machte er eine traurige Figur, als er anmerkte, in Norwegen habe es ja schließlich auch Rechtschreibreformen gegeben… Markner 27.10.2000

    Sigmar Salzburg

    26.08.2011 08:38   Rechtschreibforum  »  Rechtschreibung und Pädagogik   Beitrag einzeln

    Christian Meier besteht auf bewährter Rechtschreibung
    Meine Suche nach „bewährter Rechtschreibung“ beantwortete Google News mit »Meinten Sie: "bewehrter Rechtschreibung"«, zeigte dann aber doch:

    Habermas gegen Habermas verteidigen! - 25 Jahre Historikerstreit
    Endstation Rechts - ‎Vor 9 Stunden‎
    Der Althistoriker Christian Meier bestand dabei darauf, dass sein Text in bewährter Rechtschreibung belassen wird.

    Der Hinweis steht im Vorwort von Mathias Brodkorb »zum morgen erscheinenden Buch "Singuläres Auschwitz?"« über den sogenannten „Historikerstreit“ – hier ein kleiner Ausschnitt:

    Habermas gegen Habermas verteidigen! Ein etwas anderes Vorwort

    … Gerne würde ich den Lesern präsentieren, was genau Habermas zu meinen Anfragen sagte, aber einer Veröffentlichung seiner Briefe oder einzelner Zitate stimmte er auf Nachfrage ausdrücklich nicht zu. Man muss sich dies gerade bei Habermas besonders deutlich vor Augen führen: Ausgerechnet der Erfinder der „Theorie des kommunikativen Handelns“ und Anhänger des eigentümlich zwanglosen Zwangs des „besseren Argumentes“ erweist sich selbst als diskursunwillig. …

    Vorliegender Sammelband vereint daher Gespräche und Texte höchst unterschiedlicher Herkunft und Blickrichtung. Dieser perspektivische Pluralismus ist gewollt, hätte allerdings noch ausgreifender ausfallen können. Der Althistoriker Christian Meier bestand dabei darauf, dass sein Text in bewährter Rechtschreibung belassen wird. Sein Text bietet auch Anlass für einen weiteren Hinweis. Meier ist aus der Zeit des Historikerstreites als ein um Ausgleich bemühter Zeitgenosse bekannt geworden. Dieser Stil prägt auch seinen Beitrag für diesen Band. Nach Übersendung des Textes ergab sich jedoch ein Telefongespräch zwischen Meier und dem Herausgeber, in dem Meier bemerkenswerte Vorwürfe gegen Jürgen Habermas erhob. Der wesentliche Inhalt dieses Gespräches ist Meiers Beitrag als Nachtrag beigefügt. Mit diesen Vorwürfen konfrontiert sah sich auch Habermas zu einer kurzen Stellungnahme veranlasst, die ebenfalls dem Nachtrag zu entnehmen ist.

    Freilich bedurfte es eines geraume Zeit andauernden Abwägungsprozesses, um sich zur Veröffentlichung dieser Passagen durchzuringen, denn dies ist ohne Zweifel ein ungewöhnlicher Vorgang. Schließlich habe ich mich dennoch dazu entschlossen, weil Meier mir Dokumente zugänglich gemacht hat, die seine Position stützen und durch diese Passagen mehr über Substanz und Verlauf des Historikerstreites gelernt werden kann als durch so manche umfassende theoretische Abhandlung. Auch dies ist eine traurige Erkenntnis aus dem Historikerstreit – 25 Jahre danach.

    Mathias Brodkorb

    endstation-rechts.de 10.7.2011

    Sigmar Salzburg

    10.07.2011 06:27   Beispielsammlung über Sinn und Unsinn  »  Bücher   Beitrag einzeln

    NZZ Folio 07/11
    Schlaglicht -- Manbrif in Sachen Murks

    Die 1996 beschlossene Reform der deutschen Rechtschreibung ist ein Unfug. Ausser ein paar Linguisten und Bürokraten wollte sie niemand – für alle, die schreiben, ist sie eine Belästigung.

    Von Wolf Schneider

    Wollen die Schaffhauser einen Reinfall rauschen hören? Würde ein Bordo noch Menschen finden, die ihn trinken? Nein: Unser Auge registriert nicht Buchstaben – es nimmt Wortbilder auf; und wer an denen herumdoktert, ärgert sämtliche Mitglieder seiner Sprachgemeinschaft, sobald sie lesen, und fast alle, wenn sie schreiben, nur Kinder in der ersten Klasse nicht.

    Der Schildbürgerstreich von 1996

    Zu solcher Belästigung der fast 100 Millionen Menschen deutscher Muttersprache fühlte sich vor 15 Jahren eine Handvoll Linguisten aufgerufen: Mit ihrer «Wiener Erklärung» vom 1. Juli 1996 stiessen sie eine Veränderung der Rechtschreibung an, um die niemand gebeten hatte – nicht Lehrer, nicht Journalisten, nicht Schriftsteller und schon gar nicht das Volk.

    Trank Marlborough Bordo?

    […]

    Wie konnte so viel Torheit siegen?

    Die andere Frage: Wie haben sie es geschafft, ihre Bastelei dem klaren Mehrheitswillen aufzunötigen? Erstens dadurch, dass sie sich sogleich mit der Kultusbürokratie verbündeten; als das Misstrauen zu keimen begann, waren die Weichen schon gestellt. Und zweitens durch den kalkulierten Verzicht auf allzu rabiate Vorschläge: Die Urheber der «Stuttgarter Empfehlungen» von 1954 wurden sofort ausgelacht, als sie die totale Kleinschreibung propagierten und obendrein das Dehnungs-h und das Dehnungs-e abschaffen wollten: manbrif hätten wir schreiben sollen, birhan auch.
    [...]
    Wolf Schneider ist Schriftsteller; er lebt in Starnberg (D).

    Voller Text: nzzfolio.ch 5.7.2011

    Schneiders Bücher erscheinen reformiert. 2004 hatte er sich in einer Fernsehdiskussion entschuldigt: „Ich bin nicht in der Lage von Günter Grass. Ich habe mein Manuskript in der guten alten Rechtschreibung abgeliefert, und der Verlag wird schon irgendeinen Computer daransetzen, um den Text zu versaubeuteln.“ – Sollte sich wirklich kein Verlag finden, der seine Bücher in der von ihm bevorzugten Rechtschreibung abdruckt? Prof. Christian Meier schafft es doch auch!
    Sigmar Salzburg

    06.07.2011 06:07   Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen  »  NZZ Neue Zürcher Zeitung   Beitrag einzeln

    Glaube an die Demokratie erheblich erschüttert ...
    Ein Historiker für besonders schwierige Fälle

    Gespräch mit Christian Meier über das Vergessen – Vortrag in Oldenburger Universität


    [Uralt-Bild mit altem Begleittext]
    Der Althistoriker und ehemaliger Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Christian Meier, aufgenommen am 11.10.1996 (Archivfoto), feiert am 16.02.2004 seinen 75. Geburtstag. Meier gilt als entschiedener Gegner der Rechtschreibreform und wird auch sein geplantes Buch über Europa auf jeden Fall nicht in neuer Rechtschreibung verfassen. Der Streit um die Reform habe bei ihm den Glauben an die Demokratie erheblich erschüttert, wie er sagt.

    [Es folgt eine kurze Gesprächswiedergabe. Schließlich:]

    Kann man generell aus der Geschichte lernen? … „Ja, man kann – wenn man will“. Aber die wenigsten Politiker seien historisch gebildet. Und die meisten seien auch noch beratungsresistent.

    Nordwest-Zeitung 15.6.2011

    Sigmar Salzburg

    15.06.2011 09:06   Rechtschreibforum  »  Verantwortungslose Politiker   Beitrag einzeln

    Wie die Politik den Bürger ausschaltet
    Anders als der Althistoriker Christian Meier läßt der Philosoph Peter Sloterdijk zu, daß seine Gedanken in reformierter Rechtschreibung veröffentlicht werden. Daher dürfen sie auch im Spiegel erscheinen. Von ihm ist bei Spiegel online jetzt ein umfangreicher Essay zu lesen, wohl angeregt durch „Stuttgart 21“ und die Finanzkrise. Auch die „Rechtschreibreform“ hätte dabei eigentlich erwähnt werden müssen, deren Ablauf beispielhaft für Politikerarroganz und die erwähnten Mißstände ist. – Hier nur einige markante Sätze (Hervorhebungen von mir):

    Der verletzte Stolz

    Von Peter Sloterdijk

    Über die Ausschaltung der Bürger in Demokratien

    Wann immer Politiker und Politologen sich über den Zustand einer modernen res publica Gedanken machen, drängen Reminiszenzen an das alte Rom sich auf. … Mochten auch die Caesaren ihre Dekrete nach wie vor mit der geheiligten Formel "Senat und Volk von Rom" (SPQR) absegnen - es stand doch fest, dass beide Instanzen so gut wie völlig entmachtet waren…

    Was wir jetzt mit dem griechischen Ausdruck "Politik" umschreiben, ist ein Derivat des Ehrsinns und der stolzen Regungen gewöhnlicher Menschen. …

    Die Unverletztheit der zivilen Würde gilt als höchstes Gut. Der öffentliche Argwohn wacht darüber, dass Arroganz und Gier, die immer virulenten Hauptmächte der Gemeinheit, in der res publica niemals die Oberhand gewinnen…

    Hat nicht der von Großbritannien ausgehende Diskurs über "Postdemokratie", also der Gedanke, dass Bürgerbeteiligung durch die höhere Kompetenz politischer Spitzenentscheider eingespart werden kann, diskret die Parteizentralen und soziologischen Seminare in der westlichen Hemisphäre erobert? …

    Die Rechnung wurde ohne den Bürgerstolz gemacht

    … Zwar fehlt es nicht an Hinweisen darauf, dass wir postrepublikanischen und postdemokratischen Zuständen entgegengehen. Deren signifikantestes Symptom, die erneute Bürgerausschaltung durch eine monologisch in sich verschränkte Staatlichkeit, ist heute auf breiter Front zu diagnostizieren. …

    Wenn heute die Bürgerausschaltung trotz aller Aufgebote an Expertokratie und Amüsierkultur nicht ganz gelingt, so darum, weil man die Rechnung ohne den Bürgerstolz gemacht hat….

