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eingetragen von Sigmar Salzburg am 13.09.2013 um 20.24

SSW-Status: Klage abgewiesen
Von Deutsche Presse-Agentur dpa |
13.09.2013 13:56 Uhr

Die Landesregierung kann aufatmen: Das Landesverfassungsgericht hat den Sonderstatus des SSW in Schleswig-Holstein bestätigt. Die Partei der dänischen Minderheit darf weiter von der Fünf-Prozent-Hürde ausgenommen sein. Die Schleswiger Richter wiesen Klagen gegen die Landtagswahl von 2012 ab. [...]

kn-online.de 13.9.2013

Kommentare im Forum [vom Vortage]

Brunswik 12.09.2013
Wetten werden noch bis Freitag 11.59 Uhr angenommen.
Ob ein Gericht wirklich eine amtierende Regierung kippt ? Und würde das Urteil akzeptiert werden ?

Langkieler 12.09.2013
Im Stornieren des Wählerwillens hat der Landtag ja Erfahrung.
Denken Sie an den 1999 vom Landtag stornierten Volksentscheid von 1998 gegen die Rechtschreibreform? Damals sagte Mathias Dräger, Initiator des VE, voraus, daß die Parteien das Wahlergebnis doch auch gleich selbst bestimmen könnten. Mit der eigenwilligen Interpretation des Wahlrechts tun sie es ja inzwischen schon.

Der einfache Schleswig-Holsteiner hat ja - anders als die Bürger in den meisten anderen Bundesländern - noch immer kein Landesverfassungsbeschwerderecht. Von da droht also keine Gefahr...

Übrigens weicht das SH-Wahlrecht bzgl. der Ausgleichsmandate genau so wie das vorige Bundestags-Wahlrecht von der Verfassung ab - da wird Nacharbeit nötig werden. Warum nicht gleich in einem Aufwasch? Die vorige Regelung war da schon näher an dem, was das BVerfG dem Bundestag ins Stammbuch geschrieben hat. Die Geschichte ist also noch lange nicht auserzählt...
kn-online.de 12.9.2013

Anmerkung: Gegen die anmaßende Annullierung des Volksentscheids durch die sogenannten Volksvertreter hätte also auch heute kein Normalbürger klagen können. Das hatte 1999 stellvertretend schon das Bundesverfassungsgericht verhindert. Die Hoffnungen, die Dr. Kliegis in einem Leserbrief geäußert hatte, sind also auch mit der Einrichtung des Landesverfassunggerichts nicht erfüllt worden. Siehe hier.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 06.09.2010 um 18.10

Altenholzer Bürgermeister Horst Striebich blickt auf drei Abstimmungen in 18 Jahren zurück

… Zweimal blieb Horst Striebich konkurrenzlos. …


Sechs Jahre später folgte dann die erste Direktwahl. … Striebich wurde mit über 70 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt. Die Bürgermeisterwahl lief parallel zu der für den Bundestag und dem Volksentscheid über die Rechtschreibreform. Insgesamt 80,8 Prozent der Altenholzer Bürger gaben ihre Stimmen ab.

… Sicher ist auch, dass Striebich nach dem 1. Januar nicht ohne Arbeit dasteht, Anfragen gibt es schon. „Aber das wird wohl nur ein Halbtagsjob“, denkt der Bürgermeister laut nach, „mit 40 Stunden in der Woche vielleicht.“ …

kn-online.de 6.9.2010

Der ungewöhnlich sachliche und kompetente Verwaltungsmensch Striebich, wie ich ihn des öfteren kennenlernte, ist ein beliebter Bürgermeister. – Die „Rechtschreibreform“ erwies sich als ebenso unbeliebt. Sie erfuhr als Vorlage der Regierung im zugehörigen Wahlkreis Rendsburg-Eckernförde eine Ablehnung von 70 Prozent der Stimmen.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 24.02.2010 um 07.48

Realschulen stehen endgültig vor dem Aus
Volksbegehren ist offenbar gescheitert - Ungereimtheiten bei der Auszählung

Kiel - Sie hatte gerade erst eine Gnadenfrist vom Bildungsminister bekommen, doch jetzt steht die Realschule in Schleswig-Holstein endgültig vor dem Aus. Erste Gemeinden haben die Ergebnisse des Volksbegehrens zum Erhalt der Realschule veröffentlicht. Die Initiatoren gestehen ein, dass sie die nötige Zahl an Unterschriften offenbar nicht erreicht haben.

Von Tamo Schwarz

„Wir sind enttäuscht, gestehen aber ein, dass es nicht danach aussieht, dass wir genügend Bürger motivieren konnten", sagte Claus Mangels, stellvertretender Landesvorsitzender des Verbandes Deutscher Realschullehrer (VDR), der das Volksbegehren initiiert hatte. Landesweit wären 110 000 Unterschriften nötig - fünf Prozent der Stimmberechtigten, ein Wert, der in den meisten Gemeinden unterschritten wurde. „Wir rechnen nur hoch, noch ist nichts amtlich", sagte Mangels, dessen Verband sich rechtliche Schritte vorbehält. Grund ist eine unerwartet hohe Zahl ungültiger Stimmen. So wurden in Henstedt-Ulzburg beispielsweise 893 von 1127 (79,2 Prozent) für ungültig deklariert. In Kiel waren es 1054 von 8920 (11,8 Prozent). „Diese grotesk anmutenden Quoten werden von uns angezweifelt und auf keinen Fall akzeptiert. Gemeinden haben unterschiedliche Maßstäbe angesetzt", sagte die VDR-Landesvorsitzende Grete Rhenius. So besteht beim VDR der Verdacht, dass beispielsweise Stimmen, die Gemeindemitglieder in einer anderen Gemeinde abgegeben haben, automatisch als ungültig gewertet wurden. ….

Kommentar Seite 2

Nachrichten und Hintergrund
KOMMENTARE
Zum absehbaren Aus der Realschulen Von Tamo Schwarz
Eine Farce

Auf den ersten Blick ist folgerichtig, was sich da abzeichnet. Die Realschul-Eltern wollten die Realschule schon jetzt irgendwie nicht mehr, die Schulen selbst hatten längst die Umwandlung zur Regional- oder Gemeinschaftsschule beantragt. Und nun ist auch das Volksbegehren offenbar gescheitert. Um wen haben die FDP, ihr Bildungsminister Ekkehard Klug und der Verband Deutscher Realschullehrer am Ende überhaupt noch gekämpft?
Bei genauem Hinsehen zeigt sich indes, zu welcher Farce das ganze Thema zusehends avanciert. Da geht die Kunde von Schulen, die per Schulkonferenz ihr Dasein als Realschule verlängern wollten, aber vom Schulträger kurzerhand übergangen wurden. Da mehren sich Beschwerden über Gemeinden, die den steinigen Weg zur Unterschrift für das Volksbegehren nicht vorschriftsmäßig ausschilderten und falsche Listen vorhielten. Jetzt das: 80 Prozent ungültige Stimmen in der Gemeinde Henstedt-Ulzburg und damit verbunden offensichtliche Unwissenheit darüber, wer eigentlich wo, wie und wann seine Unterschrift für den Erhalt der Realschule hatte leisten dürfen. Turbo-Abitur, Regionalschulen, Binnendifferenzierung an Gemeinschaftsschulen - es gibt so viele vorrangige bildungspolitische Herausforderungen im Schleswig-Holstein des Jahres 2010. Doch die verunsicherten Eltern, die Schüler und die Lehrer - sie wissen schon jetzt nicht mehr, an wen sie noch glauben sollen.

Kieler Nachrichten, 19.2.2010

Wir erkennen Ähnlichkeiten mit der administrativen Vereitelung der Unterschriftensammlungen gegen die „Rechtschreibreform“ in Niedersachsen und Berlin. Im gegenwärtigen Fall kommt erschwerend hinzu, daß eigentlich nur die Eltern von Realschülern das richtige Problembewußtsein, das zur Erhaltung der Realschulen notwendig ist, entwickeln konnten. Die Konstruktion der hiesigen Plebiszitärgesetze erlaubt es den Politikern wieder, direkte Demokratie vorzutäuschen und dennoch ihre eigenen Ideologien gegen die Betroffenen durchzusetzen.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 17.06.2009 um 05.45

Am 17. Juni 1969
erschien Käte Strobels „Sexualkunde-Atlas“

KN 12.6.09 - 1
(und weitere Artikel)

Das erste Mal
Die antiautoritäre Schüler- und Studentenbewegung forderte … im Zuge der „sexuellen Revolution“ - bis heute ein Signum der 1960er Jahre - eine zeitgemäße Sexualaufklärung. Diesem gesellschaftlichen Druck konnten sich der Staat und seine Bildungspolitiker, Lehrer und Professoren schließlich nicht mehr entziehen. Auf Geheiß der Großen Koalition verabschiedete die Ständige Konferenz der Kultusminister (KMK), das höchste repräsentative Organ westdeutscher Bildungspolitik, am 3. Oktober 1968 ihre „Empfehlungen zur geschlechtlichen Erziehung in der Schule“.


Nicht nur in Sachen der nichtsnutzigen „Rechtschreibreform“ hecheln die Kultusminister einem vermeintlichen Trend hinterher (der erste Versuch, „der apt isst al, der keiser opst“, scheiterte 1973 an der Vernunft eines einzigen Kultusministers, Wilhelm Hahn). Auch die so notwendige Sexualaufklärung mißrät aus Mangel an Format der befaßten Politiker und Bürokraten:

Bemängelt wurde zudem die unästhetische Darstellung der Geschlechtsorgane. „Die beiden Bilder vom männlichen und weiblichen Genital werden unter Bedingungen gezeigt, die abschrecken müssen. Der Penis trägt ein syphilitisches Geschwür, die Vagina öffnet sich für den Beginn des Geburtsaktes, …

[Ulrich Pöhlmann, IGS Kiel-Hassee:] Insgesamt sind die Kinder deutlich besser aufgeklärt. Durch die Dauerberieselung mit Sex in vielen Medien sind die Jugendlichen aber nur vermeintlich überaufgeklärt. Auf ihnen lastet ein unglaublicher Erwartungsdruck. Viele kapseln sich deshalb ab. Sie haben wenig Zeit, in Ruhe ihre Erfahrungen mit Sexualität zu machen. Auf dem Schulhof sieht man heute viel weniger Händchen haltende Paare.

KN 12.6.09 - 2

Nach Aussage meiner Töchter ist der Sexualkunde-Unterricht entgegen den Darstellungen auf den Elternabenden immer noch unvollständig und verklemmt.
Manche Jugend ist dafür um so dreister und unerzogener:

„Turnunterricht Anfang des Jahres in einer mittelholsteinischen Hauptschule, 8.-9. Klassen: Drei Lehrer sind zugegen. Ein Pärchen setzt sich auf die Bank und beginnt wild zu schmusen. Sie hat ihre Hand in seiner Hose und läßt sich durch Zurufe aus der Lehrergruppe – ,Nimm die Hand da weg!’ – nicht beeindrucken: ,Wieso, ich mach doch gar nichts!’. Nach mehreren Aufforderungen trollt sich das Pärchen in andere Räumlichkeiten.“


__________________
Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 07.09.2008 um 07.21

Schulreform: Land will nicht zahlen
Bildungsministerin Erdsiek-Rave nimmt die Kommunen in die Pflicht
Kiel - Land und Kommunen steuern auf einen handfesten Krach um die Kosten der Schulreform zu. In ungewöhnlich scharfem Ton hat Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave gestern Forderungen nach finanzieller Hilfe abgelehnt …

Hintergrund des Rüffels: In seiner Eigenschaft als neuer Vorsitzender des Städtetags hatte Saxe eine Übernahme aller Kosten gefordert, die direkt oder indirekt aus dem Schulgesetz resultieren. Gestützt auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Landtages hatte er zugleich damit gedroht, die Interessen der Städte notfalls „auch im Gerichtssaal" durchzusetzen.

Die Opposition im Landtag hat er auf seiner Seite: „Die Landesregierung muss sich an Recht und Gesetz halten", hieß es von der FDP-Fraktion, die das Gutachten in Auftrag gegeben hatte. Wie berichtet kommen die Parlaments-Juristen darin zu dem Ergebnis, dass durch das Schulgesetz grundsätzlich Konnexität ausgelöst wird. Das heißt: Bürdet das Land den Kommunen neue Aufgaben auf, muss es auch die Kosten dafür übernehmen. …

[Ein Regierungsbeamter anläßlich der Volksabstimmung zur „Rechtschreibreform“: „Wenn etwas politisch gewollt ist, spielen Kosten keine Rolle“ (besonders wenn man sie auf die Kommunen oder Eltern abwälzen will.)]

… und auf Seite 16

Erdsiek-Rave: Keine Schummelei beim Abi
Ministerin lobt zentrale Prüfung als Erfolg –
… Trotz allem bleibt die Bildungspolitik der Großen Koalition umstritten. Die Volksinitiative zum Erhalt der Realschulen hat gerade erst eine weitere Hürde bewältigt. Der Innen- und Rechtsausschuss hat die Initiative, die mehr als 25000 Unterschriften gesammelt hat, für zulässig erklärt. Folgt der Landtag diesem Votum, muss sich das Parlament binnen vier Monaten mit dem Thema befassen. Erteilt der Landtag der Initiative dann eine Absage und hält an der Umwandlung von Realschulen zu Regionalschulen fest, wäre der Weg für ein Volksbegehren frei. std

In einem Kommentar auf Seite 2 geht es um eine frühere Kollegin von Erdsiek-Rave

Zum Atommülllager Asse
Von Klaus Kramer
Gabriels zweifelhafter Sieg
Spiel, Satz und Sieg für Sigmar Gabriel. Der Bundesumweltminister hat Annette Schavan auf eine Weise vorgeführt, wie einst der junge Boris Becker seine Gegner in Wimbledon. Handstreichartig entzog er der Forschungsministerin die Oberaufsicht über das Atommülllager Asse und unterstellte es dem Bundesamt für Strahlenschutz, einer nachgeordneten Behörde seines Ministeriums….

Wie stünde unsere deutsche Schreibtradition da, hätten nicht rechthaberische Politiker und willfährige Gerichte die durch Volksentscheid beschlossene Entmachtung der Schreibreform-Durchsetzerinnen torpediert!


eingetragen von Sigmar Salzburg am 27.08.2008 um 09.54

KN S. 12, Weltspiegel

Ein Fenster zur Geschichte
Renaissance des Sütterlin: Immer mehr Initativen wollen die alte deutsche Schreibschrift erhalten

Ludwigshafen - Immer mehr Menschen entdecken ihre Leidenschaft für schwungvolle Schnörkel: Sie wollen im Computerzeitalter das Wissen um die alte deutsche Schreibschrift Sütterlin erhalten und in Lese- und Schreibkursen weitergeben. Neben zahlreichen Privatinitiativen bieten bereits etliche Volkshochschulen Sütterlin-Kurse an.

Von Alexander Lang, epd

Beim Blättern, in einer Zeitschrift entdeckte Edmund Michel aus Ludwigshafen seine neue Leidenschaft. Er las über eine Gruppe von Senioren, die in einer „Sütterlin-Schreibstube" ehrenamtlich ihre Übersetzungsdienste anbieten. „Das kann ich doch auch", sagte sich der 82-Jährige und begann seine Kenntnisse der alten Schreibschrift aufzufrischen. „Gib dein Wissen weiter", ermunterten ihn Bekannte.
Er übersetzte hier einen alten Brief eines Nachbarn, dort entzifferte er die Schrift auf einer betagten Familienurkunde und trat eine Lawine los. „Ich hatte keine Ahnung, auf welche Resonanz ich stoßen würde", sagt Michel. Mittlerweile kann er sich vor Übersetzungsanfragen kaum mehr retten. „Ein deutsches Kulturgut droht wegzusterben", glaubt Michel. Manchen Älteren sei die alte Schrift noch vertraut. Jüngere aber, die etwa beim Stöbern auf dem Dachboden einen Karton mit Omas Briefen, der Feldpost des Großvaters oder andere alte Dokumente fänden, seien oft völlig ratlos. Im Frühjahr gründete Michel einen Sütterlin-kreis für die Rhein-Neckar-Region.

Keine andere Schreibschrift teilt das Lesepublikum in zwei Lager, in Freunde und Gegner: Der Name Sütterlin steht gleichermaßen für die hohe Kunst des Schönschreibens wie für strengen Drill von ABC-Schützen. Der Berliner Grafiker Ludwig Sütterlin (1865-1917) entwarf 1911 im Auftrag des preußischen Kultur- und Schulministeriums die Schreibschriftvariante der Druckschrift Fraktur, die ab dem 16. Jahrhundert gebräuchlich war. Die von ihm reformierte Schreibschrift wurde 1915 an preußischen Schulen eingeführt, unter den Nationalsozialisten wurde sie von 1935 bis 1941 einheitlich im Schulunterricht gelehrt. Doch dann schafften die NS-Machthaber die Sütterlinschrift plötzlich wieder ab. Begründung: Die Juden hätten zur Zeit der Erfindung des Buchdrucks in Mainz die Druckereien übernommen und damit die „Schwabacher Judenlettern" verbreitet, fantasierte Martin Bormann, Hitlers Kanzleichef, in einem nach ihm benannten Erlass von 1941. Die lateinische Schrift wurde Norm-Schrift an den Schulen und blieb es bis heute.

Das Thema Sütterlinschrift könne nicht behandelt werden, ohne auf emotionale Assoziationen hinzuweisen, die bei vielen Menschen damit verknüpft seien, betont der Heidelberger Sprachhistoriker Jochen A. Bär. Die Schrift werde oft mit der NS-Diktatur in Verbindung gebracht. Die angestrebte Weltherrschaft sei ein Grund dafür gewesen, dass die NS-Schulpolitik 1941 schließlich zur lateinischen Schreibschrift zurückgekehrt sei, sagt der Germanist Bär. Die Nazi-Bürokraten hätten geglaubt, die Verwaltung könne nur mit einer allgemein gebräuchlichen Schrift funktionieren.

Die heute angebotenen Sütterlin-Kurse werden vor allem von älteren Menschen belegt, erzählt Karlheinz Sausbier. Mit 51 Jahren ist der Mannheimer einer der jüngsten Mitglieder des Sütterlin -Kreises in der Rhein-Neckar-Region. Die Senioren schlügen in zweierlei Hinsicht eine Brücke zur Jugend: Die Angehörigen der Kriegsgeneration versuchten, ein Stück ihrer verlorenen Jugend aufzuarbeiten. Und gleichzeitig gäben sie ihr Wissen an die Jüngeren weiter. „Sütterlin", sagt Edmund Michel, „ist ein Fenster zur Geschichte."

http://www.suetterlinschrift.de

[Bild: Schriftübungsblatt]
Bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts fand Sütterlin in den Schulen statt - zumindest als Schreibprojekt im Rahmen des Regelunterrichts. Foto epd

KN S.21
[Bild: Deutsche Schrift (Currentschrift-Alphabet kein Sütterlin!)]
Geheime Post mit alter Schrift
Für die meisten Menschen ist sie eine „Geheimschrift": Nur noch wenige können die Deutsche Schrift lesen, und kaum jemand kann diese alten Lettern noch schreiben. Wegen der großen Nachfrage bietet das Kindheitsmuseum Schönberg am Sonnabend erneut ein Seminar zur Deutschen Schrift an. Als Druckschrift begegnet sie uns noch in vielen alten Büchern, als geschriebene Schrift ist sie vor allem in Tagebüchern, Poesiealben, Briefen und Testamenten zu lesen, nicht selten auch in alten Kochbüchern. Mit Marga Scheider aus Preetz hat das Museum eine ausgewiesene Expertin für diese Aktion gewinnen können. „Vor allem auch Kinder zeigen Interesse", sagt Marga Scheider, „sie nutzen diese Schrift gerne als Geheimschrift." Text/Foto hfr

30. August, 14-17 Uhr. Kindheitsmuseum, Knüllgasse 16, Schönberg. Geeignet für Kinder ab 10 Jahre, in Begleitung Erwachsener auch ab 8 Jahre. Teilnahme 5 Euro/Familienpreis 10 Euro. Schreibhefte und Bleistifte werden gestellt Anmeldungen Di-Fr 10-12 Uhr unter Tel. 04344/6865. Infos unter http://www.kindheitsmuseum.de Öffnungszeiten: Di-So 14-17 Uhr, Do auch 10-12 Uhr. Eintritt 2 Euro / Kinder 1 Euro.

Rechtschreibverbote durch „Erlass“ – der deutschen Schrift durch Martin Bormann 1941 und der deutschen Rechtschreibung (in SH) durch Erdsiek-Rave 1999 und 2006 – sind Tiefpunkte der deutschen Schriftgeschichte. Sie erfolgten jedesmal mit hanebüchenen Begründungen gegen den Willen des Volkes.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 01.08.2008 um 07.46

Eine ungeliebte Reform wird zehn

An der neuen Rechtschreibung wird nicht mehr gerüttelt

Berlin - Es gab heftigen Streit, mehrere Prozesse und Unbehagen, das noch andauert: Vor zehn Jahren, am 1. August 1998, wurde die Rechtschreibreform an Deutschlands Schulen eingeführt. Die Reform feiert jedoch nicht nur ihren zehnten Geburtstag, sondern auch die Reform der Reform den zweiten. Denn der Rat für deutsche Rechtschreibung suchte bis 2006 einen Kompromiss zwischen Reformgegnern und -befürworten!: Am 1. August 2006 trat dieses Regelwerk in allen Staaten mit Deutsch als Amtssprache in Kraft.

Auch wenn die Reform noch immer nicht sonderlich beliebt ist, einen neuen Rechtschreibstreit wünscht sich niemand. Es bleibt also dabei: Ob „kennenlernen" oder „kennen lernen", Schiffahrt, Schifffahrt oder Schiff-Fahrt, überschwenglich oder über-schwänglich - wer viel schreibt, muss noch heute häufig zum Wörterbuch greifen. Nach einer Untersuchung der Forschungsgruppe Deutsche Sprache, der einige Reformgegner angehören, haben die neuen Regeln das korrekte Schreiben an Schulen nicht erleichtert, sondern die Fehlerquote kräftig erhöht.

Die Kultusministerkonferenz sieht zwar keinen „akuten" Handlungsbedarf. Der Vorsitzende des Rechtschreibrates, Bayerns Ex-Kultusminister Hans Zehetmair, schließt aber kleine Änderungen nicht aus. Man werde sich mit den Wörterbuchverlagen unterhalten, ob etwa „Spaghetti" ohne „h" geschrieben werden kann. KN

Kieler Nachrichten
1.8.2008

Die Folgen der unqualifizierten Reformbastelei der Kultusminister bekommen wir auf Seite 3 derselben KN serviert – in einem Gastbeitrag des ehemaligen Außenministers (und Reformgegners) Hans-Dietrich Genscher zu Obamas Aufruf zur völligen Beseitigung der Atomwaffen:

Was Obama verlangt, ist nicht populistisch und auch nicht naiv. Er macht sich zu Eigen, was vier herausragende Amerikaner, nämlich Henry Kissinger, George Shultz, Sam Nunn und William Perry seit Beginn des Jahres 2007 in einem gemeinsamen Aufruf fordern.

Vor zwei Jahren wurde die Reform-Großschreibung „zu Eigen“ wieder aus dem Verkehr gezogen. Die Verwirrung blieb – bei Genscher, seinem Sekretariat oder den bearbeitenden Zeitungsredaktionen?


eingetragen von Sigmar Salzburg am 14.06.2008 um 09.00

Bei „Rhythmus“ kommen Deutsche aus dem Takt

Berlin
- Die Gesellschaft für deutsche Sprache ließ nach den Rechtschreibkenntnissen der Deutschen fragen. Niederschmetterndes Ergebnis: Beim Wort „Rhythmus" kommen 64 Prozent der Deutschen aus dem Takt. Bei „Satellit" machten 52 Prozent Fehler, bei „Lebensstandard" noch 39 Prozent. Der Test fiel aber nicht schlechter aus als frühere. afp

Kieler Nachrichten v. 14.06.2008

Man soll allenfalls verstehen: Mehr Reform tut not. Daß nur neun Prozent der Befragten für die „Rechtschreibreform“ eintraten, dürfen die Bürger im Lande des Volksentscheids nicht erfahren.

Bei den Konkurrenzblättern vom Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag wird gar nichts gemeldet.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 11.06.2008 um 18.38

Glücksprophet
Zum Tode des Dichters und Büchner-Preisträgers Peter Rühmkorf
Hamburg
- Zu seinen letzten Texten gehörte auch ein Grabspruch: „Schaut nicht so bedeppert in diese Grube./ Nur immer rein in die gute Stube./ Paar Schaufeln Erde und wir haben / ein Jammertal hinter uns zugegraben." Und im für ihn typischen Spötterton erklärte Peter Rühmkorf dazu im Interview: „Das war nur so ein Gedanke, der mir durch den Kopf flitzte. Je näher das Ende rückt, desto schneidiger werden die Witze." Jetzt ist der Dichter 78-jährig in seiner Bauernkate im Lauenburgischen gestorben.

Von Wolf Scheller

Es ist genau dieser unverwechselbare Tonfall, der die Dichtung Rühmkorfs so populär und den Autor zum bedeutendsten deutschen Lyriker der letzten Jahrzehnte machte. Sein letzter Gedichtband Paradiesvogelschiß vereinigt 36 Gedichte, die sich vielfach bilanzierend mit Tod, Vergänglichkeit und Lebenssinn beschäftigen. ….
Es ging recht kunterbunt in diesem Leben zu. … Rühmkorf sorgte sich in diesen Jahren vor allem um sich selbst. Erst im Alter wird er sich als „Glücksprophet" bezeichnen und im Gedicht sagen: „Entschuldigen Sie, die Welt ist schön und muß gefeiert werden." …
Als er das „Pensionsalter" des Bürgertums erreicht hatte, als APO- und Revoluzzervergangenheit nur noch an der schmalen Ballonmütze zu erkennen war - da erwischte es schließlich auch den Poeten, erhielt er 1993 mit großer Verzögerung den Büchner-Preis. Aber so war das Desaster eben beschaffen, dem sich der Dichter Rühmkorf gegenübersah: „Man guckt in die Zukunft - jedenfalls ich! - /wie in eine Geschützmündung/ Vielleicht ist es einfach nur dies./ mein Herz zieht allmählich die Geier an." Das Einzige, an dem Rühmkorf erkennbar bis zum Schluss festhielt, war die Prämisse, dass die Kunst die Menschen zum Lachen bringen soll. Er war ein Spieler, der das Risiko liebte, einer, der von sich sagte: „...eigentlich bin ich nur auf die Welt gekommen, / um der Schöpfung mal ein bisschen unter die Röcke zu gucken..."


eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.06.2008 um 06.46

Siegerin WiF: Die große Unbekannte
„Wir in Flensburg" ist durch Protest groß geworden
Flensburg
- Das politische Erdbeben in Flensburg müssen sowohl Sieger als auch Verlierer erst einmal verdauen. Bei der Kommunalwahl am vergangenen Sonntag hatten CDU und SPD massiv Stimmen verloren, die Sensation jedoch war, dass die erstmals angetretene Wählergemeinschaft „Wir in Flensburg" (WiF) auf Anhieb stärkste politische Kraft in der Ratsversammlung wurde. „Damit haben wir nicht gerechnet. Das ist wohl einmalig in einer kreisfreien Stadt", sagt die WiF-Vorsitzende Erika Vollmer. Mit zehn Stimmen hat die WiF künftig einen Sitz mehr als der SSW und die CDU (je neun). Die SPD, nur noch viertstärkste Kraft in der Stadt, kommt auf sieben Sitze. Dazu kommen noch die Grünen, die Linke (je drei) und die FDP (zwei).
Die etablierten großen Parteien haben zum einen mit ihren Verlusten zu kämpfen, zum anderen mit den politischen Ansätzen der WiF. „Uns würde es nicht geben, wenn CDU und SPD eine gute Politik machen würden. Die aktuelle Politik hat nichts mehr mit der Bevölkerung zu tun", sagt Vollmer. Sie setzt für mehr Mitbestimmung durch die Einwohner vor allem auf Bürgerbefragungen. Also jede Woche ein Bürgerentscheid? „Warum nicht? Der Bürgerwille darf nicht ignoriert werden. Viele Ratsmitglieder sind da sehr arrogant", sagt Vollmer…

[Bild]

Vorsitzende Erika Vollmer will mehr auf den Bürgerwillen in Flensburg hören. Die Entscheidungsprozesse von CDU und SPD im Rathaus seien bisher „durch Arroganz" geprägt worden.
Foto Ino

Kieler Nachrichten v. 30.04.2008

Auch die Bürgerinitiative „WIR gegen die Rechtschreibreform“ erhielt 1998 mehr Stimmen als jede Partei. Damals ermöglichte es jedoch den arroganten Parteien die andersartige Konstruktion des Volksentscheids, im Wege einer „legalen“ Wahlfälschung das Ergebnis bald darauf zu annullieren.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 03.09.2007 um 10.35

Ein Konservativer mit liberaler Grundüberzeugung

Ex-Kultusminister Peter Bendixen starb im Alter von 64 Jahren


... Peter Bendixen wurde 1943 in Haurupfeld bei Flensburg geboren. Er studierte nach dem Abitur 1963 in Kiel Geschichte, Germanistik und Philosophie. ... Im Hermann-Ehlers-Studentenwohnheim lernte er den jungen Studenten Uwe Barschel kennen, andere kamen hinzu, sein Engagement in der Jungen Union folgte, deren Kieler Kreisvorsitzender er von 1969 bis 1970 war. Später, von 1982 bis 1993, war er Vorsitzender des Kieler CDU-Kreisverbandes.
Eine Karriere hatte begonnen: Peter Bendixen wurde 1975 Mitglied des schleswig-holsteinischen Landtages. Schnell hatte der „Leuchtturm" der Nord-CDU, der damalige Ministerpräsident Gerhard Stoltenberg, das Talent des jungen Abgeordneten Bendixen erkannt. Er machte ihn 1979 zum Kultusminister. Die erfolgreichste und glücklichste Periode im politischen Leben von Peter Bendixen dauerte bis 1987. Besonders in der Schulpolitik gab es mit der SPD harte und oft ideologisch geprägte Auseinandersetzungen. Bendixen stand für das gegliederte Schulsystem und gegen die Gesamtschule. ...
Nach dem Rücktritt von Uwe Barschel als Ministerpräsident im Oktober 1987 gehörte Bendixen noch bis zum 31. Mai 1988 der geschäftsführenden Landesregierung unter Henning Schwarz an. Als danach die SPD die Landtagswahl gewann und Björn Engholm Ministerpräsident wurde, nahm Bendixen als Abgeordneter eine der hinteren Bänke im Landtag ein ...

[In die Amtszeit Bendixens fiel also der Auftrag der Kultusministerkonferenz an das „Institut für deutsche Sprache“ (IdS) und die „Gesellschaft für deutsche Sprache“ (GfdS) zur der Ausarbeitung einer „Neuregelung der deutschen Rechtschreibung“ im Februar 1987. Bereits im Oktober 1987 legte die Reformertruppe Vorschläge vor, mit denen sie schon zehn Jahre lang auf der Lauer gelegen hatte. Dies fiel gerade in die Turbulenzen der Barschelaffäre, so daß an eine kritische Würdigung wohl kaum zu denken war. Ab Juni 1989 übernahm die SPD die Macht, die dann unter Führung von Heide Simonis und Gisela Böhrk 1996 mit der Einführung der „Rechtschreibreform“ vollendete Tatsachen schaffen wollte und dies dann mit der Liquidatorin der Volksentscheids, Ute Erdsiek-Rave, unter Beihilfe der CDU 1999 auch vollendete. ]

[P.S.: Ein Pädagoge namens J. Bendixen (ein Vorfahr des Verstorbenen?) veröffentlichte 1820 in Schleswig ein mir jetzt vorliegendes Büchlein:

Etwas
über
Bell's und Lancaster's
Lehrmethode,

nach welcher
ein einziger Lehrer Tausend Schüler
unterrichtet.


In der Einleitung heißt es:

Wer hätte in unseren Tage wol nichts von Bell's und Lancaster's Lehrmethode gehört? —
Und wer ward nicht von Bewunderung über die außerordentlichen Wirkungen derselben ergriffen, welche davon erzählt werden!

Ich will hier nur an einige Versicherungen der Art erinnern:
„Durch diese Lehrart wird acht Mal so viel, wie sonst, gelernt, und dabey noch besser!“
„Nach dem neuen Schulsystem wird in einer Minute so viel geleistet, als in zwey Stunden nach dem gewöhnlichen!“

...
„So gewiß die Kuhpocken vor den natürlichen Blattern schützen, so gewiß sichert das neue Unterrichtssystem gegen die Verwüstungen des Lasters und der Unwissenheit!“

... usw. usw.

Flensburg, im August 1820,
J. Bendixen.


Lobeshymnen wie in den Anfängen der laufenden „Rechtschreibreform“, die aber von dem Autor kritisch unter die Lupe genommen werden! Vor kurzem wurde diese aus Lehrermangel in Indien geborene Lehrmethode wieder ausgegraben und unter anderem Namen als neueste Errungenschaft empfohlen.]


eingetragen von Sigmar Salzburg am 14.05.2007 um 07.00

Nur mit mehr Lehrern wird's besser

Lebhafte Diskussion über das neue Schulgesetz - Schulleiter Raube wies auf personelle Engpässe hin

Owschlag - Eltern und Lehrer der Schule Owschlag wollen offenbar lieber die Einrichtung einer Regional - als einer Gemeinschaftsschule. Das neue Schulgesetz, von Volker Kuptz aus dem Bildungsministerium am Mittwoch im Rahmen einer Veranstaltung des Hüttener Schulausschusses vorgestellt, löste eine lebhafte Diskussion aus. Es wurde bezweifelt, dass die Neuerungen eine Verbesserung der Bildungssituation bewirken werden.

Von Birgit Johann

„Bringen Sie mehr Lehrkräfte in die Schule!", riet dagegen eindringlich der amtierende Schulleiter Günther Raube. Gut vorbereitet, belegte er seine Forderung mit Zahlen. Im Februar habe die Grundschule, die per Gesetz verlässlich sein muss und damit auf dem Papier eine Unterrichtsausfallsbilanz von Null Stunden vorgelegt habe, in Wirklichkeit mit einem Minus von 17,6 Prozent leben müssen. 159 Stunden hätten nämlich gefehlt. Dies habe man mit Stillstunden, Klassenzusammenlegungen und nicht zuletzt mit Hilfe der „Elternpolizei" ausgeglichen. Sage und schreibe 85 Stunden seien von Müttern gegeben worden. „Wie soll bei solchen Ausfällen ein binnendifferenzierter Unterricht möglich werden?", fragte Raube. „Binnendifferenzierung", ein Kriterium für die Gemeinschaftsschule, war am Mittwoch ein oft verwendetes Schlag- und Reizwort. Es beschreibt die Aufgabe des Lehrers, die Schüler im Gruppenverband individuell zu fördern. Und das bei künftig größeren Klassen. Denn Kuptz verschwieg nicht, dass das Schulgesetz nicht zuletzt aus ökonomischen Gründen erlassen wurde und dass in den nächsten Jahren noch mehr Mädchen und Jungen in einer Klasse sitzen werden….


Es bleibt ein Schluß: Die behaupteten Vorzüge des neuen Schulgesetzes können in der Praxis gar nicht umgesetzt werden.
Die Erfolgsmeldungen der Schulen zur „Rechtschreibreform“ dürften ebenso wenig vertrauenswürdig sein. Hier ist noch nicht einmal ein Nachweis erforderlich


eingetragen von Sigmar Salzburg am 08.05.2007 um 06.43

Ein Hoch auf die freien Kunstjournalisten Nicole Büsing und Heiko Klaas! Wie selbstverständlich mißachten sie zwei Signale kultusministeriellen Unterwerfungsbegehrens.

„Humor ist nicht lieb“
Der österreichische Bildhauer Erwin Wurm und seine ironischen Skulpturen in Hamburg

Hamburg – Tolpatsche, Schwabbelhäuser und wohlgenährte Autos: Der österreichische Künstler Erwin Wurm stellt nicht nur unsere Wahrnehmung auf den Kopf, sondern sogar ganze Häuser. Eine große Retrospektive in den Hamburger Deichtorhallen zeigt jetzt Arbeiten von 1987 bis heute.

Von N. Büsing / H. Klaas

… Eine kugelrunde Menschenskulptur betitelt Wurm selbstironisch als The artist who swallowed the world. Pendant dazu ist ein ganz offenbar belesener Rauhhaardackel, der – die Silhouette spricht Bände – anscheinend ein ganzes Buch geschlungen hat. …


… die einzig sinnvolle Nutzung von Büchern in „reformierter“ Rechtschreibung.

Erfreulich ist auch, wenn manche Eigennamen die Ästhetik der guten alten Zeit zu uns herüberretten:

Die Altstadt will ihre Vorzüge künftig stärker herauskehren
Kampagne gestartet – Auch die Schloßstraße soll PACT-Bereich werden


Um so schmerzlicher wird einem bewußt, was die „Trottel und Missetäter“, mit der Funktion von Kultusministern, weiter anrichten: Die Spaltung des ß-Gebrauchs bei Eigennamen und Gebrauchswörtern – ein irrer Einfall, wenn man ihn für sich betrachtet.

