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eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.09.2017 um 13.04

Die „Bunte“ Illustrierte kriecht bis ins Private der Promis, um den Lesern menschelnden Stoff zu liefern. Die bunte Illustrierte „Stern“ umschleicht dagegen Antipromis der „Bunten Republik“ und erschnüffelt Gelegenheiten, sie als Unmenschen darzustellen oder zumindest lächerlich zu machen.

Die Guido Knopp unterstellten „Hitlers Hunde“-Bücher werden jetzt durch „Gaulands Hundekrawatten“-Berichte im Stern fortgesetzt. Inspirierend im Hintergrund steht natürlich Knopp-Kumpan Hans-Ulrich Jörges, der schon beim Unterjubeln der Rechtschreib„reform“ unangenehm mitgespielt hat.

Schon der Titel bei „Stern online“ strahlt enormen Einfallsreichtum aus:

Mode-Accessoire
Alexander Wau-land - warum der AfD-Mann eine Hundekrawatte trägt
Er ist der AfD-Mann mit der merkwürdigen Krawatte: Alexander Gauland fällt im Fernsehen nicht nur mit nationalistischen Tönen, sondern auch mit seiner Altherren-Mode auf. Ein Stück trägt er besonders gern ...

Sonntagabend, kurz nach 18 Uhr... Er provoziert mit seiner Aussage, Angela Merkel und ihre Regierung "jagen" zu wollen. Wer genug hatte von seinem Geschwätz, [er hat ja kaum etwas gesagt] der konnte sich das für einen Politiker ziemlich auffällige Outfit ansehen. Vor allem die Krawatte.

Der AfD-Mann trug einen grünen Binder mit gelben Jagdhunden als Motiv. Seine Lieblingskrawatte ... Die Krawatte ist wieder mit einem einfachen Windsorknoten gebunden. Wie viele dieser Exemplare mag Gauland haben?

Alexander Gauland besitzt nur eine Hundekrawatte

Tatsächlich besitzt der 76-Jährige nur ein Exemplar dieser Krawatte. Gekauft hat er sie in den 80er Jahren ...

Mehr als 30 Jahre später trägt er das Accessoire immer noch. Es wirkt aus der Zeit gefallen. Aber es ist zum Markenzeichen des Politikers geworden. Die Krawatte lässt ihn äußerlich harmlos erscheinen. Ein Mann mit Hundekrawatte, der kann doch nicht schlecht sein, oder? Vielleicht doch. Gauland fletscht gerne die Zähne - so wie die britischen Jagdhunde es gerne tun. Wie passend, dass er am Wahlabend selbst die Vokabel "jagen" gebraucht. Das Outfit dafür trägt er bereits.

stern.de 26.9.2017
Erwartbar ist dem Stern zu Andrea Nahles‘ „Fresse“ nichts gleichermaßen Reizvolles eingefallen:
Nahles hatte der CDU/CSU mit derben Worten den Kampf angesagt. Auf die Frage, wie sich ihre letzte Kabinettssitzung in der großen Koalition angefühlt habe, antwortete sie vor Journalisten: "Ein bisschen wehmütig - und ab morgen kriegen sie in die Fresse."
stern.de 28.6.2017
Hätte man sie nicht wenigstens verbal etwas „jagen“ oder „entsorgen“ können?


eingetragen von Sigmar Salzburg am 30.03.2016 um 09.33

Nanu, Stern-Investigativ in „alter“ Rechtschreibung?

stern Verifizierter Account ‏@sternde
Saarland: AfD-Bundesvorstand beschließt Parteiausschlußverfahren gegen Ex-Landeschefs
stern.de/investigativ/ … /st
SPD-Vize Stegner, parteiintern „Arschloch mit Fliege“, verbreitet umgehend:
Ralf Stegner ‏@Ralf_Stegner 29. März
Ralf Stegner hat stern retweetet
Klägliche Versuche den Eindruck zu erwecken, AFD sei keine rechtsextreme Partei
Vermutlich hat sich die AfD-Führung von der massiven linken Stern-Propaganda nur ins Bockshorn jagen lassen. Maßgeblich daran beteiligt war auch Hans-Ulrich Jörges, der seinerzeit den geplanten Ausstieg von Springer und Spiegel aus dem Schreibreform-Kartell als Putschversuch gebrandmarkt hatte.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 05.09.2014 um 05.58

Ex-Ministerpräsident Biedenkopf preist AfD-Chef Lucke als „hellen Kopf“
In der CDU mehren sich die Stimmen, die einen offeneren Umgang mit der eurokritischen Alternative für Deutschland fordern. Der ehemalige Ministerpräsident Biedenkopf findet sogar lobende Worte für AfD-Chef Lucke...

Dass die AfD mit mehr als 159.000 Stimmen auf ein Wahlergebnis von 9,7 Prozent kam, überrascht den Forsa-Chef Manfred Güllner nicht: „Bei der Europawahl vor wenigen Wochen waren es noch mehr - nämlich gut 164.000 Stimmen. Auch bei der Bundestagswahl im vergangenen Jahr hatte die AfD in Sachsen schon 158.000 Stimmen“, sagte Güllner dem „Stern“.
handelsblatt.com 3.9.2014

Ach nee! Noch am Samstag vor der Wahl versuchten „Stern“ und Güllner, mit einer getürkten Darstellung der AfD Stimmen abzugraben:

Bei der "Sonntagsfrage" liegt die CDU/CSU weiter bei 42 Prozent liegen, die SPD bleibt bei 24 Prozent, die Grünen verteidigen 10 Prozent, die Linken 9, die AfD verharrt weiter bei 5 Prozent, die FDP bei 3 Prozent...

Deutlich ist die Meinung der Bundesbürger zur AfD. "Nur 30 Prozent aller Befragten halten sie für eine normale demokratische Partei wie alle anderen größeren auch", fasst Forsa-Chef Manfred Güllner die Ergebnisse einer weiteren Umfrage für den stern zusammen, "deutlich mehr, nämlich 39 Prozent, sehen sie jedoch als eine Partei, die am rechtsradikalen Rand angesiedelt ist."

[Güllner hat also geschickt das abfragen lassen, was die unsägliche Rufmordkampagne von links bis rechts verbreitet hat.]

... Dass die Union nicht mit der AfD koalieren sollte, sagen dagegen 65 Prozent der Sympathisanten von CDU/CSU - deutlich mehr als alle Befragten zusammen. Forsa-Chef Güllner: "Das ist als eine klare Mahnung zu verstehen: Lasst die Finger von dieser Partei!"

stern.de 31.8.2014


eingetragen von Sigmar Salzburg am 16.10.2013 um 07.12

Theodor Ickler hat sich den Online-Rechtschreibtest beim „Stern“ angesehen:

... Der sichere Weg zum Nichtbestehen sind die reformierten Schreibweisen von 1996. Gerade mit diesen bestücken die Verfasser boshafterweise die Hälfte ihrer Testfragen:

jenseits von gut und böse; sich zu Eigen machen; Pleite gehen; aufeinander beißen
[...]

Der Test wird aber keineswegs als Gelegenheit benutzt, die Verfehltheit der ganzen Reform aufzuzeigen. Vielmehr wird der gutwillige Leser in die Pfanne gehauen, weil er die neuesten Wendungen der Reformer nicht so brav verinnerlicht hat wie die Neuregelung von 1996.

sprachforschung.org 16.10.13


eingetragen von Sigmar Salzburg am 08.09.2013 um 07.38

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Norbert Lindenthal
Stern.de 6.9.2013, 14.39 Uhr
Rafik Schami zum Bürgerkrieg in Syrien

Die Verlogenheit des Westens in Bezug auf Syrien hat Bestsellerautor Rafik Schami die Sprache verschlagen. Auch Deutschland wirft er Verrat an der Demokratie vor. Sein offener Brief ist ein Aufschrei.


Rafik Schamis „Aufschrei“ macht betroffen. Wir wissen einfach zu wenig von Syrien. Eindeutig ist aber seine Aussage, daß er Militärschläge äußerer Mächte ablehnt, die das von diesen seit langem geförderte Unheil nur noch verstärken würden. Und wieder einmal werden die immergleichen Ursachen erkennbar: Raffgier, Religion und Rassismus.

Im übrigen: Schami hat gegen die ss-Diktatur mehr Widerstand geleistet als die meisten deutschen Geisteshalbgrößen. Mehr kann man von ihm nicht verlangen.


eingetragen von Norbert Lindenthal am 07.09.2013 um 17.49

Stern.de 6.9.2013, 14.39 Uhr

Rafik Schami zum Bürgerkrieg in Syrien

Der Freiheit würdig sein
6. September 2013, 14:39 Uhr

Die Verlogenheit des Westens in Bezug auf Syrien hat Bestsellerautor Rafik Schami die Sprache verschlagen. Auch Deutschland wirft er Verrat an der Demokratie vor. Sein offener Brief ist ein Aufschrei.