    Der unbequeme Bürger weigert sich, ein politischer Allesfresser zu sein, duldsam und fern von "nicht hilfreichen" Meinungen. Diese informierten und empörten Bürger verfielen plötzlich, man begreift nicht wie, auf den Gedanken, den Artikel 20 Absatz 2 des Grundgesetzes auf sich selbst zu beziehen, wonach alle Staatsgewalt vom Volk ausgehe. …

    Die psychopolitische Regulierung des Gemeinwesens läuft aus dem Ruder

    … In der repräsentativen Demokratie werden Bürger in erster Linie als Lieferanten von Legitimität für Regierungen gebraucht. Deswegen werden sie in weitmaschigen Abständen zur Ausübung ihres Wahlrechts eingeladen. In der Zwischenzeit können sie sich vor allem durch Passivität nützlich machen. Ihre vornehmste Aufgabe besteht darin, durch Schweigen Systemvertrauen auszudrücken…

    Den Römern der Caesarenzeit gelang ihr Entpolitisierungskunststück, weil die kaiserzeitlichen Eliten lange Zeit den Ansprüchen ihrer Bürgerwelt halbwegs brauchbare Ersatzangebote machten …

    Im Vergleich hiermit springt die Hilflosigkeit unserer politischen Klasse in allen Belangen des thymotischen Haushalts ins Auge. Sie hat den Bürgern oft nicht mehr zu bieten als die Aussicht auf Teilhabe an ihrer eigenen Kläglichkeit …

    Wird die Frage gestellt, wie das breite Volk auf die Performance der Regierenden reagiert, verzeichnen Meinungsforscher seit einiger Zeit am häufigsten die Auskunft: mit Verachtung. …

    Bürgerausschaltung als Beruf

    … Es überrascht nicht, wenn Verachtung spontan auf Verachtung antwortet…

    "Berufsprotestierer, Freizeitanarchisten, Stimmungsdemokraten, Altersegoisten, Wohlstandsverwahrloste!" In diesen Vokabeln fassten die Landesregierung und ihre Alliierten in der Hauptstadt ihre Eindrücke von den Zehntausenden zusammen, die gegen ein zerbröckelndes Großprojekt auf die Straße gingen.

    … man schuldet diesen Politikern Dank, dass sie endlich aussprachen, wie sie über die Bürger denken…

    Manche Journalisten wissen, wie sie das Ihre zum Werk der Bürgerausschaltung beitragen können…

    Bürgerausschaltung als Beruf - das ist gelegentlich noch härter als das übliche Bohren von harten Brettern…

    Für die politische Klasse kommt hinzu, dass die moderne Bürgerausschaltung sich als "Einbeziehung" des Bürgers präsentieren will…

    Die meisten Staaten spekulieren auf die Passivität der Bürger

    … Die Zukunft wird bestimmt sein vom Wettbewerb zwischen dem euro-amerikanischen und dem chinesischen Modus der Bürgerausschaltung…

    spiegel.de 8.11.2010


    Sigmar Salzburg

    13.11.2010 14:29   Demokratiefrage  »  Demokratie?   Beitrag einzeln

    Christian Meiers neuer Essay
    Christian Meier,
    Das Gebot zu vergessen und die Unabweisbarkeit des Erinnerns.
    Vom öffentlichen Umgang mit schlimmer Vergangenheit,
    München 2010 (Siedler-Verlag),
    159 S., 14,95 €

    Christian Meier wurde kürzlich eingeladen, einen Beitrag im SPIEGEL veröffentlichen, aber das Magazin weigerte sich, die vom Verfasser gewünschte Rechtschreibung zu verwenden; daraufhin verzichtete Meier. Es wird nun bald so sein, daß kein Medium mehr einen kritischen Beitrag über die Rechtschreibreform veröffentlicht (es ist schon jetzt weitgehend so). Noch nie gab es eine so strikte Tabuisierung irgendeines Gegenstandes in der deutschen Presse. (Th. Ickler FDS 6.12.06)
    Sigmar Salzburg

    25.06.2010 09:10   Bücher  »  Ordentlich gedruckte Bücher   Beitrag einzeln

    Christian Meier deformiert
    Der Althistoriker und frühere Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Christian Meier, ist als vehementer Gegner der „Rechtschreibreform“ bekannt. Einmal soll er lieber auf den Abdruck seines Artikels im „Spiegel“ verzichtet haben, als daß er ihn der Deformierung aussetzen lassen wollte.

    Nun wurde gerade eine Rezension seines jüngsten Buches „Das Gebot zu vergessen …“ auf der Seite der freidenkenden neuen „Humanisten“ veröffentlicht, die sich nicht selten übertrieben eifrig der obrigkeitlichen Schreib-Zwangsmissionierung unterwerfen. Daß davon auch Christian Meier nicht verschont wird, war allerdings nicht zu erwarten:


    Rezension 25 Jun 2010 - 09:03 Nr. 9799
    Die Unabweisbarkeit des Erinnerns
    (hpd) Der Althistoriker Christian Meier erörtert die Frage, ob der „öffentliche Umgang mit schlimmer Vergangenheit“ eher von Erinnerung oder Vergessen geprägt sein soll. Aus der historischen Betrachtung plädiert er für Letzteres, macht bezüglich der NS-Vergangenheit aber eine Ausnahme, die aber nur ab den 1960er Jahren gelten soll. …

    In seinem Essay „Das Gebot zu vergessen und die Unabweisbarkeit des Erinnerns“ heißt es mit Blick auf die Geschichte: „Immer wieder wird beschlossen, vereinbart, eingeschärft, dass Vergessen sein soll, Vergessen von vielerlei Unrecht, Grausamkeit, Schlimmem aller Art“ (S. 10).

    Diese Einschätzung belegt der Autor nach Betrachtungen zu fast zweieinhalb Jahrtausende europäischer Geschichte: Sie setzen ein in der griechischen und römischen Antike, wo man mehrmals aus Angst vor einem blutigen Bürgerkrieg und um der Gewährung des inneren Friedens willen eine Amnestie für politische Morde erließ. Denn, so Meier, „die Erinnerung an Schlimmes erzeugt gern den Drang zur Rache; was zugleich heißen kann: zu Gerechtigkeit, einer Gerechtigkeit freilich, die allzu leicht auf parteiliche Weise gesucht wird, so dass das Bedürfnis nach Widerrache entsteht“ (S. 13).

    Ähnliche Motive werden für Verdrängen und Vergessen auch für spätere historische Ereignisse im Mittelalter und der Neuzeit ausgemacht. Ihnen widmet der Althistoriker indessen nur geringe Aufmerksamkeit. Als Lehre aus dieser geschichtlichen Betrachtung formuliert Meier: „Indem man die Fähigkeit hat, einen Schlusspunkt zu setzen, verzichtet man bewusst um des Friedens willen auf die Ahndung von vielerlei Unrecht“ (S. 45).

    ... Meier schließt seine Betrachtung mit den Worten: „Die uralte Erfahrung, wonach man nach solchen Ereignissen besser vergisst und verdrängt als tätige Erinnerung walten zu lassen, ist noch keineswegs überholt. Und es ist keineswegs ausgemacht, dass tätige Erinnerung Wiederholung ausschließt“ (S. 97). …

    Armin Pfahl-Traughber

    http://hpd.de/node/9799

    Sigmar Salzburg

    25.06.2010 09:07   Dokumente  »  Unwichtige Geschichtsfälschungen   Beitrag einzeln

    Hartmut von Hentig
    Hartmut von Hentig schaltete sich in die Diskussion um die Rechtschreibreform vermittelnd mit dem Versuch der Abwiegelung und Friedenstiftung ein. Er selbst schrieb weiterhin traditionell:

    ... Bereits in der einleitenden „notwendigen Fragestellung“ knüpft deshalb Hentig, der übrigens konsequent die Regeln der neuen Rechtschreibung negiert, den roten Faden, ...
    dvpb-bayern

    Nun hat er dem „Spiegel“ seine Interview-Antworten schriftlich zukommen lassen:

    Gegenüber dem SPIEGEL aber hat er sich ausführlich geäußert. Ein Faxgerät besitzt er offenbar nicht, E-Mails schreibt er nicht. Ein Bote hat den Brief mit den Fragen vorbeigebracht und einen Tag später sieben Blätter voller Antworten abgeholt. Hentig schreibt von "erstaunlichen Unterstellungen" und betont immer wieder, dass nichts bewiesen sei: "Die Beschuldigungen müssen geklärt worden sein, bevor man anfangen kann, einen Zusammenhang mit irgendeinem pädagogischen Programm herzustellen oder zu leugnen."
    spiegel.de 14.3.10

    Hat der alte Herr (84) nun eifrig die neue Rechtschreibung geübt, um sich den reformierten Spiegelregeln anzupassen?:

    SPIEGEL: Machen Sie sich Vorwürfe, dass Sie etwas hätten bemerken müssen?
    Hentig: Nein. Die könnte ich mir doch nur machen, wenn es einen Anlass dazu gegeben hätte - eine Verdacht erregende Wahrnehmung, ein Misstrauen, ein mir zugetragenes Gerücht. Ich habe ja dauernd und genau hingesehen: voll Neid, wie gut diesem Mann gelang, auf Kinder einzugehen, ...
    spiegel.de 14.3.10