PACT soll übrigens „Partnerschaft zur Attraktivierung von City-, Dienstleistungs und Tourismusbereichen“ bedeuten.

Aus dem üblichen Reform-Kleinmist erwähnen wir noch …

…hölzerne Uraltschreibungen:
Die geplante Megafusion der britischen Bank Barclays nd der niederländischen Bank Amro kommte vorerst nicht zu Stande.

… wieder falsch gewordene Reform-Spaltschreibungen:
… Fusion der Sparkassen Kiel, Eckernförde und Kreis Plön zur Förde Sparkasse… „Wir haben alles getan, dass nichts schief geht“, versicherte der Vorstand gestern in Kiel.

Als er einmal nach seinem Haferflocken-Cocktail die ganze Küche voll kotzt, ändert Börjesson seiner Ernährung.

… die penetranten „so genannten“, „-Jährigen“ usw. lohnt es sich kaum, zu zählen.

… sss- und fff-Augenpulver:
Schlussspurt, Fitnessstudio, Schifffahrtsmuseum

Angenehm, wenn auf das neue „mithilfe“ verzichtet wird:

Als junger Mann wollte Jörg Börjesson seinen Körper unbedingt zum Kunstwerk formen – mit Bodybuilding, aber auch mit Hilfe von Medikamenten.

Nach dieser Kurpfuscherei ist der Mann ein körperliches Wrack.
Kulturpfuscherei haben dagegen unsere Kultusminister betrieben, als sie mit obskuren Kuren die Schreibleistung wehrloser Schüler steigern wollten.
Aufklärung tut not.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 07.05.2007 um 06.58

Neben der vorgeblich „reformiert“ schreibenden Presse wird die Scheinblüte der Reformschreibung gefördert von den Korrekturfunktionen der Schreibprogramme auf dem PC.

Gerade habe ich die Erklärung für die häufige Falschschreibung „barfuss“ in der Zeitung unserer Landeshauptstadt gefunden: Nach einem Hinweis, daß WORD 2000 dies immer als „Korrektur“ vorschlägt, habe ich dies auch bei WORD 2002 festgestellt.


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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 04.05.2007 um 19.27

LITERATURRÄTSEL

Wer schrieb was?


»Ich zog mich an und ging nach draußen. Der BMW stand noch da, wo ich ihn in der Nacht geparkt hatte. Vielleicht war sie früh wach geworden und ein bisschen spazieren gegangen. Ich suchte die Umgebung des Hauses nach ihr ab, dann stieg ich ins Auto und fuhr bis zur nächsten Ortschaft. Von S. keine Spur. Ich fuhr zum Ferienhaus zurück, aber sie war nicht wieder aufgetaucht. Dann fiel mir ein, sie könnte eine Nachricht hinterlassen haben, und ich durchsuchte das ganze Haus. Aber es war nichts zu finden.«

Wenn die große Liebe der Jugend plötzlich wieder auftaucht und einfach umwerfend ist, wird es kompliziert. Diese Erfahrung muss auch der verheiratete Held machen, der als erfolgreicher Jazzclub-Besitzer nicht recht weiß, ob er Frieden mit seinem Leben machen kann. Als die geheimnisvoll-verführerische S. ihn bezirzt, ergibt er sich dem Strudel der großen Gefühle. Der in Japan geborene und äußerst populäre Schöpfer dieses fesselnden Buches hat der Femme fatale zudem einen winzigen Makel angedichtet: Sie hinkt ein wenig – ein leiser Hinweis auf die diabolischen Einbrüche, die Hajime mit ihr erfahren muss und von denen der letzte wohl der Schlimmste ist: ihr endgültiges Verschwinden. Die Erotik dieses Romans führte einst im Literarischen Quartett zu einem heftigen Streit – und bewegte Sigrid Löffler zum Verlassen der Runde.

Die Lösung des letzten Rätsels lautet: Edmond und Jules Goncourt, Tagebücher. Gewonnen hat Lukas Gugat, Kiel. Unter den richtigen Einsendungen verlosen wir einen Buchgutschein à 20 Euro. Lösungen (Titel & Autor) bis 7. Mai an Kieler Nachrichten, „Literaturrätsel", Fleethörn 1-7.


Gemeint ist zweifellos die „Gefährliche Geliebte“ des japanischen Autors Haruki Murakami.
Das „bisschen“ ist ein Hinweis darauf, daß das Buch, sicher ohne den Verfasser darüber aufzuklären, in die sogenannte „neue Rechtschreibung“ übersetzt wurde (und zwar aus dem Englischen). Einem Japaner muß der Kotau vor den behaupteten mikroskopischen „Erleichterungen“ der Rechtschreibreform ziemlich unwürdig vorkommen. Gerade die Schwierigkeiten des Japanischen scheuen auch deutsche Schüler (wie meine Tochter) nicht:

Warum können sich deutsche Schüler überhaupt für das Japanische begeistern – einer Sprache, die mit mehr als 1000 Schriftzeichen, mehreren Silbenalphabeten und einer dazu noch ungewohnten Aussprache außerordentlich schwierig zu lernen ist, und dazu noch von gerade einmal zu 2,4 Prozent der Weltbevölkerung gesprochen wird? „Es ist ganz klar der Reiz des Fremden, der die Schüler fasziniert", sagt Japanisch-Lehrerin Kathrin Bonn… (KN v. 6.6.06)

Es sind auch Bücher von Murakami in die normale deutsche Literaturrechtschreibung übertragen worden, die immer noch von den besseren Schriftstellern bevorzugt wird.

Anpasser wie Walter Jens („Ich bestehe darauf, daß meine Bücher in der alten Rechtschreibung gedruckt werden, ja selbstverständlich!“ ARD, 29.07.2001) muß man leider ausnehmen. Sein Nebenprodukt zu seiner Mann-Biographie ist wieder „angepasster“ Schreibe erschienen: „Katias Mutter – Das außerordentliche Leben der Hedwig Pringsheim“ (Inge und Walter Jens, Rowohlt 2005/7).

Beim ersten Aufschlagen fiel mir ins Auge: „Ja, Hedwig Pringsheim hatte Recht“ … Dabei hat man die vielen Zitate, gewiß die Hälfte des Buches, sorgfältig im Original belassen. Welch eine Mühe und welch eine Lesestörung – der ständige Wechsel zwischen klassischen ß und neuen ss!

Und die KN arbeiten weiter an der Zwangsgewöhnung der Deutschen an die sss:

Stones-Boss Mick Lagger (63) findet sein Leben für eine Autobiografie zu öde: Trotz hoher Vorschusssumme stellte er die Arbeit daran ein.

Die simplifizierte „Autobiographie“ ist auch deswegen unsinnig, weil in der ganzen englischsprachigen Welt das „ph“ erhalten bleibt. Jetzt changiert die deutsche Schreibung zwischen „ph“ und „f“, unvorhersehbar von Artikel zu Artikel.

Die Spaltschreibung wird uns noch länger verfolgen:

Ein Böschungsbrand hat gestern den Zugverkehr zwischen Berlin und Hamburg lahm gelegt.

Nach Duden 2004 war das noch allein richtig – nach Duden 2006 ist es nur noch zusammengeschrieben richtig, wie früher.

Spaniens Thronfolgerpaar will zweite Tochter „Sofia“ nennen. … [Ihre Stammzellen wurden eingefroren] Damit will man die Möglichkeit offen halten, künftige schwere Krankheiten ihrer Kinder möglicherweise per Zelltherapie heilen zu können.

Auch hier trifft dasselbe zu: Von 1996 - 2006 „richtig“, von da ab wieder falsch. Das Sprachgefühl, das früher die richtige Schreibung erzeugt hat, ist aber verlorengegangen. (Dies darf man aber überraschend auch noch getrennt schreiben, mit anschleimender Dudenempfehlung. Das gilt auch für das nächste: )

Vernichtende Kritik: Der ehemalige Richter Elijahu Winograd … übergab den Bericht an Ehud Olmert. …. Auch Verteidigungsminister Amir Peretz schien das Werk eher gutgelaunt in Empfang zu nehmen

Die traditionell bevorzugte Zusammenschreibung wird daher leider selten bleiben:

Schnell ist die erste Stunde auf der „MS Dieksee“ vergangen, in Malente-Gremsmühlem angekommen füllt sie sich mit viel bunt gekleideten, gut gelaunten Ausflüglern und fährt zurück.

2004 hatte man wohl den Zwang zu Trennung unauffällig wieder gelockert. Geblieben ist jetzt eine allgemeine Unsicherheit.

Klaus Wiedemann, Lehrer am Otto-Schott-Gymnasium Jena, sagte anläßlich des Teilrückzugs der Kultusminister im ZDF Mittagsmagazin am 2.3.2006 zur „Rechtschreibreform“:

„Gescheitert! Setzen, Sechs!“


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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 03.05.2007 um 08.47

Jahrhundertzeuge und Universalgelehrter
Carl Friedrich von Weizsäcker starb am Sonnabend im Alter von 94 Jahren


Seine Mitarbeit am deutschen Atomprogramm während der Nazi-Zeit empfand er später als große Schuld. „Wenn solche Waffen möglich werden, dann muss man den Krieg, die jahrtausendealte Institution des Kriegs überwinden, oder die Menschheit wird sich zu Grunde richten", stellte Weizsäcker 1939 zusammen mit seinem Freund, dem Religionspädagogen Georg Picht, fest. …

Auch die Erkenntnis, dass Umwelt- und Entwicklungsprobleme global zusammengehören, wollte der Wissenschaftler früher als andere bewusst machen.


Der klassische Duden gab seit jeher nur „zugrunde“ als üblich an. Der Duden 07 führt nun die exhumierte Trennschreibung als „neu“ an, die daher von „fortschrittlichen“ Schreibern bevorzugt wird.

Schlimmer ist aber die reformerische Aufspaltung der Verbbildung „bewußtmachen“, die anbiedernd auch vom Neu-Duden empfohlen wird. Sie gibt dem obigen Satz die Wendung, Weizsäcker habe „die Erkenntnis absichtlich (oder: in vollem Bewußtsein) früher als andere machen“ wollen.

Ein Protest wird aber wohl ausbleiben, denn zu viele sind durch die „Reform“ schon abgestumpft worden.

Selbst gebildete Leser, die es einst besser gelernt haben, schreiben schon grammatischen Unsinn:

Christa Meves hat vollkommen Recht.

Kein Wunder, denn auch solide Journalisten schreiben ihnen den Unfug vor:

Und ewig singen die Wälder …
Von Bodo Stade

„Wald ist in Schleswig-Holstein ein knappes Gut.“ Sagt Umwelt- und Landwirtschaftsminister Christian von Boetticher im Vorwort zu einer neuen Hochglanzbroschüre mit dem sinnigen Titel „Wie man in den Wald ruft …“ Wie Recht er damit hat, zeigt die kräftezehrende Debatte um die Zukunft der offiziell gemeldeten 50 373 Hektar Landeswald.


Nicht einmal der Duden traut sich, neben „recht od. Recht haben; wie recht sie hat!“ auch „wie Recht sie hat“ zu setzen.

„Kräfte zehrende Debatten“ bleiben uns zum Glück erspart.

Erfinderische Schreiber bewältigen mühelos auch schwierige Wortbildungen:

Erster Mitmach-Tag der Feuerwehren ... Wie die Kielerin Agata Klimek (22), die unter Atemschutz im trockeneisvernebelten Zelt abtauchte

Es ist ein Witz, daß nun Erleichterungsideologen meinten, der Schreibgemeinschaft zumuten zu müssen, solche Wortbildungen ausfindig zu machen, bei denen eine Aufspaltung möglich erscheint, und bei diesen die Zusammenschreibung sich verbieten zu lassen.

Auch im Bereich Groß- und Kleinschreibung, der nach Ratsmitglied Eisenberg aus Zufallsgründen nicht vom Rat für Rechtschreibung korrigiert werden durfte, hat sich die angestrebte „Erleichterung“ als Schuß nach hinten herausgestellt. Wenn die Großschreibmanie der gewendeten Kleinschreibideologen nicht zu Fehlern inspiriert, vermittelt doch das Übermaß an Großbuchstaben eher das Gefühl einer Silikonbusen-Schau.

Sicherheitslücke im Photoshop … Erst vor Kurzem kam mit Photoshop CS3 eine neue Version auf den Markt … Die Experten raten deshalb [,] die entsprechenden Formate (BMP, DIB, RLE) bis auf Weiteres nicht zu öffnen.

Eins aber läßt sich konstant beobachten: Die zwingende Trennvorschrift „zu viel“ wird sorglos mißachtet:

Soeben gibt Stephan Waak als psychopathischer Mörder in ‚Das verräterische Herz’ dem alten Affen Paranoia gehörig Zucker; ein paar Esslöffel zuviel vielleicht.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 01.05.2007 um 06.30

Mit jedem Tod stirbt eine Welt.
Auch meine stirbt mit mir,
und niemand kann nach mir
sie noch betreten.
Denn diese Welt gehörte mir allein
und ihm, mit dem zusammen
ich ein Ganzes war.

Alice Ohrenschall

(7.9.1919 – 23.4.2007)

In der Traueranzeige verabschiedet sich die Journalistin mit ihren eigenen Worten.

„1947 wechselte Alice zur »Welt«, der Zeitung der britischen Militärregierung, die sie ein Jahr später als Korrespondentin für Schleswig-Holstein nach Kiel schickte…“

Die „Rechtschreibreform“ hat sie mehrfach in Leserbriefen kritisiert:

„… Berufen zum pfleglichen Umgang mit der deutschen Sprache wären in erster Linie die Medien. Bisher nehmen sie diese Möglichkeiten allerdings nur selten wahr. Ihr Deutsch zeugt allzu oft von erschreckender Unkenntnis. Das gilt für Wort und Schrift, wobei die Rechtschreibreform alles getan hat, um die Sprache zu ruinieren. Die Urheber dieser Reform sollten sich schämen, wenn sie in der Zeitung einen solchen Satz lesen:
Erste Handball betonte Schule beim Hans-Geiger-Gymnasium…
“ (KN v. 7.2.03)

Und ein Jahr später:

Das sieht ja ganz so aus, als wären die Urheber der Rechtschreibreform zur Vernunft gekommen, als hätten sie begriffen, wie unsinnig vieles der Reform ist. Ehe die Reformierer erneut ans Werk gehen, sollten sie sich des Sprichworts „Blinder Eifer schadet nur" erinnern.“ KN v. 6.2.04)


Mir schrieb sie die Verse:

Zur Rechtschreibreform
Das Känguruh
hält als Guru
gar nichts von jenen Lehren,
die ihm das H verwehren …


Das hindert die aktuelle KN natürlich nicht, der amtlichen Schwanz-ab-Vorschrift zu folgen:

Spielemacher: ….Spielfiguren bei Hüpf, Känguru, hüpf!

Eine ältere Würdigung des Lebens von Alice Ohrenschall findet sich in einem Blatt, dessen Thema sonst „Gender Mainstreaming in Schleswig-Holstein“ ist.
http://landesregierung.schleswig-holstein.de/
(Genaue Adresse mit Google unter "Ohrenschall" suchen)

Gerade wird bei Spiegel-online über absurdes „Behördisch“ hergezogen. „Emanzisch“ tut es ihm aber längst gleich. Vielleicht geht es auch in diesem KN-Artikel um eine Form des obskuren „Gender Mainstreaming“:

Sie hat ihr zartes Alter von 127 Jahren (kein Alter für eine Hexe, wir wissen es!) nunmehr um runde 50 Jahre erhöht, in denen sie zur Global Playerin der Kinderbuchliteratur heranreifte, ihre Spuren hinterließ und zarte Hinweise darauf gab, was selbst ernannte „Hexen" von heute auszeichnet.
Von Isabelle Hofmann
1957 von Otfried Preußler als Gutenachtgeschichte für seine Mädchen ersonnen, fliegt das pfiffige Geschöpf heute durch die Kinderzimmer der Welt. Die meisten ihrer Fans sind mittlerweile selbst in die Jahre gekommen, wie die lange Liste der Gratulanten beim Thienemann-Verlag zeigt. Thea Dorn, Veronika Ferres, Gesundheitsministerin Ulla Schmidt - alle starke Frauen, die mit ihren Glückwünschen auch noch eigene Wünsche an die kleine Hexe richten.


… wenn selbst ernannte Ministerinnen sich bemühen!

Hilflos mußte Otfried Preußler die Neuschreibverstümmelung seiner Jugendbücher hinnehmen. Es half ihm nichts, daß er schon mal in einem Hotzenplotz-Buch „belämmert“ geschrieben hatte. Rechte Reformer wollen alles.

Loriot alias Vicco von Bülow (vorherige KN) hatte vor zwei Jahren gesagt:
„Wenn wir so weitermachen, grunzen wir bald“

Durch die „Reform“ scheint die Umkehrung eines Millionen von Jahren dauernden Prozesses eingeleitet worden zu sein (wieder KN):

Die Menschwerdung des Affen soll sich einst im Afrikanischen Grabenbruch und damit zum Teil auf dem Gebiet des heutigen Äthiopien vollzogen haben.
„Dieses Gebiet ist nun mal ganz anders als der Rest Afrikas", sagt der 28-jährige Betriebswirt Martin Hauptmann nach einer zweiwöchigen Rundreise. „Mich hat es seit Langem gereizt, das einzige afrikanische Land kennen zu lernen, das schon seit dem 4. Jahrhundert vom Christentum und davor lange Zeit vom Judentum geprägt wurde", fügt der 52-jährige Arzt Alexander Gräwe hinzu. … auch Auto- oder Bustouren gehören zu jeder Äthiopien-Reise. Sie führen über Schwindel erregende Serpentinen, mehr als 3000 Meter hohe Pässe und vorbei an bizarren Berggipfeln.


Die CDU in Schleswig-Holstein hat durch ihren Umfall das Vordringen der „Reform“ in den Norden gefördert. Jetzt will sie Begeisterung für die Machenschaften in der Politik wecken:

CDU Dänischenhagen wünscht sich junge, engagierte Menschen
Ortsverband möchte mehr Mitglieder - Noch kein Spitzenkandidat
Dänischenhagen - „Wir brauchen junge, frische Menschen, die bereit sind, sich zu engagieren." Das sagt Werner Nabert, frisch wiedergewählter Vorsitzender des CDU-Ortsverbandes Dänischenhagen. Trotz einer Mitgliederstärke von 50 benötigt man auch bei der CDU in Dänischenhagen Nachwuchs, …


Als er mir Plakatständer der CDU für die Bürgerinitiative gegen die „Rechtschreibreform“ lieh, sagte er, die CDU sei gegen die Volksabstimmungsgesetze gewesen, jetzt aber müsse die „Heide“ [Simonis] die Entscheidung des Volkes anerkennen. Ein Jahr später haben dann auch Kayenburg und Rühe den Volksentscheid gekippt – gegen den Willen der meisten CDU-Wähler.

Jetzt wird nicht nur die Volksabstimmung umgefälscht, sondern rückwirkend auch die Geschichte. Orthographisches Zeitkolorit darf sein, aber nur mit neuen „dass“:

Die Bedürftigen lagen ihm am Herzen
Christian Otte gründete ein Armenhaus, weit bevor dies öffentliches Thema wurde
Von Dr. Stefan Deiters

Im „Fundations-Brief" vom 28. April 1739 schreibt Otte: „Nachdem ich zu Bezeugung schuldigen Dankbarkeit für alle von dem lieben Gott empfangene vielfältige Gutthaten und mir zugewandten Segen schon längstens entschlossen gewesen, und nunmehro bereits würklich den Anfang gemacht, zum Besten der Noth-leidenden Armen ein Armenhaus in dieser Stadt Eckernförde, als woselbst ich meine wenige Habseligkeit durch Gottes Gnade und Segen erworben, zu erbauen." … Das Gründungsdatum hatte auch für die Bewohner angenehme Konsequenzen: So berichteten die „Eckernförder Nachrichten" am 2. Mai 1889 von den Feierlichkeiten der „sog. Otte'schen Stiftung" anlässlich des 150-jährigen Jubiläums der Einrichtung. „Seitens der Stiftungsverwaltung wurde bestimmt, dass zur Feier des Tages den Insassen, alte hülfsbedürftige Wittwen, ein gutes Mittagessen nebst einer Flasche Wein a Person verabreicht werde."



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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 29.04.2007 um 11.30

Beschlossen: Renten steigen um 0,54 Prozent

Verkündet von Bundessozialminister Müntefering. Das betrifft meistens (in seinen Worten) „Hochwohlgeborene“, die die Rechtschreibreform gar nicht haben wollten. Deswegen hatten sie bisher auch keine Rentenerhöhung verdient und kriegen jetzt nur um 4 Euro mehr (bei einer Rente von 740 Euro).

So konnte ein Teil der 5 Milliarden, die die Volkswirtschaft die „Rechtschreibreform“ nach den neuesten Hochrechnungen bisher gekostet hat, wieder hereingeholt werden.
Und Müntefering brauchte – Dank auch dem Bundesverfassungsgericht und den nördlichen „Volksvertretern“– nicht weiter darauf bestehen, daß die „Reform“ gescheitert sei, wie er noch 1997 angekündigt hatte: „Sollte ein Land ausscheren, wäre die Reform gescheitert.“

Nun dürfen sich auch die Älteren nicht weiter beschweren, daß sie einer Desensibilisierungstherapie unterzogen werden, die ihre Allergie gegen die neuen „sss“ herabsetzen soll:

… ob im Adagio gerade Weihestimmung verbreitet oder der Schlusssatz mit viel Brio genommen wird.

Dafür überlisten die „Erleichterungen“ der Reformschreibung sogar manchmal die Korrekturautomaten:

Meldeschluss für Kanallauf … Rings um das Laufspektakel findet erneut das grosse Sport- und Spielfest „Familiade“ auf dem Sportplatzgelände statt.

Die Spaltschreibung verunsichert weiter: „Sogar bearbeitete Digitalfotos …“

Selbst bearbeitete Digitalfotos sollten Kunden nicht noch zusätzlich vom Online-Fotolabor optimieren lassen. … Wenn Kunden die Bilder zuvor aber bereits am PC bearbeitet haben, sorge eine doppelte Optimierung für den gegenteiligen Effekt …

Wir finden auch:
selbst gemachte Kuchen

und woanders …

Die Zutaten sind viel versprechend

Neben der Gastronomie lo-dern nun nicht die Grillkohlenfeuer, wie man für Bruchteile von Sekunden vermuten könnte, sondern:

Neben der Gastronomie lo-cken unter anderem ein Käsestand, ein Crepesstand

Die Schreibung „Kreppsstand“ für Crêpesstand, eines der Glanzstücke neuen Reformerfindergeistes, stößt nur auf ganz geringe Gegenliebe.

Hoffentlich wird uns dafür das Werk des Dichters Wilhelm Lehmann in authentischer Rechtschreibung geboten:

Vom grünen Gott der Neuen Sachlichkeit
Zum 125. Geburtstag des Naturdichters Wilhelm Lehmann
Eckernförde - Lange schien Wilhelm Lehmann mit seinem Werk ganz aus dem kulturellen Gedächtnis verschwunden. Doch allmählich erfährt der Schriftsteller, der in Eckernförde seine Heimat gefunden hatte, wieder Beachtung. Eine fast abgeschlossene Gesamtausgabe und Veranstaltungen zu seinem 125. Geburtstag zeugen davon….


Ein Beispiel aus meinen Büchern:

Februarmond

Ich seh den Mond des Februar sich lagern
Auf reinen Himmel, türkisblauen.
In wintergelben Gräsern, magern
Gehen Schafe, ruhen, kauen.

Dem schönsten folgt der Widder, hingerissen.
Die Wolle glänzt, gebadete Koralle.
Ich weiß das Wort, den Mond zu hissen.
Ich bin im Paradiese, vor dem Falle.

Wilhelm Lehmann
Eckernförde, 20. Jan. 65


(Wiedemann: Deutsche Gedichte in Handschriften)

Der Herausgeber weist darauf hin, daß Lehmann das Komma der letzten Zeile, das im Druck weggefallen war, wieder eingefügt hat. Die Komma-Pogrome der heutigen „Reformer“ und Schulbuchbearbeiter hat er zum Glück nicht mehr erleben müssen.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 27.04.2007 um 09.41

LITERATURRÄTSEL
Wer schrieb was?

»Ein Arzt hat mir heute morgen ein fabelhaftes Detail von den Liebschaften des Kaisers erzählt: Die Frau wird in einem Wagen in die Tuilerien gebracht, in einem ersten Saal entkleidet, geht dann nackt in den anderen, wo der Kaiser sie gleichfalls nackt erwartet, erhält von Bacciochi, der sie geleitet, folgende Empfehlung und Erlaubnis: „Sie können den Kaiser überall küssen, bloß nicht ins Gesicht" Ich glaube, bisher war man bei der Vergottung noch niemals dazu gelangt, aus dem Gesicht eines Menschen ein Allerheiligstes zu machen, das ein Kuß profanisieren würde!«

Was für eine schöne Ansammlung bizarrer, gemeiner und künstlerisch wertvoller Indiskretionen! Die „allabendliche Beichte" der beiden Brüder hat auch heute noch das Feuer einer äußerst amüsanten Berichterstattung - die Pariser Salons des 19. Jahrhunderts erscheinen plötzlich wieder warm, wild und lebendig. Hier wird eine Liebschaft angeworben (und abgefertigt), dort plaudert der Kollege Flaubert sehr dezidiert über sein erstes Mal. Die Überlieferung von Gesprächsfetzen, Klatsch, Anekdoten, Reisebeschreibungen (etwa durch Deutschland), Berichten von Einladungen und den angesagtesten Salons der Zeit – geschildert in einem unverfrorenen Ton und mit frischer Unverblümtheit – haben dafür gesorgt, dass die zwanzigjährige Sperrfrist, die der zuletzt lebende Bruder nach seinem Tod (1896) für eine vollständige Veröffentlichung gesetzt hatte, schließlich auf sechzig Jahre ausgedehnt werden musste, „aus Rücksicht auf nicht verjährte Empfindlichkeiten", wie es hieß.


Zweifellos geht es hier um das Tagebuch (Journal) der Brüder Jules und Edmond de Goncourt. Die deutsche Ausgabe (in Kulturschreibung) kenne ich leider nicht.

Und was findet man sonst noch an Schreiblichem neben der ss-Stussschreibung?

Mit dem Gute-Laune-Wetter steigt die Waldbrandgefahr - auch in Schleswig-Holstein
… Täglich seien zehn bis zwölf Stunden Sonne zu erwarten. Was Urlauber freut, ist das größte Ärgernis der Anderen: Die Hoffnung der Landwirtschaft auf ergiebigen, sanften Landregen dürften sich bis zum Monatsende nicht erfüllen. Bis zum 22. des Monats registrierten die Messstationen des Wetterdienstes einen durchschnittlichen Niederschlag von drei Litern je Quadratmeter, der bisher trockenste April brachte es 1974 auf 21,3 Liter je Quadratmeter. … Sicher ist bereits, dass der April der achte Monat in Folge ist, der in Deutschland zu warm ausfällt. dpa


Das dusselige „in Folge“ für „aufeinander folgend“ ist eine neue Sprachmarotte, entnervend besonders in den Fernsehnachrichten.

Anklage nach Halleneinsturz
Bad Reichenhall - Mehr als
15 Monate nach dem Einsturz der Eissporthalle von Bad Reichennall hat die Staatsanwaltschaft gegen fünf Männer Anklage erhoben…. Mehreren Gutachten zufolge haben schwere Mängel und Schlamperei bei Planung und Bau der Halle zum Einsturz des Daches geführt, das der hohen Schneelast im Januar 2006 standhielt.


Leider können die Planer und Durchsetzer der „Rechtschreibreform“ trotz der schweren Mängel und Schlampereien nicht angeklagt werden. Häufig ist jetzt auch das falsche „Stand halten“. Besonders unter der Fuchtel der Wikipedia-Neuschreib-Polizei meinen manche Beiträger, sich besonders linientreu verhalten zu müssen:

Sein Beispiel, als er trotz der andringenden feindlichen Truppen allein Stand hielt und den fliehenden Scharfschützen zurief, ihren Oberst doch nicht zu ...
de.wikipedia.org/wiki/Franz_Jelačić_von_Bužim

… und immer wieder Folgen des Großschreibfimmels:

… ein kompetenter, reich bebildeter Schalplattenführer und damit ein Muss für jeden, dem es Ernst ist mit dem Jazz.


Die alte Wortbildung eine „Zeitlang“ wurde auf dem Hackbrett der „Reform“ gnadenlos zerstückelt. Jetzt ist sie wieder gnädigst zugelassen, aber bei Dumm-Dudens wird eine „Zeit lang“ empfohlen:

„Der Dackel ist ein zeitloser Hund, der kommt nie aus der Mode!" Zu Olympia 1972 in München hatte es einen Boom der kleinen Vierbeiner gegeben, weil Dackel „Waldi" als Maskottchen für das Sportereignis warb. „Da waren es eine Zeit lang einfach zu viele", sagt Nickeleit.

Zusammen mit der ebenso dusseligen Duden-Empfehlung „lang gestreckt“ kann man sich Sätze ausmalen wie „dem Patienten wurden die Beine eine Zeit lang gestreckt“, bei denen sogleich der Verdacht aufkommt, hier wäre ein reformerischer Prokrustes in die Unfallchirurgie gewechselt.

Purpur, Höllenstein und Drachenblut
77-Jähriger hat sein Wissen über chemische Stoffe aufgeschrieben
Das Zusammenspiel der Stoffe in der Natur, wie man sie sich zu Nutze machen kann – das sei unheimlich spannend, findet er.


Obwohl „zunutze“ seit langem üblich ist, meinen die Reformer, uns „zu Nutze“ aufdrängen zu müssen, diesmal ohne Duden-Empfehlung. Statt „zur Zeit“ soll dagegen „zurzeit“ allein richtig sein, „mit Hilfe“ hat man aber neben dem neuen „mithilfe“ allergnädigst gestattet. An Satzanfang bereitet es nun Unsicherheitsgefühle, ob nicht vielleicht doch die richtige „Mithilfe“ gemeint sei:

Wie kam es überhaupt zum „Tag des Baumes“? Mitte des vergangenen Jahrhunderts wanderte der Journalist Julius Sterling Morton nach Nebraskaaus. Dort vermisste er – Bäume. … Mithilfe der eigenen Zeitung propagierte er den Grundgedanken seiner Resolution: …

Und nun noch etwas Heimatnahes:

Post-Original Fiede Nissen feiert Dienstjubiläum
Langeneß - Das Briefträger-Original aus dem Norden, Fiede Nissen, feiert Jubiläum: Seit 30 Jahren bringt er Post auf die Halliginseln. Der 57 Jahre alte Kult-Postschiffer mit dem Rauschebart versorgt die nordfriesischen Halligen Langeneß. Oland, Gröde und Habel an sechs Tagen pro Woche mit Briefen, Paketen und vielem mehr.


Leider wird unsere ss-indoktrinierte Jugend, wenn sie noch Plattdeutsch kann, den Namen der Insel durch die e-Längung als „Lange Nase“ verstehen.

Auf der Suche nach Leben in fernen Welten haben europäische Astronomen einen Aufsehen erregenden Fund gemacht: Eine noch namenlose „Super-Erde" kreist mehr als 20 Lichtjahre von der Erde um den Roten Zwerg Gliese 581, eine rund 20 Lichtjahre entfernte Minisonne im Sternbild Waage.

Astronauten haben, nach älteren Agenturmeldungen, selbst in nahen Umlaufbahnen kein intelligentes Leben auf der Erde wahrnehmen können. Das wird auch mit besseren Instrumenten ihren Kollegen von Gliese 581 nicht gelingen, besonders nicht im Geltungsbereich der „Rechtschreibreform“.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 26.04.2007 um 12.51

Kaum Wähler in Sachsen-Anhalt
Magdeburg
- Der Wahlsieg der CDU bei den Kommunalwahlen in Sachsen-Anhalt wird von der historisch geringen Wahlbeteiligung überschattet. Die Beteiligung an den Kreistags- und Landratswahlen war mit 36,5 Prozent die niedrigste bei Kommunalwahlen in der Geschichte der Bundesrepublik. dpa


Die CDU holte 34,3 Prozent dieser 36,5 Prozent. Das heißt nicht anderes, als daß die CDU künftig mit einer Zustimmung von 12,5 Prozent der Wahlberechtigten regiert. Entsprechend groß ist das Lamentieren der Politiker. Wolfgang Thierse sprach schon von einer „Zuschauer-Demokratie“.

Mitunter aber wollen die Politiker die Bürger zu Zuschauern degradieren – etwa bei der „Rechtschreibreform“. Bei der schleswig-holsteinischen Abstimmung darüber sollten 1998 die miesesten Tricks gerade recht sein, um die nur bei Volksabstimmungen vorgeschriebene Mindestwahlbeteiligung von 50 Prozent nicht zu erfüllen und die Wähler von den Urnen fernzuhalten. Als das mißlang, haben kurzerhand 70 verschworene Abgeordnete den Mehrheitswillen von 1114311 Schleswig-Holsteinern annulliert, um die neuen „dass“ über die Geiselnahme der Schüler auch im Norden durchzusetzen.

Kurz zuvor hatten die Seilschaften bei der Presse mit der flächendeckenden Zwangsmissionierung der Leser begonnen, in der seither solche Sätze nicht selten sind:

Am Baikalsee gönnten sich Helmut Kohl und Boris Jelzin einige erholsame Tage in den Weiten Sibiriens. … Der Deutsche, nur ein Jahr älter, stand auf dem Höhepunkt seiner Macht. Der Russe begann, dass Erbe der Sowjetunion zu verwalten. (S.3)

Ansonsten wurde das Reformgift in vielen Sparten nur homöopathisch eingesetzt, um den Nachweis ihrer Giftigkeit zu erschweren:

In der koalitionsinternen Debatte über die Sicherheitsgesetze wird der Ton rauer.

Dabei ist das „h“ im Rauhen ein Stammlaut seit der Frühzeit der Sprachgeschichte, wie man im Fortsetzungsroman (gegenüber dem Vortage wieder in richtiger Rechtschreibung) noch ahnen kann:

Sie [die Insul Föhr] wird bewohnet von rauhen Leuten, wiewol sie ein wenig mehr als die Sylter poliret seyn, halten sonst noch über alt=friesi-schen Habit, zusampt deroselben Sprachen, steiff und fäst.
C. Danckwerth: Newe Beschreibung der zwey Hertzogtümer Schleswich und Holstein


Leider wird auch der klassische Text der neuen Silbentrennung unterworfen durch einen Automaten, der solches für möglich hält:

Anselm hatte keinen Aufbruchslärm gehört, kein Stühler-ücken, keine Verabschiedungen….

Seit der „Reform“ sind auch solche Entgleisungen nicht selten:

Lübeck - Mit einem erneuten Geständnis des Angeklagten hat gestern eines der Aufsehen erregendsten Sexualstrafverfahren der letzten Jahre vor dem Landgericht Lübeck begonnen. Der Angeklagte aus Bad Oldesloe soll zwischen 1996 und 2006 sechs Mädchen sexuell missbraucht haben, die von seiner Ehefrau als Tagesmutter betreut wurden.
… Eines Tages habe er in seinem Arbeitszimmer am Computer Pornobilder betrachtet, als eines der Pflegekinder herein_gekommen sei. „Die Kleine fragte, ob sie auch mal gucken dürfe. Ich habe sie auf den Schoss genommen – und da ist es dann passiert", …


Auch Harmloseres wirkt für Könner entnervend und fürs Volk verdummend:

Ein 17-Jähriger verguckt sich in die wesentlich altere Postbotin Rosemarie
Joe Reinhardt, pubertierender Spross wohlhabender Eltern, viel versprechender Abiturient und potenziell erfolgreicher Pianist, begegnet der Frau, die ihm die Liebe zeigt …
(Sat.l)

In Lübeck gibt man eine Medizin-Komödie, die auch auf die Rechtschreib-Quacksalberei passen könnte:

Bühnenjux: Gesund bis der Arzt kommt
Lübeck - Es gibt die Geschichte, dass ein Arzt im alten China nur für die Zeiten entlohnt wurde, in denen sein Patient gesund war. Wurde dieser krank, wurden die Zahlungen eingestellt. Unser System funktioniert bekanntlich genau anders herum: Ohne Kranke steht der Mediziner ohne Einkommen da.
In diesem Dilemma steckt der Protagonist der 1923 geschriebenen Komödie Knock oder der Triumph der Medizin des Franzosen Jules Romains – im Nachbarland ein Klassiker, hierzulande fast unbekannt. Auf Anregung des scheidenden französischen Generalintendanten Marc Adam ist Knock in den Lübecker Kammerspielen jetzt in der Inszenierung von Uwe Dag Berlin zu sehen, …
Die Handlung ist recht simpel: Dr. Knock übernimmt von eine schlecht gehende Praxis in der Provinz. Die Dörfler sind kerngesund und noch dazu geizig, so dass sich der Arzt etwas einfallen lassen muss. Mit gezielter (Des-)Information über Keime und Krankheitssymptome sowie der Verordnung von Bettruhe und strenger Diät gelingt es ihm, die Zahl der Patienten binnen kurzem in nie gekannte Höhen zu treiben -nach dem Motto „Gesunde sind Kranke, deren Krankheit bloß noch niemand erkannt hat"…

Quacksalber auf Erfolgskurs: Andreas Hutzel (Dr. Knock) mit Doris Schefer. Foto hfr



eingetragen von Sigmar Salzburg am 25.04.2007 um 11.44

Ein kleiner Schock in der Morgenstunde: In der Zeitung vom Montag finde ich in der 4. Fortsetzung des bisher unreformierten Romans „Friesenblut“ von Olaf Schmidt alle Zeichen der neuen Unkulturschreibe: Anselm dachte daran zurück, wie Jahn und er sich kennen gelernt hatten. … gewusst, schoss, bewusst, so genannte, Schluss, dass … (3x).