[Bild]
Prangert die Bigotterie westlicher Journalisten an: der in Damaskus geborene Rafik Schami, der zu den bedeutendsten Autoren deutscher Sprache zählt
© Dieter Nagl/AFP


Es ist mir ein Bedürfnis und es ist meine Pflicht gegenüber meinen Leserinnen und Lesern, mein Verstummen zu erklären. Ich lehne jedes Gespräch mit der Presse über Syrien ab, denn das ist meine einzige Möglichkeit, mit Trauer und Enttäuschung umzugehen. Es ist mein Recht, aus Protest gegen den Journalismus in diesem Land, mich nicht an diesem Verdummungsspiel zu beteiligen.

Nicht erst seit dem Tag, an dem Präsident Obama beschlossen hat, das Assad-Regime anzugreifen, regnete es Einladungen zu Talkshows, Interviews, Podiumsdiskussionen und Vorträgen.

Ein kleines, lebendiges hochkultiviertes Volk wird seit zweieinhalb Jahren vor den Augen der Welt bekriegt und vernichtet. Hilfe zu erwarten von unseren europäischen Nachbarn, wäre utopisch, Neutralität wäre realistisch, aber die westlichen Regierungen beteiligen sich alle bis heute an diesem Verbrechen. Deren marktgenormten Herrschern sind Waffenexporte wichtiger als das Leben Unschuldiger. Ist das Moral? Nein, es handelt sich hier um den Verrat an Freiheit und Demokratie. Es ist die Entwürdigung der Menschen in der westlichen Welt, die gezwungen werdenl, ungerührt zuzusehen, wie friedliche Menschen umgebracht werden. Ein jüdischer Intellektueller hat den Vergleich dieser Stupidität mit der Gleichgültigkeit gegenüber der Ermordung von sechs Millionen Juden mitten in Europa angestellt.

Revolutionen sterben langsam
Das syrische Volk wollte nur frei atmen, nur ohne Angst leben. Vierzig Jahre hat der Assad-Clan das Land geknechtet und ausgeraubt. Der Westen schaute nicht nur zu, sondern half mit technischen und militärischen Mitteln, damit das Regime so blieb, wie es war. Giftgas, Internettechnik, Horchgeräte, Raketen und modernste Waffen wären ohne Russland, China und den Westen niemals in die Hände des Regimes gekommen.

Rafik Schami
wurde 1946 in Damaskus geboren. 1971 kam er nach Deutschland, studierte Chemie und legte 1979 seine Promotion ab. Heute lebt er in Marnheim (Pfalz). Er zählt zu den bedeutendsten Autoren deutscher Sprache. Sein Werk wurde in 27 Sprachen übersetzt. Seit 2002 ist Rafik Schami Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.


Seit dem ersten Schuss auf Demonstranten sind zweieinhalb Jahre vergangen. Inzwischen ist die Revolution in einen Bürgerkrieg übergegangen. Revolutionen kommen plötzlich zur Welt, aber sie sterben langsam. Erst rebellierten die Menschen sechs Monate lang friedlich, dann spalteten sich Soldaten von der syrischen Armee ab und beschützten die Demonstranten, dann strömten verschiedene Gruppen von Islamisten hinzu, um die Gunst des Augenblicks auszunutzen, die größte Gruppe hat das Regime selbst dazu beigesteuert. Gefangene Islamisten wurden freigelassen und über den Geheimdienst bewaffnet, damit sie zu Verwirrung, Spaltung und zu Chaos führen.

Im Chaos ist die Diktatur die bestorganisierte Kraft. Der Westen, und nicht nur Deutschland, unterhielt bis zum letzten Tag beste Beziehungen zum Regime. Obama, Merkel, Hollande sind keinen Deut besser als Putin. Öffentlich haben sie ihre Litanei bis zum Erbrechen wiederholt, "Assad solle doch bitte abtreten", und hofierten ihn durch die Hintertür mit Waffen und Elektronik. Sie sprachen von der "roten Linie", die jetzt übertreten sei, und übersahen das rote Blut von über 100.000 unschuldigen Menschen, die schon zuvor vom Regime ermordet wurden, sie sprachen von Freiheit und fragten nicht einmal nach dem Schicksal der über 250.000 Gefangenen.

Mehr zum Thema Syrien ...
... lesen Sie im aktuellen stern.


Und bis zum letzten Augenblick, bis zum Einsatz des Giftgases gewährten sie dem Regime Zugang zu ihren Waffen und Informationen, teils heimlich, teils offen, wie der Besuch des deutschen Geheimdienstchefs Schindler zeigte, der den mörderischen syrischen Geheimdienst aufwertet als "Partner im Kampf gegen den Terrorismus", als ob es einen größeren Terror gibt, als die eigenen Städte mit Scud-Raketen zu beschießen, Frauen zu vergewaltigen und Kinder zu ermorden. Nicht einen einzigen Tag hätten Russland und der Iran dem Regime beistehen können, wenn der Westen es entschieden nicht gewollt hätte.

Und wo waren die Journalisten?
Das verlogene Argument war, man wolle den Revolutionären nicht helfen, nicht einmal mit Lebensmitteln und Medikamenten, damit die Islamisten nicht noch stärker würden. Ja, die Amerikaner erpressten sogar alle Länder der Gegend, damit diese jedwede Hilfe stoppten. Dieselbe westliche Welt arbeitet jedoch mit dem schlimmsten Islamisten in Saudi-Arabien Hand in Hand. Dabei wurden diese Fundamentalisten von den engsten Verbündeten des Westens, nämlich Katar und Saudi-Arabien, mit reichlichen Waffen, Lebensmitteln und Dollars beschenkt.

Und wo waren die Journalisten? Wie haben die Medien ihre Aufgabe und Pflicht wahrgenommen, die Menschen in diesem Land aufzuklären?

Die Presse sollte nach dem Verständnis von Freiheit und Demokratie die vierte Macht im Staat sein. Sie soll in deren Sinne kontrollieren und aufklären. Unser Journalismus wirft ein schlechtes Licht auf unseren Staat. Er ist, abgesehen von einzelnen tapferen Journalistinnen und Journalisten, die viel zu wenig beachtet werden, zu einem Schatten der Macht geworden. Nicht nur bei der Aufklärung der Umstände der NSU- und NSA-Verbrechen ist er gescheitert, sondern das große Scheitern heißt Syrien.

"Für Freiheit und Demokratie stehen"
Nun, seitdem Obama öffentlich erklärt hat, er wolle Assad angreifen, regnete es hier Anfragen. Und alle sind inzwischen überzeugt, dass es Zeit wäre, Assad zu stürzen.

Ich war, bin und werde immer gegen jeden Militärschlag von außen sein. Ich nehme es aber keinem Syrer übel und verstehe gut, wenn viele leidende Syrer dafür sind. Ich bin dagegen, weil damit die Revolution zu Grabe getragen wird. Syrien sollte nach dem amerikanischen Plan ein zweites Afghanistan werden, diesmal sollten die Iraner und ihr Handlanger Hisbollah auf syrischem Boden geschwächt werden.

Assad wird stürzen, aber ersetzt werden durch einen Militärrat, der vom CIA und anderen westlichen Geheimdiensten installiert wird und der dafür sorgt, dass Syrien ein zweiter Irak wird.

Mein Protest gegen diese Verdummung wird hoffentlich eine Diskussion anstoßen über die schlechte Rolle, die der Journalismus hier spielt. Wir haben wirklich einen besseren verdient. "Wie können wir Euch helfen?" fragte ein Europäer einen Syrer, "indem ihr bei euch das macht, was wir hier machen, für Freiheit und Demokratie stehen".