    Wir erinnern uns daran, daß der Historiker Prof. Christian Meier auf den Abdruck eines Essays verzichtet hat, um seinen Text nicht, wie verlangt, der Sick-Korrektur ausliefern zu müssen.
    Sigmar Salzburg

    14.03.2010 17:40   Dokumente  »  Unwichtige Geschichtsfälschungen   Beitrag einzeln


    Christian Meier
    + Kultur, um der Freiheit willen. Griechische Anfänge – Anfang Europas.
    Siedler Verlag, München 2009. 368 Seiten, 22, 95 €.

    nach Tagesspiegel:

    Tauchen in den Tiefen der Antike
    Denken zwischen Auschwitz und Athen: Der Historiker Christian Meier feiert seinen 80. Geburtstag

    An diesem Montag ereignet sich im Berliner Wissenschaftskolleg eine Koinzidenz, die ihren eigenen Charme hat. Die Vorstellung eines neuen Buches fällt auf den achtzigsten Geburtstags des Autors, des Historikers Christian Meier. …

    Als Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung“ (von 1996 bis 2002) focht er heftig gegen die Rechtschreibreform (auch für das neue Buch hat er auf der alten Rechtschreibung bestanden). …

    http://www.tagesspiegel.de/kultur/art772,2730807
    (Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 15.02.2009)

    Sigmar Salzburg

    16.02.2009 09:28   Bücher  »  Ordentlich gedruckte Bücher   Beitrag einzeln

    Thomas Frei sprach mit Professor Meier, auch über die Rechtschreibreform …
    … die er leidenschaftlich bekämpft.

    Pforzheimer Zeitung, 13.07.2007

    „Fasziniert in den Schriften gelesen“

    Das PZ-Interview mit Professor Christian Meier, dem der Reuchlinpreis 2007 der Stadt Pforzheim verliehen wird



    Als Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung gratuliert Professor Christian Meier der österreichischen Schriftstellerin Elfriede Jelinik zum Georg-Büchner-Preis 1998. Heute wird Meier bei einem Festakt im Stadttheater mit dem Reuchlinpreis der Stadt Pforzheim ausgezeichnet.
    Der Althistoriker Professor Christian Meier (78) erhält heute auf Vorschlag der Heidelberger Akademie der Wissenschaften den Reuchlinpreis der Stadt Pforzheim verliehen. Dieser erinnert an den großen Sohn der Stadt Pforzheim, den Humanisten Johannes Reuchlin (1455-1522). PZ-Redakteur Thomas Frei sprach mit Professor Meier, auch über die Rechtschreibreform, die er leidenschaftlich bekämpft.

    Pforzheimer Zeitung: Wie haben Sie erfahren, dass Ihnen der Reuchlinpreis 2007 der Stadt Pforzheim verliehen wird?

    Professor Christian Meier: Durch einen Anruf aus dem Pforzheimer Rathaus.

    PZ: Sie haben schon viele Preise erhalten. Was bedeutet es für Sie, der 24. Träger des Reuchlinpreises zu sein?

    Meier: Er ist der angesehenste Preis für Geisteswissenschaftler in Deutschland. Die Liste der Preisträger ist so großartig, dass man überrascht ist, auf sie geraten zu sein. Preisgewohnte Kollegen rühmen die Umstände der Verleihung in den höchsten Tönen. Pforzheim lässt einem offenbar das Herz aufgehen.

    PZ: Hatten Sie sich als Althistoriker selbst schon mit Johannes Reuchlin befasst?

    Meier: Nein, aber ich habe jetzt fasziniert in einigen seiner Schriften gelesen..

    PZ: Schwerpunkte Ihrer Forschungen sind vor allem das klassische Athen und sie späte römische Republik. Wie wir man zum Althistoriker?

    Meier: In meinem Fall durch lauter Zufälle. Eigentlich wollte ich entweder Physik und Chemie oder neuere Geschichte und Slavistik studieren. Aber ich bin nicht unglücklich. Für neuere Geschichte interessiert sich ein Historiker ohnehin. Ist er für das Altertum zuständig, steht er mit zwei Beinen in der Geschichte.

    PZ: Ihr Vorgänger als Reuchlinpreisträger, Professor Arnold Esch, hatte mit seiner Veröffentlichung „Wege nach Rom“ auch die Zeit beschrieben, in der sich Reuchlin am Vatikan mit Papst Sixtus traf. In ihrer Publikation „Athen. Ein Neubeginn der Weltgeschichte“ führen Sie den Leser in die Zeit um 500 vor Christus. Durch was wäre Reuchlin Ihrer Meinung nach damals geprägt worden?

    Meier: Vielleicht hätte er die Rolle Herodots (Anmerkung: Geschichtsschreiber) gespielt? Andere Völker, die damals interessant waren, studiert? Vielleicht gar schon Aufmerksamkeit auf die Jugend gelenkt? Oder er hätte eine griechische Grammatik geschrieben.

    PZ: „Caesar“ heißt ein weiteres Ihrer Bücher. Was fasziniert Sie an dem römischen Diktator Gaius Julius Caesar (177/102 bis 44 vor Christus) besonders?

    Meier: Der ungeheure Reichtum in der Entfaltung menschlicher Möglichkeiten. Als Außenseiter in einer Adelsgesellschaft. Als Mann, der ganz Rom auf den Kopf stellte, aller Macht auf sich versammelte und trotzdem gegenüber dem wichtigsten Problem seiner Zeit , einer Neuordnung Roms, ohnmächtig blieb.

    PZ: Es ist aber nicht nur Athen und Rom, also die alte Geschichte, mit der Sie sich beschäftigen. Sie haben stets auch die Gegenwart im Blick. So haben Sie beispielsweise den Bogen von der Antike bis Auschwitz geschlagen: Hier die Geburtsstätte der Demokratie, dort das Vernichtungslager der Nazis. Was war Ihre Intension, rund 3000 Jahre europäische Geschichte in einem Werk zu verarbeiten?

    Meier: Das Buch ist eigentlich eine Betrachtung über die Lage der Geschichte heute, nicht die Geschichte von Athen bis Auschwitz. Es sollte aber zugleich neben dem althistorischen Zentrum meiner Arbeit deren anderes zeitliches Extrem einbeziehen.

    PZ: Sie haben die Nazi-Zeit als Jugendlicher erlebt. Kann man die wirklich von „erleben“ sprechen?

    Meier: Oh, es gab da sehr viel zu erleben. Luftangriffe zum Beispiel, Flucht,m das Eintreffen der vielen Todesnachrichten, eine ganze Bevölkerung im Krieg. aber auch, für mich damals sehr traurig, im Nachhinein glücklich, die Abreise der besten Freunde, 1938, nach England.

    PZ: Schlagen wir einen Bogen in die neuere Zeit. Im Jahr 1990 erschien Ihr Buch „Deutsche Einheit als Herausforderung“. Haben die Deutschen diese Herausforderung gemeistert?

    Meier: Nein. Mit all den Überlegungen, die ich damals vortrug, und die rückblickend gesehen keine schlechten Prognosen enthielten, habe ich damals nur sehr kurzfristig Interesse gefunden. Im Grunde haben sich die Westdeutschen gar nicht vorstellen können, dass andere Deutsche freiwillig anders waren als Westdeutsche. Wir wussten gar nicht, wie borniert wir waren.

    PZ: Sie waren nicht nur Vorsitzender des Verbands der Historiker Deutschlands sondern von 1996 bis 2002 auch Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Was hatte Sie an diesen Aufgaben gereizt?

    Meier: Letztlich die Verantwortung und dann, als ich einmal dabei war, das praktische Wirken mit anderen zusammen, das dann im Historikerstreit 1986/1988 (Anmerkung: In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung„ hatte Ernst Nolte einen ursächlichen Zusammenhang zwischen den Terrormaßnahmen des früheren Sowjetregimes und den Verbrechen der Nationalsozialisten hergestellt) zum Teil höchste Aufmerksamkeit und Takt forderte. In der Akademie war weit weniger los. Das wusste ich aber nicht vorher.

    PZ: In einem Interview haben sie einmal betont, dass die Franzosen in einem ziemlich hohen Maße stolz sind, Franzosen zu sein und vor allem auch stolz, französisch zu sprechen. Dagegen bemerkten Sie, dass die deutsche Sprache zu einer „Drottelsprache“ verkomme. Schaffen Sie es selbst, keine „denglischen“ Begriffe zu verwenden?

    Meier: Ich glaube schon, obwohl ich es manchmal genieße, ironisch mit den vielbenutzten englischen Worten zu spielen, wie wen es deutsche wären. Ab er normalerweise geht es sehr gut ohne Englisch. Vielleicht mit Ausnahme von „events“. Dafür haben wir kein Äquivalent. Oder wollen Sie Ereignis dazu sagen? Auch „cool“ wäre solch ein Wort.

    PZ: Kommen Sie eigentlich mit der Rechtschreibreform klar?

    Meier: Ich habe sie bekämpft und bekämpfe sie weiter. Nicht nur, weil sie unsinnig ist, zu hässlichen Schreibungen, Beispiel: Schlammmasse, führt, gegen die um 1850 schon Jacob Grimm, übrigens mit Erfolg, wie man sieht, gekämpft hat. Die Rechtschreibereform ist leserunfreundlich, sie wird in Wahrheit auch nicht leichter erlernt, sonst hätte man ja die geforderten Tests zugelassen. Nein, wichtig ist mir auch, ja wichtiger, dass sich die angeblich demokratischen Kultusminister als einzige in der deutschen Geschichte außer dem unseligen Reichserziehungsminister Rust erfrecht haben, gegen den Willen der Mehrheit den Deutschen zu diktieren, wie sie schreiben sollen. Ich käme mir wie ein Untertan vor, wenn ich diese Schreibe benützte oder erlaubte, dass etwas von mir Geschriebenes in ihr abgedruckt würde.