Ich eile in unseren Laden und sehe in die heutige Ausgabe: Alles ist wieder beim alten. Also nur ein falscher Tastendruck? Bei der Gelegenheit sehe ich auch, daß die schreiblich umgefallene FAZ nicht mehr geführt wird. Außer mir haben wohl auch noch andere darauf verzichtet.

Es scheint so, als ob Kuriositäten – wie „so genannt“ – den Schreibern der KN oft auch nachträglich in ihre Texte automatisch hineingeferkelt werden. Es wundert einen dann kaum noch, daß sich scheinbar auch intelligente Schreiber mit derlei orthographischen Dummheiten bloßstellen.

Bei einer Landung des Versuchs-A 380, da … „rutscht das Heck Funken sprühend über den Boden.

Man spürt einerseits den Willen zum wohl konstruierten Sound… also zum vermutlich konstruierten Song …

Ähnliches stand auch in der vorherigen Ausgabe:

KN 21.04.07

Tadeusz Galias und Jutta Ziemkes Inszenierung setzt auf eine wohl kalkulierte und wohltuende Langsamkeit.

Versuch macht auch Kinder klug
Experimente in Kindergärten sollen den Nachwuchs für die Naturwissenschaft begeistern

…Die DRK-Kindertagesstätte in Dänischenhagen sowie unter anderem der evangelische Kindergarten in Raisdorf, die Villa Kunterbunt in Rendsburg und die DRK-Kita in Selent gehören landesweit zu 26 so genannten Konsultationskitas: Leitung und Personal werden an Fachschulen fortgebildet…
Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave weist darauf hin, dass die musikalisch-ästhetische und mathematischnaturwissenschaftliche Bildung noch immer auseinander drifteten.


Nachdem „auseinander“ immer „auseinander geschrieben“ werden sollte, soll jetzt wieder das Gegenteil richtig sein.

In der nächsten Überschrift erinnert nichts mehr an den einstigen Trennfimmel:

Frech und selbstgenäht

Aber was tut man auch sonst noch unseren Kindern an:

Kiel - Auf vielen MP3-Playern ist sie zu finden, ohne dass Eltern es ahnen: Es geht um Musik mit Gewalt verherrlichenden, pornografischen oder menschenverachtenden. Texten, in denen alle Tabus gebrochen werden.

„Den Arschficksong? Klar können wir den… Ihre bevorzugten Porno-Rapper heißen Bushido, King Orgasmus und Frauenarzt, und diese scheinen es als Sport zu begreifen, sich in ihren Texten gegenseitig an pornografischer Gewalt zu übertreffen.


Nur noch ganz selten taucht die Groteskschreibung „zu Lande“ auf:

Von A wie Aspirin bis Z wie Zündkerze - kein anderes europäisches Land hat so viele Erfindungen hervorgebracht wie Deutschland. Von Michael Witt

Es war im Nachkriegs jähr 1949, als die Berlinerin Herta Heuwer am 4. September mit ihrer indischen Wurstkreation zum ersten Mal einen Kunden angelte. Inzwischen ist ihre Currywurst weltweit bekannt und hier zu Lande eine Volks-Delikatesse, …


Die dritte Fortsetzung des Romans hebt sich noch wohltuend vom übrigen Pennälerschrieb der Zeitung ab:

Sie zeigt drei verwitterte Grabsteine, von rauher See umspült, ein Halligfriedhof bei Sturmflut. Er drehte die Karte um und las, wohl zum zehntenmal, die in chaotischer Krakelschrift hingeworfenen Zeilen: Anselme!

Manchmal schlägt aber auch das Gute an anderer Stelle durch:

Weil seine Bilder ungeschönte Wahrheiten zeigen, musste der preisgekrönte Fotograf G.M.B. Akash seine Heimat Bangladesh verlassen …. Landschaften, Stilleben, Blumen, das alles interessiert ihn nicht. …

Vom Tag zuvor, dem 20.04.07, will ich nur zitieren, daß „die schleswig-holsteinische Politikerin Angelika Beer (Bündnis 90/Die Grünen) seit Langem für die Unabhängigkeit des Kosovo eintritt.

So kurios es aussieht, es soll „richtig“ sein. Aber warum soll „seit Gestern“ falsch sein? Auch das ist als Dativ deutbar: „Dem Gestern weine ich keine Träne nach!“

Auf S. 21 finden wir ein Leben auf Schnellstrassen

Mit den ss ist Spiegelchef Stefan Aust (wie auch Angela Merkel 2003) auch nicht ganz sicher, wie beide im Chat offenbarten, Aust gestern in Spiegel online:

Offenbar hat die Justiz es mit der Zuordnung der Taten es nicht so genau genommen. ich weiss auch nicht, ob es sinnvoll ist, jemanden, der schon einmal 20 Jahre wegen mehrfachen Mordes verbüsst hat, nun noch einmal verurteilen sollte, … Soweit ich weiß, handelt es sich in diesem Fall nicht um den Bundesnachrichtendienst,

Auf S. 26 besichtigt die durch die „Reform“ schwer belastete Bundesbildungsministerin Schavan ein sprachliches Monster … das Exzellenzcluster „Ozean der Zukunft“

Ein anderer Beteiligter hat immer noch schlechte Kritiken.

Schäuble wolle den Schritt in eine ganz andere Gesellschaft, „ in der alle technischen Möglichkeiten genutzt werden, um uns alle zu überwachen“, warnt Benneter. „Das hat schon Orwell’sche Ausmaße.“

Schäubles frühe Förderung der „Reform“ liegt auf ganz ähnlicher Linie. Benneter sollte dennoch nicht im Glashaus mit Steinen werfen, denn gerade seine Partei ist immer noch Vorreiter bei der Durchsetzung von Neusprech und Neuschreib.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 23.04.2007 um 07.43

Volksinitiative nimmt weitere Hürde

Kiel - Die in Dithmarschen gestartete Volksinitiative gegen Kreisfusionen hat eine weitere Hürde genommen. Der Innen- und Rechtsausschuss des Landtages bestätigte gestern die Zulässigkeit und stellte damit die Weichen für eine Debatte im Parlament. Wie berichtet, hatten die Dithmarscher innerhalb weniger Wochen mehr als 33 000 Unterschriften „gegen eine Zusammenlegung von Kreisen ohne deren Zustimmung" gesammelt. Notwendig sind grundsätzlich nur 20 000….


Alle Achtung für den Mut und die Zuversicht der Dithmarscher. Denn heutzutage können 70 Kieler Abgeordnete einen erfolgreichen Volksentscheid durch Handaufheben „demokratisch“ zunichte machen. Früher mußte von der anmaßenden Staatsmacht noch ein Söldnerheer in den wilden Westen Schleswig-Holsteins abgeordnet werden, wie erinnerlich aus einem Geschichtsquiz der Kieler Nachrichten vom 25.9.2004:

KN-GESCHICHTSQUIZ
Das Ende der „Schwarzen Garde"
Frage 18: Welche Söldnertruppe fiel 1500 in Dithmarschen ein?
Richtige Antwort: A) Die „Schwarze Garde"

… Erinnert werden sollte an eine Schlacht, in der einem aus 6000 Waffen tragenden Dithmarscher Bauern bestehenden Heer ein 12000 Mann starkes feindliches Heer gegenüber_stand. An der Spitze der Truppen des dänischen Königs Johann und seines Bruders, Herzog Friedrich, stand die berüchtigte „Schwarze Garde", ein aus allen Teilen Europas zusammen_gewürfeltes Söldnerheer, das König Johann schon bei der Eroberung Stockholms unterstützt hatte.


Wie viele kräftige Bauerburschen mögen wohl die 6000 Waffen getragen haben?

Doch zurück zur Ausgabe v. 19.04.07: Fast nur auf den Kulturseiten tritt die Kulturbanauserie des flauen „Rauhen“ hervor – dort, wo man das „h“ am meisten vermißt, etwa bei der Beschreibung der Stimme der Sängerin Christina Stürmer …

Doch der Mittelpunkt bleibt stets Christina. Die freut sich glaubhaft ihres Bühnenlebens und singt mit leicht angerauter, durchaus tragfähiger Stimme Songs mit Titeln wie „Nie genug“, „So wie ich bin“ und „Keine Zeit zum Schlafengehen.“

… oder bei ähnlichen Darstellungen:

Beim Midtempo-Song „Sonne“ schimmert dann beinahe Pop-Romantik unter der rauen Oberfläche durch.

„Lieder“ scheint es nicht mehr zu geben. Selbst deutsche Texte werden zu „Songs“ verarbeitet. Das waren noch Zeiten, als manche Barden sich bewußt „Liedermacher“ nannten!

Von frühen Ausflügen ins Plattdeutsche über Jubiläumshommagen an Count Basie und Duke Ellington bis hin zu eigenen Songs von Big Band-Leiter, Komponist und Arrangeur Jens Köhler, dem es mit imponierender Konstanz gelingt, stets aufs Neue eine tadellos funtionierende Einheit aus vielen Individualisten zu formen.

Aber in der Sprachreform verlegen sich manche eben gerne aufs Neue, wie bei der „Rechtschreibreform“.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 22.04.2007 um 06.16

Cho wirkte eher seltsam als furchteinflößend.

In diesem Satz erinnert nichts mehr an die „Rechtschreibreform“. Dennoch: Einige Zeitungen wollen sich an die Empfehlungen des Einheits-Dumm-Dudens 2006 halten, der den Kultusministern zuliebe etliche Groteskschreibungen der einstigen „Reform“ konserviert. Die Springer-Presse müßte nun eigentlich schreiben:
„Cho wirkte eher seltsam als Furcht einflößend.“
Diese Schreibung sollte nach Vorstellung der „Reformer“ und der ihnen nachstolpernden Kultusminister sogar die einzig zulässige werden.

Dagegen empfiehlt der Duden direkt darunter „furchterregend“ und führt nur als auch mögliche Reformvariante „Furcht erregend“ an. Konfuser geht es nicht. Man braucht sich nicht zu wundern, daß dieser gewichtigste allen Duden fast genau doppelt soviel wiegt vor 80 Jahren – mit all dem unsinnigen Reformschrott, der nun eingefügt wurde.

Bis auf das ss-Evangelium und einigen Kleinkrampf werden die Grotesken in den Kieler Nachrichten allerdings weniger. Selbst Frank Lindscheid meidet inzwischen den Reformextremismus und orientiert sich anscheinend mehr am traditionellen Gebrauch:

Nachdem Oettinger sich zunächst weigerte, seine Äußerung zurückzunehmen, sprach die Kanzlerin einen Aufsehen erregenden Rüffel aus - für Merkels Regierungszeit ist dies ein bisher einmaliger Vorgang. Ihr Umfeld spielte Teile des Telefonats den Medien zu.

Interessant ist folgender Hinweis:

Damit verändern sich die unionsinternen Koordinaten: Der schwer berechenbare Stoiber ist inzwischen ein Ministerpräsident auf Abruf, Oettinger bundespolitisch geschrumpft und ganz nebenbei hat die Parteichefin mit dem Schwaben auch ein Mitglied des legendären „Andenpakts" (siehe unten) öffentlich vorgeführt - jener Karriere-Seilschaft aufstrebender und mittlerweile etablierter Unions-Männer.

Diese sogenannten „Jungen Wilden“ der CDU waren eine Zeitlang die Hoffnung der Reformgegner, weil sie sich schon 1995 deutlich gegen die „Reform“ ausgesprochen hatten. Als sie dann in Amt und Würden waren, wollten sie aber nicht mehr an ihr „Geschwätz von gestern“ erinnert werden, und Christian Wulff, der sich als einziger vorgewagt hatte, knickte um seiner CDU-Karriere willen schnell ein. Der KN-Artikel über den „Andenpakt“ ist daher auch für Reformgegner von Interesse:

Der Andenpakt: ein geheimer Männerbund in der CDU
Warum Merkel so wenig Unterstützung von den Ministerpräsidenten hat

Von Olaf Albrecht

Sie waren jung und planten ihre politischen Karrieren. Auf einer Südamerika-Reise im Sommer des Jahres 1979 gab es einen berüchtigten Treueschwur, begleitet von einer improvisierten Resolution. „Die Lage ist ernst", stand auf diesem Dokument. Der „Pacto Andino", der legendäre Andenpakt, wurde auf einem Flug nach Chile geschlossen. Und aus den jungen Wilden, die damals eher im Spaß einen Bund gründeten, ist heute eine Riege von Ministerpräsidenten und Spitzenpolitikern aus der CDU geworden. Der Pakt besteht noch und ist einer der wohl mächtigsten Geheimzirkel der Republik.

Zu den damaligen Gründungsmitgliedern gehören Roland Koch, Christian Wulff, Peter Müller, Franz Josef Jung und Günther Oettinger. Sie verstehen sich als Herz der CDU. Neuaufnahmen in ihren Kreis, zu dem ungefähr 20 Männer gehören, sind selten. Vor zwei Jahren erhielt der Merkel-Gegner Friedrich Merz Zutritt zur geheimen Runde. Die Vertraulichkeit ist die größte Stärke. Jahrzehnte war der Pakt unbekannt, erst vor vier Jahren wurde seine Existenz bestätigt. Zu jedem ordentlichen Männerbund gehören Rituale. Einer spielt den Generalsekretär, es gibt eine Klassenkasse , einmal im Jahr reist die Runde für einige Tage ins Ausland. Und der Treueschwur enthält einen Nichtangriffspakt. Dazu gehört, dass ein Mitglied nie ein anderes öffentlich kritisiert oder gar dessen Rücktritt fordert. „Auch ein verstecktes Gemetzel wie bei Schröder und Lafontaine wäre bei uns nicht denkbar", verriet einmal der Niedersachse Wulff.

Die Mitglieder stimmen sich auch politisch ab - besonders wenn es um personelle Entscheidungen in der Partei geht. So feierte die Runde offenbar ihren größten Erfolg, als sie die Kanzlerkandidatur von Angela Merkel 2002 verhinderte. In konspirativen Telefonaten einigte man sich auf Edmund Stoiber, heißt es. Der CSU-Vorsitzende, so das Motiv für das geheime Vorgehen, habe gegen den damaligen Kanzler Gerhard Schröder die besseren Karten. Zudem könnte die Truppe bei einem Wahlerfolg die Amtszeit von Stoiber beruhigt abwarten. Denn die CDU-Männer waren stets davon überzeugt, dass einer aus ihren Reihen irgendwann selbst das Kanzleramt erreicht.

Von diesen Zielen hat sich die Runde vorerst verabschiedet. Angela Merkel hat sie alle überholt. Keiner wollte allerdings in ihr Kabinett eintreten. Allein Franz Josef Jung wurde nach Berlin abgeordnet und gilt dort als eine Art Wachposten für den Männerbund. So beobachtet die Kanzlerin weiterhin misstrauisch das Treiben der Konkurrenten. Zur strategischen Linie der Gruppe gehört vorerst die uneingeschränkte Loyalität zu Merkel. So hat die Kanzlerin derzeit keine Attacken zu erwarten. Sie erhält aber auch keine öffentliche Unterstützung, wenn sie mit einem aus der Gruppe einen Konflikt hat. Nach Oettingers missglückter Trauerrede verhielten sich die Männer so, wie sie es sich 1979 über den Anden geschworen hatten: Sie schwiegen.




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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 21.04.2007 um 06.44

Auf Seite 2 finden sich wieder unter den neuen ss-Wörtern nutzlose bis erschwerende 74 Prozent „dass“ statt „daß“:

Wulff und die Kehrtwende
Damit werde Niedersachsen möglicherweise das erste Bundesland sein, dass einen weit reichenden Nichtraucherschutz umsetze. dpa


Filbingers NSDAP-Antrag ist abgebildet.
„Über Merkel gibt es eine gewisse Verärgerung. Manche sagen, durch ihre öffentliche Kritik sei das Ganze erst hoch gekocht worden“, sagte der Kreisvorsitzende der CDU Esslingen

Ob „Eßlingen“ sich wie „Saßnitz“ vorauseilend „reformiert“ – oder besser „internationalisiert“ – hat, weiß ich nicht; „hochkochen“ steht sogar in den letzten beiden Reform-Duden.

Dagegen soll die neue Trennschreibe hier zwingend „richtig“ sein, obwohl sie suggeriert, die Zeugin des Massakers in Blacksburg habe sich in totem Zustand der Polizei gestellt:

„Ich habe mich tot gestellt

Im Duden 06 wird „sich tot stellen“ sinnigerweise nun neben „tot umfallen“ (in totem Zustand umfallen) eingeordnet.

Das Wort „monatelang“ scheint nicht mehr bekannt zu sein:

Vor allem Niederländer, die daheim oft Monate lang auf einen Termin beim Facharzt warten müssen, freuen sie über die schnelle Behandlung durch deutsche Spezialisten.


Der neue Forsetzungsroman – angenehm in traditioneller Rechtschreibung – wird allerdings durch das neue Trennprogramm verunziert: fins-ter, Wa-larten
Obwohl die Trennung „Wa-larten“ sicher nicht richtig sein soll, atmet sie doch den Geist der neuen „Vol-lendung“.

Da die Ermittlungen über Herkunft und Vermarktung der so genannten transgenen Zierfische noch andauern, hält sich das Ministerium mit Informationen zurück. Nur soviel konnte Dr. Hans-Georg Starck gestern verraten …

Die so-genannten-Afferei will nicht wieder aussterben, obwohl nach Vermutung des reformfreundlichen Professors Kürschner diese seit 200 Jahren unübliche Wortspaltung nur durch ein Versehen in das „Regelwerk“ gekommen sein soll. Dagegen ist das sinnlose ausdrückliche Verbot von „soviel“ erst bei wenigen Schreibern angekommen.

Zwischen Papst und der Loren … Der Papst ist der Einzige, der ein „Käppi“ – einen Pileolus in Weiß tragen darf …

Die Überbetonung des Unwichtigen durch Großschreibung ist ein Kennzeichen der „Reform“, die folgerichtig auch zu falscher Übertreibung verführt:

Der Sonntag fällt traditionell in Kiel aus. Am Besten, man verbringt ihn bei schönem Wetter draußen …

Fehlen darf dann auch nicht:

Er behielt Recht.

Das neue Prinzip „Großschreibung bei Verdacht auf Substantivierung“

Grand Prix für neue Lieder des Nordens … Von Pop über Rock über Hip Hop bis hin zum Shanty oder dem Volkslied ist alles möglich. Einzige Einschränkung: „Die Texte müssen auf Deutsch sein.“

Das
LITERATURRÄTSEL
Wer schrieb was?

soll einen Kinderbuchklassiker von 1948 wiedergeben:

Aber es nützte nichts. Sie hatten keine Löcher, in denen sie sich verstecken konnten, und darum wurden sie zusammen mit Wasser und Schaum aus dem Mund hinausgebürstet. Sie fielen durch das Rohr der Wasserleitung und schwammen bis zu dem großen, tiefen Meer und hier schwimmen sie immer noch und suchen nach einem anderen Zahnloch, in das sie hineinkriechen können.
Die wahrscheinlichen Neuschreibverstümmelungen wurden uns hier erspart.

Die Lösung des letzten Rätsel lautete: Arnon Grünberg, Blauer Montag . Darauf war ich nicht gekommen.

Neben den „Missständen“ „im Übrigen“ fiel noch die Bastard-Wortbildung „Hipheit“ auf:

Der Hipheit dieses Albums tut das keinen Abbruch.

Müßte man nun nicht „Hippheit“ in der „Tippgemeinschaft“ fordern?

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 20.04.2007 um 08.13

Eine erfreuliche Nachricht: Der neue Fortsetzungsroman des jungen Autors Olaf Schmidt erscheint in traditioneller Rechtschreibung. Er wird in einem Interview vorab vorgestellt:

Zuhause spreche ich Fering
IM GESPRÄCH
Mit dem Schriftsteller Olaf Schmidt sprach Rainer Paasch-Beeck

Olaf Schmidt, Autor des Romans Friesenblut, der ab morgen als Fortsetzungsroman in den Kieler Nachrichten und der Segeberger Zeitung erscheint, ist ein echter Föhringer. Er wurde dort 1971 gebo-ren und hat die Insel erst zum Studium verlassen. Nachdem er in Leipzig in Germanistik promoviert hat, lebt er dort mit seiner Frau und seinem zweijährigen Sohn als Literaturredakteur des Stadtmagazins Kreuzer. Der Schauplatz seines im letzten Jahr erschienenen ersten Romans Friesenblut ist Föhr. Darin macht sich ein junger Kunsthistoriker auf die Suche nach einem verschwundenen Gemälde. Wie er dabei mit über 200 Jahren wechselvoller Föhrer Geschichte konfrontiert wird, erzählt Schmidt kunstvoll und spannend zugleich, …

Ihr Held verfängt sich in den Fallstricken der jüngeren Geschichte. Wie haben es die Föhrer aufgenommen, dass Sie auch die NS-Zeit zum Thema Ihres Romans gemacht haben?

„ Ich glaube positiv. Bei einer Lesung in Utersum, meinem Heimatdorf, waren die Reaktionen schon so, dass gesagt wurde, es sei heftig, was da im Roman erzählt werde. Aber gleichzeitig hieß es auch, dass es ja schließlich stimme. Die Menschen dort gehen sehr offen mit dieser Zeit um. Auch hier haben Wissenschaftler und Heimatforscher schon so viel ans Tageslicht befördert, dass mein Buch in dieser Hinsicht keinen Tabubruch darstellt.“

Die Initialzündung für die Handlung ist ein wiederaufgetauchtes Bild des Föhringer Malers Oluf Braren. Wie sind Sie auf den gekommen?

„Zugegeben, außerhalb Norddeutschlands kennt wohl kaum jemand Braren. Aber in seiner Heimat ist er bekannt. Für mich war er eine ideale Vorlage für eine fiktionalisierte Biographie. Die Lücken musste ich nur noch durch mein Erzählen auffüllen.“

Also doch ein „Heimatroman"?

„Ach, was heißt das schon. Jeder anständige deutsche Roman spielt doch in der Provinz. Nicht zuletzt ein Buch wie Uwe Johnsons Jahrestage hat mich zu meinem Projekt ermutigt.“

Olaf Schmidt: Friesenblut. Roman. Eichborn Verlag, 270 Seiten, 19,90 €


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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 18.04.2007 um 12.36

Seite 2 der KN: 14 neue „ss“. 80 Prozent davon sind „dass“, deren ss nichts erleichtern.

Sonstige „Erleichterungen“: keine!

Dennoch blufft der Schreibratsvorsitzende:

Zehetmair sagte, zwar könne man noch nicht sagen, ob die Fehler in den Schulen weniger geworden seien. Ihm komme es jedoch darauf an, "dass die Sprache ihre Sinnhaftigkeit wieder erhält."( ddp Nadine Emmerich, 31.12.2006)

Zur Schande für die deutsche Demokratie muß festgestellt werden, daß nicht der Volksentscheid vom 27.9.98 – den Zehetmair gerne verhindert hätte – sondern die Springer AG bewirkt hat, daß in der Zeitung nun zu lesen ist, Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger habe gesagt:

„Es war nie meine Absicht, die Verfolgten und die Opfer zu verletzen. Sollte das geschehen sein, tut es mir leid. Und dafür entschuldige ich mich auch."

Filbinger und Oettinger sind beide für ihre Karriere zu Mitläufern geworden, der eine bei den Nazis, der andere bei der „Rechtschreibreform“, trotz anfänglichen Zauderns.

Zehn Jahre lang wurden den Schülern Schreibweisen wie „die Nazi-Verfolgten tun mir Leid“ eingebleut. Auf eine Entschuldigung, wie von Antje Vollmer (B90/Grüne) gefordert, wird man hier jedoch vergebens warten: „Was jetzt fällig ist, ist eine Entschuldigung bei den Kindern dafür, dass sie das Falsche lernen mussten.“ (Reichenhaller Tagblatt 24.09.2004)

Realschule ausgezeichnet
Als erste Schule in Schleswig-Holstein hat die Struensee Realschule Satrup jetzt das Zertifikat „Gesunde Schule" erhalten. Seit vielen Jahren bietet die Schule Projekte und Netzwerkarbeiten rund um das Thema Gesundheit an. „Gesundes Schulfrühstück", „die Schulcafeteria in Zusammenarbeit mit einem Elternverein", „Gesundheitsförderung im schulischen Alltag" „Gewaltprävention in Schulen", „Gläserne Schule: Suchtprävention", „Demokratie lernen und leben" und weitere Angebote hat die Struensee Realschule entwickelt. …


Wie in Schleswig-Holstein von den führenden Parteien die Demokratie „gelebt“ wird, sollte anhand der Behinderung und schließlichen Annullierung des Volksentscheids gegen die „Rechtschreibreform“ an jeder Schule durchgenommen werden.

Landesschau-Preisträgerin Silke Radenhausen zeigt ihre textilen Kunstwerke im Brunswiker Pavillon.
Das ist in gewisser Weise Malerei“, sagt Silke Radenhausen. Wie Recht sie hat.


Der Duden 06 traut sich nicht mehr zu behaupten, diese Markierung von „recht“ als Substantiv sei richtig. Bei einer Umstellung soll aber doch die Großschreibung erlaubt sein, etwa „sie hat ja Recht“. Das Wörtchen „so“ führt dann einen spontanen Wortartwechsel herbei: „sie hat ja so recht!“ – Welch eine Verkomplizierung gegenüber der bewährten Rechtschreibung, die „recht“ nur als kleinzuschreibendes, verblaßtes Substantiv behandelt!

Manche unsinnige Großschreibungen kommen dagegen sehr schlecht bei den kultivierteren Schreibern der KN an. Zu Richard Strauss’ Sinfonia domestica schreibt Christian Strehk:

Zwar muss man, wie häufig geschehen, die sinfonische Tondichtung nicht gleich als „trivial", „kleingliedrig" oder gar „peinlich" abtun, doch gelingt Fritzsch und den Musikern im Gefecht mit technischen Höchstschwierigkeiten und einer sich immer wieder hochschaukelnden Dynamik auch nicht der glasklare Nachweis des Gegenteils. Sie sind da nicht die ersten.

Die neuen Schreibregeln fordern hier die Großschreibung. Man beachte die Sinnverwirrung mit „den Ersten“ als den Ausgezeichneten u.ä.

Neben grammatisch Falschem findet sich auch die etymologische Sprachbanauserie ums „Rauhe“:

Open Air-Galerie
… Pierre Schumann wurde 1917 in Heide geboren. „Ich bin mit meinen Eltern sehr oft nach Büsum gefahren, da hat es Möven in rauen Mengen gegeben“, erinnert sich der Künstler, der heute in Sagau bei Eutin lebt …


oder

Götz George (68), bekannt als Ruhrpott-Raubein Schimanski …

„Rau ist flau“

Ins Lächerliche gleitet die Reform des Schneuzens ab:

Unterwegs mit Polizisten des 4. Reviers

Plötzlich stürmt aggressiv ein Hüne auf die Beamten los. Die verteidigen sich und sprühen ihm Pfefferspray in
[s] Gesicht, zerren den Angreifer zu Boden und legen ihm Handschellen an. Danach ist ob der beißenden Wirkung des Pfeffersprays kollektives Husten und Schnäuzen angesagt.

Als „Schnäuzen“ hätte ich die Begrüßung durch unsere Dogge (der Hundegott hab sie selig!) bezeichnen können, wenn sie ihre Pfoten auf meine Schultern legte und mir mit ihrer Schnauze einen feuchten Nasenstüber verpaßte.

Zur Vervollständigung der Kulturbanauserie darf auch das umfunktionierte „Quentchen“ nicht fehlen:

Wie uns zahllose (betroffene) Fußballlehrer immer wieder zum Saisonen-de vermitteln wollen, entscheidet im Abstiegskampf „meist allein das Quäntchen Glück“. …

Man zeigt eine leicht erlernbare Bildung in der richtigen Schreibung des Wortes „Quentchen“. Das war den Ideologen der „Reform“ ein Dorn im Auge. Deswegen wurde nicht nur das eigentlich Falsche zugelassen, sondern das Richtige auch regelrecht verboten.

Auch für solche absurden Machenschaften haben die „Volksvertreter“ des Kieler Landtags die Hand gehoben – gegen den Willen des Volkes …

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 17.04.2007 um 07.27

Unter dem Titel „Begnadeter Sonderling“ wird des 175. Geburtstages von Wilhelm Busch gedacht.

Den Ruhm, den ihm Max und Moritz & Co. schon zu Lebzeiten einbrachte, konnte er anscheinend nicht genießen. Busch plagten Zeit seines Lebens Selbstzweifel. Vielleicht liegt darin sein präziser Blick für menschliche Schwächen mitbegründet. Als einen „selbstquälerischen, grundgescheiten, mitleidenden Sadisten" hat der Historiker Golo Mann den Künstler bezeichnet. Seine vermutlich einzige große Liebe zur Bankiersfrau Johanna Keßler blieb unerfüllt.

Andere weibliche Annäherungen wies er grob zurück. Vor Jahren wurde mir ein Brief im Privatbesitz gezeigt, den er einer jungen Dame, Vorfahrin eines hiesigen Musikprofessors, geschrieben hatte: „Wer ist sie überhaupt? Sieht sie vielleicht so aus?“ und es folgte eine Skizze in der Art der frommen Helene. Natürlich schrieb er in der älteren deutschen Traditionsschreibung, die durch Hitler 1941 und die ihm folgenden Reformer 1998 so verändert wurde, daß die indoktrinierte Jugend sie kaum noch entziffern kann und zudem den Namen „Keßler“ mit einem falschen langen „e“ liest.

Auf jeden Fall hat er auch die Anrede „Du“ groß geschrieben, eine gute Sitte, die unsere dummdreisten Kultusminister zehn Jahre lang an den Schulen haben zerstören lassen. Zu einer vollständigen Rücknahme dieser Vorschrift haben sie sich dennoch nicht bereitgefunden. Jedoch redet man die Jugend nun auf der Kinderseite der KN zwanzigmal in traditionell höflicher Form an und zitiert sogar richtig das „du“ in der Sprechblase in kleinen Buchstaben, eine geistige Leistung, die die Nachrichtenagenturen selten schaffen.

Als „Erleichterung“ bleiben sechs „muss“ und ein „dass“ sowie „selbst gemachte Pfeile“, die die bisherigen 5 Milliarden Reformkosten vollauf rechtfertigen.

Albert Einstein hat noch im Mai 1954 geäußert: „Wilhelm Busch, insbesondere der Schriftsteller Busch, ist einer der größten Meister stilistischer Treffsicherheit. Ich denke - außer vielleicht Lichtenberg hat es keinen Ebenbürtigen in deutscher Sprache gegeben.“

Wieder KN: In Erinnerung indes bleibt Busch nicht als avantgardistischer Künstler, sondern als Erfinder der frechen Lausbuben Max und Moritz. Seine Aphorismen gingen wie Luther- oder Goethe-Zitate in die deutsche Sprache ein.

An der Bild- und Sprachkraft dieses Dichters bedienen sich ungeniert seit langem auch Kleinkünstler aller Art – zum Beispiel Hans Flachs, dessen Parodie „Augst und Zabel“, anonym verbreitet, anscheinend schon eine gewisse Volkstümlichkeit erlangt hat:

http://home.ivx.de/t600348/gedichte.htm

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 12.04.2007 um 08.58

Das Literaturrätsel gibt mir Rätsel auf. Ich tippe auf: Leon de Winter „De (ver)wording van de jongere Dürer" von 1978, ein Erstlingsroman, der 1986 zunächst unter dem Titel „Die (ver)Bildung des jüngeren Dürer“, dann aber unter „Nur weg hier! Die Abenteuer eines neuen Taugenichts“ erschienen ist.

LITERATURRÄTSEL
Wer schrieb was?
„... doch sie fauchte: „All meine Mühe umsonst!" und rief mir noch nach: „Was ich alles für dich getan habe, mein Junge! Herrgott, wenn du das wüss-test!" Ich hatte ihr sagen wollen, dass sie eigentlich sehr zufrieden mit mir sein konnte, denn schließlich hatte ich ihre Wohltätigkeit überlebt, die Horde der Psychologen und all der anderen Leute, und das ist so ungefähr das Schwierigste, was man überleben kann. Aber dann sagte ich es doch nicht. Ich hatte nicht den Eindruck, dass es noch einen Sinn machte.“

So recht weiß der junge Mann, der nichts mehr von den Holocaust-Geschichten seiner Eltern hören will, nicht, was er mit sich anfangen soll. Intelligent, ebenso tatkräftig wie ausgeflippt, taumelt er durch das, was nicht einmal er selbst ein Leben nennt. Das ist immer anderswo. Der jugendliche Taugenichts und Rebell ohne Ziel trägt in diesem Erstlingsroman des damals gerade 23-jährigen Autors den gleichen Namen wie dieser. Auch die Lebensläufe der beiden berühren sich. Doch der Autor hat sich mit Theaterstücken, journalistischen Arbeiten und einer ganzen Reihe von Romanen aus dem Sumpf, in dem er einst steckte, herausgezogen und ist mittlerweile einer der profiliertesten jüngeren Vertreter der niederländischen Literatur.


Die kryptische Andeutung des Autorennamens erschließt sich mir nicht, denn im Original heißt die Hauptfigur „Herman Dürer“. 1997 wird der Aufbau-Verlag noch die unreformierte Fassung verbreitet haben. Wann die nichtnutzige neue ss-Verferkelung vorgenommen wurde, konnte ich noch nicht herausfinden.

Einem verhilft dieser Kulturbanausenstreich sicher nicht: den Schülern.

Diese KN-Ausgabe enthält auf den ersten vier Seiten rd. 40 neue „ss“. Diesmal sind sogar 80 Prozent davon neue „dass“, die um nichts leichter zu treffen sind als die traditionellen „daß“, dafür aber noch leichter verwechselt werden.

Gerade berichtete die Schulbuchverlegerin Karin Pfeiffer-Stolz auf den Seiten der Forschungsgruppe Deutsche Sprache, von Briefen einer ganzen Schulklasse – unter Aufsicht des Deutschlehrers – an einen Schriftsteller, in denen es von dass/das-Fehlern wimmelte. Wie peinlich!

In der Zeitung werden auch Lesefallen sichtbar: „Hoeneß“, „Haßstraße“, „Anschlussstellen“ „Multifunktionss-canner“

Natürlich grassiert auch die (teilweise wieder verbotene) Trennschreiberei: so genannt, schwer fällt, zufrieden geben, sicher gehen, zwei Mal, zufrieden stellend, offen stehen, aneinander geschnittene Momentaufnahmen, … und mehr Banauserien wie vom rauen, derben Sound, nummerierte, -Jährige oder im Roman – sonst vergleichsweise vorsichtig in der Anwendung neuer Schreibungen – Heute Nacht werde ich die Sache hinter mich bringen … Olga fasste sich als Erste.

Wie unheilvoll das Wirken politischer und wirtschaftsnaher Kulturapparatschiks auch in anderen Bereichen ist, kann man an den Protesten von Künstlern gegen die Betriebsamkeit des Kienbaum-Instituts in Kiel sehen:

Nichts begriffen
Zu: Kienbaum geistert durch die Kultur
Wie in einem schlechten Film kam ich mir vor beim Lesen von Maren Kruses Text. Was Andere mit Heuschrecken und hedgefonds bezeichnen, können wir im Kulturbereich von nun an getrost „Kienbaum" nennen….
Prof. Bernhard Schwichtenberg, Kiel

Als Kiels ehemaliger Kulturdezernent, Dr. Heinz Rethage, zu Zeiten seines Amtsantritts von dem einzigen Gedanken beseelt war, im Zuge der (selbst) angesagten Synergieeffekte Einsparungen vorzunehmen, da hatte er in seiner sich selbst attestierten kulturellen Ahnungslosigkeit für eine Weile die tolle Idee, alle städtischen Ausstellungshäuser und Galerien am besten doch in ein einziges Gebäude zu stecken. … Sehr bald hatte er dann selbst (immerhin nach Berücksichtigung fachlicher Argumente) von dieser absurden Idee Abstand genommen - und - wenig später auch Kiel von ihm. Auf eine ähnlich einsichtige Lösung zur rechten Zeit kann man vor dem Hintergrund der Kienbaum-Schildbürger-Überlegungen nur hoffen.
Ulrich Behl, Kiel


Da liegt liegt der Gedanke an die „Rechtschreibreform – ein Schildbürgerstreich“ nahe.

Auch in der Nachbarstadt Eckernförde erkennt man den Wert des historischen Stadtbildes und leidet an den Verstümmelungen, die aus Dummheit und Bequemlichkeit zugelassen wurden.