Rafik Schami, September 2013

Ich, Norbert Lindenthal, erlebte Rafik Schami in Wiesbaden zusammen mit Friedrich Denk so ungefähr 1997. In einer Podiumsveranstaltung kamen wir zusammen, um die Werbetrommel für bewährtes Deutsch und eben gegen die verrückte Rechtschreibreform zu rühren. Rafik Schami rührte mit großer Anteilnahme mit. – Kurze Zeit später wurden seine Bücher auf sogenanntes Reformdeutsch umgestellt. Er käme gegen seinen Verlag nicht an, hieß es von Friedrich Denk auf meine Nachfrage.
Warum nun dieser Brief von Rafik Schami im September 2013 mit dem ss-Deutsch geschrieben dargestellt wird? Sind es wirklich nur die Konverter vom Stern gewesen?
… fragt

__________________
Norbert Lindenthal


eingetragen von Sigmar Salzburg am 18.04.2013 um 07.06

Am 22.12.2010 hat Anis Ferchichi, genannt Bushido, eine Generalvollmacht unterschrieben. Darin ermächtigt er Herrn Arafat Abou-Chaker, einen Anführer eines Mafia-Clans, nach Belieben über seine gesamten Besitztümer zu verfügen: über seine Einnahmen, seine Konten, seine Firmen, seine Häuser, seine Autos - alles. Die notariell beglaubigte Vollmacht, die dem stern vorliegt, gilt sogar über den Tod hinaus… Seit Jahren halten Mitglieder des Clans die Justiz und die Abteilung für organisiertes Verbrechen des Berliner Landeskriminalamtes in Atem. Drogenhandel, Menschenhandel, Erpressung, Zuhälterei, Schutzgelderpressung, Geldwäsche - gegen Angehörige der Familie Abou-Chaker liefen bereits Verfahren in fast allen Disziplinen professioneller Kriminalität.
www.stern.de/kultur/musik 17.4.2013

Näheres über die „Kultur“ hier und da,
siehe auch spiegel 19.4.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 21.05.2012 um 04.14

Der "Jahrhundertsänger": Dietrich Fischer-Dieskau mit 87 Jahren verstorben
Als Jahrhundertstimme, Balsamico-Bariton, "greatest living Liedsinger" wurde er bezeichnet. Mit 86 Jahren ist Dietrich Fischer-Dieskau nun gestorben.
Stern.de 19.5.2012

Es sollte nicht vergessen werden, daß auch Dietrich Fischer-Dieskau die Frankfurter Erklärung gegen die Rechtschreibreform unterzeichnet hat.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 19.05.2012 um 20.31

Verriß des Buches ohne Kenntnis des Inhalts
Nach mm:
"Europa braucht den Euro nicht!", lässt das Stern-Cover Thilo Sarrazin im zackigen Comic-Blasenstil sagen und titelt weiter "Neues Buch, alte Masche: Wie Brandstifter Sarrazin mit schrillen Thesen Millionen macht"...
Nachdem Chefredakteur Andreas Petzold die Erwartungshaltung des Käufers fast ins Unermessliche steigert, als er im Editorial über Sarrazin wissen lässt: "der Brandstifter zündelt wieder ... Europa braucht den Euro nicht", lautet seine neueste These, Titel seines Buchs, das nächste Woche erscheint" kommt dann auf 11 Seiten ...

... alles, aber keine Buchbesprechung!

Nicht einmal Zitate oder kurze Passagen! Es folgt stattdessen ein launisches Portrait des politisch umstrittenen Autors Sarrazin, garniert mit zahlreichen alten Zitaten und alten Fakten …
medienmilch.de 16.5.2012

Ähnlich aufreizendes Unwissen von Stern-Redakteuren auch hier.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 08.02.2012 um 13.49

Gelernt hat er Stahlschmelzer, aber eigentlich war er als Schauspieler auf die Welt gekommen: Manfred Krug. Der Ost-West-Schauspieler wird heute 75 Jahre alt.

… da gibt es wirklich viel zu erzählen. Immerhin war Krug in der DDR der "Tausendsassa der DEFA-Filme", wo er in den Babelsberger Studios seit 1961 unter Vertrag stand. Später war er im Westen das liebenswerte und auch manchmal ruppige "Rauhbein, das von drüben kam", wie ihn Zeitungen nannten…

Wie vom Donner gerührt war der ansonsten eher unerschrockene Schauspieler, als der 1965 gedrehte Frank-Beyer-Film "Spur der Steine" mit Krug als aufmüpfig-anarchistischer Baubrigadier von der SED verdammt wurde und schnell wieder aus den Kinos verschwand (für über 20 Jahre) bzw. von Stasitrupps gestört wurde. "Das war Goebbelssche Manier, und ich erlebte meinen ersten schweren Einbruch mit meinem Glauben an das bessere, gerechtere Deutschland mit den sozialistischen Idealen", erinnerte er sich bald nach dem Mauerfall im dpa-Gespräch.

"Hieb Nummer zwei" war die militärische Niederschlagung des Prager Frühlings 1968.

Das Fass zum Überlaufen brachte dann die Biermann-Ausbürgerung im November 1976. Nach dem massenweisen Künstlerprotest, dem sich auch Krug angeschlossen hatte, wurde der Schauspieler beruflich kaltgestellt und von Stasi-Leuten verfolgt…

An seine Übersiedlung in den Westen 1977 erinnert sich Krug noch sehr genau: "Ich hatte Angst, die größte Angst in meinem Leben. Nochmal von vorn anfangen? Aber kriech ich zu Kreuze, bin ich kaputt. Kriech ich nicht, machen sie mich kaputt." ...

stern.de 8.2.2012

Nicht erwähnt wird, daß 1999 auf Betreiben des Berliner „demokratischen“ Senats der Bürgerinitiative ein Werbespot mit Krug gegen die „Rechtschreibreform“ verboten wurde. (Wohingegen die reformierende SPD-Regierung in Schleswig-Holstein nichts dabei fand, daß der Verband der Schulbuchverleger eine halbe Million lockermachte, um den Volksentscheid dort zu Fall zu bringen.)


eingetragen von Sigmar Salzburg am 19.08.2011 um 05.58

Experte hält Rangliste für "dummes Zeug"
Sachsen und Thüringen erklimmen die Spitze, Schlusslicht ist Berlin: Der "Bildungsmonitor 2011" zeigt, dass es mit der Bildung in Deutschland aufwärts geht, sagen die Initiatoren der Studie… der wirtschaftsnahen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)…

Klaus Klemm, langjähriger Bildungsforscher und bis 2008 Beirat der Pisa-Studie, hält den Bildungsmonitor jedoch für wissenschaftlichen Unfug: "Solch eine Studie mit Rangliste zu erstellen, traut sich außer der INSM kein Wissenschaftler zu - denn es ist medienwirksame Zauberei, sonst nichts." Er stört sich daran, dass die Länder aufgereiht werden wie in der Bundesligatabelle. Die so vorgegaukelte Exaktheit existiert seiner Meinung nach nicht, man könne bestensfalls Gruppen von besonders starken und schwachen Bundesländern bilden, alles andere sei "dummes Zeug".
stern.de 16.8.2011


eingetragen von PL am 29.08.2010 um 07.20

Lieber Norbert!

Friedrich Denk sagte: „Ich bedauere aber, daß die Schüler gegen das Diktat der Kultusminister nicht so rebellisch sind, wie wir das in den 68er Jahren waren.“

Friedrich Denk sagte weiter: „Den Ausschlag dazu [zu seinem Engagement gegen die Rechtschreibreform] gab letztlich mein Sohn. Der hat mich von Anfang an dazu ermuntert. Dabei hat er, wie die meisten Kultusminister ja auch, wenig mit Sprache zu tun. Er sah das eher politisch.“

Also genau so, wie ich (siehe dort oder sonstwo).

Von Anfang an bekämpfte ich nicht nur die Rechtschreibreform, sondern auch die Rechtschreibreformer, die ich heute noch allesamt für Verbrecher halte. Als ich sah, daß man meine Leserbriefe nicht in den Zeitungen veröffentliche, kündigte ich die Zeitungsabonnemente.

Apropos „Diktat der Kultusminister“: deren gelehrigste und folgsamste Schüler waren doch die 68er: die Redaktoren und Verleger.

Gruß von Peter


eingetragen von Norbert Lindenthal am 28.08.2010 um 20.48

Stern, 16.8.2004

Was macht eigentlich...:
Friedrich Denk
Der oberbayerische Studiendirektor gründete 1996 mit "Wir gegen die Rechtschreibreform" die einflussreichste Bewegung gegen das neue Regelwerk


[Bild]
Friedrich Denk, 61
© Armin Brosch

Zur Person:
Friedrich Denk, 61, in der Bibliothek seines Hauses in Pullach, das der Vater von drei Kindern mit seiner Frau erst vor wenigen Tagen bezog. Seit zwei Wochen ist der Studiendirektor für Deutsch und Französisch im Ruhestand, um mehr Zeit für den Kampf gegen die Rechtschreibreform zu haben. Daneben ist er Gründer und Redakteur der "Weilheimer Hefte zur Literatur". 1996 startete Denk zunächst mit ein paar hundert selbst gefertigten Flugblättern und einer Unterschriftenaktion seinen Protestlauf, es folgte die Mobilisierung von namhaften Schriftstellern, Dichtern und Verlegern in der "Frankfurter Erklärung"

Das Interview mit Friedrich Denk führte Hannelore Schütz

Deutschland debattiert mal wieder über die Rechtschreibreform. Wie oft klopfen Sie sich täglich auf die Schulter?
Überhaupt nie. Es muss doch immer um die Sache gehen. Das ist wie bei einem Klavierspieler. Wenn der sagt: "Was bin ich heute gut", dann spielt der gleich schlechter.

Nach welcher Rechtschreibung unterrichten Sie?
Ich habe mich dank der Altersteilzeitregelung beurlauben lassen. Aber vorher, muss ich gestehen, versuchte ich ganz bewusst, die Klippen zu umschiffen. Keine Sätze mit "dass" oder mit dieser unlogischen Groß- und Kleinschreibung. Von wegen Vereinfachung. Heute machen die Schüler viel mehr Fehler als früher. Die Erwachsenen übrigens auch.