    PZ: Oftmals ist es ein Graus, Vorträgen von Wissenschaftlern zuhören zu müssen. Ihnen eilt der Ruf voraus, dass viele ihrer Arbeiten als populärwissenschaftlich angesehen werden. Auf welchen Beitrag von Ihnen können wir uns daher beim Festakt anlässlich der Verleihung des Reuchlinpreises 2007 der Stadt Pforzheim freuen?

    Meier: „Populärwissenschaftlich“ hoffe und glaube ich nicht zu sein. Aber ich habe mich in der Tat, jedenfalls von „Caesar“ an, um gutes, auch allgemein verständliches Deutsch bemüht. Das macht unter Umständen sehr viel Arbeit. Aber es fördert auch die Erkenntnis. Unser Umgang mit Fachtermini ist oft sehr bequem...und gedankenlos. Wer schwierige Dinge verständlich darstellen will, muss über sich sehr viel mehr nachdenken. Was meinen Festvortrag betrifft: Reuchlin war stolz darauf, als erster das Griechische nach Deutschland gebracht zu haben. Anknüpfend daran möchte ich fragen, welches die Herausforderung war, auf die die griechische Kultur antwortete.

    PZ: Auszeichnungen sind neben der Ehre meist auch mit einem Geldbetrag dotiert. Beim Reuchlinpreis sind es 12 500 Euro. Haben Sie schon überlegt, wie Sie diesen Betrag verwenden werden?

    Meier: Emeritierte Professoren haben keinerlei Anspruch auf Hilfsmittel. Wenn sie aber ein großes wissenschaftliches Unternehmen zu Ende führen wollen, sind sie darauf angewiesen. Dafür bietet mir der Preis willkommene Erleichterung..

    Erstellt am: 13.07.2007
    Norbert Lindenthal

    13.07.2007 19:27   Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen  »  Pforzheimer Zeitung   Beitrag einzeln

    Und wieder kein Wort zum Volksentscheid
    Buch-Tipp 9.6.2006

    „Niemand hat das letzte Wort.
    Sprache – Schrift – Orthographie
    von Peter Eisenberg (Hg.)
    Ein Band der Akademie verblüfft durch seine gelassene Haltung



    Ach, hätte es dieses Büchlein doch nur ein paar Jahre früher gegeben! Und hätten die Teilnehmer an der Debatte um die Rechtschreibreform es gelesen und beherzigt: Eine Menge an überflüssigem Ärger hätte vermieden werden können.

    Der Überdruss an dem Thema freilich, darauf weist Peter Eisenberg hin, ist so alt wie die Sache selbst. Über die Orthographiedebatte schrieb der Sprachforscher Johann Christoph Adelung, es sei „über diesen Gegenstand seit anderthalb hundert Jahren so viel gesprochen und geschrieben worden, dass man es einem ehrlichen Manne kaum zumuten kann, noch eine Zeile mehr darüber zu lesen. Das war 1788.

    Die Reform der Reform ist beschlossene Sache, jedenfalls für die Schulen, und wie sich die schreibende Öffentlichkeit zu ihr verhält, wird sich zeigen. Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung hat spät in die Diskussion eingegriffen und das zunächst durch Heftigkeit wettzumachen versucht. Ihr brauchbarer Kompromissvorschlag für einen Teil der Reform wurde nicht sehr beachtet.

    Und wenn man sich daran erinnert, mit welch heftigen Worten der von Hans Zehetmair geleitete Rechtschreibrat von dem Akademiepräsidenten Klaus Reichert attackiert wurde, um die Verweigerung der Mitarbeit zu begründen, ist man erstaunt über die moderaten Töne, die in der jüngsten Publikation der Akademie zu diesem Thema angeschlagen werden.

    Reichert erläutert überzeugend, weshalb die Akademie dem Rat dann doch beigetreten ist. Zwar lehnt man die Reform ab, aber zur Mitwirkung an dem Kompromiss sah man schließlich doch keine Alternative.

    Die Emotionen sind verklungen, nun ist Gelegenheit für einen sachlichen Überblick. In der jüngsten Ausgabe ihrer Schriftenreihe „Valerio“ erläutert die Akademie die Wandlungen ihrer Haltung und lässt unterschiedliche Positionen zu Wort kommen, auch solche, in denen sie selbst kritisiert wird.

    Der Linguist Clemens Knobloch beispielsweise, der den Kampf um die Rechtschreibung minutiös nachzeichnet und die Motive der einzelnen Akteure untersucht, geht ins Gericht mit dem Vergleich zum Nationalsozialismus, den der Historiker und damalige Akademiepräsident Christian Meier angeführt hatte, um vor dem Bundesverfassungsgericht das Reformvorhaben abzuwerten – für Knobloch ein „historiographischer Boulevard“, der die Akademie fachlich ins Zwielicht gerückt habe.

    Der Autor beschreibt auch die Rolle der Zeitungen; die „Zentralorgane des gehobenen Kampagnenjournalismus“ schilt er für ihren Populismus. „Die Rechtschreibreform“, schreibt Knobloch, „ist keine Sachfrage, sondern eine überdimensionierte und aufgeblasene Symbolfrage.“

    Hans-Martin Gauger schildert die Debatte aus der Sicht des Romanisten, Christian Stetter erläutert die vielfach übersehene Differenz zwischen Schrift und Sprache, und bei Harald Weinrich findet sich der wunderbare Satz: „Eine pluralistische Gesellschaft muss auch mit Torheiten leben können.“ Die Gelassenheit, die aus der Summe aller Beiträge in diesem interessanten Band spricht, hätte man sich wirklich früher gewünscht.

    Johannes Breckner
    9.6.2006
    Norbert Lindenthal

    10.06.2006 04:19   Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen  »  Echo online (Darmstädter Echo)   Beitrag einzeln


    (Fortsetzung)

    Schon die Durchsetzung der „Reform“ vor dem 1.8.2005 war unzulässig:

    Das Bundesverfassungsgericht urteilte am14.7.1998 (BVerfGE 98, 218), daß die „Rechtschreibreform“ kein wesentlicher Eingriff in die Grundrechte sei und daß daher deren Einführung nach der „Wesentlichkeitstheorie“ keines Gesetzes bedürfe.

    (Dies ist bestritten worden, siehe: Wolfgang Roth in „Bayr. Verwaltungsblätter“ 1999.)[Jahreszahl korr.]

    Das Gericht erkannte nur, daß sich von der Verfassung her kein Verbot von erlaßweisen Eingriffen in die an den Schulen gelehrte Rechtschreibung ergebe.

    Der Vorsitzende des Ersten Senats, Hans-Jürgen Papier, hatte schon in der mündlichen Verhandlung vom 12.5.1998 ausdrücklich erklärt, daß das Gericht nicht als „sprachwissenschaftlicher Obergutachter“ tätig sein werde.


    Linguistische Argumente gegen die „Reform“, wie sie im Laufe des damaligen Verfahrens Theodor Ickler und Christian Meier als Sachverständige einbringen wollten, fanden keinen Eingang in das Urteil.

    Jedoch führte der Senat aus:

    „Die Sprache unterscheidet sich von anderen Regelungsgegenständen auch nicht dadurch, daß bei ihr korrekturbedürftige Fehlentwicklungen - etwa im Sinn erschwerter Lehr- und Lernbarkeit - von vornherein ausgeschlossen wären. Der Staat kann die Sprache deswegen aber nicht beliebig regeln. Begrenzende Wirkungen ergeben sich aus der Eigenart der Sprache jedoch nur für Art und Ausmaß einer Regelung, nicht dagegen für eine Regelung überhaupt.“ (….)

    Daher ist neben der unterstellten Zulässigkeit der Einführung anderer Schreibungen (ohne Gesetz) außerdem zu prüfen, ob die Anordnungen auch den Anforderungen an sprachwissenschaftliche Richtigkeit genügen.

    Der Urteilstext trennt hier Sprache und schriftliche Darstellung der Sprache nicht. Gemeint sein kann hier aber vorrangig nur die Darstellung der Sprache in der Rechtschreibung.

    Die seinerzeitige schleswig-holsteinische Bildungsministerin hatte zusammen mit ihren Kollegen der anderen Bundesländer am 30.11./1.12.1995 beschlossen, das 1994 in Wien verabredete neue Regelwerk für die deutsche Rechtschreibung ab dem 1. August 1998 als verbindliche Grundlage für den Unterricht in allen Schulen einzuführen. Die Begründung für diesen Schritt war das damit angeblich mögliche leichtere Erlernen der deutschen Rechtschreibung – ohne seriösen wissenschaftlichen Nachweis. Vermutlich war der einzige Anhalt das sogenannte „Joghurtbecher“-Diktat: Acht Sätze mit eingebauten Rechtschreibfallen, mit dem an bayrischen Schulen eine mindestens 50prozentige Fehlerverminderung nach den neuen Regeln hochgerechnet worden war. Dies aber wurde in ganz Deutschland von der Kultusbürokratie propagandistisch für die „Reform“ ins Feld geführt. Auch von den Schulbuch- und Wörterbuchverlagen wurde mit gezinkten Karten gespielt. Als Beispiel mag der Duden dienen: Am 14.12.98 wurde in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ein internes Papier der Dudenredaktion veröffentlicht: „Die inhaltlich falsche, aber politisch wirksame Formel ‘aus 212 mach 112’ muß auch im Duden ihren angemessenen Ausdruck finden."