Schönheit und Sünde in der Kieler Straße

… Sieht man einmal vom zumeist geschäftlich genutzten Erdgeschoss ab, verfügt die Kieler Straße über einige architektonische Juwele. Dazu zählen eindeutig das Jacobsenhaus von 1898 im wilhelminischen Baustil an der Ecke zum Rathausmarkt, das ehemalige Kaufhaus Witt im reinsten Jugendstil (leider zum Rathausmarkt hin verschandelt) und das Behrendt-Haus Nr. 25, die frühere Stadtschule. Eine weitere Attraktion ist die „Ritterburg" von 1537 mit ihren aufgesetzten geschwungenen Renaissancegiebeln (Nr. 48, heute „Ihr Platz"), ehemals herrschaftlicher Adelssitz derer von Rantzau. Auch andere Häuser sind Dokumente ihrer Zeit und werden von ihren Eigentümern mit viel Mühe erhalten. …

Schräg gegenüber auf der anderen Seite steht ein Beispiel, wie eine Fassade nicht aussehen dürfte. Das Eckhaus Kieler Straße/Gänsemarkt ist neben der Nr.15 ein typisches Beispiel dafür, wie man in den siebziger Jahren Fassaden „zeitgemäß modernisierte". Modern hieß glattflächig und ohne Schnörkel. Deshalb verblendete man kunstvoll gestaltete Fassaden mit Kunststoffplatten auf Holzlattenkonstruktionen und ersparte sich damit aufwändige Reparaturen am Mauerwerk. Die Fassaden galten als praktisch und zeitlos, verloren damit aber jeglichen Charakter…


... wie die klassische Literatur in „neuer“ Rechtschreibung. Wann sich bei den Kultusministern wohl die Einsicht durchsetzen wird, daß die „Rechtschreibreform“ der neunziger Jahre eine ganz ähnliche Kulturbanauserei ist?

Noch aber leben und wirken sie, die Dichter, die man der umerzogenen Jugend entfremden will:

Vom Vers zur Schwalbe
Machen Spaß: Gedichte und Kurzprosa von Hans-Jürgen Heise
Von Rainer Paasch-Beeck
… Heise legt nun, nach dem Zyklopenauge der Vernunft (2005) und der großen Gedichtsammlung von 2002 erneut eine umfangreiche Sammlung von Texten vor.

Wer jedoch glaubt, dass die kurzen „Öko-Gedichte" mit Titeln wie Maroder Fluß oder Nachgebessertes Biotop Zugeständnisse an den jüngsten Zeitgeist sind, sieht sich getäuscht: Die ersten Entwürfe stammen schon aus den 60er und 70er Jahren und gehören damit in eine Zeit, als Heise seinen Ruf als innovativer Poet begründete. Dazu gehört der weitgehende Verzicht auf den Reim, was ihn in den Augen mancher Traditionalisten wohl verdächtig erscheinen lässt.

Zu ihrer Beruhigung sei auf einen schönen Reim auf den Wiener Schmäh und einen kurzen, aber letztlich vergeblichen Ausflug in die Anarchie verwiesen: „So viele Jahre / trug ich einen Parker / Und war doch niemals / ein Autarker." Alt-68er heißt dieses kleine Gedicht von 1996 und steht stellvertretend für viele solcher Wortspiele, die in dem großen und tiefstapelnden Kapitel Eine Handvoll Lustigkeit zu den Glanzlichtern dieses Buches gehören.


Am Schluss des Buches hat der Kieler Kulturpreisträger Hans-Jürgen Heise unter der Überschrift Juvenilia ein paar kurze Prosatexte versammelt, die einen späten Einblick in die frühe Phase seines Schreibens erlauben. Im melancholischen Schluss-text geht es um den zu spät erfüllten Wunsch des kleinen Jörg. Nicht nur damals muss-te er lernen, dass man im Leben fast alles zu spät bekommt. Die frische Gedichtbrise des Lyrikkobolds Heise kommt deshalb genau zur richtigen Zeit.

Hans-Jürgen Heise: Ein Kobold von Komet. Gedichte und Kurzprosa, Wallstein Verlag, 292 Seiten, 24 €

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 11.04.2007 um 11.04

Auf der Titelseite ein Bild von Giotto und ein reformierter Evangelientext nach Johannes:

Als sie das gesagt hatte, wandte sie sich um und sah Jesus dastehen, wusste aber nicht, dass es Jesus war. Jesus sagte zu ihr: Frau, warum weinst Du? Wenn suchst Du? Sie meinte, es sei der Gärtner, und sagte zu ihm: Herr, wenn du ihn weggebracht hast, sag mit, wohin du ihn gelegt hast.

Der einzige nennenswerte Widerstand der Nachrichtenagenturen gegen die „Rechtschreibreform“ war die Verweigerung der Du-Kleinschreibung. In Verkennung des Sinns dieses Brauchs wurde das große Du aber für alle Fälle empfohlen. Nach den letzten Korrekturbeschlüssen ist nun anscheinend die Konfusion vollständig.

Prominente Osterspaziergänge

Gemeint sind wohl die „Osterspaziergänge Prominenter“, mit nichtsnutzigen Spaltschreibungen, einmal vom Duden empfohlen, dann wieder nicht …

Vor allem die abwechslungsreiche Landschaft und die Begenung mit Fauna und Flora in dem lang gestreckten Tal machen für Stegner den Reiz des Eidertalwanderweges aus… Am Scheitelpunkt des Rundkurses schreitet der SPD-Politiker dann über die so genannte blaue Bücke bei Techelsdorf …

… oder in anderen Politiktexten – unsinnigerweise vom Duden empfohlen und das zweite neuerdings wieder verboten …


[Kurt Beck] … Der Aussöhnungsprozess müsse Widerstandskräften offen stehen, die nicht dem harten Kern der Taliban angehörten, … Afghanistans Außenminister Dadfar Spanta warf Beck Ahnungslosigkeit vor. Wenn westliche Politiker von modernen Taliban wüssten, sollten sie „Adresse und Kontaktpersonen“ nennen, damit sich die Regierung in Kabul mit ihnen auseinander setzen könne.

Welcher arme Schüler kann sich beim Lesen solcher Zeitungstexte noch Sicherheit im Schreiben aneignen?

Schmiergelder bleiben Thema Nummer eins
Unterdessen wächst nach einem Bericht des „Spiegel“ der Druck auf Siemens-Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer.


Eins hat er immerhin scharfsichtig erkannt:
Qualitätsprobleme sieht von Pierer in Deutschland immer noch bei den Kindertagesstätten und Schulen. „Das sind Themen, über die eine Kultusministerkonferenz nächtelang diskutieren müsste“, so von Pierer, „nicht über eine völlig überflüssige Rechtschreibreform.“ … (lt Hamburger Abendblatt v. 15.11.06)

Spenden an politische Parteien gelten bekanntlich vor dem Gesetz nicht als Schmiergelder. So zählt z.B. „der Bertelsmann-Konzern zu unseren großen Gönnern“, wie der Vertreter einer Partei sagte, die im Kieler Landtag zugunsten des Konzerns für die Annullierung des Volksentscheids gegen die „Rechtschreibreform“ gestimmt hat.

Da die Werte der Jugend nicht nur in der Schule umgewertet werden dürfen, sieht es für die deutsche Kultur ganz schön finster aus:

Lukrativ provokativ
HipHopper sido bediente im MAX die geballte Erwartungshaltung der Fans
… Auf der anderen Seite prasseln die „explicit lyrics“ mit der Fäkalienkeule auf die eingeschworenen HipHop-Jünger ein, gerät der mittlerweil indizierte „Arschficksong“ zum Höhepunkt einer teilweise makabren Show.


Bob Dylan ist leider nur noch lebendes Denkmal:

Wer jetzt unheilbar an Dylan-Gutfinderitis erkrankt ist, kann in der gut gefüllten, aber auf halbe Kapazität runtergefahren Color Line Arena wenigstens übersprung-sartig der Verzückung verheißenden Tatsache anheim fallen, dass seine seine musikpoetische Durchlaucht nach Jahren des rücken- und fingerwehen Verzichts wieder zur Gitarre greift.

Jüngere Autoren werden einfach zwangsreformiert, zumindest die Berichte über sie, Jan Dress zum Beispiel:

Einchecken im „Hotel Yorba“
„Ich habe einen prall gefüllten Karteikasten mit lauter voll geschriebenen Karten“, lacht der Wuppertaler, „ich muss jetzt eigentlich noch noch schreiben.“ … Hotel Yorba klingt beim Einche-cken schon mal ganz viel versprechend


Selten kommen die mitteleuropäisch-reformierten Schreibleistungen der jungen Generation in der Zeitung zum Vorschein, z.B. in den Bekanntschaftsanzeigen:

Zwei süsse M., Mitte 20, suchen Treffs mit einsamen Frauen u. Girls …

Bei der Berufswahl kennen selbst Fachleute oft nicht die neuen Berufsbezeichnungen:

Facility Manager arbeiten auf mehreren Ebenen, die sich nach der Ausbildung richten. Für die oberste Führung sollte ein Hochschulabschluss vorliegen.

Früher hieß das Hausverwalter und Hausmeister.

Aber selbst Gott muß eine Änderung der Berufsbezeichnung hinnehmen:

Kirchenmusik für den großen „Boss“

Nur tief im Landesinneren gibt es noch Widerstandsnester gegen die neue „Kultur“:

Neuwittenbek – Das kleine Pappschild ist bezeichnend: „Kaffee zum Mitnehmen.“ Konsequent widersetzt sich das Personal vom Neuwittenbeker Höker dem Zeitgeist. Während der schwarze Wachmacher anderswo als „Coffee to go“ angepriesen wird, kommt für Maret Bruhn außer Hochdeutsch höchstens Platt in Frage.

… und ein Monteur aus Kiel meint: „Dieser Laden ist ein richtiges Kleinod.“ Das finden die Neuwittenbeker auch.

– geändert durch Sigmar Salzburg am 11.04.2007, 20.01 –
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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 11.04.2007 um 08.12

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Christoph Kukulies
Akkorde in der Schreibweise bereiten mir keinerlei Problem. Oder übersehe ich den Witz? ...

Lieber Herr Kukulies,
natürlich bereitet die Schreibgewohnheit keine Schwierigkeiten. Gemeint war aber, daß die „Eindeutschung“ des c, die nach langer Tradition (z.B. Schillers „Don Karlos“) in der Einheitsschreibung von 1902 für verbindlich erklärt wurde, aus heutiger Sicht nicht sinnvoll war. Beispielweise muß man für die Internetsuche immer zusätzlich die deutsche Schreibweise eines international bekannten Begriffes eingeben. Die „Rechtschreibreform" übertreibt dies jetzt mit nie gekannten Germanisierungen wie „Polyfonie“, sogar mit Duden-Empfehlung, oder Konfusion des k-Ersetzungsprinzips in „Stuckateur/Stuckator“.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Christoph Kukulies am 10.04.2007 um 15.17

Zitat:
Der Dirigent Fritzsch übt mit dem Landesjugendorchester die Planeten-Suite von Gustav Holst:
Die krachenden Tutti-Akkorde der Coda will er „super-secco“, sprich „abgerissen, ohne Nachhall“. „Der Klang muss gerade stehen und dann sofort weg sein“, was von den Musikern einige Kondition verlangt. Gebt am Anfang bissl weniger, damit ihr durchhaltet“, empfiehlt Fritzsch.

Lieber Herr Salzburg,

Akkorde in der Schreibweise bereiten mir keinerlei Problem. Oder übersehe ich den Witz? Ach ja, hier würde ich sagen, daß die Getrenntschreibung angebracht ist. Der Klang muß gerade (eben) stehen und dann weg sein. Aber, Sie haben recht, das Verbot der Zusammenschreibung nimmt uns diese Differenzierungsmöglichkeit.


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Christoph Kukulies


eingetragen von Sigmar Salzburg am 10.04.2007 um 08.51

Grüne klagen gegen Fünf-Prozent-Klausel

Partei sieht die Chancengleichheit auf kommunaler Ebene verletzt

Kiel - Die Grünen haben beim Bundesverfassungsgericht Klage gegen die Fünf-Prozent-Hürde im schleswig-holsteinischen Kommunalwahlgesetz eingereicht. Landesvorsitzende Marlies Fritzen sagte dazu gestern, die Klausel verletze die Chancengleichheit. „Sie ist verfassungsrechtlich nur zulässig, wenn dies zur Funktionsfähigkeit der Volksvertretung zwingend nötig ist." Das sei auf der kommunalen Ebene nicht der Fall, erklärte Fritzen. Vielmehr würden gerade dort neue politische Ideen und Initiativen geboren. Die Fünf-Prozent-Klausel verhindere aber oft, dass solche Ideen in den Kommunalparlamenten vertreten und kleine Parteien gewählt werden könnten. Das schadet nach Ansicht der Grünen der Demokratie.

Anlass für die Klage war die Ablehnung eines entsprechenden Antrags durch die Mehrheit aus CDU und SPD im Dezember 2006 im Landtag. Aus den damals von der großen Koalition vorgetragenen Argumenten habe teils „unverhohlen die Arroganz der Macht" gesprochen, beklagte Fraktionschef Karl-Martin Hentschel. Auch hätten Christdemokraten und Sozialdemokraten nicht einmal den Versuch gemacht, eine mögliche Beeinträchtigung der Arbeit in den Kommunalparlamenten durch den Wegfall der Fünf-Prozent-Hürde nachzuweisen. So sei die Behauptung weit hergeholt, die Klausel schütze vor Extremisten. Sie spielten in der Regel dort eine Rolle, wo es ihnen gelinge, populäre Persönlichkeiten als Kandidaten aufzustellen. Aber dann kämen sie meist ohnehin auf mehr als fünf Prozent der Stimmen wandte Hentschel ein. Im Übrigen sei es kein Zeichen für eine selbstbewusste Demokratie, wenn sie versuche durch Verletzung des Prinzips der Chancengleichheit das Problem des Extremismus zu lösen. Die Grünen machen auch geltend, dass die Fünf Prozent-Klausel für Kommunalparlamente nur noch in drei der 13 Flächenländer so wie den drei Stadtstaaten existiert. uix


Wir erinnern uns, daß die „basisdemokratischen“ Grünen kaum Hemmungen zeigten, diese „Arroganz der Macht“ auszuleben, als sie am 17. September 1999 geschlossen mit den übrigen 70 „Volksvertretern“ die Entscheidung des Volkes, das heißt einer 71-Prozent-Mehrheit von 1114311 schleswig-holsteinischen Wählerinnen und Wählern, annullierten, die zuvor die „Rechtschreibreform“ der Regierung abgelehnt hatten. Der Versuch einer Klage dagegen beim Bundesverfassungsgericht scheiterte, weil dieser Weg den Bürgern geschickt versperrt worden war.

Der Wahlfälschung vorausgegangen waren Wissenschaftsfälschungen („Noch nie war eine Neuregelung der heutigen Rechtschreibung wissenschaftlich so gut vorbereitet wie heute.“ – W. Mentrup in: Die Rechtschreibung des Deutschen und ihre Neuregelung, 1985), die die Bürger auf die neuen Glaubensinhalte einstimmen sollten – Methoden, wie man sie sonst nur von übereifrigen Glaubensvertretern früherer Jahrhunderte kennt:

Knochen von Jeanne d’Arc gehören zu ägyptischer Mumie
Die schwarze Sub-stanz um die Rippe und das Holz entsprach einem in Ägypten verwendeten Balsamierungs-Mittel. Das Leinentuch wies zudem typische Wickelspuren von Mumien auf. Zudem fand sich eine große Menge Kiefern-Pollen, die es laut „Nature“ in der Normandie zur Zeit von Jeanne d’Arc nicht gab, die aber bei der Einbalsamierung in Ägypten benutzt wurde. Die aus dem lothringischen Dorf Domrémy stammende Bauerntochter Jeanne d’Arc hatte im Mai 1429 als 17-Jährige an der Spitze französischer Truppen gestanden, die Orléans von englischer Besatzung befreiten. Ein Jahr später wurde sie von Verbündeten der Engländer gefangen genommen. Sie wurde 1456 posthum rehabilitiert, 1909 selig und 1920 heilig gesprochen.


Angenehm fällt die Vermeidung der Reformtrennung „Subs-tanz“ auf. Sonst erkennen wir: Bindestrichfimmel, falsche Teilsubstantivierung („Jährige“) und Rücknahme von Wortbildungen. Den häufigen Fehler „seelig“ haben die „Reformer“ wider erwarten nicht „heiliggesprochen“ und die alte Humanistenetymologie von „postum“, das nichts mit „Humus“ zu tun hat, nicht richtiggestellt.

Im ersten Artikel dominiert die nichtsnutzige dass-Schreibweise. Schon im SPIEGEL 48/1994 (28.11.1994) wurde sie als das Merkmal der „Reform“ hervorgehoben:
Die Ortografie-Reformer triumfieren ein bischen - ihr Sieg ist klein: Scheiße bleibt, aus Stuß wird Stuss.“

Die Zeitungen und Nachrichtenagenturen arbeiten nicht nur mit dem Stusssystem daran, der Bevölkerung das Empfinden für das Gute und Richtige abzuerziehen, etwa hier:

Energieversorger müssen Maß halten

Früher hätte man eher an ein Maß Bier gedacht, ab 1996 dann war die Wortbildung „maßhalten“ überhaupt verboten, seit 1999 von Frau Erdsiek-Rave auch an Schleswig-Holsteins Schulen – 2006 wird sie vom Duden wieder empfohlen.

Bei der Durchsetzung war man allerdings nicht ganz so brutal wie in Frankreich:

Vorschüler bekamen nur Wasser und Brot
Melun – Raue Sitten in einer Vorschule bei Paris.


Die H-losigkeit des „Rauhen“ zählt zu den „Essentials“ der Banausenreform, wird aber von der FAZ dennoch nicht anerkannt.

Tony Kolb … Der 31-Jährige Vollblutsegler ….“Wenn alles gut geht“, sagt der Vater, „ kann auf dem Wasser ohnehin nichts mehr schief gehen.“

Wenn Jesus auf dem Wasser „gut geht“ heißt das, daß der Versuch „gutgeht“, oder andernfalls „schiefgeht“. Diese Wortbildung ist seit 2006 wieder zugelassen, ohne daß die ursprüngliche Differenzierung wieder eingeführt wird.

Über Ostern kam noch mehr…

Aufsehen erregendes über Jesus … ans Licht.
Die Aufsehen erregende Dokumentation „Das Jesus-Grab“ (Karfreitag, ProSieben, 17.25)

Die hölzerne Reformdummschreibung ist noch nicht wieder auf ein gesundes Maß geschrumpft.

Auch hier ist fraglich, ob die Schreibung mit dem gemeinten Sprachsinn übereinstimmt:

Musik hat eine Völker verbindende Kraft

Friedrichskoog - Mit einer neuen Mitmach-Attraktion für Kinder hat die Seehundstation Friedrichskoog ihr Angebot erweitert. In einem.so genannten Sinnestunnel können die kleinen, aber auch größere Besucher die dunklen Nordsee-Tiefen wie ein Seehund erkunden: Sie ertasten mit den Händen was Seehunde mit Baarthaaren wahrnehmen. Ino

Die genauere Bezeichnung der Vokallänge (wie früher auch „Heerd“) ist bis zur nächsten Reformstufe verschoben worden. Ebenso wurde keinem geholfen, der in „flachsten“ Worten „flachste“:

Gemeinsam zog man nach Köln, spielte viele Jahre zusammen in verschiedenen Bands, „bis nur noch wir beide übrig bliebenflachste Mick.

Der Dirigent Fritzsch übt mit dem Landesjugendorchester die Planeten-Suite von Gustav Holst:
Die krachenden Tutti-Akkorde der Coda will er „super-secco“, sprich „abgerissen, ohne Nachhall“. „Der Klang muss gerade stehen und dann sofort weg sein“, was von den Musikern einige Kondition verlangt. Gebt am Anfang bissl weniger, damit ihr durchhaltet“, empfiehlt Fritzsch.

Neben der alten Sünde der c/k/z-Reform zeigt die neue Spaltschreibung hier wieder ihre Neigung zur Sinnverwirrung: Muß der Klang „geradestehen“ oder „gerade (eben) stehen“?

Ein Witz ist eher die reformgerechte Automaten-Trennung im aktuellen Sparta-Moden-Kino
Film gewordene Mucki-Bude
„300“
Besser ist nie ein SS-Mann gestorben als diese zähneb-leckenden Spartaner.


Mich können die Reformpolitiker, die all diesen Unfug herbeigeführt haben, sonstwo lecken.


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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 05.04.2007 um 09.33

Reformierte Zeitungen nehme ich nur geschenkt. Von den Kieler Nachrichten ist jetzt – wohl urlaubsbedingt – der Stapel einer ganzen Woche auf meinem Tisch gelandet. Ich werde mich nur auf Stichproben beschränken.

KN v. 04.04.07

LITERATURRÄTSEL
Wer schrieb was?

„Großvater Josef beugte sich soweit vor, dass er beinahe mit der Nase auf die Goldene Eintrittskarte stieß. Die anderen beobachteten ihn gespannt und warteten auf sein Urteil. Dann hob Großvater Josef langsam den Kopf, schaute Charlie an, und ein strahlendes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Seine Wangen röteten sich, seine Augen wurden riesengroß und blitzten vor Freude und Aufregung. Der alte Mann holte tief Luft, und plötzlich, ohne jede Warnung, schien etwas in ihm zu explodieren. Er warf die Arme in die Luft und schrie: „Huuuuuuuu-urrrrrrrraaaaaaaaaaaaaaaa!"“

Mit diesem Schrei beginnt die Wende im Leben eines netten, aber völlig verarmten Jungen. Denn die zufällig erstandene Goldene Eintrittskarte ermöglicht ihm und vier weiteren (aber nicht so artigen) Kindern, einen Blick ins Schlaraffenland der Süßigkeiten; eine gigantische Anlage, die essbare Kopfkissen aus Zuckerwatte, ableckbare Tapeten für Kinderzimmer, Wasserfälle aus flüssiger Schokolade und andere wunderbare Waren produziert. Eine liebevoll-groteske Kindergeschichte, 1964 geschrieben von einem, der auch den Erwachsenen seinen besonderen Humor nicht vorenthielt - und seit seiner (zweiten) Verfilmung im Jahr 2005 erfolgreicher als je zuvor.


Die Lösung ist: Roald Dahl „Charly und die Schokoladenfabrik“ (Charlie and the Chocolate Factory)

Da der Kinderklassiker schon 1964 erschien – wenig später auch auf deutsch – schmerzt es besonders, daß hier wieder eine konvertierte neue Fassung zitiert wurde.

Die „neuen“ ss/ß legen sich allgegenwärtig wie Pestizide auch auf die ältere Literatur und öffnen sie für die Durchdringung mit dem übrigen Reformunfug. Dies gegen alle Vernunft und Mahnungen der Einsichtigen betrieben zu haben ist die größte Fehlleistung der beteiligten Kultusminister. Hier beschreibt nur ein religiöses Bild den Sachverhalt einigermaßen zutreffend:

Die Kultusminister wurden vom Teufel geritten – voran die fromme Riege Schavan, Wolff, Erdsiek-Rave, Zehtmair...

Einer der frühen Förderer der „Rechtschreibreform“ macht in diesem Sinne auch weiter:

Zu Schäubles „Sicherheitspakt“
Abenteuerlicher Vorstoß
Zum Glück hat das Verfassungsgericht schon mehrfach Versuche abgeblockt, Bürgerrechte auszuhöhlen. Offenbar können aber selbst massive Einwände Schäubles Übereifer nicht bremsen… Denn Schäuble will nicht einfach ein paar Gesetze verschärfen. seinem Entwurf fehlt jedes Augenmaß, er greift tief in die Privatsphäre ein und schwächt die Fundamente des Rechtsstaates. Dieser Preis ist viel zu hoch.
(Frank Lindscheid)

Es geht hier um die Ausspähung von Privat-Computern durch den Staat…. Die Enteignung der Kinder zur mißbräuchlichen Durchsetzung einer „Rechtschreibreform“ dagegen ist vom Verfassungsgericht gebilligt worden – eine klare moralische Linie besteht dort offensichtlich nicht.

Zwei Namen fielen im Zusammenhang mit den Rekordfahrten auf der Schiene auf:

S. 3 … die Rekordfahrt vom Elsass aus … im nächsten Jahr auch an China und Russland.

Wer hat den Staat ermächtigt, die Eigennamen beliebiger Landschaften zu reformieren?

… in einem trocken gelegten Fleet… : Die Spaltschreibung ist immer noch falsch. Ob sie irgendwann seit 1996 einmal richtig war, ist kaum feststellbar und erschwert die schulische Korrektur und Fehlerbewertung.

Das folgende Worthack ist zwar noch nicht wieder falsch, aber nicht mehr zu empfehlen:

[Nachtleben, José María Martinez, Leiter der spanischen Abteilung des Sprachenzentrums der Fachhochschule] Um 17.45 Uhr läuft dort ein viel versprechender Film des Argentiniers Eduardo Mignogna.

Alles so schön bunt hier
Schau im Hamburger MKG zeigt rekonstruierte farbige Antikenwelt
Hamburg … Der kriegerische Jüngling ist rot gelockt, die Lippen wirken wie mit dem Lippenstift geschminkt, die Augenbrauen wie nachgezogen. Körper und Mütze sind ockerfarben, und die Arme und Beine werden von einem aufwändig-bunten Rautenmuster in Zickzackoptik bedeckt. … Der Hamburger Baumeister Gottfried Semper veröffentlichte 1834/36 umfangreiche Abhandlungen über die Farbigkeit der Antike und löste damit die sogenannte Polychromie-Debatte aus. …


Es ist kaum glaublich, wie sich die Zeitungen mit einer Rückkehr zum klassischen „sogenannt“ schwertun. Hier ist es die Ausnahme.

Zum albernen „aufwändig“ sind sie sogar freiwillig gekommen, nur von peinlichem Unterwerfungseifer getrieben, auch in

KN v. 02.04.07

Die Kulturscheue von Hof Akkerboom in Kiel-Mettenhof brannte in der Nacht zum Sonnabend bis auf die Grundmauern nieder. … Das 1952 gebaute Gebäude war von 1998 bis 2001 mit Mitteln den Landes aufwändig restauriert und zu einem Ausstellungsgebäude umgebaut worden.

Open Air-Galerie
… München. Dort entstand der Kieler Knabe mit dem jungen Delphin des Bildhauers Josef Wackerle (1880-1959). … Der Junge mit dem wasserspeienden Delphin aber konnte gerettet werden und wurde 1971 dem Kieler Yacht-Club gestiftet.


Es ist nicht unnötig, daran zu erinnern, daß die „Reformer“ bis vor kurzem noch den „Wasser speienden Delfin“ als allein zulässig durchsetzen wollten.

Beim Wort „Grieß“ wird die Erleichterungsideologie ad absurdum geführt. Wer den Plural falsch vermutet, schreibt trotz der wunderbar „einfachen“ ss-Regel falsch:

Drei Scheiben Brot und etwas Gries
„Der Hungerwinter“ (ARD, 21 Uhr) … Der ungewöhnlich harte Winter traf damals ein Land, das am Boden lag. Drei Scheiben brot, eine Tasse Gries, manchmal ein Klecks Butter – daraus bestand die Tagesration in Ost und West.


In KN v. 29.03.07 tritt der seltene Tolpatsch in neuem Gewande auf:

Rowan Atkinson: 1990 begann der britische Komiker in der Rolle des „Mr. Bean“ als professioneller Tollpatsch.

Obwohl diese Reformaktion einen Gipfel an Albernheit und Unwissenschaftlichkeit darstellt, können sich die Bürger kaum gegen diesen Bürokratenschwachsinn wehren – im Stich gelassen von den deutschen Gerichten wegen Geringfügigkeit. Er wird ihnen solange aufgedrängt, bis sie ihn für richtig halten.

Dagegen KN v. 27.03.07

Kleinanzeigenspalten „Fundgrube“:

… Pußta-Grill neuw. ….

Das ist „alte“ Rechtschreibung. Die „neue“ hätte nun „Pussta“ sein müssen – irgendwie lächerlich. So haben die „Reformer“ völlig willkürlich auf die ungarische ß-Umschreibung „sz“ zurückgegriffen und verlangen – wer ahnt es – „Puszta“, also das Richtige, das sie im Fall des ungarischen „Tolpatsch“ dem Volk zwangsweise vorenthalten wollen.


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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 03.04.2007 um 10.14

Das bisherige KN-Forum, das seit dem 14.12.2006 stillgelegt, aber noch lesbar war, ist jetzt gelöscht worden. Immerhin hatte der Rechtschreibstrang seitdem noch fast 35000 Aufrufe zu verzeichnen.

Um so wichtiger ist es, die Beobachtung der Schreibentwicklung anhand der KN weiter fortzuführen.

88 Millionen für Wertheim-Erben
Schlussstrich um das Lenné-Dreieck am Potsdamer Platz.


Es gab deutsche Intellektuelle und Politiker, die dem deutschen Volk die Wiedervereinigung verweigern wollten, weil „wir“ schuld an Krieg, Entrechtungen und Massenmord während des letzten Weltkriegs wären. Mehr oder weniger bewußt wurde diese Haltung auch auf unsere geschriebene Sprache ausgedehnt: Die Deutschen sollten gezwungen werden, sich mit fast jedem Wort sogar von ihrer Jahrhunderte alten geschriebenen Vergangenheit distanzieren, und hierzu war die Dezimierung der „deutschen“ ß das Mittel der Wahl.

Daß die Deutschen dies nicht wollten, hat in der Fernseh-Diskussion bei „Sabine Christiansen“ am 8.8.2004 der Reformer Karl Blüml zugegeben:

„Natürlich wäre es möglich gewesen, auf das ß insgesamt zu verzichten. Dies wäre aber gegen den ausdrücklichen Wunsch einer großen Bevölkerungsmehrheit gewesen, weil sie diesen Buchstaben als typisch deutsches Zeichen betrachten.“

Wunsch der Bevölkerung war aber, die ß-Regel nicht anzutasten. Zur Übertölpelung hat man also dem Volk noch einige „ß“ gelassen, obwohl gerade dies zu einer Fehlervermehrung um bis zu 22 Prozent führt – entgegen den vorgeblichen Zielen der „Reformer“.

Die „neuen“ ss sind der Fuß, den die hausierenden Reformbelästiger in die Tür gestellt haben. Aller übrige Reform-Pipifax würde nie beachtet werden, wenn er nicht mit der Heyse-Regel in den Schreibprogrammen mitgeliefert würde, z.B. in der KN-Ausgabe v. 31.3.07:

… die Krise um die gefangen genommenen 15 britischen Soldaten

Das übliche „gefangennehmen“ als Begriffseinheit soll es nicht mehr geben. Die Spaltung fördert nach bisherigem Verständnis die falsche Bedeutung „in gefangenem Zustand entgegennehmen“. Als Adjektiv ist „gefangengenommen“ gnädig wieder gestattet worden, wird aber vom Duden willkürlich nicht mehr empfohlen.

Will weg vom schlechten Image: Schulleiter Aleksander Dzembritski
… er mag steile Abfahrten und Tiefschnee. Das passt zu jemandem, der sich für das Amt des Schulleiters der Berliner Rütli-Hauptschule beworben hat – übrigens als Einziger.


Diese Großschreibung soll jetzt verpflichtend sein, obwohl sie lächerlich ist: Er hat sich schließlich „als Schulleiter“ und nicht „als Einziger“ beworben, sondern höchstens „als einziger (Lehrer)“

Der Beschwerdeführer bestritt die Sache und entfernte sich, ohne dem Anderen Name und Anschrift zu hinterlassen. afp

Auch hier die Dummenregel „Großschreibung bei Verdacht auf Substantivierung“, obwohl „der andere“ zu sein gerade keine substantielle Eigenschaft ist, sondern immer durch „Mensch“, „Beteiligter“ oder ähnliches ergänzt werden muß.

Die neue Großschreibung ist aber nicht immer Pflicht, wenn auch hier (unsinnige) Duden-Empfehlung:

Haithabu erwacht von neuem
Morgen startet das Wikinger-Museum in die neue Saison – Dorf wird weiter rekonstruiert


Hier ist dagegen die Großschreibung auch „neu“ nicht gestattet:

Der Beate Uhse-Vorstandschef meint: „Der Konsument von morgen will Sex mit Stil und Genuss.

Nach der verqueren Logik der „Reformer“ müßte eigentlich auch „von Morgen“ geschrieben werden, wenn man „heute Morgen“ verlangt.

Aber hier ist die Großschreibung wiederum unausweichlich vorgeschrieben:

Im übrigen wollen die Grünen nun die verwaltungsinterne Bewertung abwarten.

… sicher ein kleiner Sitzungsraum mit dem Türschild „Im Übrigen“.

Ein Elend sind auch die Automatentrennungen nach einem undurchschaubaren System:

Wirtschafts-Staats-ekretär Joachim Wuermeling
Verbote von Hand-ytelefonaten

Irgend jemand schrieb einmal: „Ich könnte die Wände hochgehen, wenn ich ‚aufwändig’ lese!“ „Aufwändig“ ist inzwischen der von niemandem verlangte Standard der selbstherrlichen Journaille.

Eckers technisch extrem aufwändige kleine Meditation über die Zeit verbildlicht das Werden und Vergehen von Natur und Kultur.

Auf der Kinderseite wird wieder das „Du“ bevorzugt verwendet. Wenn es klein geschrieben wird, soll das aber nach der Zehetmair-Reform kein Fehler sein – wahrscheunlich auch dann, wenn es so chaotisch ist wie hier:

Dr. Ratz empfiehlt bei Schluckauf:
Lenke Dich ab oder lass dich von jemandem Ablenken. So beruhigt sich Dein Zwerchfell am schnellsten …


Neben dem Zunahmi der Trennschreibe …
allein erziehende Mutter, allein erziehender Vater, dem einzigen Mann, der sein Holzhacker-Wissen nur an Frauen weiter gibt, aneinander reihen, …
… gibt es auch einige Spuren der Rückkehr zur Vernunft:

Ilja Richter: Es tut mir leid.

Selbständigkeit, Fleischfressende Pflanzen

Die Fehlleistungen der Reformer, auf die die Kultusminister hereingefallen sind, haben natürlich zu Reaktionen geführt, die aber der Öffentlichkeit verborgen blieben. Die Reformkommission wurde vor der Installation des Rechtschreibrates nicht, wie üblich, mit Dank verabschiedet, sondern verschwand unauffällig in der Versenkung. Noch deutlicher sagte es erst der Ex-Reformer Peter Eisenberg am 22.1. 2007 in Greifswald:

Im Jahr 2004 setzte die Kultusministerkonferenz, die das Ganze ja politisch zu vertreten hatte in der Bundesrepublik Deutschland, Gespräche zwischen der Akademie und der Kommission durch, und die sollten sich darauf verständigen, wieweit die Neuregelung rückgebaut werden sollte. Diese Gespräche sind gescheitert. Ich erzähl’ Ihnen das jetzt nicht im einzelnen, das ist hochinteressant, da gings mit Türenknallen und Schreiereien und allem möglichen zu. Die Kommission hat sich derart destruktiv verhalten, daß die Kultusministerkonferenz sie nach Abschluß dieser Gespräche einfach rausgeworfen hat.


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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.04.2007 um 09.01

Kreisreform: Es bewegt sich etwas
Vom Innenminister erwarten sie nun die klare Zusage, dass sie im Falle des Zusammenschlusses nicht bestraft werden un das Geld dem neuen Kreis zu Gute kommt. Stegner begrüßte den Vorstoß als „außerordenlich positiv“… „Vor diesem Hintergrund kann ich mir nicht vorstellen, dass die Totalverweigerer noch mal die Oberhand gewinnen.“


Das umständliche „zu Gute“ ist eine Transsubstantiation im Sinne der „Reform“, jedoch im Duden 06 nicht vorhanden, also falsch. Es wird zwar bei „Gut“ auf „zugute“ verwiesen. An der Stelle ist es jedoch nur in den künstlichen Neuestformen „zugutehalten“, „zugutekommen“ enthalten. Im Duden 04 war „zugute“ noch verzeichnet. Jetzt wird nur ein Wort „zugut (haben)“ als „schweizerisch“ erwähnt.

Das häufige „nochmal“ wird neuerdings als „reformiert“ zugelassen, obwohl es nicht unüblich war, nur eben im Duden nicht verzeichnet.

Die Entwicklung ist so gut, dass auch bis vor kurzem abgeschriebene Kräfte wie über 50-Jährige und Hartz-IV-Empfänger wieder in Lohn und Brot kommen.

Neben herkömmlichen „vor kurzem“ ist „vor Kurzem“ seit kurzem hölzerne Duden-Empfehlungsschreibung. Man will sich wohl an die ebenso schwerfällige Pflichtschreibung „im Übrigen“ anpassen:

Landrätin will nicht „St. Pauli“ sein
Bei den Bildern handele es sich im Übrigen um „klassische Modefotos“…


Weitere Folgen des reformerischen Großschreibfimmels:

… mehr Plätze für Kinder unter Drei

Bettina Tietjen kontert, indem sie ihre Kollegin an die Sendung erinnert, die Eva Herman im ballonseidenen Joggignanzug moderieren musste – Schuld war eine verlorene Wette.

Die tölpelhafte Spaltschreibung der „Reform“, obwohl nicht mehr zwingend, treibt immer noch ihr Unwesen:

Spanien, Großbritannien, Österreich und Belgien – das sind dir Märkte, auf denen FLUXX für sich eine viel versprechende Zukunft sieht.