Sind Ihre Schüler nun stolz auf Sie oder eher sauer?
Beides. Die Klügeren waren am Anfang gegen die Reform. Heute sind viele, die eher schlampig arbeiten, zufrieden damit, weil sie im Augenblick die Wahl haben zwischen Alt oder Neu und alles richtig ist. Ich bedauere aber, dass die Schüler gegen das Diktat der Kultusminister nicht so rebellisch sind, wie wir das in den 68er Jahren waren.

Immer nur kämpfen. Macht das nicht müde?
Ich bin immer noch mittendrin und absolut nicht müde. Damit ich noch Zeit habe, etwas gegen die Reform zu tun, bevor 2005 das Fallgitter runtergeht, habe ich mich ja auch freistellen lassen.

1996, auf der Frankfurter Buchmesse, haben Sie deutschsprachige Schriftsteller wie Grass, Walser, Kunze für Ihren Protest gegen die Reform gewonnen. Haben Sie noch Kontakt zu denen?
Der ist nie abgerissen. Im Herbst sind wieder zwei Veranstaltungen mit namhaften Autoren für die Einheit der Orthografie geplant.

Und was sagen Ihre Kollegen? Trauen Sie sich noch in eine Schule, nachdem die meisten Lehrer gegen die Reform der Reform sind?
Das ist eine Behauptung der Kultusminister und eine glatte Lüge. Die erzählen alles, wenn es ihnen was nützt. Am Weilheimer Gymnasium, an dem ich unterrichtet habe, waren fast alle Lehrer für mich. Nur zwei Direktoren plädierten für die Reform. Auch heute noch sind bundesweit viele Lehrer gegen die neue Rechtschreibung. Sie trauen sich aber nicht, das auch öffentlich zu sagen.

Warum engagieren Sie sich eigentlich so stark. Wegen des f statt des ph im Delfin?
Den Ausschlag dazu gab letztlich mein Sohn. Der hat mich von Anfang an dazu ermuntert. Dabei hat er, wie die meisten Kultusminister ja auch, wenig mit Sprache zu tun. Er sah das eher politisch.

Und Sie?
Auch wir, die Gegner, fühlten uns im Sinne der Demokratie dazu verpflichtet, etwas zu tun, um das Vorhaben zu kippen. Das wäre ein Ruck durchs Land. Und die Menschen würden wieder Mut fassen, wenn sie sähen, dass man auf sie hört. Die Politiker fordern ja ständig, wir sollten uns beteiligen.

Es geht also eher um Politik als um Orthografie?
Es geht um etwas, das uns alle angeht. Aber jetzt plötzlich ist von Beteiligung nicht mehr die Rede. Das sagen die Politiker doch nur in ihren Sonntagsreden, und dann machen sie es ohne das Volk.

In einem Jahr wird die Entscheidung gefallen sein. Dann sind Sie ein Held oder gescheitert. Was machen Sie dann?
Ich mache weiterhin Literaturhefte und organisiere Dichterlesungen. Das ist Arbeit genug.

Kein Aufschrei gegen Hartz und Co.?
Davon verstehe ich nichts.


eingetragen von Norbert Lindenthal am 23.07.2010 um 16.44

Stern, 19.7.2010

Volksentscheid zur Hamburger Schulreform:
Rebellion der Pfeffersäcke
Die Hamburger haben den Mut ihrer schwarz-grünen Regierung bestraft - und Deutschlands Schülern einen Bärendienst erwiesen. Die dringend notwendige Bildungsoffensive gerät nun ins Stocken. Ein Kommentar von Sönke Wiese

[Bild]
Sie protestierten vergeblich: Hamburger Schüler auf einer Demo für die Schulreform
© Fabian Bimmer/DPA

Der Hamburger Klassenkampf ist entschieden, die Bürgerlichen haben beim Volksentscheid triumphiert. Eine satte Mehrheit von 58 Prozent der Wähler lehnte die Primarschule ab, das Herzstück der schwarz-grünen Schulreform. Damit haben die Hanseaten Deutschlands Schülern einen Bärendienst erwiesen.

Von Anfang an war klar, dass dieses Bürgervotum ein Signal für die Bildungspolitik im ganzen Land sein würde. Gebannt starrten Reformer anderer Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen, Thüringen und dem Saarland auf die Hansestadt. Hamburg schien der beste Ort für den notwendigen Beginn einer mutigen bundesweiten Bildungsrevolution zu sein. Die direkte Abstimmung des Volkes über die Schulreform avancierte zum Testfall für die Republik.

Emotional aufgepeitschte Stimmungskampagne
Trotz leichter Verbesserungen seit der ersten Pisa-Studie befindet sich das deutsche Schulwesen nach wie vor in einer großen Misere. Zum einen sind da die im internationalen Vergleich unterdurchschnittlichen Leistungen der Schüler. Zum anderen, viel schlimmer noch, dominiert in Deutschlands Schulen eine eklatante Ungerechtigkeit. In kaum einem anderen OECD-Staat sind Bildungschancen so abhängig von der sozialen Herkunft, sprich: vom Geldbeutel der Eltern. Das ist nicht nur unfair, sondern auch aus gesamtgesellschaftlicher Sicht höchst unvernünftig. Mit mehr Lehrern und mehr Geld allein lassen sich die Mankos nicht beseitigen. Vor allem die Bildungsungerechtigkeit ist ein strukturelles Problem, das System muss sich ändern. Diese Einsicht setzt sich selbst bei konservativen Gemütern langsam durch.

Neben Berlin und Bremen ist in Hamburg die Schulmisere am größten. Denn hier hat nie die heile Welt existiert, die vielleicht noch in vielen Landstrichen Bayerns vorherrscht. In den Großstädten gibt es zu viele Kinder mit Migrationshintergrund und aus bildungsfernen Schichten, die bei der frühen Auslese nach der vierten Klasse durchs Raster fallen und die im traditionellen dreigliedrigen Schulsystem nicht optimal gefördert werden. Viele Talente gehen hier verloren. Nicht zuletzt durch die schlechten Ergebnisse in bundesweiten Vergleichsstudien war der Druck zu radikalen Maßnahmen in Hamburg besonders groß.

Mit der Bildung der ersten schwarz-grünen Koalition und dem Einzug der leidenschaftlichen Bildungspolitikerin Christa Goetsch (GAL) in den Senat war die Gelegenheit für die bundesweit konsequenteste Schulreform gekommen. Anfangs schienen die Chancen gut, dass der beliebte Bürgermeister Ole von Beust (CDU) auch wesentliche Teile des typischen Wählermilieus der Union überzeugen könnte. Nirgends waren die Voraussetzungen besser. Schließlich gilt das Hamburger Bürgertum als weltoffen, liberal und tolerant.

Doch am Ende setzte sich der reaktionäre Gedanke durch, dank einer emotional aufgepeitschten Stimmungskampagne der Reformgegner. Die Bürgerbewegung aus den reichen Stadtvierteln erklärte das Gymnasium zum heiligen Gral des deutschen Schulsystems. Zwei Schuljahre länger gemeinsames Lernen an der Primarschule: Das schien dem Untergang der abendländischen Bildung gleichzukommen. Die Volksinitiative schaffte es, dass sachliche Argumente in den Hintergrund rücken und die Debatte um die Primarschule zum Glaubenskrieg mutierte. Man muss anerkennen: Damit konnte sie in beeindruckender Weise einen Aufstand der Pfeffersäcke, der gut betuchten Hamburger, entfachen.

Und die mögliche Gegenwehr aus den Arbeiter- und Problemvierteln wie Wilhelmsburg, Billstedt oder Harburg blieb aus, hier gab es die mit Abstand niedrigsten Wahlbeteiligungen. Bei den Benachteiligten der Stadt stieß die Schulreform offenkundig nur auf mäßiges Interesse.

Die Hamburger haben den Mut der Schwarzen und Grünen fürchterlich bestraft. Das eindeutige Ergebnis des Volksentscheids ist ein schwerer Dämpfer für eine engagierte Bildungspolitik in Deutschland, die bundesweit in einem unproduktiven Klein-Klein enden könnte. Überfällige Reformen jedenfalls werden jetzt noch allenfalls in vorsichtigen Schritten gewagt.

Ein Kommentar von Sönke Wiese


eingetragen von Sigmar Salzburg am 19.07.2010 um 04.49

„Für eine bessere Schule“

Ich bin für eine bessere Schule in Hamburg, die gerechter und leistungsfähiger ist


[Wer wird da nicht mit „Ja“ stimmen – nur ist damit nicht gesagt, daß das Vorhaben der Regierung zu diesem Ziel führt!]

Ich unterstütze das längere gemeinsame Lernen in der Primarschule und das Elternwahlrecht nach Klasse 6.