    Dagegen wurden wissenschaftlichen Untersuchungen von Werner H. Veith, Mainz, die eine Verkomplizierung der Regeln, später auch von Prof. Harald Marx, Leipzig, die eine Vermehrung der Fehlerquoten bei der ss-Schreibung feststellten, von den Kultusverwaltungen schlicht negiert.

    Gegen die Einführung der neuen Regeln an den Schulen wurde in Schleswig-Holstein Klage erhoben, aber abgewiesen. Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht entschied, daß Sprache und Rechtschreibung auf außerrechtlichen Voraussetzungen beruhten und daher die Einführung der Reform keines Gesetzgebungsverfahrens bedürfe. Sie wurde schließlich an das Bundesverfassungsgericht herangetragen. Dieses hatte nicht über „Sinn oder Unsinn“ der Reform zu entscheiden, sondern ausschließlich darüber, ob das Bildungsministerium von der Verfassung her berechtigt sei, eine „Rechtschreibreform“ durch einfachen Erlaß anzuordnen.

    Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts bejahte dieses mit dem Urteil v. 14.7.1998, ließ aber ausdrücklich ein Ausscheren einzelner Länder aus der ministeriell verabredeten Schreibveränderung zu. Dazu übernahm das Bundesverfassungsgericht auch zustimmend die pauschale Bewertung des OVG:

    Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer hat das Oberverwaltungsgericht in den Gründen seiner Entscheidung die Bedeutung der Rechtschreibreform für die Spracherziehung in der Schule gewürdigt. Es hat die künftige Rechtschreibung in Beziehung gesetzt zum Schulauftrag nach den §§ 4 und 11 SchulG und für die Unbedenklichkeit der schulischen Einführung "einer künftig geltenden Schreibweise der deutschen Sprache" im Erlaßwege darauf abgestellt, daß sich die Schule lediglich allgemein zu erwartenden Rechtschreibänderungen anpasse. Dazu hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt, daß es der Rechtschreibreform nicht nur um eine Änderung der Schreibweise im Unterricht und in der Amtssprache, sondern um eine Reform der Schreibweise der deutschen Sprache im deutschen Sprachraum überhaupt gehe und daß nach der nicht zu beanstandenden Prognose der Kultusverwaltung die Rechtschreibreform die für eine Sprachgeltung notwendige allgemeine Akzeptanz finden werde. (168)

    Der zweite Teil dieser Einschätzung ist durch die Entwicklung widerlegt worden. Die „Rechtschreibreform“, insbesondere die 1996 eingeführte, hat nicht die „notwendige allgemeine Akzeptanz“ gefunden. Damit ist aber auch die Unzulässigkeit des Gedankengangs im ersten Teil offenbar, nämlich daß sich „die Schule lediglich allgemein zu erwartenden Rechtschreibänderungen anpasse“. Als in der Zukunft liegend konnte dies keineswegs auch nur mit einiger Sicherheit angenommen werden.

    Jedoch konnten mit dieser gerichtlichen Entscheidung im Rücken die Kultusministerien daran gehen, den Versuch zu unternehmen, zusammen mit einer willfährigen Presse zwangsmissionierend „Akzeptanz“ herzustellen. Zwar ist aufgrund solcher fehlgegangener Gerichtsentscheidungen in Teilen der Medien eine gewisse Unterwürfigkeit einzelnen Neuerungen gegenüber festzustellen, aber diese haben nur noch wenig Ähnlichkeit mit dem Reformwerk, das 1996 für die Schulen beschlossen wurde.

    Das OVG Lüneburg hat in seinem Beschluß vom 13.09.2005 (Az. 13 MC 214/05) zur Zulassung der Revision eines Urteils in Niedersachsen folgende Schwachpunkte der bisherigen Gerichtsentscheidungen aufgedeckt:

    Im oben wiedergegebenen Urteil des Senats vom 20. Juni 2001 hat dieser ausgeführt, dass der Schüler Anspruch darauf habe, in der „richtigen“ Rechtschreibung unterrichtet zu werden. Das sei die allgemein übliche, dem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechende und insofern „richtige“ Schreibung. Dass in der Schule „richtiges“ Schreiben gelehrt werden muss, ist und kann auch nicht streitig sein.

    Auch das Bundesverfassungsgericht ist in seinem Rechtschreiburteil vom 14. Juli 1998 davon ausgegangen (BVerfGE 98, 218/255), wenngleich auf unzutreffender Grundlage (aaO S. 250/251), nämlich auf der Grundlage der Aussage des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts, mit der Unterweisung der Reformschreibung werde der Deutschunterricht einer „mit Wirkung für die Zukunft normierten Sprachänderung angepasst“ (was denkgesetzlich unmöglich ist, Roth, aaO, S. 260), und der Prognose, die reformierte Rechtschreibung werde sich künftig durchsetzen (Beschl. v. 13.8.97, 3 M 17/97, DVBl. 1997, S. 1193).

    Das „Anpassen“ des Rechtschreibunterrichtes an (angebliche) künftige Schreibweisen bedeutet nichts anderes, als dass – allenfalls – künftig geübte Schreibweisen unterrichtet werden, also nicht aktuell übliche, womit – jedenfalls zunächst – (fälschlich) etwas „Unrichtiges“ unterrichtet wird, weil ein entsprechender Wandel definitionsgemäß erst noch erwartet wird. Dies ist aber deutlich verkannt worden, wenn hinsichtlich der Rechtschreibreform ausdrücklich lediglich auf „reformerische Entscheidung staatlicher Entscheidungsträger“ abgestellt wird (BVerfGE 98, 218/253). Den gleichen (Denk-)Fehler macht das Bundesverwaltungsgericht, wenn es einerseits vom „Unterrichten im richtigen Schreiben der deutschen Sprache“ spricht, andererseits dabei aber geltende und künftige Regeln unterschiedslos gleichsetzt („sei es nach den herkömmlichen oder reformierten Regeln“, BVerwGE 108, 355/357).

    Demgegenüber hat der Senat zu Recht darauf abgestellt, ob mit reformierten Schreibweisen die allgemein übliche Schreibweise gelehrt werde. Daran ist festzuhalten. Eine dem entgegenstehende irgendwie geartete Bindung an die Urteile des Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgerichts besteht insoweit nicht, zumal es dabei auch um die Auslegung von Landesrecht (NSchG) geht, wozu weder das Bundesverfassungs- noch das Bundesverwaltungsgericht befugt wäre.



    Es kann also keine Rede sein von einer „Unbedenklichkeit der schulischen Einführung "einer künftig geltenden Schreibweise der deutschen Sprache" im Erlaßwege“. Die damals konstruierte „Reform von 1996“ ist heute nicht die allgemein „geltende Schreibweise“. Außerdem soll ja selbst in den Schulen nur ein kleiner, durchaus anfechtbarer Teil der ursprünglichen Reform jetzt zwangsweise verbindlich werden.

    Aber auch die „Reform von 2004“, die diese ersetzen soll, wird diese bisher verfehlte allgemeine Geltung nicht erreichen. Der „Rat für Rechtschreibung“ plant schon weitergehende Änderungen. Es ist nicht voraussehbar, wie der endgültige Reformvorschlag gestaltet sein wird. Es ist damit festzustellen, daß in der Schule eine spezielle „Schülerschreibe“ gelehrt wird – also weder die künftig geltende, allgemein akzeptierte Schreibweise, noch die von der Mehrheit der Bürger akzeptierte traditionelle Schreibweise, wie sie in der Mehrzahl der vorhandenen Bücher und der deutschen Zeitungen (nach Auflagenzahl) vorgefunden wird. Unter diesen Umständen hätte das OVG seinerzeit der Einführung der Reform an den Schulen nicht zustimmen dürfen.

    Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht jedenfalls übte anläßlich seiner Entscheidung v. 13.9.2005 Selbstkritik an seiner früheren Entscheidung:

    Der Bildungsauftrag des NSchG verlange, dass den Schülern ausschließlich solche Schreibweisen beigebracht würden, die auch insofern „richtig“ seien, als sie der im deutschen Volke geübten Praxis entsprächen. Ungebräuchliche Schreibweisen förderten nicht die Fähigkeit, „sich im Berufsleben zu behaupten“, sondern behinderten diese. Gehe es aber um die üblichen Schreibregeln (der „Schreibgemeinschaft), so könnten Neuregelungen per se nicht dazugehören.

    Wenn die Klage trotz dieser (deutlichen) Rechtsaufführungen erfolglos blieb, so allein deshalb, weil der Senat feststellen zu müssen meinte, dass es angesichts der (angenommenen) weiten Verbreitung der geänderten Rechtschreibregeln infolge des Zeitablaufs seit 1996 zunehmend fraglich erscheine, ob tatsächlich noch die Rede davon habe sein können, dass der Unterricht auf der Grundlage der Rechtschreibreform die Schüler darin, sich im Berufsleben zu behaupten, beeinträchtige.


    Durch die Fiktion, die Reformschreibung (von 1996) sei „die in absehbarer Zeit geltende neue Rechtschreibung“, wollte das OVG Schleswig herleiten, ihre Einführung in den Unterricht im Einklang stünde mit der Erfüllung des staatlichen Schulauftrags, „Schüler auf ein leistungsorientiertes Leben vorzubereiten“ im Einklang – ein Passus, der aber nun keineswegs auf die Notwendigkeit einer „erleichternden Rechtschreibreform“ hindeutet. Damit aber ließ das Gericht die erlaßweise Anordnung der Rechtschreibreform als zulässig erscheinen und ermöglichte dem Bildungsministerium den rechtlichen Zugriff auf die Umgestaltung der Rechtschreibung, zu der es ohne diese Hilfestellung des Gerichtes nicht gekommen wäre.