Neuauflage von Raab gegen Halmich
Bei der ersten Begegnung im Ring im Jahr 2001 brach sie der selbst ernannten „Killerplauze“ die Nase.


Logisch falsch dagegen war schon immer:

Jette Waldinger-Thiering ist als Vorsitzende des SSW-Kreisverbands einstimmig wieder gewählt worden.

Dagegen ist die unsinnige Verpflichtung zur Aufspaltung „so viel“ höchstens in den Korrekturprogrammen angekommen.

Größte Alpaka-Herde Schleswig-Holsteins
„Wir haben hier soviel Platz“, sagt Claudia Böge


Besonders störend ist in Mathematikbüchern für die Schulen die Auftrennung von „wieviel“:

„Überlege, wie viel Vitamin C im Kochtopf verloren gehen kann.“ („wie“ oder „wieviel“?)

Wie Schüler mitbestimmen können
Kiel
– Die Ergebnisse des Programms „Demokratie lernen und leben“ will das Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holsteins (IQHS) dazu nutzen, die Lehrer landesweit durch Fortbildung und Materialien bei der Gestaltung einer demokratischen Schulkultur zu unterstützen.


Die Durchsetzung der „Rechtschreibreform“ in Schleswig-Holstein wäre ein zeitnahes Stück Zeitgeschichte, um Schein und Sein in unserer sogenannten „Demokratie“ aufzuhellen. Die verschworene Politikerkaste wird jedoch weiterhin versuchen, diesen Skandal totzuschweigen.

Den Gipfel der Lächerlichkeit bilden dagegen die banausische Verfälschung der Etymologien:

Anlässlich des Kinostarts seines neuen Streifens „Mr. Bean macht Ferien“ rückt Super RTL den chaotischen Tollpatsch und seinen Erschaffer Rowan Atkinson heute in den Mittelpunkt seines Abnedprogramms.

Und es gibt die putzigen Tierfiguren aus rauem Cortenstahl

Die Banauserie am „Rauhen“ wurde hier schon mehrfach besprochen.
Das amerikanische Kunstwort „cor-ten“ (aus „corrosion“ und „tensile“) steht nicht im Duden, obwohl es, anders als der „Warmduscher“, aus dem technischen Sprachgebrauch nicht mehr wegzudenken ist.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 29.03.2007 um 15.37

LITERATURRÄTSEL<
Wer schrieb was?
Worte, Worte! Und unaufhörlich schneit es. Immer dichter die Schneeflocken! (...) Der Schnee will ihnen Einsamkeit schenken, doch sie nehmen das Geschenk nicht an. Bis sie ersticken. - Habe ich den falschen Namen gerufen aus alter Gewohnheit? Hätte ich gar nicht rufen sollen? Habe ich mich der Einsamkeit unwürdig gezeigt? Habe ich Verrat geübt an meiner einzigen Möglichkeit? Dann müsste man mich...

An dieser Stelle bricht das Protokoll einer Gerichtsverhandlung ab, in der sich ein Versicherungsmakler wegen des mysteriösen Verschwindens seiner Frau verantworten muss - der Angeklagte nennt es den „Aufbruch ins Nicht-Versicherbare". Die Beziehungslosigkeit und innere Einsamkeit des modernen Menschen war das vorrangige Thema des Autors von surrealistisch-existenzieller Prosa, der in Frankreich von Jean-Paul Sartre entdeckt und gefördert wurde und dort heute womöglich bekannter ist als in seiner Heimat Deutschland.
Schriftsteller entstammte dem Hamburger Großbürgertum und führte lange ein Doppelleben als Kaufmann und Schriftsteller. Seine frühen Werke wurden 1943 beim schwersten Bombenangriff auf Hamburg vernichtet.


Das sind tatsächlich die Schlußsätze von Hans-Erich Nossacks Erzählung „Unmögliche Beweisaufnahme“. Allerdings steht in meiner Suhrkamp-Ausgabe ein „müßte“. Ob es tatsächlich eine ß-lose Erstausgabe gibt oder heutige Konvertierer sich erfrecht haben, das Werk „lesbarer“ zu machen, kann ich nicht feststellen.

Von Verwüstungen durch einen Bombenangriff ist auch an anderer Stelle der KN die Rede – von dem Luftangriff auf Lübeck 28./29. März 1942: Auf die Sprengbomben, die die Dächer aufbrechen und das darunter liegende Gebälk freimachen sollte, folgten Brandbomben…. Rund ein Fünftel der historischen Gebäude waren vernichtet, unersetzlich Kunst- und Kulturschätze verlorengegangen.

„darunterliegend“ ist klassisch wie auch nach Duden o6 u. 04 allein richtig.

Frank Lindscheid demonstriert noch einmal die Verwüstungen, die die „Reform“ im sprachlichen Empfinden angerichtet hat:

Die Grüne Brigitte Pothmer erklärte: „Warten auf Godot ist Erfolg versprechender als mit Fortschritten beim Mindestlohn zu rechnen.“

Wir übergehen die

-Jährigen (11x), so genannt (4x), vo-raussichtlich, Res-taurant, zurzeit, im Übrigen, gestern/morgen Abend, aufwändig, deplatziert, Binnenschifffahrt, Schifffahrtsmuseum 5 , entwi-ckeln, glo-ckig-perkussiv, Missstände, Nussschale usw.

und stellten erfreut nach langer Zeit fest, daß ein Leserbrief mit richtigem „ß“ abgedruckt wurde – ein Versehen oder ausdrücklicher Wunsch des Autors? Wer nichts sagt, wird sonst dreist und unhöflich konvertiert.

Vorschußlorbeeren

Ob die nächsten Trennschreibungen allein gültig, alternativ gültig oder wieder falsch sind, kann man nur durch mühsame Suche im Duden erfahren. Nach natürlichem Empfinden würde man sie alle zusammenschreiben:

… Schnitzeljagd, eine mit unendlich vielen Pointen voll gepackte Komödie

der … unter der Leitung von Udo Reimann einige Wünsche offen lässt


Zwei Städte werden gegenübergestellt, das in der Zeit stehengebliebene Brügge:
Doch in die urlaubsbedingte Beschaulichkeit mischt sich schnell ein Quäntchen Wehmut. ….
gegenüber der Metropole Hamburg: …Ihr Herz ist der Hafen. Und gelingt es ihrer Bürgerschaft nicht, deren Aorta, die Elbe, offen zu halten, droht Verstopfung und damit der Infarkt des gesamten Gemeinwesens…

Die Quentchen-Fälschung zählt zu den banausischsten Erzeugnissen der „Rechtschreibreform“. Wieder wird den Lernenden eine interessante Wortgeschichte vorenthalten.

Sicher ist, daß die seit 90 Jahren anerkannte Zusammenschreibung „gefangennehmen“ verboten ist:

Die 15 Briten hätten sich „im Rahmen eines UN-Mandats in irakischen Gewässern“ aufgehalten, als sie gefangen genommen wurden.

Der Tip färbt wieder einmal auf den Dip ab

Raritäten mit Biss – Heute: Bärlauch

… gedünstet wie Salat, als feine Cremesuppe, als Pesto zu Nudeln, als Kräuteromelett, als Saucen-Dipp, …


Wenn doch die in Mode gekommene Feng-Shui-Geomantik auch in der Rechtschreibung beachtet würde:

Feng Shui im Kinderzimmer

Ungünstige Raumaufteilungen, falsche Farben und hervorstehende Ecken können für Unwohlsein sorgen. Feng-Shui-Berater sorgen hier für Abhilfe. „Feng Shui geht davon aus, dass alles in unserer Umgebung uns entweder unterstützt oder behindert“, erklärt Kienitz.


Dann würde man erkennen, was für ein Unwohlsein mit der Umfunktionierung von „Nußschalen“ oder „Mißständen“ entstanden ist.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.03.2007 um 14.30

Für „Poldi“ und Co. wird’s heute Ernst
(Falsches Verständnis des Großschreibfimmels)

Prag – Heute Abend (20.45 Uhr/ARD) heißt’s wieder Daumen drücken für „Poldi“ und „Schweini“: …
(Richtige Auslegung des Großschreibfimmels)

Berliner Erklärung
II. Wir stehen vor großen Herausforderungen, die nicht an nationalen Grenzen halt machen.

(„Zulässig“ wäre nur alt „haltmachen“ – wieder seit 2006 – oder „neu“ „Halt machen.“)

Drei, die Europa den Bürgern nahebringen wollen
(Alte darf man wieder, …)
… nur langsam voran kommen.
(… aber durch die jahrelange Spaltschreibung hat der Sinn fürs Richtige gelitten.)


In den Schleckerfilialen lassen die Chefs stehlen
Nur ein Mal pro Woche … sind die drei Frauen zusammen im Geschäft. … Gitta Meyer, ver.di-Gewerkschaftssekrtärin … verurteilt den Einsatz von Testdieben aufs Schärfste


(Das ist am Schärfsten – warum nicht? Schließlich steckt da auch ein Dativ drin.)

… die vermutlich aufwendigste Kunstaktion
Die Verarbeitung von Rohmilch ist aufwändig.
Auch wenn es in Berlin für den Tierpfleger sehr aufwändig ist, den kleinen Knut aufzuziehen: …
(Die völlig unnötige „Aufwändigen“-Flut sagt viel über den deutschen Mitläufergeist.)

Dolce vita gestern im Neumünsteraner Eisbär-Gehege
(Die „Erleichterung“ für alle, die keine Fremdsprachen können: Fremde Ausdrücke sind nun nach Wortart groß oder klein zu schreiben, hier: „Dolce Vita“. Vor der „Reform“ schrieb man symbolisch nur das erste Wort groß, wenn der Ausdruck hauptwörtlich gebraucht wurde.)

Über den scheidenden früheren Finanzminister Claus Möller: Nur soviel sagt Möller: Seine Handy-Nummer behält er.
(Die künstliche Trennvorschrift wird so oft mißachtet, daß sie keinesfalls Regel bleiben kann.)

Vielleicht hatte mein alter Freund Andreas doch Recht, als er jüngst erklärte, im Englisch-Unterricht hätten wir nur eins gelernt und das sei Skat.

(Die falsche Recht-Haberei schien nach Konrad Duden seit 130 Jahren ausgestorben zu sein. Niemand hatte sie benötigt.)
(Dagegen ist die rückstandslose Wiederabschaffung der Reformschreibung „zu Eigen“ ein echter Gewinn: )

jetzt noch nicht zu eigen machen

Buchmesse in Leipzig:

Auf Umwegen zum Buch
… in den Langen Lesen-acht


(Zu den skurrilen Reformtrennungen kommen jetzt noch diejenigen der Automaten.)

Eltern lesen ihren Kindern zu wenig vor …

Bis ich vor wenigen Jahren übertölpelt wurde, in der Familie einen Fernseher zuzulassen, habe ich unseren Kindern fast jeden Tag etwas vorgelesen. Mehr denn je bin ich davon überzeugt: Fernsehen ist eine Kulturgeißel.

Die Nussjagd ist eröffnet …
Jeder kann sich schließlich sein eigenes Haselnussstockbrot backen.


Damit sind wir bei der Kulturgeißel der „Rechtschreibreform“, den neuen „ss“. Wie Prof. Peter Eisenberg am 22. Januar 2007 in Greifswald andeutete, wird die „Reform“ allmählich verschwinden, die „ss“ jedoch seiner Meinung nach nicht. Dabei wäre ein „Haselnussstockbrot“ bei einem Volksentscheid vermutlich nicht nur mit 71 Prozent abgelehnt worden, wie pauschal in Schleswig-Holstein, sondern mit einer Mehrheit von 90 Prozent.

Die tatsächlichen Schwierigkeiten mit den neuen „ss“ kommen in den automatengeprüften Zeitung auch nur selten zum Ausdruck:

Zwei Köche, ein Restaurant: „Das weisse Haus“, ein ehemaliges Kapitänshäuschen in Hamburg-Oevelgönne

Ist die Schreibung reformierte Unfähigkeit oder bewußte Internationalität? Dahinter wird gleich die Dummentrennung „Res-taurant“ vorbuchstabiert.

Im Journal scheint sich ein unreformierter Schweizer ausgelassen zu haben:
Partie des polnischen Grossmeisters Krasenkow … eine vielversprechende Angriffsstellung

Bridge Problem Nr. 51
… dann weiss West nichts über die Verteilung der Piks.


Die Aussprache des Namens der nächsten Dame ist durch die „Reform“ selbstherrlich verändert worden:

Marisa Dreßler

Die Rechtschreibung auseinanderzunehmen ist auch leichter als sie wieder zusammenzusetzen:
Außerdem kann man das mit acht Metern nicht eben kurze Schiff auseinander nehmen.

Die Spaltung ist wieder so falsch, wie sie es vor der „Reform“ war.

Wieder fällt auf der Kinderseite auf, daß die du-Schreibung nicht mehr in Betracht gezogen wird.

Etwas später kommt auch die Briefschreiberei der Jugend zur Sprache:

Gefühlssprache Jugendlicher auf dem Prüfstand … In romatischer Wehmut schauen die Älteren zurück, wie lebendig, überschwänglich und zärtlich es in ihrer Jugend zuging.

Es wäre viel gewonnen gewesen, wenn man sich mit den Inhalten und nicht mit der Kleinduzerei und der Ä-Schreiberei der „Reformer“ hätte auseinandersetzen müssen. Die Schäden durch diesen Politiker-Schwachsinn sind noch lange nicht überwunden:

Interview mit Oliver Welke: Man hört, dass Sie im Mai eine neue Show auf ProSieben moderieren dürfen mit dem viel sagenden Titel „Besserwisser? Worum geht es?

Es stellt sich heraus, das Thema soll „unnützes Wissen“ sein. Eins ist gewiß: die „Rechtschreibreform“ hat nicht nur „unnützes“, sondern auch „nichtnutziges“ Wissen gebracht.

Alexander Gauland schreibt im Rheinischen Merkur v. 18.1.2007:

„Kein Politiker, nicht Kohl, nicht Schröder oder Merkel, hat dem Reformbegriff mehr geschadet als die Betreiber der Rechtschreibreform. Hier fand statt, was Reformgegner überall vermuten: das sinnlose, hochmütige Beseitigen von Bewährtem ohne Not …“

Dem ist nichts hinzuzufügen.

– geändert durch Sigmar Salzburg am 29.03.2007, 05.28 –
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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 27.03.2007 um 15.33

Das in dieser Ausgabe erwähnte islamische Züchtigungsrecht gegenüber der Ehefrau hatte ich schon kommentiert.

Für manche ein wichtiges Ereignis: Bastian Sick, „Deutschlehrer der Nation“, hat heute einen Auftritt im Kieler Schloß.

Sein erstes Grammatikheft in der Grundschule betitelte er in Kritzelschrift „Grama-tick". „Ich weiß nicht mehr, ob ich damals geglaubt habe, Grammatik habe etwas mit ,Tick' zu tun und sei etwas für Spinner."
Mit dieser Deutung hätte er sich aber ganz gut auf der Denkebene der „Rechtschreibreformer“ bewegt – etwa „belemmert“ von „Lamm“ abzuleiten.

Vor fast vier Jahren sollte er mir mal erklären, warum er in seiner Kolumne bei Spiegel online die grammatisch falsche Schreibung „Recht haben“ verwendet. Statt das zu begründen, schrieb er zurück:

Sehr geehrter Herr Salzburg, Sie haben vollkommen Recht: Ich bin verpflichtet, die Rechtschreibreform mitzumachen! Persönlich heiße ich die Reform nur in Teilen gut, …

Schrieb er dies nun aus Überzeugung so? Ich war genauso schlau wie vorher.

Als 2004 Stefan Aust verkündete, mit dem „Spiegel“ zur alten Rechtschreibung zurückzukehren zu wollen, hörte man aus Sicks Ecke laute Klagerufe. Kurz zuvor hatte er nämlich geschrieben:

… ich bin keinesfalls ein totaler Gegner der Rechtschreibreform. Die ss/ß-Regel begrüße ich zum Beispiel sehr, auch freut es mich, dass man Konjunktionen wie "sodass" und "umso" jetzt zusammenschreiben darf.

Ein altenglisches Lied – „Sick, sick, very sick“ – kommt einem dabei in den Sinn. Das Empfinden, daß hier eine künstliche Entfremdung von einer 600jährigen, zeitenverbindenden Tradition betrieben wird, fehlt ihm offensichtlich völlig.

Bemerkenswert in der Rubrik
KULTURKÖPFE
ist „Klavki“, mit bürgerlichem Namen Oliver Eufinger:

Klavki, in Kiel lebender Autor, wurde zur Leipziger
Buchmesse eingeladen. Der Gewinner mehrerer regionaler und nationaler Poetry Slams liest morgen aus seinem noch nicht veröffentlichten Roman Der Traumzeuge. Die Lesung wird im Rahmen der Reihe Prosanova - junge Literatur aus Rostock veranstaltet. evx


Er hat anscheinend die von Sick gepriesenen Segnungen der neuen ss-Regel immer noch nicht verinnerlicht. Im letzten September schrieb er mir im KN-Forum, nachdem ich einen seiner Texte glossiert hatte – vor allem wegen der irrwitzigen Trennungen:

Lieber Herr Salzburg,
ich durfte feststellen, dass Sie aus meinen Artikeln zitieren.
… Als Autor trage ich daran keine Mitschuld. Auch ich mußte herzlich grinsen als ich in der Zeitung von "Wohinau-chimmertürmen" lesen durfte.



Noch etwas Kleinunfug:… einander näher zu bringen, so genannt (min 5x), hasserfüllt, schwer fallen, kratzig klickende Soundscapes (?)

Gefährlich wird es, wenn sich die „Reform“ dem englischen Wortschatz annähert:

Filip Jicha, das Ass mit den Allroundqualitäten

Die nächste Feststellung hätte auch auf die Proselytenmacher der „Rechtschreibreform“ zutreffen können:

Trotz umfangreicher Warnungen in den Medien gelingt es den Veranstaltern von so genannten Kaffeefahrten und Gewinnspielen immer wieder, gutgläubige Menschen über den Tisch zu ziehen.

Im Fall von Dithmarschen … habe Stegner zudem außerAcht gelassen, dass die existierenden Personalkosten um 1,1 Millionen Euro unter den Plandaten liegen.

Die Store Scene am Nyhavn dagegen verlangt nach Aufwändigem für Bühne und Orchstergraben …

Angenehm fällt dagegen wieder die „Handvoll“ auf. „Hier zu Lande“ scheint völlig „out“ zu sein. Das wünschte man sich auch von der Stotterschreibung „so genannt“. Der Spiegel hält das schon meistens durch.

In einem Gastbeitrag schreibt EU-Kommissar José Manuel Barroso:

Wie die meisten jungen Menschen in Portugal hatte ich genug von der Diktatur, die meinem Land all das vorenthielt, was für andere Westeuropäer schon lange selbstverständlich war. Wir konnten nicht die Bücher lesen, die wir lesen wollten, oder schreiben, was wir schreiben wollten.

Ob Schüler bei uns jetzt schreiben dürfen, was sie schreiben wollen oder gar, wie sie es bei Günter Grass oder Thomas Mann – oder ihren Eltern gelesen haben?

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 23.03.2007 um 15.25

Empörung über „entsetzlichen Vorfall“
Politiker lehnen einhellig die Koran-Argumentation in Scheidungsverfahren ab

Frankfurt/Main - Der Fall einer Frankfurter Richterin, die in einem Scheidungsverfahren eheliche Gewalt unter Verweis auf den Koran gerechtfertigt hatte, schlägt immer höhere Wellen der Empörung. Politiker aller Parteien kritisierten gestern die Entscheidung in scharfer Form. Auch der Zentralrat der Muslime in Deutschland kritisierte die Haltung der Richterin … Die Richterin hatte eine schnelle und vorzeitige Scheidung einer Muslimin von ihrem Mann, der sie geschlagen haben soll, abgelehnt. Im marokkanischen Kulturkreis des Paares sei das Züchtigungsrecht des Mannes laut Koran gegenüber seiner Frau nicht unüblich und deshalb keine „unzumutbare Härte". Die Richterin, der nun ein Disziplinarverfahren droht, bedauerte gestern Abend ihre Äußerung. Ein Gerichtssprecher erklärte, der Frau seien „Tragweite und Sprengkraft" ihrer Aussage nicht klar gewesen. dpa


Nach kn-online/dpa/online v. 22.03.07:
Hessens Justizminister Jürgen Banzer (CDU) zeigte Verständnis für die Empörung, sah aber auch einen Beweis für die Funktionsfähigkeit des Rechtsstaates. Schließlich habe ein anderer Richter die Entscheidung so korrigiert, dass der Richterin der Fall entzogen wurde.

Die in den Medien aufgebotenen Vertreter des Islam stritten einmütig ab, daß der Qur’an erlaube, Ehefrauen zu schlagen. In Sure 4:34 wird jedoch eindeutig das Verb „ḍaraba“ (schlagen) verwendet. Die Al-Azhar-Universität übersetzt ins Deutsche „(leicht) strafen“. In einer meiner Ausgaben des Qur’an steht die Fußnote: Es wird berichtet, der Heilige Prophet habe gesagt, wenn ein Moslem seine Ehefrau letztlich schlagen müsse, sollten die Schläge nicht so sein, daß sie Spuren auf dem Körper hinterlassen (Tirmidi & Muslim), aber Ehemänner, die ihre Frauen schlagen, seien nicht die besten (Kathir iii).

Damit dürfte die Sachlage klar sein.

Hier hat auch die „Rechtschreibreform“ unangenehme Auswirkungen auf den Islam im Deutschen. Eine Übersetzung, die bisher verzeichnete: „Wenn das nichts nützt, dürft ihr sie verbleuen…“ würde die Empfehlung des Propheten grob verfälschen, wenn sie geändert würde in: „Wenn das nichts nützt, dürft ihr sie verbläuen“, denn gerade das ist nicht erlaubt.

Der Beweis für die Funktionsfähigkeit des Rechtsstaates, den Justizminister Banzer (CDU) zu erkennen glaubt, ist allerdings sehr dürftig. Schließlich ist das mißbrauchte Fehlurteil des Bundesverfassungsgerichts in der Rechtschreibfrage durch keine höhere Instanz mehr aufzuheben, obwohl der Verfassungsrechtler Prof. Rupert Scholz am 8.10.2004 in der FAZ schrieb:

Die Kultusminister stehen nicht nur vor einem sprachkulturellen Scherbenhaufen, sondern auch vor dem drohenden Verdikt eines evidenten Verfassungsverstoßes.

Wer sollte das jetzt feststellen anstelle des befangenen Verfassungsgerichtes?


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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 22.03.2007 um 07.54

Sa(a)le soll wieder nur ein Fluss sein
Die Union entdeckt den „sprachlichen Verbraucherschutz"

Berlin - Am Anfang steht der Fauxpas – der „Fehltritt": Die Pressesprecherin weist auf die „Handouts" hin. Da ist er, der Beweis: Die Überflutung der deutschen Sprache mit Anglizismen macht auch vor dem Bundestag nicht Halt. Erika Steinbach, Menschenrechtsexpertin der Union, ist alarmiert: Immer mehr Deutsche werden ausgegrenzt. Deswegen setzt ihre Fraktion auf „sprachlichen Verbraucherschutz".
Steinbachs Schlüsselerlebnis: Ein ältere Frau steht vor einem Schaufenster, in dem „Sale"-Schilder auf reduzierte Ware hinweisen. „Sale ist doch ein Fluss", grübelt die Frau. Jeder dritte Deutsche beherrscht keine Fremdsprache. Und ahnt deswegen nicht, dass „Sale" im Englischen für Ausverkauf steht? Vielleicht nicht das beste Beispiel. Da ist aber auch noch die Deutsche Bahn, die in puncto Verbraucherschutz immer gern vorgeführt wird: „Ride & Bike", „DB Carsharing" oder ganz neu: „Touch & Travel".
Was tun? Die Union will durchsetzen, dass Gesetze und Regierungskampagnen (wieder?) in verständlichem Deutsch abgefasst werden. Nicht nur das: Auf Bahnhöfen und Flughäfen soll der Weg in unserer Muttersprache gewiesen werden. Auch für Gebrauchsanweisungen und Warnhinweise will Unionsmann Laurenz Meyer bessere Vorschriften. Die Bahn und alle anderen Firmen müssten selbst entscheiden, ob sie mit rätselhaften Botschaften werben. Wahrscheinlich, meint Meyer, gehe es ihnen dabei um den modernen „Touch". Aha. esc


Seltsamerweise ist den führenden Köpfen der CDU nicht der Verbraucherschutz gegen die „Rechtschreibreform“ eingefallen, so daß ihre Reformeiferer, Zehetmair, Schavan und Wolff usf., fast widerstandslos die Geiselnahme von Schulkindern zur Zwangsmissionierung der Bürger durchsetzen konnten.


LITERATURRÄTSEL
Wer schrieb was?
„Ich kann die Beschreibung der untersten Schuttschichten nicht schließen, ohne zu erwähnen, daß ich zwischen den großen Steinblöcken, in 12 bis 16 Meter Tiefe, zwei Kröten, auch in 12 Meter Tiefe eine kleine, sehr giftige Schlange mit schildförmigem Kopf fand. Letztere kann von oben dahin gelangt sein; dies ist aber unmöglich für die großen Kröten; dieselben müssen 3000 Jahre in diesen Tiefen zugebracht haben. Sehr interessant ist es, in den Ruinen Trojas lebende Geschöpfe aus derZeit des Hektor und der Andromache zu sehen, selbst wenn diese Geschöpfe nur Kröten sind.“


Kein Archäologe wurde mit seinen Ausgrabungen so berühmt wie er. Nachdem der mecklenburgische Pfarrerssohn 1863 überraschend auf dem Höhepunkt seines wirtschaftlichen Erfolges seine Firma liquidierte, …

Wir brauchen nicht lange nachzudenken. Die Lösung lautet „Heinrich Schliemann, Trojanische Alterthümer“.

Außerdem ist man immer wieder dankbar, wenigstens hier die originale Verwendung des „ß“ finden zu können.

Die Ausrottung dieser 600jährigen Tradition ist vermutlich das einzige, was die Kultusminister mit Zähnen und Klauen verteidigen würden, weil das den Zusammenbruch ihres potemkinschen Reformreichs bedeuten würde und das Ende der Geschäftemacherei mit der „Rechtschreibreform“.

Dennoch geht die Bewegung zurück immer weiter. Oft wird einem gar nicht bewußt, was wieder traditionell geschrieben wird, z.B.:

Angela Merkel wird zitiert: Nach dem verheerendenZweiten Weltkrieg hat es doe EU relativ schnel zu Wohlstand gebracht – auch mit Hilfe der Vereinigten Staaten. … Es dauerte noch zehn Jahre, bis mit dem Inkrafttreten die Personenkontrollen an den Binnengrenzen … entfallen …

Die Reformversion „In-Kraft-Treten“ wird im letzten Duden nicht einmal mehr erwähnt.

Das reformierte „Leid“-wesen ist jetzt als Irrweg der Reformer erkannt:

Auf Seite 10 lesen wir:
Entschuldigung von Kahn
„Es tut mir leid. Ich möchte mich beim Dopingarzt entschuldigen.“


Auf Seite 11 erkennen wir aber, daß das Zerstörungswerk der Kultusminister an unserer Rechtschreibung dennoch fortwirkt:

„Das tut mir sehr Leid für Viktor …“, sagte Karabatic.
Schnoor ist sogar bereit, seinen Platz auf der Bank zu räumen, falls dies der Sache diene: „Wenn davon ein junger Spieler und letzlich die Mannschaft profitiert, soll mir das Recht sein.“


Überholte, grammatisch falsche und falsch verstandene Neuschreibung …

Manchmal sind die Überschriftenverfertiger („Headliner“) historisch korrekter als die Artikelverfasser:

DSM mit dem 28. Schiffahrtsarchiv
Unter dem Namen Deutsches Schifffahrtsarchiv wird seit 1975 das wissenschaftliche Jahrbuch des Deutschen Schifffahrtsmuseums herausgegeben.


Weniger korrekt geht es im nächsten Artikel aus Lübeck zu:

Sexismus bei der CDU?
Der 28jähriger Oliver Fraederich hatte zu CDU-Kolleginnen gesagt: „Ihr seid doch nur wegen eurer Titten in der Bürgerschaft“…. Oliver Fraederich versucht derweil die Wogen zu glätten: Ein dämlicher Scherz sei es gewesen, über den er sich im Nachhinein ärgere.

(Die SPD sollte sich nun nicht aufspielen. Der frühere SPD-Minister Farthmann (NRW) hatte schon mal von „Piepsmäusen“ gesprochen, die nur so weit nach oben gekommen wären, „weil sie zwischen den Beinen anders aussehen als ich“.)

„Im Nachhinein“ erinnert an eine Kneipe in Hannovers erogener Zone, die „Im Büro“ hieß und dem Ehemann ermöglichte, nach Hause zu melden, er sei noch „im Büro“. In Lübeck wird man sich nicht mehr „im Nachhinein“ vergnügen können, denn das ganze um 1900 für diesen Zweck errichtete Viertel wird einer anderen Verwendung zugeführt, hat aber gleichwohl Spuren in der Literatur zurückgelassen (Bericht auf der gleichen Seite):

Tote Hose auf dem Kiez
Aus der Lübecker Clemensstraße soll eine „Party-Künstler-Meile“ werden – Auch der „Blaue“ Engel wird saniert
Marlene Dietrich räkelte sich im Film „Der Blaue Engel“, der nach einem Roman von Heinrich Mann entstand. Dieser hatte sich im „Engel“ in der Clemensstraße zu seinem Werk inspirieren lassen. … Nach und nach schlossen die ehemals 14 Bordelle. Im Dezember vergangenen Jahres dann auch das letzte, die „Goldene 7“…


Schlimmste Dummschreibungen finden sich, neben dem Pipifax „so genannt, zurzeit, -Jährige usw.“, leider auch diesmal wieder in den KN:

Auch die Polizei, Ärztekammer und Suchthilfe hätten immer wieder betont, das eine Behandlung Schwerstabhängiger mit künstlichem Heroin Erfolg versprechender sei als eine Methadonbehandlung. … epd

Drei Mal so teuer wie die Methadon-Therapie sei die Diamorphinbehandlung.

Die 64-BIT-Technologie soll den Markt erobern, ist jedoch nicht für Jeden von Nutzen
aufwendig


Eine Folge übermäßiger „Ernährungstipps“ ist wieder:

Auch als Dipp, zum Beispiel zu Kartoffelpuffer und Räucherlachs, kommt Brunnenkresse gut zur Geltung.

Die pp-Fraktion der Reformer hatte sich eben nicht ganz so durchsetzen können, wie die ss- und die ä-Fraktion.

Beruhigend ist auch, wieder von einer „Handvoll Erde“ zu lesen und über „zeitraubende Verfahren“ anstelle von „Zeit raubenden Verfahren“. Leider bleibt der „Missstand“ ein Mißstand.

„Jenseits von Gut und Böse“ darf auch wieder großgeschrieben werden, daran ersichtlich, … dass Gut und Böse am definierten Platz bleiben. Der Verdacht bleibt, daß hier nur ein Reformer seine Aversion gegen Nietzsche in eine orthograpische Regel gekleidet hat.



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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 19.03.2007 um 11.32

Beim Blick auf die Rückseite des ersten Blätterstapels fällt gleich ins Auge:

Deutsche auf Wurzelsuche
83,4 Prozent aller befragten Deutschen halten es für wichtig, über ihre Vorfahren im Bilde zu sein.
Das ist das Ergebnis einer jüngsten Studie der The Generations Network GmbH, Betreiber des Ahnenforschungsportals http://www.ancestry.deAm Wenigsten über ihre Ahnen wissen die Brandenburger, die Bremer – und die Schleswig-Holsteiner… ots


Läuft die Reform-Schonzeit für Superlative bald aus?

Große Klimasünder wie die USA oder Russland wollen von den ehrgeizige Reduzierungszielen bislang ebenso wenig wissen wie die neuen Industriegiganten China und Indien.

„ebensowenig“ heißt bei einem Vergleich im praktischen Sprachgebrauch „genauso nichts“. Die Spaltung ändert den Sinn in „wenig“.

Eindeutigkeit zählt: BGH erlaubt Anti-Nazi-Symbole
Dass nun Neonazis ihrerseits die Lockerung des Verbots für ihre Umtriebe nutzen, diese Befürchtung des Stuttgarter Gerichts teilt der BGH überhaupt nicht. Die Verhöhnung ihrer „heiligen“ Symbole würden sich die Rechten kaum zu eigen machen.


„Ich bin Amerikas Feinde“
In gebrochenem Englisch legt Khalid Scheich Mohammed ein Geständnis von weltgeschichtlicher Dimension ab.

Für die Opfer seiner Anschläge äußert der 41-jährige Pakistani, der als enger Vertrauter von Osama bin-Laden galt und in der Hierarchie des Terror-Netzwerkes die Nummer Drei gewesen sein soll, beiläufig etwas Mitleid: „Es tut mir leid, dass Kinder getötet wurden“, sagt er …


Reform: „Nummer drei“
Die unterstrichenen Wendungen sind wieder traditionell geschrieben – ein mühsam erkämpfter Sieg gegen die Inkompetenz und Borniertheit der Kultusminister.

Zur allgegenwärtigen ss-Schreibung sagte der immer etwas undurchsichtige Professor Peter Eisenberg in seinem Vortrag in Greifswald am 22.1.07 (s.a. andere Beiträge):

Das ß kriegen wird nicht mehr, das ist klar. Das ist weg. Obwohl das auch nicht nötig war und auch möglicherweise ein Schade für die deutsche Sprache ist.

Das „möglicherweise“ können wir streichen, wie in allen Beiträgen hier und in anderen Foren nachgewiesen wurde und wird. Eine Rücknahme der Heyse-Regel, des Geßlerhutes der „Reform“, hätte diese zusammenbrechen lassen. Der einzige Grund für die Weigerung der kultusministeriellen Kulturbanausen ist ihr eigener Gesichtsverlust. Die vorgeschützten Kosten und die „Verlässlichkeit“ sind es jedenfalls nicht. Was sagte doch ein Herr aus dem Bildungsministerium 1998 einer Abordnung der Bürgerinitiative? „Wenn etwas politisch gewollt ist, spielen Kosten keine Rolle!“.

Der unsinnige Traditionsbruch begegnet uns jetzt durch alle Zeugnisse der Vergangenheit:

Mit Innigkeit und persönlicher Nähe
Jüdisches Museum Rendsburg zeichnet das Porträt einer Familie
Von Sabine Tholund
Rendsburg - Sie gehörte zu den angesehensten Familien im Berlin des frühen 19. Jahrhunderts. Vermögend, hoch gebildet und gesegnet mit bemerkenswert begabten Kindern, ging bei Abraham Mendelssohn Bartholdy und seiner Frau Lea die feine Berliner Gesellschaft ein und aus. Ihr Schwiegersohn Wilhelm Hensel, Pfarrerssohn aus dem märkischen Trebbin, passte da nicht recht ins Bild. Dennoch hat er die jüdische Familie, die ihrem Namen nach der christlichen Taufe den Zusatz „Bartholdy" gab, gezeichnet … Hensel zeichnete mit feinem Strich und einer Innigkeit, die von seiner persönlichen Nähe zu den Porträtierten Zeugnis ablegt. Seine Frau Fanny, Pianistin und Komponistin wie ihr jüngerer Bruder Felix, ist gleich mehrfach zu sehen - ihre Züge verklärt in überirdisch anmutender Schönheit. … Wie viele seiner Modelle hat Lea eine Widmung für den Künstler auf dem Blatt hinterlassen: „Keinen hat es noch gereut / Der das Roß bestiegen/ Um in frischer Jugendzeit/ Durch die Welt zu fliegen" steht mit elegantem Schwung neben ihrem Konterfei.


Eine Zerstörung des Heimatgefühls – hier mit Entremdung von dem seit über 600 Jahren üblichen Schreibgebrauch – wird auch sonst von emsigen Regierungsapparatschiks betrieben, wie eine weitere Notiz zeigt:

Kreise sind ein Stück Heimat
Kommissarischer Sprecher der Landräte ist für Kooperationen statt Zwangsfusionen


(Allein die Verlängerung der Wege wiegt die angebliche Kosteneinsparung auf. Die Kosten trägt dann wieder einmal der Bürger.)

Klaus von Dohnany, ehemals Bundesbildungsminister und Erster Bürgermeister Hamburgs (SPD, ja, es gibt noch Leute mit Anstand und Verstand in der SPD) kleidete das am 29.07.2001 bei Sabine Christiansen in die Worte: Wir haben eine Situation, in der Deutschland ohnehin Probleme mit seiner Geschichte hat, in der wir in der Sprache eigentlich die letzte Behausung unseres Landes haben, da haben sie die Leute aus der Sprache rausgetrieben durch diese Reform.