[Auf deutsch heißt das: Ich bin dafür, daß mein Kind zwei Jahre länger auf niedrigem Niveau unterrichtet wird und daß es als Zugpferd für schwache Schüler mißbraucht wird, und verzichte auf das Recht, schon nach vier Jahren über einen besseren Unterricht für mein Kind zu entscheiden.]

Ich unterstütze die einstimmige Entscheidung der Bürgerschaft vom 3. März 2010.

[Damit wird suggeriert: Die gewählten Politiker (und zwar aller Parteien), die gewiß einen besseren Durchblick haben als ich, sind für die Schulreform – wie kann ich kleines Licht mich dem Glück und Wohlergehen der Jugend in den Weg stellen!]


eingetragen von Detlef Lindenthal am 18.07.2010 um 21.43



Dieser sonderbare Stimmzettel erinnert unangenehm an den Volksentscheid zur Rechtschreibfrage 1998 – dem rechtseitigen Täuschungsversuch sind die Wähler nicht erlegen.

Den Wortlaut auf der linken Seite halte ich für rechtlich wenig verbindlich: ob die Bürgerschaft (sonderbarer Täuschungsname; gemeint ist der Hamburger Landtag) aufgefordert wird oder auf Grönland fällt ein Schneemann um, macht wenig Unterschied.
Der Wortlaut stammt nicht von Detlef Lindenthal; mein Wortlaut zum Volksentscheid 1996/98 war klar als Gesetz ausgedrückt.

__________________
Detlef Lindenthal


eingetragen von Sigmar Salzburg am 18.07.2010 um 20.33

Schulreform in Hamburg: Schwarz-Grün verliert Volksentscheid

Seit 22.03 Uhr steht so gut wie fest: Schwarz-Grün in Hamburg hat den Volksentscheid über die Schulreform verloren. Die Verfechter einer vierjährigen Grundschulzeit haben obsiegt.

Der schwarz-grüne Hamburger Senat hat den Volksentscheid über seine umstrittene Schulreform verloren. Das gab Landeswahlleiter Willi Beiß am Sonntagabend in Hamburg noch vor Bekanntgabe des vorläufigen amtlichen Endergebnisses bekannt. "Es ist jetzt ein klarer Fall", sagte Beiß. Um 22.03 Uhr hatte das Statistische Landesamt festgestellt, dass die Gegner der sechsjährigen Primarschulen die Mindestzahl von rund 247.000 Stimmen erreicht haben. Die Wahlbeteiligung lag bei 39 Prozent.

Rund 64.600 Menschen kamen nach Angaben des Landeswahlamtes in die gut 200 Wahllokale in der Hansestadt (5,1 Prozent). Abstimmungsleiter Willi Beiß war von einem Andrang von etwa 90.000 Hamburgern ausgegangen. Etwa 427.000 Wahlberechtigte (33,8 Prozent) stimmten per Briefwahl ab.

stern.de 18.7.2010

Und das Ergebnis darf nur durch einen erneuten Volksentscheid aufgehoben werden – anders als in Schleswig-Holstein, wo das Volk entmachtet und entmündigt wurde!


eingetragen von Sigmar Salzburg am 26.11.2007 um 17.19

Über „Spießer“ –
der „Sprachkritik-Spießer“:

»Ideelle Oberstudienräte vom Schlage Bastian Sick, die es immer noch für originell halten, schwachsinniges Denglisch oder falsch gesetzte Apostrophe zu geißeln. Sprachblockwarte, die noch den dreihundertsten „Zeit“-Artikel über die Rechtschreibreform verschlingen, als hinge davon die westliche Zivilisation ab. Gründen mit anderen Schlaumeiern Vereine zur Pflege der deutschen Sprache und fordern Quoten für deutschsprachige Musik in den Sendern. Wenn sie nicht Heinz Rudolf Kunze heißen, sehen sie zumindest so aus«

„Stern“ vom 22.11.2007

(300 Artikel in der ZEIT? Mitläufer-Organe denken nicht soviel!)


eingetragen von Norbert Lindenthal am 07.10.2004 um 14.17

7.10.2004

Zitate

"Das Anklagen liegt mir einfach im Blut"

Die Literatur-Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek nimmt selten ein Blatt vor den Mund. Hier einige ihrer Aussprüche:

"Wenn ich etwas sagen will, dann sage ich es, wie ich es will."
(Jelinek im Mai 2004 in ihrer Dankesrede bei der Verleihung des Lessing-Preises.)

"...dass man sich darin nicht wälzen kann wie ein Schwein in der Kuhle, sondern dass man blass wird beim Lesen."
(Elfriede Jelinek im Mai 1989 in einem dpa-Gespräch auf die Frage, was sie mit ihrem Roman "Lust" anstrebt.)

"Ich habe immer versucht, meine politische Aussage auf der Höhe der von mir erarbeiteten Ästhetik zu halten, für das Politische eine literarische Methode zu finden, so dass bestenfalls die Aussage und ihre Trägerrakete - in meinem Fall eben oft das Medium Theater - miteinander davonfliegen und nicht eins von beiden am Boden zurückbleibt."
(Jelinek im April 2004 in einem dpa-Gespräch.)

"Das ist der Anfang vom Ende der unsinnigen Rechtschreibreform, die eine Sprachverarmung bedeutet und eine reine Bürokraten-Beschäftigungsaktion ist."
(Jelinek im August 2004 anlässlich der Rückkehr einiger deutscher Zeitungen zur alten Rechtschreibung.)

"Das Anklagen wie das Klagen, das liegt mir einfach im Blut."
(Jelinek im Dezember 2002 in ihrer Dankesrede bei der Verleihung des Heine-Preises.)

Meldung vom 07. Oktober 2004


eingetragen von Norbert Lindenthal am 20.08.2004 um 01.10

Rechtschreibung

Geheimsache "ß"


© Roland Magunia/DDP
Coup im Sommerloch: "Spiegel"-Chef Aust (l.),"FAZ"-Herausgeber Schirrmacher, hier bei einer Preisverleihung.

Wie die Allianz von Springer ("Bild") und "Spiegel" gegen die neue Rechtschreibung über Monate vorbereitet wurde - und warum es am Ende dann doch hopplahopp gehen musste.*

*(Wörter auf der Grundlage der neuen amtlichen Rechtschreibregeln wurden fett hervorgehoben.)

Der Kampf gegen das Doppel-S lief seit 80 Stunden, und die Champagnerlaune war schon ein wenig verflogen, als sich die drei Herren, die das ganze Theater inszeniert hatten, am Montagabend vergangener Woche zur Lagebesprechung im Berliner Promi-Lokal "Borchardt" trafen. Mehr als drei Stunden lang steckten sie die Köpfe zusammen, blickten ernst, tranken viel Kaffee und noch mehr Wasser. Die Revoluzzer: Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer AG ("Bild", "Welt", "Hörzu"); Frank Schirrmacher, Herausgeber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ("FAZ"); Stefan Aust, Chefredakteur des "Spiegel".

Ohne Frage, die ebenso mächtige wie ungewöhnliche Medienallianz hatte mit ihrem Beschluss, die von den Kultusministerien beschlossene Rechtschreibreform zu boykottieren, einen Coup gelandet. Springer und "Spiegel" Seit' an Seit' - das gab es nicht oft bisher. Doch der Druck auf andere Blätter, den drei Compaeros zu folgen, blieb vorerst schwach. Der konservative "Rheinische Merkur" schloss sich an, die liberale "Süddeutsche Zeitung" grundsätzlich auch, zaudert aber, einen Zeitpunkt für die Umstellung zu nennen. Große Erfolge sehen anders aus.

Der Rechtschreibstreit spaltet die Medienbranche wie das Land. Das Gros der Blätter - darunter neben "Focus", "Zeit" und "Frankfurter Rundschau" auch der stern - will bei der seit Jahren gewohnten Rechtschreibung bleiben. Ein Teil der Leser spricht sich gegen die Reform aus, ein anderer wirft den Verweigerern Arroganz gegenüber politischen Entscheidungen und Verantwortungslosigkeit gegenüber Schülern vor, die erneut umlernen müssten. Auch bei Springer und dem "Spiegel" herrscht keine Einigkeit. Viele Mitarbeiter meinen, die Rückkehr zur alten Rechtschreibung, die auch im internen Postverkehr der Verlage wieder gelten soll, sei "schlicht Quatsch". Beim "Spiegel" stören sich viele daran, dass Chef Aust seine Entscheidung weitgehend allein, allenfalls in Abstimmung mit ein paar Ressortleitern getroffen habe.

Vor allem aber in der feinsinnigen Redaktion der Münchner "Süddeutschen Zeitung" ("SZ") sorgt die Phalanx mit den groben Springer-Blättern "Bild am Sonntag" (Werbeslogan: "Die neue BamS hat mehr Bums!") und "Bild" für Ärger. "Da hat man nun Genossen, die man wirklich nicht wollte", sagt einer, der schon früh in die Überlegungen der "SZ" zur Abkehr von der Reform eingeweiht war. Zu allem Überfluss erhielt "SZ"-Chefredakteur Hans Werner Kilz von "Bild" auch noch den Orden "Ein Herz für die deutsche Sprache".