    Im Widerspruch dazu entzog das Gericht gleichzeitig den widersprechenden Eltern oder auch politischen Kräften des Parlamentes jede rechtliche Einflußmöglichkeit durch die Definition, „für die Einführung der Rechtschreibreform an den Schulen sei ein Parlamentsgesetz nicht erforderlich, weil Rechtschreibung im deutschen Sprachraum nicht auf Rechtsnormen, sondern auf sprachlichen und damit außerrechtlichen Regeln beruhe.“

    Das Bundesverfassungsgericht entschied, indem es den Darlegungen des Bildungsministeriums und des OVG folgte, daß eine „Rechtschreibreform“ ohne Gesetz und parlamentarische Beteiligung zulässig sei. Es entschied daneben aber auch, daß nicht alle Bundesländer gleichermaßen den verabredeten Änderungen zu folgen brauchten.

    In der weiteren Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts wurde nun ein sehr wesentlicher Teil sowohl von den Kultusministern als auch von der unterwerfungssüchtigen Presse unbeachtet gelassen:

    Begrenzende Wirkungen ergeben sich aus der Eigenart der Sprache jedoch nur für Art und Ausmaß einer Regelung…(123)

    Ohne die einschränkende Wirkung dieses Satzes zu berücksichtigen, wurde die Entscheidung von den Kultusministerien als Freibrief ausgelegt, die „Rechtschreibreform“ trotz aller bis heute nicht ausgeräumten Angriffe sprachliche und grammatische Logik, auf Tradition und gute Sitten, die damals schon öffentlich kritisiert wurden, zum 1.8.1998 in Kraft zu setzen. Ein Jahr später übernahmen Presse und Nachrichtenagenturen diese verkürzte Sichtweise zur Begründung der Umstellung ihrer Texte auf (von der Schulschreibung abweichende) Reformschreibweisen: „Ohne Wenn und Aber hat das Verfassungsgericht die Reform bestätigt“ (FOCUS 30/98).

    (Fortsetzung folgt)

    Sigmar Salzburg

    23.12.2005 09:39   Rechtschreibforum  »  Recht und Reform in Schleswig-Holstein   Beitrag einzeln

    nocheinmal
    Die Sache mit der Zusammenschreibung von nochmal ist ja recht komplex, wie uns Christian Meier und Christian Dörner uns dieser Tage gelehrt haben. Der Focus geht jetzt noch einen (bzw. nocheinen) Schritt weiter und zitiert Thomas Strruuunz !!! wie folgt :

    »Du Schwein hast mir meine Frau geklaut. Wenn du sie nocheinmal anrufst, passiert was!« Aus : »Er tickte völlig durch«, 29. 4. 2003

    Reinhard Markner

    29.04.2003 12:29   Beispielsammlung über Sinn und Unsinn  »  warum nicht:   Beitrag einzeln

    Kommentar zum Kompromiß
    Nachdem die "Süddeutsche Zeitung" die Kurzfassung meines Kommentars veröffentlicht hat (s. Nachrichtenseite), kann ich hier endlich auch die ausführliche Version vorstellen:

    Schlecht eingeschänkt

    Zum „Kompromißvorschlag“ der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung



    Für die Rechtschreibreform hat die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung, seit sie sich - spät genug - zu Wort meldete, immer nur schärfste Verurteilung übrig gehabt: „gravierende Mängel, evidente Dummheiten, in sich vielfach widersprüchlich, wenig sinnvoll, willkürliche Eingriffe; schwer erträgliche Unsinnigkeit, von Anfang an eine Mißgeburt; gehört auf den Schrotthaufen der Geschichte, steht mit der Grammatik auf Kriegsfuß“ usw. - das sind nur einige ihrer Urteile aus den letzten sechs Jahren. (Wenn Christian Meier im Vorwort die „gelegentlich arg übertriebene Polemik“ kritisiert, zu der die Reformdiskussion geführt habe, vergißt er wohl, daß die stärksten Äußerungen von ihm selbst stammen; unbegründet waren sie nicht.) Die Akademie wußte auch, was man zur Lösung der mutwillig heraufbeschworenen Rechtschreibkrise tun sollte: die bisherige Rechtschreibung beibehalten und lediglich einige Haarspaltereien des Duden „auskämmen“. So ihr Beschluß im Frühjahr 1997. Um so überraschter war die Fachwelt, als die Akademie im Jahre 1999, offenbar unter dem Einfluß ihres „frisch gebackenen“ Mitglieds Peter Eisenberg, mit einem Kompromißvorschlag hervortrat, der die verachtete Neuregelung als Grundlage einer Reform der Reform akzeptierte. „Angesichts der Machtverhältnisse“, wie es hieß, wollte man sogar die ss-Regelung, das rote Tuch der Reformkritiker, hinnehmen, obwohl man ihre Minderwertigkeit und Fehlerträchtigkeit durchaus eingestand. „Wer sie akzeptiert, gibt zu erkennen, daß er die Neuregelung nicht grundsätzlich bekämpft.“ Nur wenige nahmen damals den erstaunlichen Kniefall vor dem so klar erkannten Geßlerhut zur Kenntnis, denn der an sich belanglose Kompromißvorschlag fand, wie Akademie-Präsident Meier später beklagte, so gut wie keine Beachtung in der Öffentlichkeit.
    Damals fehlte auch noch ein Wörterverzeichnis; es sollte „demnächst“ erscheinen. Daraus wurden vier Jahre. Nun legt die Akademie fast denselben Vorschlag mit einem 110 Seiten langen Wörterverzeichnis aufs neue vor. Es zeigt in vier Spalten die alte Dudennorm, die Reformschreibung, die Schreibweise des teilweise rückgebauten Duden von 2000 und den Akademievorschlag. Ein Regelwerk fehlt nach wie vor, so daß viele Schreibweisen willkürlich und unlernbar wirken. Man soll schreiben im klaren sein, aber im Unklaren sein; auf Deutsch, aber auf gut deutsch; im guten wie im bösen, aber Gleich und Gleich gesellt sich gern. Bei kennenlernen und spazierengehen soll nur die Zusammenschreibung erlaubt sein, bei sitzenbleiben, laufenlassen auch die Getrenntschreibung; schätzen lernen und lieben lernen wiederum sollen nur getrennt geschrieben werden. Bei im Trüben fischen wird Großschreibung verordnet, bei den kürzeren ziehen, auf dem laufenden sein, ins reine kommen Kleinschreibung. Wer würde darauf kommen, daß jetzt Herz Ass geschrieben werden soll, gleich weit entfernt von alter wie neuer Rechtschreibung? Der Vorschlag kennt nichtssagend und nichts sagend, aber nur vielsagend. Solche Inkonsequenzen finden sich in großer Zahl. funkensprühend, staatenbildend, sporenbildend stehen als Varianten neben Funken sprühend, Staaten bildend und Sporen bildend; sie sind aber keineswegs gleichbedeutend, denn man darf nicht, wie die Reformer, Pluralzeichen und Fugenelement verwechseln. Das gilt für zahllose weitere Fälle.
    Die synoptischen Listen könnten nützlich sein, wenn sie nicht so erstaunlich fehlerhaft wären. Dem alten Duden werden zum Beispiel folgende Schreibweisen unterstellt: leidtun; aus schwarz Weiß machen; das nächstbeste, was sich ihm bietet; am ersten des Monats; Chop-Suey; Boat-People; Halt rufen; ein völlig neubearbeitetes Werk; sich taubstellen. All dies ist falsch. Cevapcici stand so nicht im Duden, ist aber auch nach der Neuregelung nicht die einzige Schreibweise, und die von der Akademie angebotene mit ihren drei Hatscheks ist erst recht abwegig. jung und alt war gerade nicht die einzige vom Duden vorgesehene Schreibweise. Der angebliche Dudeneintrag ein großer mitleiderregender Fall ist frei erfunden und außerdem sinnwidrig; offenbar sollte er eigentlich zeigen, daß unter gewissen Umständen Getrenntschreibung eintreten muß: ein großes Mitleid erregender Fall. Stop war keineswegs die einzige Schreibweise des Duden, und die Akademie fällt noch dahinter zurück, indem sie die Schreibung Stopp völlig beseitigt. Ähnliche Unsauberkeiten finden sich fast auf jeder Seite.
    Auch die Neuregelung wird nicht korrekt dargestellt. Sie schreibt ausdrücklich nochmal vor (§ 55), nicht noch mal, wie Eisenberg annimmt. Die Neuregelung kennt nicht nur Tausende von Menschen, sondern trotz des offensichtlich substantivischen Charakters auch die Kleinschreibung (ähnlich problematisch verhalten sich hunderte und dutzende). Es trifft einfach nicht zu, daß die Neuregelung bei zufriedenstellend noch die herkömmliche Zusammenschreibung zuließe. zeitsparend steht zwar nicht im amtlichen Wörterverzeichnis, ist aber nach den amtlichen Regeln ausgeschlossen, so daß dieser Eintrag ebenfalls irrig ist. alles in Allem ist in der amtlichen Neuregelung nicht vorgesehen, einschänken erst recht nicht. Man fragt sich, wie es zu derart krassen Irrtümern kommen konnte. Aus den Vorbemerkungen zur Liste könnte man schließen, daß gar nicht die amtliche Neuregelung, sondern deren Auslegung durch den Duden 1996 als „Neuregelung“ ausgegeben wird, was zwar beim Duden-Autor Eisenberg verständlich, aber doch grob irreführend wäre. Bezeichnenderweise wird auch die Unterscheidung von Haupt- und Nebenvarianten, auf die die amtliche Regelung so großen Wert legt, vollkommen ignoriert.
    Der Akademie-Vorschlag selbst wirft mehr Fragen auf, als er beantwortet. Noch 1999 lehnte die Akademie die Großschreibung in heute Abend usw. strikt ab; jetzt soll sie als einzige zugelassen werden, obwohl sie in den Augen der Akademie weiterhin die schlechtere ist. Es trifft auch nicht zu, daß die Kleinschreibung auf der möglicherweise irrigen Ansicht der Dudenredaktion beruht, es handele sich um ein Adverb; sie hat sich unabhängig vom Duden so entwickelt. 1999 hatte Eisenberg noch ganz richtig gesagt, wenn der substantivische Charakter nicht feststehe, müsse klein geschrieben werden. Geradezu schockierend wirkt der Vorschlag, die Anredewörter Du, Dein, Ihr usw. nicht nur in Briefen, sondern immer groß zu schreiben - wie es manche Zeitungen aufgrund einer fehlerhaften dpa-Liste schon jetzt tun. Nur in mit du anreden, auf du und du soll klein geschrieben werden; hier endet also die geplante Gleichbehandlung von Du und Sie. In der Einleitung erklärt Eisenberg die neuen Großschreibungen im Allgemeinen, im Folgenden und im Wesentlichen für „nicht akzeptabel“, aber im Wörterverzeichnis werden alle drei ausdrücklich angeboten, und Eisenberg selbst schreibt das Folgende ebenfalls groß (S. 23). In der Einleitung wird der Eintrag 8fach/8-fach besprochen; im Wörterverzeichnis existiert er aber gar nicht, und die amtliche Regelung sieht hier auch keinen Bindestrich vor, im Gegensatz zum Entwurf von 1994, an den Eisenberg sich hier vielleicht erinnert.
    Die neue Kleinschreibung der goetheschen Gedichte hält Eisenberg für begründet, weil es sich um ein „echtes Adjektiv“ handele, aber das Schwarze Brett und die Erste Hilfe will er wie bisher groß schreiben, obwohl ebenfalls echte Adjektive vorliegen; in beiden Fällen gibt es sehr gute, wenn auch verschiedene Gründe, bei der Großschreibung zu bleiben. Am Schluß spricht sich aber auch Eisenberg für die Beibehaltung der bisherigen Unterscheidung aus: goethesches Gedicht (nach Art Goethes) vs. Goethesches Gedicht (von Goethe). Den neuen Apostroph lehnt er mit Recht ab.
    Ganz inkonsequent verfährt Eisenberg bei Wörtern wie diensthabend. Wenn man Dienst habend vorsieht, muß man auch die reguläre Substantivierung Dienst Habende zulassen; das geschieht aber nicht, während Rat Suchende usw. sehr wohl verzeichnet sind. Zu Dutzenden werden Alternativschreibungen wie notleidend und Not leidend, hilfesuchend und Hilfe suchend angeführt, als seien sie ohne weiteres austauschbar. Da es kein Regelwerk gibt, vermißt man einen Hinweis auf den zumindest stilistischen Unterschied. Die Segen bringende Weihnachtszeit wirkt klumpig, weil das erweiterte Partizip im Deutschen stilistisch markiert ist. Leider fehlen die vielzitierten Leid Tragenden, so daß man nicht weiß, wie weit die Akademie auch diesen Unfug mitmachen will. Eisenberg äußert sich auch nicht zu der sehr problematischen Reformschreibung Gefahr drohend.
    Es ist nicht einzusehen, warum für alle Verben mit -einander- (sogar zueinanderpassen) die Zusammenschreibung nur fakultativ gelten soll, für ineinandergreifen aber obligatorisch. Die Schreibung von Verben mit dem Zusatz wieder ist so undurchsichtig wie in der amtlichen Neuregelung. Wir finden Einträge wie wiederaufnehmen/wieder aufnehmen, aber nur wieder einsetzen. Da nur wenige Beispiele angeführt werden, bleibt unklar, wie mit wiederherstellen usw. zu verfahren ist, die in den neuen Wörterbüchern sehr unterschiedlich behandelt werden.
    Das Bekenntnis zum „Usus“ bleibt folgenlos. Die Akademie hat es nicht für nötig gehalten, den tatsächlichen, gewachsenen Schreibbrauch zu untersuchen. Auch ist es nicht möglich, durch Korrekturen an der Neuregelung zu einer besseren Darstellung der bisherigen Regeln zu gelangen, denn die Neuregelung stellt in zentralen Bereichen das bisher Geltende geradezu auf den Kopf. Es macht dennoch der Akademie nichts aus, das übliche insonderheit zu verbannen und nur dem archaischen in Sonderheit Bleiberecht zu gewähren; allerdings ist das Wörterverzeichnis hier widersprüchlich, denn unter insonderheit läßt es die bisherige Schreibweise doch wieder zu.
    Sehr bedauerlich ist, daß die Akademie die äußerst nützliche Unterscheidung zwischen der zweite (beim Abzählen) und der Zweite (auf dem Siegertreppchen) zugunsten einheitlicher Großschreibung abschaffen will. Sie weist zwar grammatisch falsches Pleite gehen und Diät leben zurück, behält aber aus unerfindlichen Gründen das ebenso unsinnige Vabanque spielen bei, als handele es sich um ein Spiel wie Roulette. Überraschenderweise soll die Kleinschreibung nicht nur für pleite gehen gelten, wie es notwendig ist, sondern auch für pleite machen. Mit grammatisch fehlerhaften Neuschreibungen wie Leid tun, Recht haben und Not tun räumt Eisenberg auf, aber es ist nicht nachvollziehbar, daß er nur leidtun und nottun (aber recht haben) zulassen will, entgegen der bisherigen Norm. Wenn irgendwo, wären hier Varianten zuzulassen.
    Das unschuldige h in rauh muß dran glauben (Raureif usw.), und zwar weil blau oder genau auch nicht mit h geschrieben werden. Allerdings ist das h in rauh etymologisch berechtigt und stellt den Zusammenhang mit Rauchwaren (Pelz) her. Eine wirkliche Sprachakademie würde mit solchen Dingen sensibler umgehen. - Im übrigen werden die „Etymogeleien“ der amtlichen Neuregelung erfreulicherweise abgelehnt; einbläuen, Gämse, Tollpatsch, Stängel, schnäuzen und Zierrat bleiben uns also erspart, aber die Schneewächte wird zur Wechte, weil die reformwilligen Oberlehrer herausgefunden haben, daß sie nicht von wachen abgeleitet ist.
    Die unerhört schwierige Forderung, bei Fremdwörtern die Wortart in der Ausgangssprache zu berücksichtigen, wird seltsamerweise übernommen: Casus Belli, Facultas Docendi, Dernier Cri, Dolce Vita, Agent Provocateur. Warum werden dann aber die Adjektive hier nicht klein geschrieben? Die Neuregelung führt dazu, daß die vielen Entlehnungen mit einer ins Närrische vermehrten Großschreibung einhergehen. „Auch diese Regelung ist problematisch. Möglicherweise führt sie aber zu größerer Einheitlichkeit bei der Fremdwortschreibung und sollte trotz Bedenken akzeptiert werden.“ 1999 wurde sie noch strikt abgelehnt, und neue Argumente sind nicht aufgetaucht. Wie schwer die Neuregelung durchzuführen ist, zeigt sich nicht nur an Sprachen, die kaum (noch) gelernt werden: Herpes Zoster (nicht angeführt), Nasi-goreng (das der Regel entspricht), Chop-suey („falsch“, denn suey ist Substantiv) usw., sondern schon an Beispielen wie Pre-shave, After-shave (wo Eisenberg Kleinschreibung vorsieht, obwohl man shave mit Fug für eine Substantivierung halten kann) und Agent Provocateur (wo französische Grammatiken gern ein Adjektiv ansetzen). Während beim lateinischen Pars pro Toto und Primus inter Pares die Substantivierung peinlich genau beachtet wird, soll dasselbe für im guten wie im bösen, das ist mir ein leichtes nicht gelten; hier ist nur Kleinschreibung vorgesehen. (Dagegen wiederum im Dunkeln tappen, mein Ein und Alles usw.) Und wie ist die Kleinschreibung in High-tech begründet? Bei der Fremdwortschreibung fragt man sich, warum die volkstümliche Vereinfachung Hämorriden ihr zweites r behalten soll. Tunfisch wird anerkannt, obwohl es keineswegs dem von Eisenberg beschworenen „Usus“ entspricht oder auch nur angebahnt wäre. Tollpatsch dagegen wird nicht zugelassen, obwohl es schon vor der Reform häufig anzutreffen war. Die Angaben unter phon/fon sind widersprüchlich. Nur noch Zellophan gelten zu lassen ist widersinnig, da es sich bei Cellophan um ein Warenzeichen handelt. (Mit dem Fön verhält es sich ähnlich, aber der wird gar nicht erwähnt.) Eisenberg lehnt „frei erfundene“ Zusammenschreibungen wie Highsociety entschieden ab (S. 18), aber im Wörterverzeichnis stehen zahlreiche Gebilde wie Hotjazz.
    Der Vorschlag ist auch didaktisch eine Zumutung. Ganz im Stil der amtlichen Neuregelung dekretiert die Akademie zum Beispiel: Die bisherige Schreibweise No-name-Produkt wird verboten, statt dessen darf man zwischen drei (!) neuen Schreibweisen wählen: Nonameprodukt, No-Name-Produkt, Noname-Produkt. Nichts gegen liberale Öffnung, aber es ist nun ungemein schwierig, im Wust des Zulässigen das Unzulässige herauszufinden.
    Der Kompromißvorschlag deckt wesentliche Fehler der amtlichen Neuregelung schonungslos auf; das ist verdienstvoll, wenn es auch ein bißchen spät kommt. Inhaltlich kann er jedoch nicht überzeugen, und als Strategie ist das Herumdoktern an einem von „Deppen“ (so Präsident Meier) hervorgebrachten Pfusch von Grund auf verfehlt. Warum sollten wir uns, im Besitz einer vorzüglichen Einheitsorthographie, auf einmal mit etwas „abfinden“, was „ohne nennenswerten Schaden hinnehmbar“ (S. 9) ist. Im gleichen Ton der Verzagtheit gesteht die Akademie sogar ausdrücklich: „In einigen Fällen übernehmen wir Neuschreibungen nur deshalb, weil sie unserer Auffassung nach keinen allzu großen Schaden anrichten“! Vor vier Jahren wollte man „angesichts der Machtverhältnisse“ nachgeben, jetzt heißt es an der gleichen Stelle „angesichts der Lage“. Damit ist gar nichts gesagt, nur der Wille zur halben Unterwerfung wird protokolliert. Die „Lage“ sieht in Wirklichkeit so aus: Die Kultusminister haben signalisiert, sie wären die unselige Reform nur zu gern los, aber der entscheidende Stoß müsse von unten kommen.
    Der Vorschlag läuft auf Tausende von Änderungen hinaus. Selbst wenn es nicht so viele wären, müßten sämtliche Rechtschreibbücher, Schulbücher usw. neu gedruckt werden. Die Erwartung, der Vorschlag werde wegen seiner Behutsamkeit keine neue „Kostenlawine“ hervorrufen, ist illusorisch. Die Kultusminister wußten schon, warum sie 1998, nach der „Mannheimer Anhörung“, unter dem Druck der Verlage alle Korrekturen ablehnten, sogar die von den Reformern selbst für „unumgänglich notwendig“ erklärten. „Kompromiß“ klingt angenehm versöhnlich, aber man braucht nur kurz nachzudenken, um einzusehen, daß die scheinbar radikalere Lösung in diesem Fall die sanfteste und nicht zuletzt unvergleichlich billigere ist. Übrigens: Was hat es zu bedeuten, daß das vorliegende Werk in herkömmlicher Orthographie gedruckt ist (wenn auch fehlerhaft)? Traut die Akademie ihrem eigenen Vorschlag nicht und möchte dem Leser den Anblick der Folgen ersparen?
    Eisenberg behauptet, es sei jetzt zu spät für einen Abbruch der Reform. Aber dasselbe hat er schon Anfang 1996 behauptet, als die Neuregelung noch nicht einmal beschlossen war, und dann immer wieder. Die Akademie hat diese Redeweise übernommen. In Wirklichkeit ist es auch heute noch nicht zu spät. An den Schulen kann die Verwirrung nicht mehr größer werden; die Umkehr wäre eine Erlösung. Seriöse Verlage drucken weiterhin in der bewährten, von der Mehrheit gewünschten, leserfreundlichen, grammatisch korrekten, allgemein bekannten und gut dokumentierten Orthographie, auf der auch alle bedeutenden Schriftsteller bestehen. Sie hat sich inzwischen als Rechtschreibung erster Klasse etabliert, während die meisten Zeitungen und die minderwertige Literatur in der zweitklassigen Neuschreibung erscheinen. Was eine Akademie für Sprache und Dichtung angesichts dieser Lage zu tun hat, sollte keines langen Nachdenkens bedürfen.