Neben dem Artikel über Mendelssohn/Hensel steht eine Notiz über eine Preisverleihung:

Brahmspreis an Thomas Quasthoff
Heide
- Die Brahms-Wochen 2007 vom 2. Mai bis zum 15. Juni stehen in diesem Jahr ganz im Zeichen der BrahmsPreisverleihung am 15. Juni an den Bassbariton Thomas
Quasthoff. Zum 16. Mal verleiht die Brahms-Gesellschaft Schleswig-Holstein mit Sitz in Heide den mit 10 000 Euro dotierte Preis an eine Persönlichkeit oder Institution, die sich in besonderer Weise um die Pflege der Brahmschen Musik verdient gemacht hat.
„Thomas Quasthoff ist einer der bemerkenswertesten Sänger seines Fachs, …“


Wir erinnern uns, daß Thomas Quasthoff anläßlich einer früheren Preisverleihung gesagt hat: „Wenn ich sehe, wie etwa Unsummen für eine idiotische Rechtschreibreform statt für die Rettung von Musikschulen ausgegeben werden, wird mir ganz anders…." (Hamburger Abendblatt 10.5.06)

Wir finden in dieser Ausgabe noch jede Menge kleiner und größerer bekannter Reformsünden – und den Namen Ekkehard Wienholtz, der eine unheilvolle Rolle bei der „Rechtschreibreform“ gespielt hat. Um es kurz zu machen, verweisen wir zu dieser Persönlichkeit auf die Suchfunktion in diesem Forum.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 18.03.2007 um 11.02

Die KN vom Tag zuvor (mit Literaturrätsel) sind mir bisher vorenthalten worden. Wohlan:

Die „Moral“ der US-Army
„Wir können uns das in diesen Zeiten einfach nicht leisten, gute Leute abzuweisen oder abzuschre-cken, nur weil sie homosexuell sind“, sagte der demokratische Abgeordnete Meehan. Auch viele Republikaner geben ihm recht, nachdem die „WashingtonPost“ gestern aufzeigte, welche Leute den Streitkräften durch den Ausschluss der
Schwulen verloren_gegangen sind: Dringend benötigte, arabisch sprechende Dolmetscher und – überproportional häufig – Sanitäter.

Erfreulich ist die Rückkehr zum Normalen. Die verbliebene, vom Duden empfohlene Spaltschreibung von „verlorengegangen“ macht unklar und berücksichtigt nicht die Betonung: „Der kleine Junge ist in Gedanken verloren gegangen“.

Da die „Schwulen“ mit Mut sich selbst so zu nennen, kann der Duden hier seinen neuen politisch korrekten Belaberungsanspruch nicht ausleben.

Die Spaltung von Adjektivbildungen bedeutet Rückschritt in der Sprachentwicklung:

Nach der Freilassung des schwer_verletzten simbabwischen Oppositionschef Morgan Tsvangirai … Er war gestern Morgen aus dreitägiger Haft freigekommen und berichtete über gezielte Polizei-Wilkür.

Grammatisch undefinierbare Zeitangaben sind in alter Schreibung logischer: „Er kam gestern abends“ „Er kam gestern abend“ (statt „gestern Abend“).

Erik Eggers verweigert sich dem neuen Jährigen-Reformfimmel:
Damals trug der 25jährige freilich noch das Trikot des slowenischen Klubs Gorenje Velenje [Ilic] … Der 30jährige, den Torhüter-Legende Andreas Thiel „Weltklasse“ nennt [Goran Stojanovic] .. der 47jährige Isländer [Alfred Gislason]

Die Grotesk-Schreibung der Urreform ist nur noch vereinzelt zu finden:

Wegen Ekel erregender Zustände in seiner Backstube – unter anderem wurden Rattenkot und Schimmel entdeckt – muss ein 33 Jahre alte Bäcker aus Norderstedt jetzt 3000 Euro Strafe zahlen.

Sonst herrscht Normalität vor:

… eine männerverschlingende Mantis
obwohl lt. „Reform“ die Fangheuschrecken „Männer verschlingend“ hätten sein sollen.

Die „Reform“ („im Zweifelsfalle getrennt“) hat bei „meist-“ den Nebensinn „meistens, aber nicht immer“ hineingebracht;

Theater hEXagon zeigt „Creeps“ von Lutz Hübner … Hübner gilt als einer der meist gespielten deutschsprachigen Gegenwartsdramatiker

Im Gegensatz zu „Handvoll“ (> „Hand voll“) ist „der Fingerbreit“ nie offiziell gespalten worden, obwohl Google 36000 Beispiele für „Finger breit“ findet.

Emmi & Herr Willnowsky … Das bevorzugte Angriffsziel liegt unterhalb der Gürtellinie. Manchmal aber auch einen Fingerbreit darüber …

Die Banausenschreibung „rau“ statt „rauh“ steckt wohl tief in der Software:

Mit 18 war ich zum ersten Mal in Hamburg“, erzählt Kárason, dessen raubeinige Schilderungen isländischer Eigenheiten ebenso wie das Faible für skurriles Personal … auch hierzulande ankommen.

Dagegen ist die unbeholfene Reformschreibung „hier zu Lande“ fast schon wieder ausgestorben:

Liest man auch wieder öfter auseinandersetzen, so sind doch andere Wörter in Spaltschreibung immer noch eine Landplage:

„Für Laien gibt es oft einen so genannten Anwendermodus für die Bedienung.“

… die selbst gedrehten Filme zu veröffentlichen.

Ich hab’ euch zum Fressen gern’ …
Der Tiger, der auf dem Bild zwischen schlafenden Schweinen liegt, wurde … wie sie selbst von einem Schwein groß gezogen.
Was wäre, wenn man an dem Tiger nun nicht groß gezogen hätte?

Moskaus Gesetze erlauben Ex-Frauen und allein erziehenden Müttern höchstens ein Drittel der Einkünfte ihrer Männer.

Diese Spaltschreibung wird nicht einmal mehr vom Duden empfohlen.

„Simon the Sorcerer“ … Dafür scheint in den vergangenen Jahren im Zauberreich so manches schief gelaufen zu sein.

Bei übertragener Bedeutung ist wieder Zusammenschreibung erlaubt – wie früher.

Die über 65-hrigen können immer noch ganz gut ohne Internet leben – aber die neue Digitaltechnologie macht auch vor dieser Altersgruppe nicht Halt

Das reformierte „Halt machen“ (wie „Männchen machen“) anstelle von „haltmachen“ wirkt immer etwas komisch, ist aber noch nicht wieder abgeschafft.

… Pjöngjang warte aber vor allem auf die Aufhebung der US-Finanzsanktionen, bevor es seine Atomanlagen stilllegen.

Mit dem Charme einer süßen, in kna-ckenden Schellack eingepressten Melodie bekommen die Songs etwas Vertrautes.

Die „Erleichterung“: Jetzt muß man überlegen, ob neben der „Stilllegung“ nicht auch „Schelllack“ oder „Wolllust“ zu schreiben wäre.

Die refornierte -ck-Abtrennung ist sprachwidrig.
Hier könnte einem zuerst „kna-benhaft“ einfallen.

Die neuen „ss“ schließlich sind der Tropf, an dem die „Reform“ hängt: Hätte man sie im Zuge der Revision abgeschafft, dann hätte kein Mensch mehr den neuen Duden und noch weniger den Wahrig von Bertelsmann gekauft. Irgendein alter Duden hätte genügt.

Politiker als Handlanger der Großkonzerne – wie vertraut!

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 14.03.2007 um 13.43

Eine kurze Durchzählung der ersten 12 Seiten ergibt diesmal 75 „neue“ ss, davon 55 Prozent „dass“, die gegenüber den herkömmlichen „daß“ nichts leichter machen, dafür aber fast alle Literatur der letzten 500 Jahre in den Augen der indokrinierten Jugend veralten läßt.

Die „neuen“ ss bewirken bei Lernenden bis 22 Prozent mehr Fehler (Prof. H. Marx) und in der Bevölkerung insgesamt eine beispiellose Verwirrung, die nur durch die Korrekturprogramme der Elektronik unsichtbar gemacht wird.

Dies ist ein nicht zu beziffernder Schaden für die deutsche Schreibkultur, den die inzwischen schon in zweiter Garnitur amtierenden Kultusminister unter Verletzung ihres Amtseides und gegen den Willen der Bevölkerung durchgesetzt haben.

Prof. Eisenberg, ausgestiegener Reformer und Mitglied des von den Kultusministern inszenierten „Rates für deutsche Rechtschreibung“, hat am 22. Januar einen Vortrag in der Greifswalder Akademie gehalten (einen Monat später vom NDR in Ausschnitten gesendet), in dem er kein gutes Haar an der „Reform“ gelassen hat. Er ist sich sicher, daß von der ganzen „Reform“ nichts übrigbleiben wird – außer vielleicht der ss-Reform, die er aber schon früher als die „schlechteste aller möglichen Lösungen“ bezeichnet hat.

Natürlich bedarf es unseres ständigen Drucks auf die Bürokratenmaschinerie, um diese Prophezeiung Wirklichkeit werden zu lassen – nachdem der Appell an die Vernunft der Kulturverhinderungsminister nicht erfolgreich war, da solche eben nicht in ausreichendem Maße vorhanden ist.

Aber auch die neue ss-Regel müßte verschwinden, da sie die Traditionszertörung durch keinen nennenswerten Vorteil auszugleichen vermag. Dies zu fördern wäre für die Gerichte ein leichtes, wenn das Personal gerade in den höheren Rängen seine Ämter nicht oft genug nur der Gnade der Parteien verdanken würde.

Leider spielt mit der 2006er Ausgabe auch der Dudenverlag eine unheilvolle Rolle, indem er durch die neuen Bluttransfusionen seiner Empfehlungspolitik etliche schon absterbende Reformkonstrukte aufrechterhält. Man kann nur spekulieren, was der Grund für diese Liebedienerei gegenüber den herrschenden Kulturbanausen sein mag:

Z.B schreiben die KN mit Dudenempfehlung eine tief greifende Persönlichkeitsstörung.
Die herkömmliche richtigere Schreibung ist als Wortbildung tiefgreifend

Dudenempfehlung ist auch: Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Ayub Axel Köhler, sagte: „Grundsätzlich ist es so, dass die Moscheen immer und für jeden offen stehen.“
Die herkömmliche bessere Schreibung ist offenstehen.


Nach Dudenempfehlung heißt es ebenso: Fritsch dirigierte … mit inniger Liebe zu den noch Carl Maria von Weber nahe stehenden Bläsersätzen.
Die herkömmliche bessere Schreibung ist nahestehend.

Verwirrung unter den Schreibern hat auch das Verbot von Zusammenschreibungen mit „mal“ verursacht. Das mindestens seit Goethe übliche „jedesmal“ soll es nicht mehr geben. Dagegen ist „dreimal“ weiterhin „zulässig“, und „drei Mal“ bei besonderer Betonung. Bei Mengenvergleichen ist natürlich „drei Mal“ in der Bedeutung „drei Einzelereignisse“ Unfug:
[Bütikofer] Er [Struck] könnte auch sagen, dass Braunkohle-Kraftwerke, die drei Mal so viel Kohlendioxid ausstoßen wie ein Gaskraftwerk, ein Klimakiller sind und damit Wirtschaftsminister Glos widersprechen.

Das übliche „soviel“, das dem Sprachgefühl entspricht, ist „neu“ mit Verbot belegt, das aber gleichwohl ständig mißachtet wird, z.B. im Bericht von Peter Harry Carstensens Geburtstag:
Er sei dankbar, dass er so tolle Kinder und Enkelkinder habe, dass er soviel Glück gehabt habe und dass „mein Herrgott mich so gut geführt hat“.

Auf letzteres ist allerdings nicht allzuviel Verlaß, wie man an seiner Fortführung der „Rechtschreibreform“ gegen vermutlich seine eigene Überzeugung sehen kann. Den Choral „Bis hierhin hat mich Gott geführt“, singen auch die Gefängnisinsassen in einer Filmversion von Zuckmayers „Hauptmann von Köpenick“.

Carstensens Tochter Anja-Christina meint jedenfalls lt. KN: „Er fand es früher bedenklich, dass ich pubertierend mit Punkern vor der Kirche saß.“ Sie gibt zurück: Heute finde ich es bedenklich, dass er mit lauter Politikern im Landeshaus sitzt.“

Wenn man ihnen nur nicht so ununterscheidbar ähnlich würde.

Immer wieder geistern auch die veralteten Trennschreibereien der Urreform herum:

… Gelsenkirchen haben Arbeitgeber und Gewerkschaften weit auseinander liegende Positionen vorgelegt.

Sie sind schulisch wieder falsch.
Aber auch die so-genannten-Trennung verdient es nicht, weiter aufrechterhalten zu werden:

Platzt die amerikanische Immobilien-Blase?
Die US-Investmentbank Goldman Sachs schätzt in einer Studie, dass die so genannten „Subprime“-Kredite an riskante Kreditnehmer jährlich zum zusätzlichen Verkauf von 200000 Häusern geführt hätten.


Leider wird die deutsche Schreibreformblase immer noch künstlich aufgeblasen erhalten. Und selbst der Roman, der sonst auf dem neuesten (alten) Stand ist (kennenlernen, leid tun, recht haben), verwendet die Reform-Stotterschreibung von „sogenannt“, obwohl seit 2004 dafür nicht mehr der geringste Grund besteht:

Selbst Länder der so genannten Dritten Welt sind uns hier weit voraus.

Unsinnigerweise mit Totalverbot belegt ist wiederum ...

Gleich vier Neubauten liegen zur Zeit bei der Werft des ThyssenKrupp-Konzerns im Wasser …

...nach Willkür die alte Variante von „aufgrund“ jedoch nicht:

Privathaushalte und Industrieunternehmen zahlten auf Grund überteuerter Handelspreise an der Börse für jede Kilowattstunde Strom drei Cent zu viel.

Unvermeidlich auf den Kulturseiten ist vorerst anscheinend auch die Kulturbanauserie der Kultusminister, dem „Rauhen“ sein „h“ zu amputieren:

Auch Hennig Voss überzeugt mit hellem, natürlich wirkendem Altus, der an diesem Abend allerdings stellenweise etwas angeraut klingt.

Kris Kristofferson … die narrative Stärke seiner Songs, die selten die Zwei-Minuten-Marke überschreiten: raue, harte, ungezähmte Gleichnisse.

Die penetranten Schlussstriche und Messstationen übergehen wir und erwähnen nur noch, daß Frau Erdsiek-Rave sich zur Unterstützung die Leute eingeladen hat, die sowieso ihrer Meinung sind.

Gute Noten für die Regionalschule
Zufrieden über den Verlauf der Tagung äußerte sich am Ende Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave. Sie fühle sich „bestätigt in der Einschätzung, dass wir auf dem richtigen Wege sind“.


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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 13.03.2007 um 09.12

[S. 1] … VW im Spagat: Der Konzern setzt auf Sprit sparende und auf PS-starke Modelle
[S. 7] … setzt VW auch auf spritsparende Autos.

Anne Gramm schreibt in zwei Artikeln:
…. die hohe Arbeitslosenquote der Über-50-Jährigen
…. Zumindest eine Teilschuld an der hohen Arbeitslosenquote der über 50-Jährigen tragen offenbar die Arbeitnehmer selbst.


Freie Schreibe für freie Bürger. Nur die ss, die müssen sein, sonst würde die „Reform“ zusammenbrechen.

Dagegen geht es auch traditionell:

Wie Ailtons Kanone fast Kasse machte … Bieter www_isis-ic_de funkt dazwischen und erhöht auf 600 519 Euro. www_isis-ic_de hat vor kurzem bei ebay für einen Euro „Ä’s, Ö’s und Ü’s gekauft – von ron-aldo9, der zuviel davon hatte.

Hätte doch „www_isis-ic_de“ auch die „ä“s von der Neuschreibversion von behende, Quentchen, belemmert, Stengel, Gemse usf. gekauft! Dann wären wir sie los.

„Wir werden jetzt die Soldaten umgehend nach Afghanistan verlegen, um die Aufklärungslü-cke zu schließen.“

Man ist immer versucht, beim Lesen zuerst eine „Aufklärungslüge“ zu prognostizieren.

„Vor kurzem“ ist zulässige Altschreibung, „seit Langem“ empfohlene Neuestschreibung:

Dass der Süden Frankreichs mehr zu bieten hat als Küchenkräuter und schaukelnde Segelboote in der Bucht von St. Tropez, wissen Provence-Kenner seit Langem. … Die vier übrig gebliebenen von den ehemals 22 Bögen der Brücke von Avignon …

Lästig ist die völlig unberechtigte Duden-Empfehlungsschreibung von herkömmlich „übriggeblieben“.
Die fragwürdige Substantiv-Eigenschaft des „Langen“ wird deutlich in anderer Umgebung:
„Seit Langem, spätestens seit Stalingrad, war klar, daß Hitlers Ostfeldzug scheitern würde.“
Pseudo-Substantivierung auch bei Steigerung:

Torontos Bühnen gelten nach denen in New York und London als die produktivsten der Englisch sprechenden Welt. Auch Hollywood hat Toronto seit Längerem entdeckt. Viele US-Blockbuster weren wegen der niedrigeren Kosten hier gedreht.

… „der englischsprechenden Welt“ soll auch richtig sein, aber ohne Empfehlung. Hier wird Differenzierung bemüht, denn „der englisch sprechenden Welt“ soll nur richtig sein, wenn sie im Augenblick gerade englisch spricht.

„Blockbuster“ wird gewaltsam von den Privatfernsehsendern ins Volk gepreßt. Der Sinn dunkel. Mein Cassell’s Dictionary kennt nur die Übersetzung „Bezirksbombe“ – zur Zerstörung ganzer Stadtteile.
Wir haben dafür das weniger militaristische Wort „Kassenschlager“.

Fernsehen
Mit gleich zwei sogenannten Blockbustern wollen die Privaten mit Sonntagabend-Klassikern konkurrieren

„Spider-Man 2" Der schüchterne Peter studiert inzwischen Physik an der renommierten Columbia-Universität und ist mehr denn je hoffnungslos verliebt in Mary Jane Watson (Kirsten Dunst). Seine Superkräfte werden gefordert, als sich der von ihm bewunderte Dr. Otto Octavius (Alfred Molina) in den Furcht erregenden Doc Ock verwandelt - eine grauenhaft bedrohliche Mischung aus Mensch und Maschine. dpa

„Dat Otto Huus“ in Emden …bis in den letzten Winkel mit Ottifanten voll gestopft.
Falsch! „Richtig“ war es nur von 1998-2006.

… Bonbons helfen, die Ohrtrompete offen zu halten
„Richtig“ von 1998 – 2006. Seither unklar.

…. Auch das so genannte „Valsva-Manöver“ kann helfen ...
Allein „richtig“ von 1998 – 2004. Seither ist das 200 Jahre lang übliche „sogenannt“ wieder gnädigst zugelassen, wird aber von halbgebildeten Reformfreundendemonstrativ gemieden.

Über 500 Jahre Schloss in der City
… Unter Kurfürst Friedrich III., ab 1701 König Friedrich I. in Preußen, wurde das Schloss aufwendig zur Königsresidenz ausgebaut. Ab 1699 gestaltete Andreas Schlüter den bedeutendsten Profanbau des protestantischen Barock. … Im Zweiten Weltkrieg wurde das Schloss durch Bomben schwer beschädigt, aber es war als Veranstaltungsort noch zu nutzen. Ende 1950 wurde es auf Anweisung von Walter Ulbricht gesprengt.


Eine Kulturbanauserie ähnlich der „Rechtschreibreform“ der Kultusminister.

Doch der Durchbruch für den Wiederaufbau des Hohenzollernschlosses scheint geschafft. [..]
Im April wird der Architektenwettbewerb ausgelobt. 2010 soll Baubeginn sein, schon drei Jahre später könnte das neue Schloss in der Kubatur des alten Gebäudes stehen….

Nichts schien sich zu bewegen. Denn auch an Gegenargumenten war kein Mangel: Gegner warnten, der Bau sei ein Zeichen reaktionärer Gesinnung,


Auch die Rekonstruktion des Frankfurter Römers sollte so verhindert werden. Selbst der renommierte Architekturkritiker Manfred Sack sprach von „Architekten, die sich für derlei hergeben.“

So bleibt die Hoffnung auf Rekonstruktion unserer guten alten Rechtschreibung auch in Schulen und Zeitungen, wenn erst die traditionsfeindlichen Ideologen ausgestorben sind.

Bis dahin fälscht man munter alte Zeitungstexte in die „gültige“ ss-Rechtschreibung um:

Vor 75 Jahren ging es hoch her: Wahl des Reichspräsidenten

Vor 75 Jahren gab es in Eckernförde nur ein Thema: die Wahl des Reichspräsidenten am 13. März 1932. … „Reichlich 100 Personen" besuchten nach Zeitungsangaben die Wahlveranstaltung. Dort begrüßte Stahlhelm-Ortsgruppenführer Wulff die Zuhörer mit dem Hinweis, „dass man als Elite heute bezeichnen müsste die Männer, die einsatz- und opferbereit wären und das wären alle Stahlhelmer". Gleiches gelte allerdings auch für die Männer von SS und SA, „die mutig und furchtlos ihre Zugehörigkeit zu solchen Formationen jedermann gegenüber frei bekennen"…


Als dann zwei Jahre später eine Volksabstimmung über Hitlers Machtergreifung erfolgte, wurden Gegenstimmen unterschlagen, etwa die aus meiner Familie.
Heute haben es die Politiker leichter: Sie annullieren einfach einen Volksentscheid und simulieren so die hundertprozentige Zustimmung der Schleswig-Holsteiner.

Oder so:

„Gemeinden werden unter Druck gesetzt"
Anke Pischke-Sarp stimmte gegen Teilnahme an der Aktiv-Region
Goosefeld - „Das ist doch keine Demokratie. Ich sage ganz klar nein."


Aus dieser KN-Ausgabe gäbe es noch viel Schreibliches zu berichten – etwa, daß in der Bridge-Ecke die vielen Asse in „Assschreibung“ eine ganze kurze Zeile mehr Platz benötigen – aber wir müssen hier abbrechen.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 12.03.2007 um 10.32

Bei der Durchsicht der Kieler Nachrichten bin ich auf den Eingang abgelegter Ausgaben angewiesen.
(Dank an die mildtätigen Spender!)
Daher etwas verspätet ein Blick in die

Kieler Nachrichten v. 08.03.07

Paris – Die große humanitäre Geste war ihm ein Gräuel, die Demokratie ein virtuelles Schattenspiel und die Warenwelt ein Schein: In einem halben hundert Werken hat der französische Soziologe und Philosoph Jean Baudrillard die schwindende Wahrnehmung der Realität und ihre Verzerrung in den Medien analysiert. … Für Baudrillard war die Freiheit der Verbraucher ein Schein. …
„Die intellektuelle Feigheit ist die wahre olympische Disziplin unserer Tage.“

„Man muss intelligent mit dem System leben und sich gegen seine Folgen erheben,“ war Baudrillards Motto.
(Zum Tode Baudrillards)

Und ein bißchen Schreibgeschichtsfälschung:

Nur einer Deutschen gelang bisher Platz: Nicole mit „Ein bisschen Frieden“
… die einzige deutsche Gewinnerin Nicole („Ein bisschen Frieden“, 1982)


Springers wollten sich durch den Kotau vor der Zehetmairschreibe offensichtlich gutstellen mit den Politikern für die weiteren Pläne:

Springer sieht im Internet-Fernsehen die Zukunft. … Nach der gescheiterten Übernahme von ProSieben-Sat.1 werde Springer die Aktivitäten für das so genannte IPTV ausbauen, sagte Vorstandsvorsitzender Mathias Döpfner gestern in Berlin.

Der Roman meidet Reformexzesse: Der beste Polizist, den ich je kennengelernt habe.
Unvermeidlich anscheinend aber die
20-Jährigen …

Kieler Nachrichten v. 09.03.07

Pünktlich zum Schulgesetz in S-H kommt Schützenhilfe von den „Experten“:

Experten fordern radikalen Umbau des BildungsSystems
… Die Experten verlangen unter anderem eine Kindergartenpflicht ab dem vierten Lebensjahr, ein zweigliedriges Schulsystem und eine befristete Anstellung von Lehrern.
[…]
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisierte die Vorschläge als „widersprüchlich und unausgegoren". Mehr Ganztagsschulen und zusätzliche Investitionen in die Bildungen seien richtige Forderungen. Aber Schulautonomie oder Privatisierung vergrößerten die Ungerechtigkeit im Bildungssystem. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, wandte sich gegen eine Zusammenlegung von Haupt-und Realschulen. Dies würde zu einer massiven Überforderung bei einem Drittel der Schüler und einer massiven Unterforderung bei einem anderen Drittel führen. afp



„Symbolpolitik mit Irrweg"
Neues Schulgesetz sorgt auf breiter Front für Unmut und Widerstand
Eckernförde - Das neue Schulgesetz ist beschlossen - die Kritik indes immens groß. Insbesondere der Deutsche Philologenverband (DPhV), der Deutsche Elternverein (DEV) und der Verband Deutscher Realschullehrer (VDR) sehen in der Neuordnung eine klare Benachteiligung von Schülern und Lehrern.

[…]Am Mittwochabend hatte der Schleswig-Holsteinische Elternverein in das Eckernförder Schulzentruni eingeladen, um über die Problematiken des Schulgesetzes zu diskutieren.

Das Podium, darunter auch Veranstalter Ulrich G. Kliegis (Elternverein DEV)
und Helmut Siegmon vom Philologenverband, äußerte sich zudem kritisch über die häufig euphorisch genannten skandinavischen Vorbilder wie beispielsweise Finnland. „Finnland taugt nicht als Vorbild", meinte Siegmon. Dort wäre die durchschnittliche Klassenstärke mit zwölf bis 15 Schülern erheblich geringer, die Betreuung durch Lehrer, Assistenzkraft und zusätzliche Spezialpädagogen deutlich aufwändiger - und teurer. „Auf jeden Lehrer kommen dort nur vier Schüler - wie sollte das bei uns finanziert werden?", fragte Siegmon, der zugleich kritisierte, dass in Finnland zwar die schwächeren Schüler gefördert, die Hochbegabten jedoch nicht unterstützt würden.
Das Schulgesetz sei Folge einer „Symbolpolitik mit Irrweg", fand Kliegis, der mit seinem Verein einen Volksentscheid herbeiführen möchte, um das Schulgesetz doch noch zu kippen. Denn nicht nur inhaltlich schieße das Gesetz am Ziel vorbei, auch finanziell sei es nicht zu realisieren - eine Einschätzung, die auch Klug teilte….


Wenn schon das dass-Deutsch unvermeidlich erscheint: Die alberne aufwändig-Schreibung muß nicht sein, wie an anderer Stelle vorgeführt wird:

aufwendige Bau- und Restaurierungsarbeiten

Volksentscheide werden auch anderswo angestrebt – jedoch seit 1999 immer unter der Drohung, daß die Politiker die demokratischen Ergebnisse nach Laune verbiegen oder annullieren:

Volksinitiative: Entscheidung nicht vor Mai
Kiel - Es hatte gerade einmal sechs Wochen gedauert, bis die in Dithmarschen gestartete Volksinitiative gegen die Zwangsfusion von Kreisen mehr als 30 000 Unterschriften zusammen hatte. Das weitere Verfahren dauert dafür umso länger.
[…]
Dass die gesetzliche Hürde von 20 000 genommen wurde, ist inzwischen offiziell bestätigt.


Daß das Dass-Deutsch zu vermehrten Fehlern führt, merkt man wegen der Automatikkorrektur in den Zeitungen immer seltener. Ein Fehler rutscht in den KN immer wieder durch – barfuss:

Lachen hoch drei im Kieler Comedy Club
Guy Landolt, … kommt mit seinem ersten Solo-Programm Popcomedy nach Kiel. Darin schildert er seinen steinigen Weg zum Popstar-Ruhm, den er zu allem Überfluss auch noch barfuss zurücklegen muss. Selbstironisch und auch rundum kräftig austeilend springt Landolt vom Lampenfieber über selbst gebastelte Fernbedienungen zu Pornokanälen in Hotels und außerirdischen Nervensägen….


Tip > Tipp wegen „tippen“. Warum nicht Pop > Popp wegen poppen? Der Volksetümologe Prof. Augst würde sicher seinen Segen erteilen.

Den übrigen Kleinkram übergehen wir, aber erwähnen noch:

„In den Ruinen von Berlin“ zeigt, wie es nach dem Zweiten Weltkrieg wirklich in Berlin zuging.
… Die Idee für eine Dokumentation entstand während der Vorarbeit für den Thriller „The Good German“. Der in Schwarz-weiß gedrehte Kinofilm ….


… ein Kompromiß aus der vom Duden empfohlenen Neuschreibung „Schwarz-Weiß“ und der auch noch als zulässig geführten Altschreibung „Schwarzweiß“. Ja, wenn selbst -Jährige und -Fache als zweiter Teil großgeschrieben werden sollen …

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Detlef Lindenthal am 06.03.2007 um 09.28


Detlef Lindenthal schrieb:

Sigmar Salzburg schrieb:
... nie solche Bastard-Orthographie ...
Ist das nicht ein Widerspruch in sich? Müßte es nicht richtiger heißen Bastardographie?
O, null Gugel für Bastardographie – mir ist ganz feierlich zu Mute.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Detlef Lindenthal am 06.03.2007 um 09.26


Sigmar Salzburg schrieb:
... nie solche Bastard-Orthographie ...
Ist das nicht ein Widerspruch in sich? Müßte es nicht richtiger heißen Bastardographie?
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Sigmar Salzburg am 04.03.2007 um 21.42

Fast möchte man meinen, es habe der Fotograf, der die Bildunterschrift auf Seite 17 Kultur/Szenen verfaßt hat, hier mitgelesen und ein Einsehen gehabt:

[Bild: Sting mit Chitarrone¹]
Rauhe Stimme und Lauten-Schlag: Sting auf Renaissance-Trip.
Leider wird das im Text nicht wiederholt:
… Sting mit seinem Dowland-Projekt in der Musikhalle
Hamburg - Am Ende ist der Brückenschlag gelungen, eine 90-minütige Versöhnung aus U- und E-Musik, eine Unterrichtsstunde in Renaissance, bei der Sting in der ausverkauften Musikhalle mehr Schüler denn Lehrer ist.

Von Tamo Schwarz

Für Sting liegt der Pop längst im Sterben. So nahm er Gesangsunterricht an der Schola Cantorum in Basel und ließ sich an der Laute unterweisen. Das Resultat besticht und enttäuscht gleichermaßen - durch Werktreue. Der 55-jährige Gordon Matthew Sumner
[Sting] ist es nämlich, der die Musik des [unbewiesen] irischen Komponisten und Lauten-Virtuosen John Dowland (1563-1626) für sich entdeckt und die Stücke vom Album Songs From The Labyrinth mit dem bosnischen Lautenisten Edin Karamazov auf die Bühne gebracht hat.

Karamazovs 20-minütige Ouvertüre, Bachs
Toccata und Fuge in d-Moll, wirkt zunächst deplatziert.
Bach schrieb zwar einmal „Pièces pour la Luth“, aber nie solche Bastard-Orthographie.
Später wird er Halt sein für Sting, der unter dem Jubel der 1600 die Bühne betritt, mit Stehkragen und Lackschuhen. Einige Male greift Sting selbst zur Bass-Laute, scherzt in charmantem Deutsch: „Den schwierigen Teil habe ich gerade gespielt."

Die Liebhaberei in diesem Projekt ist authentisch, und doch mutet der Hauptteil des Konzertes wenig strukturiert an. Briefpassagen Dowlands, der unter anderem die Nichtbeachtung am Hof Elisabeth I. beklagt, schweben blass im Raume, entziehen sich des kontextualen Verständnisses
[!]. Musikalisch harmonieren Karamazov (mit starken Intermezzi) und Sting. Besonders ein Stück wie In Darkness Let Me Dwell entfaltet sich neu durch verhaltene Agogik, durch die Angerautheit, die kratzenden Flimmerhärchen der Stimme. …
Es ist immer wieder faszinierend zu sehen, daß sich die englische Rechtschreibung seit dem 17. Jahrhundert kaum verändert hat, obwohl sie eigentlich den Sprachstand des 14. Jahrhunderts wiedergibt. Die deutschen Reformbetriebsamkeiten müssen den Engländern geradezu absurd vorkommen – und völlig traditions- und rückgratlos.

Das ficht so eine eiserne Reformlady wie die Schreibver-Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave nicht an. Diesmal wird ihr in den KN die Rubrik „Mein Tipp“ überlassen, die einmal „Mein Tip“ hieß, wie oben „Renaissance Trip“ – bis Leute ihres Schlages meinten, deutsche Schüler wären überfordert, das zu lernen. Die Programmempfehlungen sind nicht sehr originell, aber sie „outet“ sich:
... Wieder zu Hause, erwische ich vielleicht noch die letzten Ausläufer des Grand Prix Vorentscheid (ARD, 20.15 Uhr). Ich bin ein Fan von Sänger Heinz Rudolf Kunze, und bei seinem Konkurrenten Roger Cicero klingt doch zumindest der Titel seines Liedes viel versprechend: „Frauen regier'n die Welt."
In ihrem Fall kann man nur sagen „leider“, denn sie hat zusammen mit der Kieler Parlamentarierbande einen erheblichen Anteil daran, daß die „Neue Rechtschreibung“ dem demokratischen Volksentscheid zuwider immer noch den Schülern eingebleut wird.

Über Heinz Rudolf Kunze wurde aus Hape Kerkelings Duden-Werbesendung „Deutschtest“ auf RTL 2005 von anderer Seite berichtet:
… Er hatte in sein Diktatheft einige Bemerkungen gegen die Reform hineingeschrieben (und auch die Forderung, ihn nach bewährter Rechtschreibung zu korrigieren, die Hape Kerkeling dann vorlas. Es gab Beifall vom ganzen Publikum. Kunze erläuterte seine Position kurz und erwähnte, daß sein nächstes Buch natürlich in der alten Rechtschreibung herauskäme.
Das „viel sprechend“ der Ministerin (oder das ihrer „Gostreiterin“) beweist, daß sie noch nicht auf dem letzten Stand der Entwicklung ist. Und auch in ihrem Ministerium gibt es (nur ganz) „allgemein bildende Schulen“.

—––––—

¹) Der korrekte Name für diese Laute mit Baßsaiten und veränderter Stimmung ist „der Chitarrone“ oder „die Theorbe“ (tiorba). Sie wurde von Dowland nicht verwendet. Die ersten zu seiner Zeit aus Italien eingeführten Instrumente wurden für eine Geheimwaffe der Papisten gehalten.
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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.03.2007 um 18.15

Hier verpetzen wir wieder die Lösung des …

LITERATURRÄTSELs
Wer schrieb was?


Was ich am liebsten mochte, war Gemüse und Schweinefleisch. Ich glaube, deshalb bin ich so alt geworden; durch das Schweinefleisch. Jeden Tag aß ich es, und nie hat es mir geschadet. Um Ferkelchen zu fangen, ging ich nachts zu den Bauernhöfen und paßte auf, daß mich keiner hörte. Ich griff mir das erste, das ich sah, am Hals, und mit einem fest angezogenen Seil legte ich es mir über die Schulter und rannte weg, und dabei hielt ich ihm gut die Schnauze zu.

Das waren noch Zeiten, als man in der Buchhandlung unbesehen solche Bücher kaufen konnte, ohne durch die neue Stussschreibung ständig an den heimtückischen Anschlag auf die Rechtschreibung erinnert zu werden. Der Rätselmacher schreibt zur Erläuterung:

Ob es nun das reichlich genossene Fleisch von Schweinen oder der mysteriösen jutías war, dass der der Sklaverei entlaufene Mann bereits einhundertvier Jahre auf dem Bu-ckel hatte, als er seine Geschichte dem kubanischen Autor erzählte, soll hier nicht entschieden werden. Dieser, ein Ethnologe und Schriftsteller, dessen Interesse zunächst dem Überleben afrikanischer Religionen in Kuba galt, brachte den ehemaligen Sklaven, der sich Jahre lang in den Wäldern versteckte, jedenfalls zum Erzählen, In ein Erzählen, dessen Zeitsprünge und Abschweifungen er in eine Form brachte, die erfolgreich den Versuch unternimmt, den Duktus der mündlichen Erzählweise beizubehalten und ihm trotzdem eine einigermaßen geordnete Struktur zu geben. Da es auf Kuba, wie der Autor schreibt, sehr wenig Dokumente gibt, die das Leben der Sklaven vor und nach ihrer Flucht belegen, machte der Tatsachenroman Furore.

Miguel Barnets Buch „Der Cimarrón“ erschien 1966. Vier Jahre später vertonte Hans Werner Henze Textteile als dramatische Erzählung, in der Bearbeitung von Hans Magnus Enzensberger.

Ich habe noch im Ohr, wie der alte Sklave Esteban Montejo schwärmt, früher seien die Frauen ganz anders gewesen. Allerdings waren in der Gesellschaft der Entrechteten die Sitten sicher nicht denen in ihrer ursprünglichen afrikanischen Heimat vergleichbar.

Enzensberger wurde in dieser Reihe schon mehrfach genannt.

Der Text kam Henzes damaliger politischer Einstellung entgegen. Auch musikalisch hatte er sich längst aus der Zwölfton-Sklaverei befreit. Inzwischen hat er das achtzigste Lebensjahr überschritten.


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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.03.2007 um 08.46

KN v. 26.02.07
Ursula von der Leyen: Damit würden ältere Eltern, die steuerrechtlich als kinderlos gelten, „im nachhinein dafür bestraft, dass sie ihr Leben lang Zeit und Geld in die Kinder investiert haben und fürs Alter nichts zurücklegen konnten“.