Das Sommertheater war von langer Hand geplant. Im April traf sich das Trio Döpfner, Schirrmacher und Aust zum Abendessen. Springer-Chef Döpfner wetterte mal wieder gegen die neuen Schreibregeln, die sein Verlag seit 1999 anwendet, die ihm aber verhasst geblieben sind. Ob es wohl noch möglich wäre, das Ruder herumzureißen, bevor das neue Deutsch im August 2005 verbindlich werde? Bei Freund Schirrmacher von der "FAZ", dessen wertkonservatives Blatt nach einem kurzen Intermezzo bereits vor vier Jahren zur alten Schreibweise zurückgekehrt war, stößt Döpfner auf festen Rückhalt. Aber erst, als auch "Spiegel"-Chef Aust an jenem Abend beispringt, steht die überparteiliche Front, wie Döpfner sie sich gewünscht hat. Niemand soll die Bewegung später einem Lager zuordnen können. Es gehe ihm allein um die Sache, nicht um Links oder Rechts und nicht um Machtspielchen, will Döpfner die Aktion verstanden wissen.

Der Verbund verabredet, der "staatlich verordneten Legasthenie" (Aust) erst mal eine Arbeitsgruppe entgegenzusetzen, um Für und Wider der Schreibregeln auszuloten. Ursprünglich, sagt Aust heute, hätten "die Experten Kompromissvorschläge erarbeiten" sollen, die man der Sprachwissenschaftlerkommission der Länder hätte präsentieren können.

So treffen sich denn die "Experten" unter großer Geheimhaltung am 28. Juni im Hamburger "Spiegel"-Hochhaus. Das Nachrichtenmagazin entsendet den Pensionär Heinz P. Lohfeldt, langjähriger Redakteur des Hauses. Die "FAZ" schickt ihren Literaturchef Hubert Spiegel. Von der "SZ", die inzwischen in den Plan eingeweiht wurde, reist Kulturredakteur Hermann Unterstöger an. Den Springer-Verlag vertritt Claudia Ludwig.

Die 55-jährige ehemalige Deutschlehrerin ist dem Haus verbunden. Sie ist verheiratet mit Christian Delbrück - der Ex-Vorstand leitet heute die Geschäfte bei der Springer-Lokalzeitung "Hamburger Abendblatt". Und sie hat die richtige Einstellung - als scharfe Gegnerin der neuen Sprachregeln ("Ich kämpfe gegen diese Reform bis zu meinem Lebensende."). Zusammen mit anderen Frauen hat sie die Initiative "Lebendige deutsche Sprache" zur Rettung der klassischen Rechtschreibung gegründet.

Seiten 2

Geheimsache "ß"


© Bernd Settnik/DPA
Zettelte die Blockade an: Springer -Chef Döpfner

Während Ludwig im Hintergrund für das Verlagshaus an der Reform rüttelt, findet ihre Mütterinitiative in Springer-Blättern bereitwillig Gehör. "Sie wollen schreiben wie früher", betitelt das "Hamburger Abendblatt" im Juni einen Bericht. Und "Bild" jubelt im August: "Jetzt gehen die Mütter auf die Barrikaden!" Springer-Sprecherin Edda Fels findet an all dem nichts Anstößiges: "Wir haben Frau Ludwig als Expertin um Rat gebeten. Sie ist weder bei uns angestellt, noch wurde sie für ihren Rat bezahlt." Ludwig betont, ihr Mann habe ihr öffentliches Wirken eher behindert denn gefördert.

Nicht allzu überraschend kommt die geheime Kommission zu dem Schluss, an den neuen Regeln sei nichts, aber auch gar nichts zu retten. "Der Weg der sanften Einflussnahme über die jahrelange Berichterstattung ist gescheitert", sagt Aust rückblickend. Allein der Vertreter der "Süddeutschen" zeigt sich weniger kategorisch. In München wird das Thema längst nicht so wichtig genommen. Chefredakteur Kilz kümmert sich kaum noch darum.

Anders Springer-Chef Döpfner. Der klopft die Haltung in anderen Medienhäusern ab - keiner sonst will mit vorpreschen. Auch intern muss er einige Chefredakteure noch auf Linie bringen. Vor allem bei den Jugendmagazinen der Verlagstochter AS Young Mediahouse ("Yam!") ist die Befürchtung groß, dass ihnen Leser weglaufen. Zwar spricht sich eine Bevölkerungsmehrheit in Umfragen gegen die Rechtschreibreform aus, das Gros der Jungen aber will die neu erlernte Schreibweise beibehalten. Doch Döpfner, das macht er in einer Telefonkonferenz mit den Chefs der Blätter klar, duldet keine Abweichung.

Die Schreibumstellung sollte ursprünglich symbolbeladen zum 3. Oktober, dem Tag der Deutschen Einheit, erfolgen. Dass die Verkündung so früh kam, lag an der Politik. Plötzlich mäkelten die CDU-Ministerpräsidenten Peter Müller (Saarland) und Christian Wulff (Niedersachsen) an der von ihnen selbst bestätigten Reform herum. Die Deutsch-Debatte nahm Fahrt auf - zu viel für Döpfners und Austs Geschmack. Die Gefahr bestand, dass ihr lange geplanter Handstreich im Herbst wie schnöde Trittbrettfahrerei auf dem CDU-Ticket ausgesehen hätte.

So wird die Aktion vorgezogen. Neuer orthografischer D-Day: Freitag, 6. August. Hastig versucht Springer-Chef Döpfner in den Tagen davor, "Süddeutsche"-Chef Kilz einzunorden - er erreicht ihn nicht. Muss es halt ohne Kilz gehen. Aust informiert einige Ressortleiter, ventiliert die Meinungslage bei den Gesellschaftern, fühlt sich gestützt. Am Freitag, dem 6. August, um 11.09 Uhr schickt Döpfner die Direktive per Mail an die Verlagsmitarbeiter. Minuten später gehen die Verlage an die Öffentlichkeit: "Spiegel-Verlag und Axel Springer AG kehren zur klassischen Rechtschreibung zurück." Die "Süddeutsche" schließt sich halbherzig an, obwohl dort keiner ganz zurück zum Alten will.

Als flammender Befürworter der Verlagsaktion erweist sich hingegen Kai Diekmann, Chefredakteur von "Bild" und schon früh direkt in die Pläne seines Vorstands Döpfner eingebunden. Diekmann liebt Kampagnen. Mal ist er für Reformen, mal ist er gegen Hartz IV. Nun also die Rechtschreibreform. "Bild" tischt seinen zwölf Millionen Lesern beinahe täglich Neues über die "Schlechtschreibreform" auf. Allenfalls zwei Prozent des Wortschatzes sind von der Neuregelung betroffen - doch "Bild" macht Dampf: Allein seit Anfang August wird in 24 Artikeln für den Erhalt der alten Orthografie getrommelt. Dass Diekmann im Eifer des Gefechts auch mal übers Ziel hinausschießt, geht im Meer von Kronzeugen wie Franz Beckenbauer, Veronica Ferres, Vicky Leandros und Heino fast unter: Uwe Knüpfer, Chefredakteur der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung", fand sich unter den Befürwortern der Springer-Aktion wieder. Tatsächlich bleibt die "WAZ" bei der aktuellen Sprachregelung.

Das Anti-Reformer-Trio muss nun durchaus um seinen Erfolg zittern. Nicht unwahrscheinlich, dass die Kultusminister die Reform erst recht durchziehen und sie ohne große Änderungen verbindlich werden lassen. Das weiß auch "Spiegel"-Chef Aust. Er spekuliert dennoch auf ein Einlenken der Politik. Es wäre doch schon ein Erfolg der Verlagsaktion, wenn beide Schreibweisen parallel bestehen blieben: "Die Spaltung existiert sowieso."

Das trifft auf die "Spiegel"-Gruppe selbst zu. Zu dem Haus gehört auch das "Manager-Magazin". Dort wird weiter die neue Rechtschreibung gepflegt. Chefredakteur Arno Balzer: "Wir sehen kurzfristig keinen Handlungsbedarf."
 
Johannes Röhrig

Meldung vom 19. August 2004


eingetragen von Norbert Lindenthal am 18.08.2004 um 17.32

18.8.2004

Was macht eigentlich...