    Theodor Ickler

    27.03.2003 03:47   Dokumente  »  Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung   Beitrag einzeln

    Zeitplan
    Ich glaube nicht, daß dies der wirkliche Grund für den gewählten Zeitpunkt ist. Die DASD hatte im wesentlichen denselben Kompromiß schon vor vier Jahren vorgestellt und wartete nur noch auf das Wörterverzeichnis, das derselbe Autor, Peter Eisenberg, anzufertigen versprochen hatte. Das zog sich jedoch unerwartet lang hin, und jetzt ist es endlich soweit. Außerdem könnte eine Rolle spiele, daß Eisenberg zwar das Ohr des bisherigen Präsidenten hatte, nicht aber unbedingt auch bei seinem Nachfolger auf Verständnis stoßen würde. Obwohl Christian Meier nicht mehr im Amt ist, kann man die Vorlage des Kompromisses, der im Februar 2002 (angeblich) den Segen der Akademie gefunden hat, als seine letzte Amtshandlung betrachten.
    Theodor Ickler

    18.03.2003 06:17   Rechtschreibforum  »  Was kommt nach der 1996er Reform?   Beitrag einzeln

    Dokumente zur DASD
    Der Vollständigkeit halber setze ich auch noch die Texte hierher, die den Beginn der Akademie-Aktivitäten dokumentieren. Der Hergang war im einzelnen so: Die DASD hatte die Rechtschreibreform zunächst einfach verschlafen, fühlte sich offenbar auch durch die aufsehenerregende Frankfurter Erklärung nicht angespornt, selbst aktiv zu werden. Da ich mit der Akademie aufgrund lange zurückliegender Geschichten etwas näher bekannt war, kam mir in der Silvesternacht 1996 ein Gedanke, den ich sofort zu Papier brachte und dem Generalsekretär der DASD, Herrn Dette, schickte. Dieser kuriose Text sei hier zitiert:

    "Vorschlag eines Akademie-Projekts (Skizze)
    von Theodor Ickler

    1. Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung schreibt eine Preisaufgabe aus: "Deutsche Einheitsschreibung: Vorlage zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung".
    2. Einzureichen sind Arbeiten, die ein vollständiges Regelwerk und exemplarische Einträge zu einem orthographischen Wörterbuch enthalten.
    3. An die Neuregelung werden folgende Anforderungen gestellt:
    - Das gewohnte Bild schriftlicher Texte sollte nicht zu stark verändert werden.
    - Die Neuregelung sollte möglichst eindeutig und widerspruchsfrei sein.
    - Einfachheit ist wünschenswert, sie darf aber nicht auf Kosten differenzierter Ausdrucksmöglichkeiten gehen.
    - Die Regelung sollte gut lehr- und lernbar sein und auch die Bedürfnisse von Ausländern berücksichtigen, die die deutsche Sprache zu erlernen wünschen.
    4. Die Beiträge sind bis zum *** unter einem Kennwort einzureichen.
    5. Eine Jury wählt sechs preiswürdige Beiträge aus und veröffentlicht sie - immer noch unter dem Kennwort - in preisgünstigem Konzeptdruck und über Internet als Grundlage einer öffentlichen Diskussion. Sie sammelt Stellungnahmen und wertet sie aus.
    6. Anläßlich einer Akademietagung, die insgesamt Fragen der Orthographie gewidmet ist, wird ein öffentliches Symposium veranstaltet, bei dem die vorliegenden Entwürfe diskutiert werden.
    7. Am Jahresende 199* gibt die Akademie die Reihenfolge der preisgekrönten Arbeiten bekannt und beginnt mit redaktionellen Arbeiten zu einem orthographischen Wörterbuch auf der Grundlage des erstplazierten Entwurfs.
    8. Die Preisträger erhalten einen 1. Preis von 15.000 DM, zwei 2. Preise von je 10.000 DM und drei 3. Preise von je 5.000 DM. Damit geht auch das Urheberrecht an die Akademie über.
    9. Die Akademie veröffentlicht das Werk "Deutsche Einheitsrechtschreibung". (Der Titel wird urheberrechtlich geschützt.) Es enthält außer dem Regelwerk ein umfassendes reines Rechtschreibwörterbuch (ohne grammatische, semantische und sonstige Angaben). Auf dem Titelblatt der ersten und aller folgenden Auflagen steht: "Herausgegeben von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung auf der Grundlage eines Entwurfs von (Name des Preisträgers)".
    10. Das Werk kann von jedermann kostenlos nachgedruckt, didaktisch aufbereitet oder anderweitig ausgewertet werden. Die Berufung auf die "Deutsche Einheitsrechtschreibung" bedarf jedoch einer schriftlichen Genehmigung durch die Akademie, der die betreffenden Manuskripte vor der Veröffentlichung vorgelegt werden müssen.
    11. Alle Auflagen des Werkes behalten nebeneinander ihre "Gültigkeit", abgesehen von Korrekturen, die späteren Auflagen als Errata-Liste beigeheftet werden."

    (Bei diesem Vorschlag spielte eine Rolle, daß ich selbst sowohl Akadamie-Preise gewonnen als auch bei ähnlichen Vorgängen mitgewirkt hatte.) Ich kam jedoch bald von dieser Idee wieder ab, wurde aber vom Präsidenten Christian Meier zur Passauer Frühjahrstagung eingeladen, wo ich ungefähr 45 Minuten Zeit bekam, um dem Präsidium den unten wiedergegebenen Lösungsvorschlag zu unterbreiten.

    Die Akademie identifizierte sich, wie man sieht, zunächst weitgehend mit meinem Vorschlag, der ja wohl auch ganz vernünftig aussah. Später fand offenbar ein vollständiger Kurswechsel statt, hin zu Eisenbergs Kompromißstrategie. Ich kann nicht verhehlen, daß ich leicht enttäuscht war, weil ich von dieser Wendung, d. h. der Abwendung von meinem doch immerhin recht engagiert ausgearbeiteten Plan, mit keinem Wort informiert wurde. Ursprünglich hatte ich nicht unbedingt vor, den Plan selbst zu verwirklichen, sondern war nur bereit, daran mitzuwirken, aber nach dieser unerfreulichen Entwicklung ging ich daran, das Rechtschreibwörterbuch im Alleingang anzufertigen.
    Theodor Ickler

    09.03.2003 07:31   Dokumente  »  Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung   Beitrag einzeln