Konfuse ä-Reformer: Wenn schon behände, belämmert, Gämse ...dann auch „ältere Ältern“.

Die Diskussion um den Nichtraucherschutz produziert auch massenhaft umfunktionierte „Stengel“. Die „Stenge“ der Seemannssprache durfte ihr „e“ behalten. Warum?

Und nun die Bayern, denen die Maß offenbar ohne Glimmstängel nicht so richtig schmeckt.

Die alte Schreibung „Maß“ wurde jedem gerecht. Jetzt muß die Schreibung „Mass“ oder „Maß“ nach Maß des Sprechers angepaßt werden.

Schon seit sieben Jahren weiß E.ON, dass wir in Schleswig-Holstein drei verstärkte Stromt-rassen von zusammen 120 km im 110 kV-Bereich dringend brauchen …

Regelrechte Trennung – wie „he-rab“ und „vol-lenden“.

Der kastrierte Kater von Herrn Beck
Berlin
- In der Debatte über die harsche Kritik des Augsburger Bischofs Walter Mixa an der schwarz-roten Familienpolitik hat SPD-Chef Kurt Beck mit einem Scherz die Wogen noch ein wenig höher schlagen lassen. Bei der SPD-Programmkonferenz in Berlin brachte er über 800 Zuhörer mit einer karnevalistisch anmutenden Anekdote zum Lachen, die als Vergleich des Kirchenmannes mit einem kastrierten Kater gewertet wurde. „Eine einsame Frau hat sich einen Kater gekauft, der jeden Abend auf die Balz geht. Jetzt habe ich einen Kater, und bin dennoch einsam", klagt die Frau gegenüber ihrer Freundin. „Lass ihn kastrieren", rät diese. Doch als die beiden sich nach Wochen wieder treffen, beklagt sich die Frau erneut über ihre Einsamkeit. „Hast Du ihn denn nicht kastrieren lassen?" Die Frau: „Doch. Er kann zwar nicht mehr. Aber er berät jetzt." … dpa


Beck selbst reagierte auf dergleichen empfindlich und klagte im letzten Juli, als "Titanic" unter Becks Bild geschrieben hatte: "Problembär außer Rand und Band - Knallt die Bestie ab!" – in Erinnerung an das Ende von Bruno, dem Bär in Bayern. Von der Diskussion der „Rechtschreibreform“ rät Beck ab – als „nicht zeitgemäß“. Das richtige „du“ trifft dpa aber immer noch nicht.

Der Fortsetzungsroman meidet alle unverbindlichen Neuerungen.
„Georg, es tut mir so leid.“„Ich dachte, es wären die anderen.“ „Welche anderen?“ Sie brach in Tränen aus.

Soweit sind die anderen Schreiber noch nicht. Sie lassen noch „Pleite gehen“, wie andere ihre Hunde „Gassi gehen“ lassen:

Der Pleite gegangene DRK-Kreisverband Plön bekommt möglicherweise doch noch einen Nachfolger.

Die Reederei, die das Schiff damals ursprünglich bestellte, war damals Pleite gegangen.

Schließlich haben wir noch ein Exemplar der allerneuesten Reformschreibung:
Solche Gemächer passen auch zu einer Königin, die als Working Girl des 21. Jahrhunderts im formellen Business-Anzug ihr Kompetenzteam empfängt: Burleigh (Peter Jordan), den gewieften Strategen, der die Rechte beugt, wie es gerade nottut.

Die nuttige Entschärfung des reformierten „Not tut"(not tut) geht wohl auf den renegaten Ex-Reformer und Schreibratsherrn Peter Eisenberg zurück, der sich jetzt in einem Vortrag vernichtend über die „Reform“ geäußert haben soll und ihren fast vollständigen Untergang prophezeit. (NDR Klassik am 25.2.07?)

Wir übergehen einige sinnlose Auseinanderschreibungen und erwähnen nur noch:

Heute aber… ist das etwas Anderes

Der Duden 2006 „empfiehlt“ Kleinschreibung, führt aber auch die obige Großschreibung an, die eigentlich als nie üblich im Rotdruck hätte erscheinen müssen. Im Duden 2004 gab es diese verrückte Neuerung noch nicht.

In den KN v. 24.02.07 läßt Klaus Kramer ganz unnötig das Recht des Bischofs groß herauskommen:

Wo der Bischof Recht hat
Frauen als „Gebärmaschinen" zu bezeichnen, ist eine schlimme Entgleisung. … Die Krippen-Offensive Ursula von der Leyens legt allerdings den Schluss nahe, dass es ihr mehr um die Selbstverwirklichung der Mütter als um das Wohl der Kinder geht. Es wird nämlich im Moment fast ausschließlich darüber diskutiert, wie Mütter Familie und Beruf miteinander vereinbaren können. Das ist zweifellos notwendig, lässt aber die mindestens ebenso dringliche Frage außer Acht: Wie sollen Kinder erzogen werden, damit sie den Anforderungen der Zukunft gewachsen sind?


Auch die „Acht“ muß nicht mehr groß sein, aber jeder soll sehen, daß hier kein Reformloser schreibt. Seit die große Acht (Aufmerksamkeit, Fürsorge) mit der Reform reanimiert worden ist, wird sie im Duden seltsamerweise als „veraltet“ abgewertet. Warum mußte dann die Kleinschreibung (als verblaßtes Substantiv) überhaupt rückgängig gemacht werden?

Assig“ ist ein Begriff, der unter Fans gerne die Runde macht und im Grunde nichts anders bedeutet als ein beliebtes Zusammenspiel aus prollig und Drei-Akkorde-Schema. Psychopunch ist genau das: so richtig schön „assig“.

Da steht der Nicht-Freak ratlos da und weiß nicht: Soll das von amerik. „ass“ (Arsch) abgeleitet sein oder von neudeutsch „Ass?

Auf jeden Fall wird dankbar vermerkt, daß auf der Kinderseite im „Journal“ die jungen Leser zwanzigmal mit einem großen „Du“ angeredet werden. Obwohl die dummdreiste Kleinreformierung nicht zurückgenommen wurde, hat man die Freigabe doch als vollständige Rücknahme der neuen Unhöflichkeitsschreibung verstanden.

KN v. 23.02.07

Es hast dazu geführt, dass sich der vom kommunistischen Parteiführer kürzlich als „Ekel erregend“ bezeichnete Silvio Berlusconi theoretisch wieder Chancen auf das Amt des Ministerpräsidenten machen kann.

Nebenbei werden wir praktisch in jeder KN-Ausgabe mehrfach mit den Schluckstörungen des „so genannten“ belästigt.

Den äußerst seltenen Fall, in dem auch nach den konventionellen Schreibregeln drei Konsonanten stehenbleiben sollten, finden wir hier:
Die Band selbst lieferte diesbezüglich die wohlklingende Bezeichnung für die Schnapppresse: „skandinavischer Jazz mit kubanischen Anklängen und einer leichten Rock’n’Roll-Attitüde“.

Unverständlich bleibt, warum der „Delphin“ nicht seinen international üblichen ph-Wert behalten sollte:

Der in der Nacht zum Mittwoch nahe Florö aufgelaufene Minenjäger wurde von dem Ankerziehschlepper „Bourbon Dolphin“ befreit… die Vermutung, dass auf der „Grömitz“ bei der Navigation etwas schief gelaufen ist, erhärtet sich aber.

Dagegen ist hier denglischer Einfluß zu vermuten:

… „das Essen ist fantastisch“

Phantasie mit „f“ ist nämlich nicht phantasievoll, anders als der Einfall des Kapitäns, aus Verzweiflung habe er „sogar“ gebrannten Schnaps getrunken:

Prozess um Kollision im Ostuferhafen
Am Ende rettete den Angeklagten die Behauptung, er habe selbst gebrannten Schnaps aus den Beständen seiner polnischen Matrosen getrunken.


Jeder kennt den Bibelspruch: „Die Ersten werden die Letzten sein“ – gemeint ist der gesellschaftliche Rang. Die neue Flachschreibe verwendet diese Heraushebung durch Großschreibung jetzt auch für gewöhnliche Reihenfolgen:

Das Szechenyi-Bad in Budapest" (Arte, 18.30 Uhr) Um sechs Uhr morgens stehen
die Ersten schon vor derTür, etwas später genießen sie, im 36 Grad warmen Thermalwasser liegend, die Pracht. Um zehn Uhr abends müssen die Letzten aufgefordert werden, zu gehen.


Acht Jahre, nachdem der unglückselige dpa-Bearbeiter der „Reform“, Albrecht Nürnberger, mir gesagt hatte: „Für mich steht die allein stehende Frau als Beispiel für Schwachsinn obenan....“ geistert sie immer noch durch die Presse.

Gaby Dohm (63) … {ARD, 20.15 Uhr) … ist Chefeinkäuferin in der Modebranche, Mutter einer erwachsenen Tochter, Großmutter zweier jugendlicher Enkelkinder und allein stehend dpa

Dagegen kennt der KN-Roman sowohl Joghurt als auch kennenlernen.

Flauer-Power spricht dagegen mit kastriertem „h“:

Fährunglück vor Java
Wie viele Menschen an Bord waren, blieb zunächst unklar, mindestens hundert seien in rauer See von Bord gesprungen.


KN v. 22.02.07

Süßigkeiten sollte nicht verboten, aber eingeschränkt werden, so Christiane Hohbohms Antwort auf eine oft gestellte Frage. „Eine Kinderhandvoll täglich darf möglichst auf einmal genascht werden, was schmeckt – das ist ein gutes Maß.“

Hier kann man sogar die „Handvoll“ erweitern – obwohl „eine Kinderhand voll“ auch nicht so verkehrt wäre wie in der folgenden Steinzeitreformschreibung, die auf eine Sendung mit der peinlichen Sonya Kraus hinweist:

Heute zeigt ihr Heimatsender die Komödie „War ich gut?“ (ProSieben, 20.15 Uhr), in der eine Hand voll Mittdreißiger darüber diskutiert, wie und ob Frauen ihren Orgasmus nur vortäuschen – und das über eine Länge von 90 Minuten. … Ihren Geschäftssin will sie weiter entwickeln. dpa

Weitere Glimmstängel und den überschwänglichen Kampf dagegen übergehen wir und erwähnen nur noch, daß „sogar“ ernannte Psychologen ratlos waren beim

Seelen-Striptease der Britney Spears
Echte und selbst ernannte Psychologen suchten nach Erklärungen.




– geändert durch Sigmar Salzburg am 02.03.2007, 18.12 –
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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.02.2007 um 14.34

Chaos-Tage in der Hamburger SPD
Wahlmanipulation: Frage nach dem Spitzenkandidaten für die Bürgerschaft

[…]
„Rücktritt, Rücktritt", riefen frustrierte SPD-Mitglieder, nachdem der Landesvorsitzende Mathias Petersen am Sonntag kurz vor halb 10 im Kurt-Schumacher-Haus eingestehen musste, dass die sich seit Wochen wie Kaugummi hinziehende Frage nach dem SPD-Spitzenkandidaten weiter unbeantwortet bleibt. 11500 Mitglieder waren zu den Wahlurnen gerufen worden, rund die Hälfte nahm an der Befragung teil. Am Ende der quälend langen Stimmenauszählung war das Desaster perfekt: Von 1459 abgegebenen Briefwahlstimmen waren rund 1000 „nicht auffindbar", erklärte Petersen zerknirscht und vermutete einen „kriminellen Hintergrund". Neben dem Arzt aus Hamburg-Altona stand die konsternierte Konkurrentin Dorothee Stapelfeldt, die wiederholt zu Protokoll gab, wie „entsetzt" und „fassungslos" sie sei. Die beiden selbsternannten [!] von-Beust-Herausforderer sahen aus wie begossene Pudel, …

Liebe Hamburger SPD-Genossen, machen Sie sich doch wegen der 1000 unterschlagenen Stimmen keine Sorgen. Man sieht es doch nicht mehr so eng mit der Demokratie: In Schleswig-Holstein wurde sogar eine Mehrheit von 885511 Bürgerstimmen gegen die „Rechtschreibreform“ von Ihren Parteigenossen und den willfährigen Parlamentskollegen der anderen Parteien unterschlagen, und der Betrieb läuft immer noch wie geschmiert.

Etwas anders und doch verblüffend war es auch zu sehen, wie die Schülereltern, die mehrheitlich gegen diese „Reform“ waren, ihre Klassenelternräte wählten, die dann in einem obskuren umgekehrten Schneeballsystem über Schulelternräte, Landeselternräte den Bundeselternrat bestimmten, der sich dann regelmäßig als von eifrigen Reformgenossen gekapert erwies und dann in ihrem Namen zur Durchsetzung der „Reform“ aufrief. Zu ihnen gehörte auch Renate Hendricks, die heute ihren Auftritt in Lübeck hat:

Schulkinder in der „Traditionsfrist"
Tipp In ihrer Vortrags- und Diskussionsreihe „Wie Schule gelingen kann" lässt die Lübecker Organisation „Die Gemeinnützige" am morgigen Mittwoch eine prominente Elternvertreterin zu Wort kommen. Renate Hendricks (Foto) aus Bonn wird aus der Perspektive einer fünffachen Mutter und „Elternaktivistin" über ihre Sicht auf das deutsche Schulsystem berichten. Die charismatische und engagierte Diplom-Sozialpädagogin, die bis 2005 Bundeselternbeirats-Vorsitzende war und jetzt als SPD-Mitglied im Landtag Nordrhein-Westfalens sitzt, gilt in Bildungsfragen als kompetent, unabhängig, hartnäckig, konsequent und querdenkend. „Die Traditionsfrist unserer Kinder - warum das Schulsystem so ist, wie es ist", lautet das Thema ihres Vortrags. Im Anschluss ist eine Diskussion vorgesehen. Text/Foto hfr

28. Februar, 19.30 Uhr. GroßerSaal im Gesellschaftshaus der Gemeinnützigen, Königstraße 5, Lübeck. Eintritt frei. Infos Tel. 0451/75454 und http://www. die-gemeinnuetzige. de


Theodor Ickler erwähnt z.B.:

Renate Hendricks, die Vorsitzende des Bundeselternrats, fester Bestand der „Verbändeallianz“ der Schulbuchverleger, richtete am 13.8.2000 einen Brief an den KMK-Präsidenten Willi Lemke, in dem sie ihn um unnachgiebige Durchsetzung der Reform bat.

Er schien wohl ein unsicherer Kandidat zu sein.

Bremens Bildungssenator Lemke zur „Rechtschreibreform“: „Ich spreche nach den alten Regeln fehlerfrei Deutsch. Na ja, fast fehlerfrei. Aus Zeitgründen kann ich mich da jetzt nicht einarbeiten.“...Und da ihm selbst „die Notwendigkeit für diesen Schmarrn fehlt“, hätte er seinen Bremer Schülern die Reform wohl liebend gern erspart.... Lemke findet die ganzen s-Geschichten wesentlich schlimmer und drei gleiche Buchstaben in der Mitte bereiten ihm „eine Gänsehaut“. (Bremer Nachrichten, 18.8.99).

Nun ist der stehende Vorwurf der Reformeiferer an die Gegner der „Reform“: „Es gibt Wichtigeres.“ In Wirklichkeit gibt es für die Reformbetreiber nichts Wichtigeres, und dies ist nur ein Trick der Durchsetzung, um den Widerstand erlahmen zu lassen.

1995 z.B., in der Vorlaufsphase der „Reform“, war unter vielen eins der wichtigen Anliegen der Reformkommission, aus „Greueln“ die jetzt immer noch unernst wirkenden „Gräuel“ zu machen, während sie gleichzeitig reale Wirklichkeit waren. Nun muß die Zeitung über die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofes berichten:

Die Gräueltaten in Srebrenica wurden bereits vom Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag als Völkermord klassifiziert. … Die bosnischen Muslime wollten erreichen, dass die Kriegsgräuel insgesamt als Völkermord gebrandmarkt werden. (KN)

Andererseit zerfällt das Reformkorsett, wenn Peter Gärtner über den mit dem Oscar gekrönten Stasi-Film „Das Leben der Anderen“ schreibt: Die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen ist davon überzeugt, dass unzählige Menschen durch den Film erst verstanden hätten, welche katastrophalen Auswirkungen das Stasi-System durch „die subtile Unterwanderung des Alltags" in der DDR gehabt habe. In das überschwengliche Lob der Bundesbeauftragten mag Peter Alexander Hussock nicht einstimmen. Als „zweischneidig" empfindet der Vorsitzende des Opfervereins Help die Auszeichnung für das DDR-Drama in Los Angeles.
Denn einerseits habe der Film über das eher seichte Leben eines Künstlerehepaares nur wenig mit dem rauhen Alltag unter dem Regime der SED zu tun.


Die ausnahmsweise Großschreibung „Andere“ finde ich hier vertretbar, denn das grenzt die „subtilen Unterwanderer“ deutlicher von den anderen Bürgern ab.

Dagegen meint man bei dpa noch, es sei Schwindel erregend, was andere längst meiden:

Bangladesh Flammen-Inferno im Hochhaus
Augenzeugen sagen, mehrere andere Menschen seien ebenfalls gesprungen, hätten aber überlebt, oft mit Verletzungen. Andere seilen sich wagemutig mit Kabeln aus Schwindel erregender Höhe herab.


Klaus Kramer, stellv. Chefredakteur der KN, schreibt zu den Ideen einer Kindergeld-Reform der einen Regierungspartei etwas Richtiges, was sich auch auf die Schreibreform ausdehnen läßt:

Gute und schlechte Kinder
Das also ist das Ergebnis der sozialdemokratischen Großoffensive zugunsten von Familien: Sie bekommen keinen einzigen Cent mehr als bisher. Im Gegenteil: Familien, die sich für eine häusliche Betreuung ihrer Kinder entscheiden, zahlen drauf: mit einem Abschlag vom Kindergeld und mit dem Verzicht auf Steuervorteile. Die sechs Milliarden Euro, auf die sie verzichten sollen, kommen Eltern zugute, die sich dafür entscheiden, die Erziehung ihres Nachwuchses an den Staat abzutreten. Familien zahlen für Familien. Das nennt die SPD dann Solidarität. Da sage noch einer, den Sozialdemokraten sei jedes Kind gleich viel wert. Nein, ihnen geht es nicht um Wahlfreiheit zwischen Hort und Heim. Ihnen geht es darum, die Freiheit der Eltern einzuschränken, weil sie ihnen eine verantwortungsvolle Erziehung der Kinder nicht zutraut.


Mit der nicht bestellten Schreibumerziehung in der Schule wird dann die Enteignung der Kinder fortgesetzt. Im übrigen brauchen wir nur festzuhalten, daß die Milliarden, die die SPD am Kindergeld einsparen will, in etwa gleicher Höhe schon mit der „Rechtschreibreform“ entropisch verheizt worden sind.



– geändert durch Sigmar Salzburg am 01.03.2007, 09.46 –
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eingetragen von Sigmar Salzburg am 24.02.2007 um 13.31

Außer den leidigen Fünf (ss, Jährige, ck/st, aufwändig, so genannt) fielen folgende exhumierte oder veraltete Neuschreibungen auf oder ihre mißratene Form:

Klaus Kramer versucht es wieder: Der Absatz von Kraft strotzenden Karossen, die nur noch nachts zwischen zwei und vier auf der Autobahn ausgefahren werden können ist deutlich gestiegen.

Sein Kollege spaltet gehorsam: Bleibt abzuwarten, wie viel den Nachbarn im Norden der Sprung über den Fehmarnbelt wert ist.
Die Kosten der Brücke werden auf 1,5 Mrd. Euro geschätzt. Drei bis vier solcher Brücken hat man also mit der „Rechtschreibreform“ in den Sand gesetzt, die der Wirtschaft im Norden einen vielfachen Gewinn gebracht hätten.

„Wen wir heute in ganz Europa den Luftverkehr stilllegen würden, machte das 0,5 Prozent der Emissionen der Welt aus“, sagte Mayrhuber der der FAZ

Die durcheinander-Abtrennregel mußten die Kulturversagerminister wieder zurücknehmen:

Schaden nehmen könnte die deutsche Windenergiebranche jedoch, wenn sie sich nicht auf den Sturm vorbereitet, der den Market in den kommenden Jahren durcheinander wirbeln wird …

Die Dreifach-Esse haben die Schleswig-Holsteiner stellvertretend für ganz Deutschland abgelehnt:

Die Deutschen schließen immer weniger Bausparverträge ab, dafür aber mit immer höheren Abschlusssummen.

In der Nähe englischer Vokabeln ist die neue Assschreibung natürlich verfänglich:

Mittelmann Daniel Buday … per Last-Minute-Transfer wechselte das MKB-Ass kurz vor dem 15. Februar zur SG Kronau. …

Dagegen werden nun Ortsnamen von den indoktrinierten Schülern falsch gelesen. Auch dies erzeugt kostspieligen Änderungsdruck auf die Gemeinden:

Die als UNESCO-Modellregion „Biosphäre Halligen“ im Wattenmeer zusammengeschlossenen Halligen Langeneß, Oland, Hooge, Nordstrandisch Moor und Gröde …

Faschingstreiben. Viele wollen das Aufsehen erregend gestalten:

Aber auch die „größte Party der Welt“ war von mehreren Aufsehen erregenden Verbrechen überschattet worden.

Und endlich wieder vernünftiges Deutsch, leider garniert mit Spaltpilzschreibung:

Sie habe den Spiritus nur auf den Boden gießen wollen und die Gerichtsvollzieherin nicht treffen wollen. Dies alles tue ihr leid, sagte sie. eine Entschuldigung bei ihrem Opfer, die ihr der Richter nahe legte, blieb sie aber schuldig. … Die 62-Jährige allein stehende Frührentnerin lebte zur Tatzeit mit ihrer Katze in einer Ladenwohnung in der Lübecker Altstadt.

Literaturrätsel
Wer schrieb was?
Kaum brannte die Zigarette, kam meine Mutter ins Zimmer gerannt. Sie brüllte: „Du nimmst Rauschgift!“ …


„Christiane F … Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ wurde in den siebziger Jahren nach dem Interview von den Stern Reportern Kai Hermann und Horst Riek als Buch veröffentlicht – natürlich in richtiger Rechtschreibung, die man damals auch der Unterschicht zutraute. Das „Literaturrätsel“ meidet die einschlägigen Signale, ob alt oder neu.

Nailan, deren wirklicher Name von den Behörden geheim gehalten wird, …

„Geheim gehalten“ in einem Verlies wurde sie aber anscheinend nicht.

Ein anderes (fiktives) Frauenschicksal beschreibt Feridun Zaimoglus mit „Leyla“ (erschienen 2006 in traditioneller Rechtschreibung). Als Theaterstück bearbeitet wurde es jetzt in Potsdam uraufgeführt. Der Rezensent schafft es tatsächlich, „Litfaßsäulen“ richtig zu schreiben.

Schließlich gibt es noch einen Bericht über Hunde, denen die Einsamkeit zur Gelassenheit verhilft:

Hunde, die … allein gelassen werden …

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eingetragen von Sigmar Salzburg am 20.02.2007 um 10.17

Die Kieler Nachrichten, die „aus Verantwortung gegenüber den Kindern“ die Reformschreibung übernommen haben, verwirren diese durch den Gebrauch veralteter Reformschreibweisen. Aber auch Bürger ohne sicheres Fundament in der alten Rechtschreibung werden irregeführt. Die Überschrift

Markenzeichen den Bürgern näher bringen

ist alt und neu falsch, sollte aber in der zehnjährigen finstersten Reformzeit als „richtig“ gelten.

Jeder unverbildete Schreiber fühlt, daß „näherbringen“ die traditionell übliche Schreibung ist.
Das aus zwei Bestandteilen gebildete Wort wird als Einheit empfunden, abweichend auf der ersten Silbe betont und bildet nach der alten Dudenregel einen neuen Begriff. So findet man also auch im Duden bis zur 20 Auflage: „näherbringen“. Schon in der ersten zusammenfassenden Auflage von 1915 steht: „Die Zusammenschreibung entspricht dem vorwiegenden Gebrauch.“

Daran glaubten die „Reformer“ sich nicht halten zu müssen. 1996 beschloß daher die von den Experten auf den Holzweg geführte, völlig inkompetente Kultusministerkonferenz die allgemeine Aufspaltung solcher Wortbildungen. Verstärkend hinzu trat zudem noch die Regel, die die Abtrennung steigerungsfähiger Wortteile vorschrieb.

Später mußte man im Rat für deutsche Rechtschreibung zugeben, daß sich die neue Steigerungsprobe „nicht bewährt“ hat. Jedenfalls erschien noch der Reform-Duden 2004 mit der klaren Anweisung (neu, also rot): „näher bringen“. Zehn Jahre hat man das den Schüler eingebimst und alle erreichbare Literatur, insbesondere die Schulbücher dahingehend verstümmelt.

Dann setzte ein Umdenken bei den Politikern ein – nicht wegen des Volksentscheids in Schleswig-Holstein oder wegen ernstzunehmender Argumente reformkritischer Fachleute, sondern weil BILD und WELT aussteigen wollten und es für zwei Jahre auch wahrmachten.

Jetzt die Preisfrage: Muß nach dem Duden 2006 auch auseinander geschrieben werden oder nicht?
In der alphabetischen Reihe steht es jedenfalls nicht mehr. Erst nach mühsamem Suchen im Duden-Käsekästchenspiel findet man an unauffälliger Stelle: Bei übertragener Bedeutung gilt in der Regel Zusammenschreibung. …näherbringen …

Und noch eine zweite Frage: Soll die Formulierung „in der Regel“ heißen, daß „näher bringen“ auch nach der neuen Übergangszeit nicht als Fehler angerechnet wird?

Das alles wiederholt sich bei vielen anderen Wörtern, die die Schreibdiktatoren aufs Korn genommen hatten.

An anderer Stelle finden wir zum Beispiel:

So gelobt Erwin Huber „permanenten Einsatz vor Ort“ in den vier Wahlkämpfen der kommenden beiden Jahre – und er fügt mit Unschuldsblick hinzu, dass ihm das mit dem Dienstsitz München natürlich nicht so schwer fallen werde. ...



– geändert durch Sigmar Salzburg am 20.02.2007, 16.33 –
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eingetragen von Sigmar Salzburg am 19.02.2007 um 12.01

Ab und zu meinen die Zeitungsschreiber, doch nicht auf die nicht mehr verbindliche, gespreizte Groteskschreibung verzichten zu können:
Als Besorgnis erregend wertet die Studie den hohen Alkohol- und Nikotinmissbrauch deutscher Jugendlicher. Heide Simonis, Vorsitzende des Kinderhilfswerks, kritisierte bei der Vorstellung des Berichts, dass in Deutschland zwar viel über Politik geredet werde, Mehrkosten zum Beispiel für eine bessere Infrastruktur würden gescheut.

Wenn Heide Simonis jetzt auch durch eine gemeinnützige Tätigkeit Buße tut für das, was sie mit der Zwangseinführung der „Rechtschreibreform“ in Schleswig-Holstein angerichtet hat, so leidet doch die Sprache unter der Missstands-Schreibung, für die das Geld abgezogen wurde. Auch Klaus Kramer läuft in seinem Kommentar wieder fast zu seiner alten Reformform auf:

Umso erstaunlicher sind die Konsequenzen, die das Kinderhilfswerk aus diesen Missständen zieht. Die Vorsitzende Heide Simonis betet dieselbe Litanei herunter wie die Familienpolitiker der großen Koalition in Berlin: Mehr Investitionen in Kinderkrippen und -gärten, Ausbau von Ganztagsschulen und Rundum-Betreuung. Als gehe es vor allem darum, die Kinder möglichst früh in die lückenlose Obhut des Staates zu geben, damit die Eltern mehr Zeit für sich selbst haben. Um nicht missverstanden zu werden: Es ist unbestritten, dass Deutschland einen Nachholbedarf an öffentlich geförderter Kinderbetreuung hat; viele Berufstätige, allein Erziehende zumal, sind auf die staatliche Unterstützung in diesem Bereich angewiesen.

Das betrifft also nur (allein) Erziehende.

Albträume, die nie enden
Heute beginnt der „Jahrhundert-Prozess“ gegen die Attentäter von Madrid


Hier ist anzumerken, daß die „Reformer“ es für wichtig hielten, der üblichen Schreibweise „Alptraum“ noch den etymologisch begründeten „Albtraum“ (die FAZ schrieb immer so) zur Seite zu stellen. Bei „Quentchen“ u.a. wurde aber gerade das etymologisch Richtige verboten – ein Beispiel für das völlig willkürliche Beinchenheben zur Reviermarkierung an den überkommenen Schreibweisen.

Ein Titel zum Reitsport:
Lüneburg düpierte Elite
Im vorletzten Jahrhundert schon setzte man die harmlosen Pünktchen aufs u, damit die Deutschen das Wort richtig lesen und schreiben könnten (trotzdem bleibt seine Bedeutung fürs Volk schemenhaft). Beim Englischen haben es die „Reformer“ gar nicht erst versucht, sondern sich mit newagen Eiertänzen begnügt ( „Newage“ ist im Duden 06 wieder verschwunden). So muß man jetzt wissen: „die Band“ wird jetzt „Bänd“ ausgesprochen, „der Band“ dagegen gesprochen wie geschrieben – und das, wo es doch im Englischen diese Unterscheidung wegen des Einheitsgeschlechtes gar nicht gibt. Nicht einmal dem urdeutschen „Händi“ hat man die deutsche Rechtschreibung verpassen wollen.

Ansonsten gibt im Sportteil nur massenhaft „Platzierungen“. Aber auch die Madrider Terroristen „hatten zehn Bomben platziert“, sozusagen zum Platzen gebracht.

Blank_polierte Oberfläche
Dennis McInyres Komödie „Siegertypen“ am St. Pauli Theater
Gegen Ende des 80-minütigen Stücks, bereits 1987 uraufgeführten Stückes liegen alle Drei geschlagen auf dem nun mit Alkohol besudelten Teppichboden.


„blank poliert“ ist wieder nicht empfehlenswerte Dudenempfehlung: Adjektiv versteht man bei der Wortbildung bevorzugt als Einheit .

Unter diesem Artikel findet sich wieder das Ballett mit der gespaltenen Handvoll:
Eine Hand voll Leben“

Noch während des Verbots von „Handvoll“ wurde diese Schreibung in den KN 2002 bis 2005 nach meinen Notizen in etwa 70 Prozent der Fälle bevorzugt.

Das dürfte auch auf das immer noch verbotene „zuviel“ zutreffen, das wir z.B. im Bericht über das Berliner Filmfestival finden:
Familientreffen im deutschen Film
Und gelegentlich wird bei solchen Gelegenheiten ein bisschen zuviel aus dem Nähkästchen geplaudert.
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Es führt also kein Weg daran vorbei, diese natürliche Schreibweise wieder zuzulassen.

Welche Schäden die Trennschreiberei der „Reform“ angerichtet hat, ist im nächsten Bericht aus Berlin zu erkennen:

Der gute Hirte
„Skull and Bones“ gibt es. Hier wird die politische Führung rekrutiert. Das derzeit namhafteste Mitglied heißt George W. Bush. Wilson gibt es nicht. Seine Figur ist James Jesus Angleton entlehnt. Man wird seine Persönlichkeit in Matt Damon kaum wieder erkennen.


Wir brechen mit der Notiz vom Wiener Opernball ab.
Dort wird auch die Operndiva Anna Netrebko als Stargast erwartet. Im „Starporträt“ erfahren die Zuschauer bereits im Voraus mehr über die Frau mit der Jahrhundertstimme.

Schon im Wörterbuch von Adelung vor 200 Jahren wurde „im voraus“ geschrieben. Auf diese bombastische Überbetonung einer untergeordneten Wendung wollen wir gerne verzichten.
.

– geändert durch Sigmar Salzburg am 19.02.2007, 18.31 –
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eingetragen von Sigmar Salzburg am 15.02.2007 um 18.57

KN v. 14.02.07

Als erstes geben wir die Lösung des Literaturrätsels bekannt:

Wer schrieb was?

Und dort muß es dann passiert sein, was Herr Jackopp im Nachhinein „diese verfluchte Scheiße" nennt, daß er sich nämlich nach eigener Darstellung, dort „schlagartig in die Czernatzke verknallt" und von ihr nach einigen Handgreiflichkeiten und parallelen Kniebewegungen, welche „sie mitgemacht hat", den sofortigen Vollzug des Geschlechtsverkehrs begehrt habe, ganz wie vorher ich so töricht. Wiederum nach Herrn Jackopps späteren Aussagen habe Frl. Czernatzke zwar noch einen Schnaps getrunken, aber geantwortet, sie „treibe es doch jetzt mit dem Ulf". Worauf Herr Jackopps sinngemäß gesagt haben muss, das mache überhaupt nichts.

Diese Schlüsselszene steht am Anfang des satirischen und „historischen" Romans, dessen Ereignisse ins Jahr 1973 verlegt sind. Schauplatz der im Ganzen doch recht alltäglichen Handlung ist die Gaststätte Mentz, in der eine Gruppe junger Müßiggänger, Trinker und vager „Kulturschaffender" ihr Stelldichein gibt. In feinster Chronisten-Manier breitet der Autor die finanziellen, beruflichen und sexuellen Nöte seiner Protagonisten aus. Dies macht er auf eine Art, die ihn berühmt machte: Das Profane und Banale steht gleichberechtigt neben dem Hauptsächlichen und Anspruchsvollen; voller Liebe zu jedem noch so schwachsinnigen Detail, wird das Platte im unangemessen hohen Ton geschildert, was den Witz des Romans, dem ersten einer Trilogie, zu großen Teilen ausmacht. Der Autor ist Teil der legendären Neuen Frankfurter Schule, dessen Organ das Satiremagazin Titanic wurde.


Wir haben hier eine Textprobe aus Eckard Henscheids „Die Vollidioten“ vor uns. Da der Roman schon erschienen war, bevor sich Augst & Co von den Kultusministern den Auftrag zur Ausarbeitung einer Rechtschreibreform „holten“, und Henscheid überdies zu den Erstunterzeichnern der Frankfurter Erklärung gegen die „Rechtschreibreform“ gehörte, dürfte zumindest das „muss“ von irgendeiner Korrekturautomatik hineingeferkelt worden sein.

Der Rätselmacher hat es sich einfach gemacht, in seine Vorräte gegriffen und die gleiche Stelle erwischt, die er schon am 24. Mai 2006 mit den gleichen Fehlern veröffentlicht hatte – nur mit einem etwas anderen Begleittext, von mir besprochen am 27.5.06:

http://www.nordclick.de/forum/viewtopic.php?t=19&postdays=0&postorder=asc&start=240

Bei der Gelegenheit ist festzustellen, daß der KN-Strang, der bis zur Stillegung am 14.12.07 knapp 128000mal aufgerufen wurde, inzwischen 145000 Aufrufe erreicht hat.

Nun noch einige andere Textproben aus der gleichen Ausgabe:

Bühne frei für den Nachwuchs
„Ich kannte Impro vorher gar nicht“, erzählt Ronja, „ ich hatte vorher nur ein bisschen Schultheatererfahrung und fan den Kontrast zwischen Impro und „normalem“ Theater gut. Man kann alles Mögliche einbringen und weiß nicht, was daraus wird.


Gemeint ist wohl „alles mögliche“, „vielerlei“ und nicht „alles Mögliche“, „alles (denkbar) Mögliche“, wie man in kultivierter Schreibung unterscheiden würde.

Gottesdienst für Verliebte
Dazu werden Passagen aus dem Hohelied und Gedichte vorgetragen.


Das klingt falsch.Traditionell wird richtig dekliniert, aber dennoch zusammengeschrieben: „dem Hohenlied“ (ähnlich „dem Hohenpriester“). Das ist seit Jahrhunderten üblich, denn es wird als ein Wort empfunden und auch anders betont. Hier haben die „Reformer“ die Vorschrift aufgestellt, bei Zusammenschreibung dürfe es nicht dekliniert werden. Da das Leipziger Wortschatzlexikon Beispiele für solche Formen fast nur aus der Nachreformära aufführt, wird deutlich, daß die „Reform“ als Sprachmanipulation wirkt.

Nun noch aus KN v. 13.02.07

Im weißen Matrosenanzug mit Hochwasser an Beinen und Ärmeln, mit dicken Brillengläsern und scharf gescheitelt poltert schließlich Carsten Balzereit auf die Bühne und gibt das tumbe, norddeutsche Müttersöhnchen. Nicht ganz so plietsch ist das und steht mit der deutschen Grammatik auf Kriegsfuß. Die Erscheinung ist viel versprechend, die Umsetzung bemüht bis unlustig.

Die antiquierte Umsetzung der „viel versprechenden“ Reform ist dagegen eher lustig.

… doch jetzt konnte die drohende Insolvenz mithilfe des Hamburger Anwalts Ingo Wiese abgewendet werden.

Hier, wo eine echte Hilfe gemeint ist, sieht das neue „mithilfe“ besonders deplaziert aus.

KN v. 12.02.07

Gemeinsam will Kiels Generalmusikdirektor Georg Fritzsch jungen Hörern diesen musikalischen Kosmos näher bringen.

Traditionell ist „näherbringen“ ein Wort, eine Wortbildung.