Friedrich Denk

© Wolfgang Maria Weber
Friedrich Denk, 61

Der oberbayerische Studiendirektor gründete 1996 mit "Wir gegen die Rechtschreibreform" die einflussreichste Bewegung gegen das neue Regelwerk

Zur Person:
Friedrich Denk, 61, in der Bibliothek seines Hauses in Pullach, das der Vater von drei Kindern mit seiner Frau erst vor wenigen Tagen bezog. Seit zwei Wochen ist der Studiendirektor für Deutsch und Französisch im Ruhestand, um mehr Zeit für den Kampf gegen die Rechtschreibreform zu haben. Daneben ist er Gründer und Redakteur der "Weilheimer Hefte zur Literatur". 1996 startete Denk zunächst mit ein paar hundert selbst gefertigten Flugblättern und einer Unterschriftenaktion seinen Protestlauf, es folgte die Mobilisierung von namhaften Schriftstellern, Dichtern und Verlegern in der "Frankfurter Erklärung"

Das Interview mit Friedrich Denk führte Hannelore Schütz

Deutschland debattiert mal wieder über die Rechtschreibreform. Wie oft klopfen Sie sich täglich auf die Schulter?
Überhaupt nie. Es muss doch immer um die Sache gehen. Das ist wie bei einem Klavierspieler. Wenn der sagt: "Was bin ich heute gut", dann spielt der gleich schlechter.

Nach welcher Rechtschreibung unterrichten Sie?
Ich habe mich dank der Altersteilzeitregelung beurlauben lassen. Aber vorher, muss ich gestehen, versuchte ich ganz bewusst, die Klippen zu umschiffen. Keine Sätze mit "dass" oder mit dieser unlogischen Groß- und Kleinschreibung. Von wegen Vereinfachung. Heute machen die Schüler viel mehr Fehler als früher. Die Erwachsenen übrigens auch.

Sind Ihre Schüler nun stolz auf Sie oder eher sauer?
Beides. Die Klügeren waren am Anfang gegen die Reform. Heute sind viele, die eher schlampig arbeiten, zufrieden damit, weil sie im Augenblick die Wahl haben zwischen Alt oder Neu und alles richtig ist. Ich bedauere aber, dass die Schüler gegen das Diktat der Kultusminister nicht so rebellisch sind, wie wir das in den 68er Jahren waren.

Immer nur kämpfen. Macht das nicht müde?
Ich bin immer noch mittendrin und absolut nicht müde. Damit ich noch Zeit habe, etwas gegen die Reform zu tun, bevor 2005 das Fallgitter runtergeht, habe ich mich ja auch freistellen lassen.

1996, auf der Frankfurter Buchmesse, haben Sie deutschsprachige Schriftsteller wie Grass, Walser, Kunze für Ihren Protest gegen die Reform gewonnen. Haben Sie noch Kontakt zu denen?
Der ist nie abgerissen. Im Herbst sind wieder zwei Veranstaltungen mit namhaften Autoren für die Einheit der Orthografie geplant.

Und was sagen Ihre Kollegen? Trauen Sie sich noch in eine Schule, nachdem die meisten Lehrer gegen die Reform der Reform sind?
Das ist eine Behauptung der Kultusminister und eine glatte Lüge. Die erzählen alles, wenn es ihnen was nützt. Am Weilheimer Gymnasium, an dem ich unterrichtet habe, waren fast alle Lehrer für mich. Nur zwei Direktoren plädierten für die Reform. Auch heute noch sind bundesweit viele Lehrer gegen die neue Rechtschreibung. Sie trauen sich aber nicht, das auch öffentlich zu sagen.

Warum engagieren Sie sich eigentlich so stark. Wegen des f statt des ph im Delfin?
Den Ausschlag dazu gab letztlich mein Sohn. Der hat mich von Anfang an dazu ermuntert. Dabei hat er, wie die meisten Kultusminister ja auch, wenig mit Sprache zu tun. Er sah das eher politisch.

Und Sie?
Auch wir, die Gegner, fühlten uns im Sinne der Demokratie dazu verpflichtet, etwas zu tun, um das Vorhaben zu kippen. Das wäre ein Ruck durchs Land. Und die Menschen würden wieder Mut fassen, wenn sie sähen, dass man auf sie hört. Die Politiker fordern ja ständig, wir sollten uns beteiligen.

Es geht also eher um Politik als um Orthografie?
Es geht um etwas, das uns alle angeht. Aber jetzt plötzlich ist von Beteiligung nicht mehr die Rede. Das sagen die Politiker doch nur in ihren Sonntagsreden, und dann machen sie es ohne das Volk.

In einem Jahr wird die Entscheidung gefallen sein. Dann sind Sie ein Held oder gescheitert. Was machen Sie dann?
Ich mache weiterhin Literaturhefte und organisiere Dichterlesungen. Das ist Arbeit genug.

Kein Aufschrei gegen Hartz und Co.?
Davon verstehe ich nichts.


eingetragen von Norbert Lindenthal am 09.08.2004 um 12.48

9.8.2004

Medienecho

Nicht alle sind dafür

© picture-alliance / akg-images / Bruni Meya
Reich-Ranicki: "Neue Rechtschreibung ist dämlich

Die von Spiegel und Axel Springer Verlag überraschend angekündigte Rückkehr zur alten Rechtschreibung ist in Politik und Medien auf Kritik, aber auch Beifall gestoßen.

Während die "Süddeutsche Zeitung" ebenfalls die Reform zurücknehmen will, äußerten sich andere Verlage und Nachrichtenagenturen abwartend. Der Burda-Verlag, der "Stern", die "Frankfurter Rundschau" und die "taz" erteilten der Initiative am Freitag eine Absage. Einige CDU-Ministerpräsidenten begrüßten den Vorstoß, dagegen kam von der SPD deutliche Ablehnung. Entrüstet zeigte sich die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Doris Ahnen (SPD). Für einen derartigen Beschluss habe sie kein Verständnis, sagte die rheinland-pfälzische Bildungsministerin. Die Initiatoren dieser Aktion blieben jede Antwort schuldig, wie in Zukunft die verschiedenen Interessen unter einen Hut gebracht werden sollten.

Ministerpräsidenten werden Thema beraten
Die CDU-Ministerpräsidenten Peter Müller (Saarland) und Christian Wulff (Niedersachsen) kündigten an, sich weiter für die Abschaffung der Rechtschreibreform einzusetzen. Für eine Rücknahme der Reform sind einstimmige Beschlüsse von Kultusminister- wie Ministerpräsidentenkonferenz nötig. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) erklärte am Freitag, er bleibe dabei, dass er eine Rücknahme ablehne. Auch Schleswig-Holstein will bei der neuen Rechtschreibung an den Schulen bleiben. "Die Entscheidung der Axel Springer AG und des Spiegel-Verlages schafft überflüssige Verunsicherung an den Schulen," sagte dazu Kultusministerin Ute Erdsiek-Rave (SPD) in Kiel. Es bleibe bei der neuen Rechtschreibung. "Es gibt keinen Grund, dies zu ändern."

Bayerns Ministerpräsident und derzeitiger Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz, Edmund Stoiber (CSU), erklärte, "nach kritischen Stimmen aus vielen Ländern habe ich das Thema Rechtschreibreform bereits auf die Tagesordnung der Ministerpräsidenten gesetzt." Dabei sei zu prüfen, "ob Lösungen möglich sind, mit denen Teile der bisherigen Rechtschreibreform beibehalten und andere Teile aufgegeben werden können".


 


Verleger sehen Signalwirkung
Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger erwartet von der Spiegel/Springer-Entscheidung eine "Signalwirkung" auch für andere Medien. Auch aus Sicht des Deutschen Journalistenverband ist die Rechtschreibreform nicht mehr zu halten. Sowohl der Bauer- als auch der Jahreszeiten-Verlag äußerten Sympathie für den Vorstoß von Spiegel und Springer. Zunächst solle aber abgewartet werden, ob eine breite Front von Verlagen dem Beispiel folge. Die Nachrichtenagenturen AP und dpa erklärten, vorerst die Reaktion der Kunden abzuwarten. Gegenwärtig gebe es keinen Handlungsbedarf, sagte AP-Chefredakteur Peter Gehrig.

Der "Focus"-Verlag Burda erklärte, man wolle den "Kampf um die Rechtschreibung nicht auf dem Rücken der jungen Leser austragen". Bindend sei, was in der Schule gelehrt werde. Beim "Stern" hieß es, man halte an den neuen Regeln fest, befürworte aber Änderungen im Detail. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) erklärte: Es ist unverantwortlich, wie hier auf Kosten von Kindern, Eltern und Schulen Stimmung gemacht wird, um das Sommerloch zu füllen und die eigene Macht zu demonstrieren." Die Erfahrung in den Schulen zeige, dass die Kinder seit der Reform weniger Fehler machen.

Lehrerverband fürchtet "orthografisches Abseits"
Der Deutsche Philologenverband mahnte einen schnellen Kompromiss an. Es gebe Teile der Rechtschreibreform, die völlig unumstritten seien wie etwa die ss/ß-Regelung, betonte der Verband. Umgekehrt sei klar, dass die Zusammen- und Getrenntschreibung noch nicht befriedigend geregelt sei. Der Deutsche Lehrerverband (DL) forderte die Ministerpräsidenten auf, die Rechtschreibreform jetzt zur Chefsache zu machen, damit die Schulen nicht ins "orthografische Abseits" gerieten. Die alte Rechtschreibung müsse wieder verbindlich werden. Dies forderte auch der Suhrkamp Verlag. Dagegen forderte der Verband Bildung und Erziehung, die "derzeitige hysterische Debatte" zu beenden.
 





"Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann


"Wir müssen in Deutschland den Mut haben, etwas als falsch Erkanntes dann auch einmal zu widerrufen." (Zur Rückkehr des Springer-Verlags und anderer Verlage zur alten Rechtschreibung)


Reich-Ranicki mag kein "ß" mehr
Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki hat sich für eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung mit kleinen Korrekturen ausgesprochen. Die neue Rechtschreibung sei "dämlich", sagte er in einem Gespräch mit dem Südwestrundfunk (SWR). Er wäre glücklich, wenn die alte Rechtschreibung sobald wie möglich wieder gelten würde. Man müsse sie nur in einigen Punkten "sparsam und behutsam" korrigieren. So solle das "ß" komplett abgeschafft werden, schlug Reich-Ranicki vor.

Die österreichische Presse wird nicht zur alten Rechtschreibung zurückkehren. Wie die Nachrichtenagentur APA am Freitag berichtete, haben alle bedeutenden überregionalen und Wiener Tageszeitungen angekündigt, bei der bisherigen Rechtschreibreform zu bleiben. "Wir sind als Zeitung ja nicht die Institution, die darüber zu richten hat", betonte der Chefredakteur des linksliberalen "Standard", Gerfried Sperl, laut APA. Eine Rückkehr zu den alten Schreibweisen würde gerade die junge Leserschaft irritieren, um die man sich besonders bemühe: "Die Kids müssen die neue Rechtschreibung lernen." Gerade um diese Zielgruppe müsse man aber kämpfen.

Österreichs Presse verweigert Schwenk
Der stellvertretende Chefredakteur der Wiener "Die Presse", Michael Fleischhacker, meinte, man wolle jetzt in dem Netzwerk deutschsprachigen Medien bleiben, in das man sich eingeklinkt habe. "Die Medien müssen versuchen, mit jungen Leuten in Kontakt zu bleiben - daher müssen wir dabei bleiben, was in der Schule gelehrt wird." Auch das auflagenstarke Boulevardblatt "Kronenzeitung" bleibt laut Chefredakteur Michael Kuhn "zähneknirschend" bei der Reform. "Wir wollen die Kinder nicht mit einer anderen Rechtschreibung verunsichern als der, die sie in der Schule lernen", meinte er. Auch der «Kurier», kündigte an, "das zu machen, was Konvention ist" und bleibe bei der neuen Rechtschreibung.
 
Meldung vom 06. August 2004


eingetragen von Norbert Lindenthal am 06.08.2004 um 21.56

6.8.2004

Medien & Verlage

Heilloses Durcheinander


© stern

Bei "Spiegel", "Zeit", "Stern", "Geo" und der "Bild"-Gruppe ist die neue Rechtschreibung Standard: "Das funktioniert reibungslos"


Fünf Jahre nach der Rechtschreibreform herrscht bei Verlagen und Medien weiterhin ein heilloses Durcheinander. "Daß" und "dass" finden sich ebenso wie "Känguruh" und "Känguru". Ob auf Wunsch der Autoren oder aus finanziellen und organisatorischen Gründen: Viele Verlage wechseln selbst innerhalb ihrer eigenen Programme zwischen alter und neuer Rechtschreibung. Einer dpa-Umfrage zufolge kommen Häuser wie Suhrkamp, Rowohlt oder Deutscher Taschenbuch Verlag (dtv) vor allem im Segment Belletristik dem Geschmack ihrer Autoren entgegen. Schriftsteller wie Günter Grass bevorzugen die alte Schreibweise.

Vom 1. August 2005 an verbindlich
Bei Kinder- und Jugendbüchern, Sachbüchern und Nachschlagewerken hingegen schwören sich die Verlage auf die neue Orthografie ein. Vom 1. August 2005 an sind die neuen Rechtschreibregeln an allen Schulen und in Behörden verbindlich. Ob bei rororo rotfuchs oder dtv junior - neue Bücher für junge Menschen erscheinen in neuer Rechtschreibung; auch die älteren Titel sind weitgehend aktualisiert. Eine der Ausnahmen: Hans Magnus Enzensberger veröffentlicht auch seine Kinder- und Jugendbücher im Carl Hanser Verlag in alter Form.

Die Schulbuchverlage hätten die Rechtschreibreform nun weitgehend akzeptiert, sagt Rino Mikulic, Sprecher des 71 Verlage umfassenden Verbands "VdS Bildungsmedien". Die Umsetzung der Reform sei sehr teuer gewesen. "Die kostspielige Geschichte hat sich bisher auch nicht amortisiert."

Dichterische Freiheit in Romanen
Bei Romanen gewähren die Verlage ihren Autoren dichterische Freiheit. Bei Random House (Bertelsmann) etwa erscheinen die Bücher in der neuen Rechtschreibung - es sei denn, ein Autor wünscht die alte. Der Münchner Piper Verlag hingegen hält sich weitgehend an die alte Schreibweise - Autorenwünsche ausgenommen.

Bei Eichborn (Frankfurt) erscheinen noch 40 Prozent des Belletristik-Angebots in alter Form. "Eine einheitliche Linie wäre sicher generell nicht schlecht", räumt Sprecherin Uta Niederstrasser ein. Den Lesern falle in der Regel nicht auf, ob die alte oder neue Rechtschreibung angewendet werde.

"Problemlos umgesetzt"
"Bei Suhrkamp entscheidet der Autor, überwiegend wird die alte Rechtschreibung bevorzugt", sagt Sprecherin Heide Grasnick (Frankfurt). Das Werk verstorbener Autoren werde so weitergeführt, wie es vorliege. Der Weltbildverlag (Augsburg) dagegen habe sich von Anfang an voll hinter die neue Regelung gestellt und sie "problemlos umgesetzt", sagt eine Sprecherin. Literarische Texte in Anthologien stehen aber vereinzelt noch in alter Rechtschreibung.

Die Klassiker bleiben bei den meisten Verlagen unberührt - es sei denn, sie sind für den Schulgebrauch gedacht. Für den Reclam Verlag (Ditzingen) etwa ist die Umstellung "ein Fluch und kein Segen - auch, weil man es niemandem recht machen kann", sagt Werbeleiter Karl-Heinz Fallbacher. Zwischen 80 und 100 Titel der kleinen gelben Hefte "übersetze" der Verlag in die neue Rechtschreibung. "Wir machen das behutsam und orientiert an der historischen Textsubstanz. Das verursacht erhebliche Kosten und logistischen Aufwand, weil auch die Erläuterungshefte umgestellt werden müssen."

Unterschiedliche Handhabung
Belletristik-Übersetzungen aus anderen Sprachen werden von den Häusern unterschiedlich gehandhabt. Der Rowohlt Verlag (Reinbek) etwa verwende dort durchgehend die neue Rechtschreibung, sagt Sprecherin Ursula Steffens. dtv (München) hingegen richtet sich nach den Vorschlägen der Übersetzer und nach der zu erwartenden Zielgruppe. Überwiegend werde in alter Form übersetzt.

Die Wogen über die Reform haben sich allerdings geglättet. Aus der Sicht der Duden-Redaktion hat sich die Aufregung gelegt, sagt Redaktionsleiter Matthias Wermke (Mannheim). Fragen in der Sprachberatung beträfen weniger die Reform als vielmehr Anglizismen wie "E-Mail" oder "upgedated". "Irritationen lösen allerdings zusammengesetzte Wörter wie "inhabergeführt" aus."

"FAZ" als Bewahrerin der alten Ortografie
Bei den Zeitungen hat sich vor allem die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" als Bewahrerin der alten Rechtschreibung hervorgetan. Laut Chef vom Dienst Werner D'Inka ist man bei der "FAZ" nach wie vor davon überzeugt, dass die neue Rechtschreibung sprachliche Nuancen nicht mehr möglich mache: "Es ist eben ein Unterschied zwischen einem vielversprechenden und einem viel versprechenden Politiker." Die große Mehrheit der Leser unterstütze dies.

Bei "Spiegel", "Zeit", "Stern", "Geo" und der "Bild"-Gruppe hingegen ist die neue Rechtschreibung Standard, wie Sprecher der Blätter sagen. "Das funktioniert reibungslos", meint ein Sprecher der "Bild"-Gruppe. Die Nachrichtenagenturen haben die Reform nach einem Beschluss von Ende 1998 weitestgehend umgesetzt. Ausnahmen sind Fremdwörter aus lebenden Sprachen wie Spaghetti oder feststehende Begriffe wie "Erste Hilfe" oder "Stiller Ozean".  

Meldung vom 31. Juli 2003


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Rechtschreibung.com – Nachrichten zur Rechtschreibfrage