„Kosmos“ ist ein Beispiel für das Versagen der „neuen“ Kurzvokal-ss-Regel. Danach müßte man „Kossmoss“ oder „Kosmoss“ schreiben. Schließlich soll ja auch „Amboss“ geschrieben werden.

Die „neuen“ ss irritieren auch beim Entziffern weniger bekannter Wörter:

Bis dahin ist auf der Bühne der Schweiß bereits literweise die dezent gemusterten Trevira-Schlipse hinab in gürtelfreie, nussenge Baumwollhosen geströmt …

KN v. 10.2.07

… kaum wahrgenommen ist das Elend der jungen Männer. Sie haben die schlechteren allgemein bildenden Schulabschlüsse …

Normalerweise spricht und schreibt man von „allgemeinbildenden“ Schulen. Nur ganz „allgemein bildende“ Schulen findet man im öffentlichen Sprachgebrauch kaum – außer in den Kultusministerien.

Da trifft ein anderer Satz aus der gleichen KN-Ausgabe zu

Das hier ist Schwindel erregend.

Das ist aber auch schon das Schlimmste unter dem Reform-Kleinmist, denn man sonst noch in dieser Ausgabe findet. Erkennbar meiden die eigentlich grundsoliden Schreiber solche Skurrilitäten.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 11.02.2007 um 15.14

Die Deutsche Fußballliga DFL habe sich „für die Regionalliga der Pay-TV-Veranstalter“ entschieden.
Ebenso befremdlich wie Fußballiga. Fußball-Liga mit oder ohne Bindestrich ist bei Google 150mal häufiger.

Rüttgers ließ sich feiern
Kohle-Aus soll NRW 740 Millionen sparen
Den Beifall, fand Rüttgers, habe er sich verdient: „Wäre ich nicht so hartnäckig gewessen und nicht stehen geblieben, dann wäre Nordrhein-Westfalen heute hunderte Millionen ärmer.“ …


Wäre er mit Wulff und Müller auch bei der Rücknahme der „Rechtschreibreform“ hartnäckig geblieben, dann wäre „stehenbleiben“ längst wieder Standard und könnte nicht durch die Dudenempfehlung „stehen bleiben“ unterminiert werden.

Kann Ihr Kind auf einer sechs Meter langen Linie rückwärts im so genannten Pisspott-Schritt laufen… „Uns fällt auf, dass einige Kinder dazu nicht in der Lage sind…“


Berlinale-Retrospektive zeigt City-Girls – und andere Frauenbilder
Der bestehende Begriff der sogenannten „neuen Frau“ war dem neuen Leiter der Retro Rainer Rother wohl nicht neu genug …


Bei den KN ist der Begriff der „neuen“ Rechtschreibung wohl untrennbar mit der unsinnigen sogenannten-Spaltung verbunden. Dies gilt auch für den „Focus“. Dies hier ist also die seltene Ausnahme. Dabei ist die seit über zweihundert Jahren übliche Zusammenschreibung seit zwei Jahren nicht mehr verboten und die Spaltung nach Meinung von Prof. Kürschner, Vechta, nur durch ein Versehen in das Regelwerk geraten, denn im Entwurf sei es noch traditionell erhalten gewesen – wieder ein Beweis für die Beliebigkeit und Nachlässigkeit, mit der man bei der „Reform“ vorgegangen ist.

Genauso lästig und überflüssig ist die Zulassung der Variante von „aufwendig“

Außerdem stellt der GMD eine aufwändige CD-Verpa-ckung in Aussicht ….

Selbstverständlich zählt auch das zur freiwilligen Soll-Übererfüllung und wird von unterwerfungssüchtigen Medien bevorzugt, beim „Focus“ sogar vorgeschrieben.

Die Beliebigkeit der „erleichternden“ Simplifizierungen ist auch daran zu erkennen, daß ein Änderungsversuch – anders als beim „Tol[l]patsch“ – beim „Brotlaib“ unterblieben ist, obwohl volksetymologisch die Vorstellung eines „Leibes“ naheliegt.

Aleš Šteger, slowenischer Schriftsteller, …Der 34-Jährige widmet dem Ei ebenso ein Gedicht wie dem Schneiden eines Brotlaibs

Die ai-Unterscheidungsschreibung ist erst im 17. Jahrhundert eingeführt worden und viel eher entbehrlich.
Der Trenntick der „neuen“ Rechtschreibung hat zu bleibenden Schäden im Wortbildungsverständnis geführt. Anders die Abspaltung von „dazwischen“ nicht zu erklären:

Max Greger (80): „Ich habe noch nie einen großen Urlaub machen können, immer hat es einen Auftritt gegeben, der dazwischen kam“, erklärt er seine immerwährende Rastlosigkeit.

„immerwährend“ ist dagegen wieder zugelassen und wird sogar von Duden empfohlen.

„Der Erwählte“, Thomas Manns letzter Roman …Während die einen Anstoß an der vermeintlichen religiösen Ausrichtung des Romans nehmen, zeigen sich andere entsetzt über die ihrer Meinung nach blasphemischen Scherze, die Thomas Mann mit Heiligem treibt. Prof- Heinrich Detering … will in seinem Vortrag zeigen, dass in gewisser Hinsicht beide Seiten Recht haben.

Nicht recht hat in dieser Recht/recht-Arie der Rat für Rechtschreibung, der das große Recht hier noch zugelassen hat, vom Duden in anderer Worstellung aber doch nicht vorgeführt werden mag. Mithin muß man annehmen, das „Recht“ seine Wortart beim Stellungswechsel ändert – sehr skurril.

Acht Tonnen zu viel: Die „Littorina“ muss abspecken
Gewichtsproblem:IfM-Forschungsschiff nicht mehr stabil genug
Kiel – Es ist zurzeit ruhig an der Brücke des Instituts IfM-GEOMAR ….
Wieviele Tonnen nun letztlich wieder von Bord müssen, steht noch nicht ganz fest.


Das Trenngebot von „zuviel“ wird häufig mißachtet, das von „wieviele“ (im Gegensatz zu „wieviel“) wurde schon im alten Duden aufgestellt, allerdings auch häufig nicht beachtet.

Die Exhumierung des veralteten „in Acht nehmen“ wäre nicht nötig gewesen, zumal man „acht_geben“, „gib acht“ wieder zugelassen hat:

Unter anderem müssen sich die Eichhörnchen vor Greifvögeln in Acht nehmen – der Mensch gehört jedoch nicht dazu, schließlich gelten die Eichkätzchen als geschützte Tierart.

„Schlussstriche“ und „Missstände“ dürfen nicht fehlen:

das Recht …. gesellschaftlich Missstände auch im Bild zu zeigen.

Das Urteil setzte den Schlussstrich unter ein missglücktes Wendemanöver.

Auch die Dauerbrenner der „Reform“, der Ersatz für „Plazierung“ und „schwerfallen“, darf nicht fehlen.

… die Platzierung Plasbergs … Auch wenn Plasberg am Donnerstag seine Heimat finden sollte, müsste für Pilawa ein neuer Platz gefunden werden. Seinem Publikum dürfte es aber nicht schwer fallen, sich an einen neuen Termin zu gewöhnen …

Der nächste Fall macht Hoffnung auf baldige Mißachtung der übrigen vergleichbaren Großschreibung ...

Bis auf weiteres seien 32 Beamte dafür abgestellt.

... obwohl sie von Dudens empfohlen wird.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 10.02.2007 um 14.22

BRIEFE AN DIE REDAKTION

Peinlich, peinlich, peinlich
Betr.: „Lesen lernen - fürs spätere Leben", Eckernförder Nachrichten vom 31.1. 2007

Peinlich für unsere stellvertretende Ministerpräsidentin und langjährige Bildungsministerin: Da werden jetzt mit großem Trara landesweit an 50 Hauptschulen (?) dicke Ordner mit offensichtlich wenig Inhalt verteilt, anstatt anständige, normale Lesebücher an Fünft- und Sechsklässler zu geben.

Peinlich für die - auch schon langjährige - Rektorin einer Grund- und Hauptschule, weil es seit Beginn der Grundschule „ihre" Kinder sind, denen sie nun nach mindestens vier Grundschuljahren Unterricht mit dem „Projekt" „Lesen macht stark" gegenübertritt.

Peinlich, weil Rektoren und Ministerin auch noch eine weitere Untersuchung benötigten, um zu begreifen, dass „zu viele Schulabgänger das Lesen nicht richtig erlernt haben".

Peinlich, wenn sie erst nach vier Jahren Grundschul-Unterricht etwas dagegen tun und dann so etwas.

Peinlich für Rektoren und Ministerin, weil, zumindest in meiner Schulzeit, Kinder bereits früher von ihren Lehrern gelernt hatten, dass man „fürs spätere Leben" lernt, und nicht nur Lesen, und nicht nur
während der (Aus-)Bildungszeit.

Peinlich für die Bildungsministerin von Schleswig-Holstein, die ja in den vergangenen Jahren immer nur ein Programm hatte: „Schule muss den Kindern Spaß machen".

Peinlich für unser Bildungssystem, wie in den vergangenen Jahren bei der Veröffentlichung jeder PISA-Studie, die Verantwortlichen immer die Studie mies gemacht und unser Bildungssystem gut beschwafelt haben.

Peinlich für unser Bundesland, weil es offensichtlich statt guter Lehrerausbildung, klarer Lehrpläne (mit Einhaltungspflicht!) und guter Lehrmittel, ein „Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen in S-H" (IQSH) installiert hat. (Ich habe den Verdacht, dass in der Abkürzung bewusst auf das „f", Institut für... verzichtet wurde, weil IQ sich ja besser mit Intelligenz-Quotient verwechseln lässt.)

Peinlich für die Kollegen der Hauptschulen, weil sie nicht in der Lage sind, zu begreifen, dass die Urteile aus den Lehrbetrieben, ein Großteil der Hauptschüler sei nicht (weiter) ausbildungsfähig, leider richtig ist.

Peinlich, wenn das die Vorboten der Bildungsreform in Schleswig-Holstein sind.

Peter H. Klein,
Altenholz


... und ein redaktioneller Artikel:

Schüler-Demo: Drei Stunden bunter Protest
Zum Aktionstag gegen den Bildungsabbau kamen mehrere hundert Teilnehmer nach Kiel
Kiel - Gegen die Profiloberstufe, gegen die Regionalschule, gegen zentrale Prüfungen und gegen Studiengebühren demonstrierten Schüler gestern in Kiel. … Nach einer kurzen Sitzblockade an der Ecke Brunswik/Feldstraße schienen die vor dem Bildungsministerium zahlreich postierten Polizisten erleichtert, als die Demonstranten zunächst vorbeizogen, doch diese wurden per Megaphon zurückgerufen zur geplanten Zwischenkundgebung. Die drohte zu eskalieren, als Rufe wie „Rauf da" und „Wir wollen die Ute sehen" aufkamen, doch dann machten die Schüler brav den wartenden Bussen Platz und zogen weiter. Vor dem Landeshaus wirkte die Stimmung später erneut angespannt, weil die Demonstranten die letzten Meter plötzlich gerannt waren und die Polizei sie dann kurzfristig von allen Seiten einkesselte….


[Bilder]
„Auf Dauer ist das nicht gut" sagte Isabel Velke aus Schwarzenbek. Die 15-jährige Schülerin der Europaschule machte deutlich, dass die Gymnasiasten sich nicht nur gegen die Einführung der Profiloberstufe aussprechen, sondern auch gegen die Regionalschule sind. „Der Unterschied zwischen den Schulformen könnte einfach zu groß werden."

Marisa Behne (rechts) und Kristina Dreit sind nicht einverstanden mit der Profiloberstufe: „Individuelle Talente sollten gefördert werden." Die beiden Schülerinnen des Carl-Maria-von-Weber Gymnasiums in Eutin demonstrierten aber auch gegen Studiengebühren. „Man sollte nicht an der Bildung sparen. Die Frage ist bloß, woher das Geld kommen soll?"


Nach neuester Untersuchung wurden bereits fast fünf Milliarden für den ersten Teil der Bildungsreform, die „Rechtschreibreform“ verpulvert – nur um mehr „ss“ einzuführen und Wörter zu spalten, z.B. das Wort „allgemeinbildend“:

Besserer Schulabschluss erhöht die Chancen
Eckernförde - Nach dem Besuch einer allgemein bildenden Schule können Jugendliche an der Beruflichen Schule in Eckernförde im Vollzeituntericht einen höher qualifizierenden Abschluss erwerben. Vom 1. bis 28. Februar nimmt die Schule montags bis freitags wischen 8 und 13 Uhr Anmeldungen entgegen …


Stasi-Fall als Schultheater inszeniert
Premiere am Gymnasium in Kronshagen
Kronshagen - Marianne Birthler reiste gestern eigens aus Berlin an. Zusammen mit Landesbildungsministerin Ute Erdsiek-Rave besuchte die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen in Kronshagen ein Theaterstück, das in Westdeutschland Premiere feierte. „Anne in den Fängen der Stasi", aufgeführt von Schülern des Gymnasiums, beruht auf 400 Aktenseiten der Behörde.

… Das Publikum, in dem auch viele Schüler von Kieler Gymnasien saßen, reagierte betroffen. „Ich war überrascht, dass die Stasi den Leuten nicht nur Gefängnis androhte, sondern auch den Ausbildungsplatz nahm", sagte ein Jugendlicher. … Die Bildungsministerin appellierte an andere Schulen, das Stück aufzunehmen. Annes Geschichte zeige die Psychologie dieses autoritären Systems, das überall Angst verbreitet habe. …


Dagegen hebt sich natürlich das hiesige autoritäre System, das mit der „Rechtschreibreform“ vor allem Dummheit verbreitet hat, vorteilhaft ab. Es wurden aber auch Lehrer disziplinarisch verfolgt, die dies bekanntgemacht haben, denn es sollte doch geheim bleiben.

Auch hier gibt es ein Stück, das an den Schulen aufgeführt werden könnte: Den Sketch von Dietrich Hallervorden und Jörg Metes zur „Rechtschreibreform“, in dem eine Viererbande mit ihrem Plan, die Kultusminister zu entführen, an der Rechtschreibreform scheitert.

(Wurde hier im Forum besprochen: Neuer Link zu Youtube)

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 08.02.2007 um 14.28

LITERATURRÄTSEL
Wer schrieb was?

„Auch das Dokument, das bestätigte, daß Tosia meine Frau sei und somit der „Umsiedlung" nicht unterliege, war überflüssig geworden, es hatte nicht mehr den geringsten Wert. Dennoch haben wir diese Bescheinigung sorgfältig aufbewahrt, beide haben wir die wahrlich nicht feierliche Eheschließung vom 22. Juli 1942, so gewiss sie zunächst nur von praktischen Überlegungen angeregt war, doch sehr ernst genommen -und wir tun es immer noch.“

Wohl eine der schönsten Liebeserklärungen der jüngeren Zeit. In der Rückschau der Autobiografie wird die Hochzeit, geschlossen im Warschauer Ghetto, allein um zu überleben, als sinnstiftendes Moment deutlich. Denn um die Heiratsurkunde hat sich im Ghetto schnell niemand mehr geschert - allein der Zufall und das Glück erlaubten diese ergreifende Überlebensgeschichte …


Der Rätselmacher verrät schließlich so viel, daß kein Zweifel entsteht: Marcel Reich-Ranicki „Mein Leben“.

Die Kontamination (Verunreinigung) von „gewiß“ steht nicht in meinem Exemplar. Leider sieht man so etwas auch in den Originaltexten häufiger, vor allem bei Verlagen, die überwiegend mit Neuschreibgeräten arbeiten.

Es ist Reich-Ranicki zu danken, daß er die Rechtschreibreform deutlich als „nationales Unglück“ bezeichnet hat.

Jetzt nur einige Anmerkungen:

Der neue Mobilfunkstandard UMTS hatte seinerzeit eine wahre Euphorie über ein lukrtives neues Geschäftsfeld ausgelöst und in der Auktion die Preise in Schwindel erregende Höhe getrieben.

Jede Verbesserung des bestehenden, Umwelt schädigenden Systems sei wichtig.

Die Groteske und ihre Karikatur …

Verboten ist dagegen:

Zur Zeit versuchen wir, den Tathergang zu rekonstruieren … “

Weil „zurzeit“ schon in Österreich im Gebrauch war, haben die Reformer das als Einbruchswerkzeug benutzt. Gerade las ich „zum Teil“. Was spricht dann eigentlich dagegen, auch „zumteil“ zu verlangen.

Immer mehr Quartiere für Fledermäuse

Damit „Insekten fressende Fledermäuse“ nachts jagen können – Spitzenreiter unter lachhaften Neuschreibkonstruktionen.

Karten lassen sich drei Tage im Voraus, für Wettbewerbswiederholungen vier Tage im Voraus kaufen.

Die Großschreibung stellt sich immer mehr als störend heraus: ausnahmsweise heißt es hier noch „Karten“ und nicht „Tickets“. „Sound“ dagegen dringt schon in die Klassikwelt ein:

Der Dirigent hat seinem Orchester in der Salzauer Probenzeit auf einen feinen, leichten Sound verordnet …. Das BJO findet sich in Mozarts Klangwelten auch ohne Dirigenten gut zurecht, der sich beim Schlusssatz wieder einsatzwillig zeigt.

Den Schlußsatz haben wohl die wenigsten gewollt.

wo der Umgangston rau wird.

(seufz!)

Bereits etabliert ist der in Eckernförde lebende Komponist Gerald Eckert, dessen Werk 'des Nichts, verlorene Schatten' den ersten Preis für das Jahr 2005 bekam – und das völlig zu recht.

Es ist schon schwer genug – und jetzt auch noch falsch.

Und Komponisten sind wichtig! In der erwähnten Selbstbiographie schreibt Marcel Reich-Ranicki, Hanns Eisler habe ihm erzählt, er sei von Arnold Schönberg gewarnt worden, nach Ost-Berlin überzusiedeln, weil er dann von den Sowjets entführt werden könnte: Die hätten keinen einzigen Schönberg-Schüler!
(Wo sie schon Wernher von Braun nicht gekriegt hatten!)

Ob die Chinesen schon daran gedacht haben, den Tollpatsch-Konstrukteur Gerhard Augst zu entführen?

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 08.02.2007 um 12.19

Trojaner vorerst gestoppt
„Die verdeckte Online-Durchsuchung ist mangels Ermächtigungsgrundlage unzulässig.“


Hätte das Bundesverfassungsgericht nicht, wie jetzt der Bundesgerichtshof, mühelos zu dem Ergebnis kommen können: „Die Rechtschreibreform ist mangels Ermächtigungsgrundlage unzulässig“?

Dann wären wir jetzt nicht wahlweise sss- oder Bindestrich-Greueln ausgesetzt.

Köhler: Kein Schluss-Strich unter Stasi-Akten
Bundespräsident Horst Köhler hat sich gegen einen Schluss-Strich unter die Auswertung von Stasi-Akten ausgesprochen.


Trotz achtjähriger Zwangsmissionierung, ss-Korrekturprogrammen und Neuschreibdamen der Anzeigenaufnahme schimmert aber immer noch die Unlust der Bürger durch, sich an die „neuen“ ss anzupassen, z.B in den „Fundgrube“-Anzeigen: Alte Musikbox in Nußb.; Buffet Nußb./Eiche ; Couch-Tisch/Eßtisch; Eßt.oval; Standuhr – Vitrinenform mit Mondphasenscheibe, nußb.-farb.; Fotographien, Grossformat; Eßservice; Kaffee- + Eßgeschirr; Eichegestell.Garnit., … Nußb.

Bei den Zeitungsleuten findet man viel mißverstandene Großschreiberei:

Regionalwettbewerb „Jugend musiziert“ … eine Multiperkussionistin, sie in ihrem zartn Alter ihres Gleichen sucht.

ein asiatisches Ehepaar Ende Dreißig

Rentner ruft 200 Mal beim Notruf an

Die ph-Reform führt zu Widersprüchen im gleichen Artikel …

… auf der fantasievoll-bunten Bühne …. Lässt die Librettistin doch nicht nur Realität und Phantasiewelt ineinander fließen.

… und die zehnjährige, inzwischen wieder verbotene ineinander-Abtrennung erzeugt Bedeutungsschwindel.

Schließlich folgt noch ein häufiges Mißverständnis, das Herrn Prof. Augst bei seinen niveausenkenden, toll-patschigen Maßnahmen entgangen ist:

Pianist Markus aus Hamburg … legt später den passenden musikalischen Teppich unter die Stehgreif-Dramen.

Bekanntlich bedeutet „Stegreif" nicht anderes als „Ste(i)g-reifen“ – „Steigbügel", ohne den zu verlassen früher ein Heerführer eine unvorbereitete Rede hielt.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 08.02.2007 um 11.00

Im Roman findet sich der Satz:
Er hörte eine Weile Juniors Mundharmonika und seiner rauen Stimme zu.

Schamlos hat man ein einzelnes deutsches Wort, „rauh“, selektiert und ihm seinen Stammlaut „h“ genommen. Dieser willkürliche Kulturfrevel wurde schon mehrfach beleuchtet. „Kuh“, „Stroh“, „Geweih“, „froh“, „roh“ usw. hat man jedoch ungeschoren gelassen.

Bei Fremdwörtern hatte man Hemmungen, nicht gesprochene Buchstaben zu entfernen, etwa bei „Gros“, obwohl seit langem eingemeindet, und auch hier:

In England kam es jüngst zum Eklat, als eine indische Schauspielerin sich rassistischen Äußerungen ausgesetzt sah.

Die Frage des Verfassungsgerichts schleppt sich mühsam hin:

Schleswig-Holstein ist das einzige Bundesland, das noch über kein eigenes Verfassungsgericht verfügt. … So wurden bisher vom Bundesverfassungsgericht durchschnittlich zwei Klagen im Jahr aus Schleswig-Holstein entschieden.

… oder nach undurchsichtigen Vorschriften auch nicht:

Vor fast genau einem Jahr, am 26.1.06, erschien in den KN dazu ein Leserbrief (ausnahmsweise in richtiger Rechtschreibung) von Dr. Ulrich Kliegis, dem Vorsitzenden des Elternvereins, in dem es unter anderem hieß:

Mein im Jahr 1999 unternommener Versuch, die damals vom Landtag einstimmig beschlossene Aufhebung des erfolgreichen Volksentscheids von 1998 gegen die Einführung der Rechtschreibreform an unseren Schulen vom Bundesverfassungsgericht in seiner Eigenschaft als schleswigholsteinisches Landesverfassungsgericht auf seine Rechtmäßigkeit prüfen zu lassen, scheiterte 2001 schließlich daran, daß es dem einzelnen Bürger in unserem Bundesland bislang verwehrt ist, eine Landesverfassungsbeschwerde zu erheben. Daher lehnte das Gericht schon die Annahme des Antrags ab. Nur in der Gewißheit dieses Schutzes konnten die Abgeordneten damals wohl so entscheiden. Hoffentlich haben sie jetzt den Mut, den Bürgerinnen und Bürgern des Landes den Weg zum einzurichtenden Landesverfassungsgericht zu öffnen.

Sprachwidrige Texte wie diese (wieder in KN v. 5.2.07) wollten verständige Bürger nicht:

„Zusammen werden wir ein großes Projekt verwirklichen“ Mit dieser viel versprechenden Botschaft beglückt E.ON derzeit in ganzseitigen roten Zeitungsanzeigen die Spanier … Um die letzten Bedenken zu zerstreuen, legten die Deutschen sogar im Schwindel erregenden Poker um den spanischen Energieprimus noch einmal nach.

Die SPD-Genossen lassen sich jedoch den Spaß nicht nehmen, und so spießt Uta Wilke in ihrem Gerichtsartikel einen Tagesordnungspunkt der Fraktion auf:„Bericht über die Bundes-Rammler-Schau, Berichterstatterin Jutta Schümann“… Lothar Hay war … in den Ehrenausschuss der Schau mit 6000 Rammlern berufen worden.

Der Lehrer Lothar Hay war es, der beklagte, daß es dem Volk durch die Zusammenlegung von Bundestagswahl und Volksentscheid erleichtert wurde, seine Ablehnung der „Rechtschreibreform“ kundzutun, und der natürlich ein Jahr später den Volksentscheid kippte – als ob es eine Rammlerschau gewesen wäre.


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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 06.02.2007 um 10.32

Die Samstagausgabe der KN, obwohl umfangreicher, enthält oft nicht mehr Reformunfug, als die Ausgaben der übrigen Werktage. Die Texte im „Journal“ sind meistens recht solide abgefaßt – Beachtung der Normalreform, Vermeidung von Groteskschreibungen.

Das Erste, was Besucher von Kanguroo Island meist zu sehen bekommen ist – kein Känguru.

Wird „das erste“ groß geschrieben, dann sucht der Hirnprozessor nicht nach einer Reihenfolge, sondern nach einem Gegenstand – eine Lesefalle. Ebenso doof: das KN-Angebot Lesereise, die Erste … Lesereise, die Zweite

„Känguruh“ ist die exakte Übertragung von „Kanguroo“ und lehnt sich schreiblich an „Kuh“ oder „Nagelfluh“ an. Die verpflichtende „Reform“ war hier eine Albernheit.

Die Bahn war so gefragt, dass die Aktien der Panama Railroad eine Zeit lang die teuersten an der New Yorker Börse waren.

Die klassische „Zeitlang“ wird uns nach zehn Jahren gnädig zurückgegeben, ist aber nach Neu-Duden nicht empfehlenswert.

Angenehm, leider sehr selten: Versailles Spiegelsaal … aufwendig restauriert…

Das Kinderjournal verwendet in strikter Kehrtwende das große „Du“. Die beliebige Ratsschreibung wird also nicht in Anspruch genommen:

Informiere Dich also in der Gärtnerei oder in einem Buch, wie vielLicht und Wärme Deine Blume braucht. … Auch Schildläuse saugen Pflanzensaft. Sie befallen meist schon geschwächte Pflanzen und solchr, die zu viel gedüngt wurden.

Die Reform-Trennschreibung wird hier beachtet, auf den anderen Seiten findet man häufiger die verbotenen „wieviel“ und „zuviel“.

Der Bridge-Experte auf der gleichen Seite meidet die Assschreibung und gefährdet so die Jugend:

BRIDGE PROBLEM NR. 544
Der Anfänger gibt sein Bestes und zieht das As, gefolgt von der Dame. … Pik As … As … As …


Am Schluß eine ganze Seite Interview mit Rudolf Kunze:

Heinz Rudolf Erich Arthur Kunze, geboren 1956 in Espelkamp-Mittwald, ist Rocksänger, Musicalkomponist, -texter und –übersetzer und Zeitgeist-Literat.
[Warum er am Grand Prix Zirkus teilnimmt] … außerdem bin ich nicht die Jesus-Marionette selbsternannter Reich-Ranickis. (Duden 06 will immer noch die selbst-Abspaltung fördern)

Was natürlich nicht zur Sprache kam, hatte Kunze schon in der Kerkeling-Duden-Werbesendung „Deutsch-Test“ im Mai 2005 demonstriert:

… Er hatte in sein Diktatheft einige Bemerkungen gegen die Reform hineingeschrieben (und auch die Forderung, ihn nach bewährter Rechtschreibung zu korrigieren, die Hape Kerkeling dann vorlas. Es gab Beifall vom ganzen Publikum. Kunze erläuterte seine Position kurz und erwähnte, daß sein nächstes Buch natürlich in der alten Rechtschreibung herauskäme. (n. Rechtschreibung.com)

Auf den übrigen KN-Seiten finden wir wieder ungehemmte Großschreibungen wie im 19. Jahrhundert:

Dirigent Gerd Albrecht – Ganz in Albrechts Sinn: „Nichts ist furchtbarer als das Leid von Kindern. Nichts berührt uns mehr. Und nichts Anderes sollte uns mehr überzeugen zu helfen.“

Ein Pastor i.R. aus Fleckeby: Denn in meinem Leben ist doch Vieles geschehen, was ohne mein Zutun auf mich zukam und was ich zu ertragen hatte.

Dann etliche wieder überholte Trennschreibungen, darunter auch dumm verfehlte:

Dieses Ziel ist vor allem die Aufgabe jener Länder, die den Löwenanteil der Klima schädigende Gase ausstoßen.

Und natürlich Stillleben und vielfach so genannt, aufwändig, platziert…

Verbotene alte Schreibungen sind:

Nachdem die bisherige Förderung für die Hamburger Kunsthalle ausgelaufen ist, konzentriert sich das Kunstsponsoring der HSH Nordbank zur Zeit auf nur drei Häuser.

…Aufführung von Georg Friedrich Händels Oratorium Der Messias. Sie wurde mit Kürzungen und auf deutsch gesungenen Texten von Klaus Volker Mader verwirklicht, …

Obwohl die Bestattungsunternehmen kurz nach der „Reform“ ihre Texte beflissen umgestellt haben und vor allem auf das kleine „du“ zur Abschaffung der Ehrerbietung geachtet haben, finden sich doch vereinzelt Todesanzeigen in seriöser Rechtschreibung:

Wir trauern, daß wir sie verloren haben.
Aber wir sind dankbar, daß sie bei uns war.


Dafür protzen an anderer Stelle die Politiker mit Innovativ-Wortschöpfungen ihrer Betriebsamkeiten in greulicher Misch-Orthographie:

„Exzellenzcluster The Future Ocean“

Andere „Prominente“ suchen dies durch vermutlich geformte, geliftete Begleiterinnen zu erreichen:


Wilhelm „Mörtel“ Lugner (74), Wiener Bauunternehmer …. Der skandalumwitterte Unternehmer, der alljährlich durch wohl geformte, bezahlte Begleiterinnen auf dem Wiener Opernball auf sich aufmerksam macht, ...


– geändert durch Sigmar Salzburg am 06.02.2007, 15.19 –
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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 05.02.2007 um 14.01

noch KN v. 1.2.2007

Zur Erbschaftssteuer
Der Richterspruch nimmt dem Gesetzgeber aber auch künftig keineswegs den Spielraum, die Weitergabe einer Eigentumswohnung oder eines Betriebs steuerlich gegenüber einer Hinterlassenschaft in Bar zu begünstigen….


Müßte es nicht „in der Bar“ heißen?

Hier ist die Anwendung neuregelrecht, aber die Anwendung der Bindestrichkrücke ungeregelt:

Wohnraum für Haselmäuse
Haselnusssträucher sind nützlich, direkt am Nest aber nicht zwingend erforderlich.
[Naturschützer Wilhelm Diestel] Er ist aber nicht der Einzige, den die Haselmaus fasziniert: 2402 Schleswig-Holsteiner suchten bislang bei der Aktion Nussjagd Nuss-Schalen mit den typischen Fraßspuren der Haselmaus.

Die Mehrheit der Bürger wollte bei „Haselnußsträuchern“ und „Nußschalen“ bleiben.

Daniel Radcliffe, „Harry Potter"-Darsteller, sorgt mit erotisch angehauchten Fotos für Schlagzeilen. Verärgerte Eltern befürchten, dass der halb nackte_17-Jährige einen schlechten Einfluss auf ihre Schützlinge ausüben könnte.

„halbnackt“ war von den Schreibdikta-Thoren zehn Jahre lang verboten worden (nur die Schreibung). Seit sechs Monaten ist es wieder zugelassen. Die „daß“ und „17jährige“ bleiben verboten

Manfred Krug, Schauspieler, entschuldigt sich bei Käufern von T-Aktien, die enttäuscht worden seien. Seine Werbespots für die T-Aktie bezeichnete er als seinen größten beruflichen Fehler. Er besitze zwar noch welche, betrachte es aber als eine Art Selbstbestrafung, sagte der 69-Jährige dem Magazin „Stern".

Wir erinnern uns, daß Manfred Krug im Öffentlich Rechtlichen Werbung für die Unterschriftensammlung zum Bürgerbegehren gegen die „Rechtschreibreform“ machen wollte und das unrechtmäßig verboten wurde. Bis das Verbot gerichtlich abgewiesen wurde, verging wertvolle Zeit – einer der vielen schmutzigen Tricks der Reformmeute.

Anfragen an Bundestagsabgeordnete kann man jetzt richten an die

neue Internet-Plattform http://www.abgeordnetenwatch.de

Die Adresse lädt sehr zum Abwatschen ein.

Ein bisher kaum bekanntes sss-Wort findet sich in den KN v. 2.2.07:

„Ich habe nach der Schlusssirene einfach nur genossen“, meinte Brand unmittelbar nach Spielende überglücklich.

Vor Spie-lende zeigte die Mannschaft Handball in Vol-lendung – welche Trennung ist falsch?

Ein paar Seiten weiter hatte jemand seinen ss-Konverter ausgestellt:
Im brandenburgischen Nauen hat ein Polizist nach Dienstschluß einen jungen Mann eschossen.

Da das verboten ist, muß man doch wieder zur Bindestrichkrücke greifen:
Heute Schluss-Abstimmung über die Gesundheitsreform.

Wer sich an die sss-Schreibung gewöhnt hat, stört sich vielleicht an der übermäßigen Großschreibung:

Der Kunde zahlt im Voraus

Der „Voraus“ ist ein juristischer Begriff

„Wir sind die Ersten am Tatort“

Erstrangige Täter? Die gleiche Verschiebung der Maßstäbe findet sich auch im Roman. Dagegen läßt er sich die neu mögliche Überbetonung „vor Kurzem“ entgehen:

„Ich schreibe gerade einem Typ, der auf Analverkehr steht …“ „Allerdings glaubt er, ich sei eine Vierundzwanzigjährige, die ihre Vorliebe dafür erst vor kurzem entdeckt hat….“ … Martin Klein fand als Erster die Sprache wieder.

Die „WELT“ jedoch schreibt eisern nach Dumm-Duden-Empfehlung – zum Kriminalroman von Andrea Camilleri:
Sein jüngster Fall, "Die Passion des stillen Rächers", ist vor Kurzem bei Lübbe erschienen. (Welt online 03.02.07)

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 03.02.2007 um 17.40

Haftbefehle im Fall El Masri erlassen

13 CIA-Agenten sollen in Deutschland auf die Anklagebank

München - Das Amtsgericht München hat wegen der Entführung des deutschen Staatsbürgers Khaled el Masri Haftbefehle gegen 13 mutmaßliche CIA-Agenten erlassen. Wie die zuständige Staatsanwaltschaft München I gestern mitteilte, wird ihnen Freiheitsberaubung und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Bei den in den Haftbefehlen aufgeführten Personalien der Beschuldigten dürfte es sich laut Staatsanwaltschaft um so genannte Tarnidentitäten von CIA-Agenten handeln. ... afp


Nun, wegen der leider noch sehr häufigen Reform-Stotterschreibung „so genannt“, die das mindestens seit Goethes Werther bekannte „sogenannt“ verdrängen soll, brauchte man die afp-Meldung nicht zu bringen. Bemerkenswert wird dies erst durch eine aufgebauschte KN-Skandalmeldung auf Seite 22:

Rechtsextreme Parolen bei RCDS-Veranstaltung?

Kiel – Es rumort in der Kieler Hochschulszene. Grund sind offenbar rechtsextremistische Auswüchse während einer Veranstaltung des RCDS (Ring Christlich-Demokratischer Studenten) mit dem Titel "Die Amerikanisierung der deutschen Sprache und Kultur".


Nach Angaben von Besuchern "mündete der von zweifelhaften rechtslastigen Andeutungen durchsetzte Vortrag des emeritierten Kieler Germanisten Heinz-Günter Schmitz in eine Diskussion, in der offen rechte Ansichten vertreten und mit deutlichem Applaus bedacht wurden, ohne dass die Verantwortlichen des RCDS sich davon distanziert hätten", heißt es in einem Schreiben hochschulpolitischer Gruppen der Uni Kiel. Auch von "anhaltender Okkupation" durch amerikanische "Agenten" sei die Rede gewesen.

Das Bündnis – bestehend aus den Hochschulgruppen von Grünen, Jusos, Fachschaftsliste, Junger Union, Liberalen, Die Linke, Buena Vista Uni Club und Psychologie-Physik-Meereskunde-Stimme – fordert von der CDU und vom RCDS als Veranstalter der Diskussionsrunde unter anderem eine "klare Stellungnahme, die keinen Zweifel daran lässt, dass rechtsextreme Meinungen in ihren Reihen nichts zu suchen haben". Dieser Forderung schloss sich gestern die Landesvorsitzende der Grünen, Marlies Fritzen, an und bezeichnete "solch rechtsextreme Parolen aus einem deutschen Hörsaal" als unerträglich.

Der RCDS-Landesvorsitzende Okke Drews nannte die Vorwürfe unterdessen "eine verzerrende und absurde Darstellung" der Veranstaltung, "die in Wirklichkeit von einer kontroversen und sachlichen Diskussion begleitet wurde". Prof. Schmitz habe den Vortrag als Vertreter des renommierten Vereins Deutsche Sprache e. V. gehalten.

Der CDU-Landesverband nimmt die Vorwürfe nach Angaben von Landesgeschäftsführer Daniel Günther dagegen "sehr ernst". Er, Günther, habe den RCDS-Landesvorsitzenden aufgefordert, bis heute Mittag zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Bedeckt hielt sich das Rektorat der Uni. Es kenne den Wortlaut der Beiträge in der Veranstaltung nicht. Grundsätzlich sehe es jedoch keinen Anlass, zu persönlichen Meinungsäußerungen Stellung zu nehmen. Prof. Schmitz war gestern für eine Stellungnahme nicht erreichbar. kön


Wie die eingangs zitierte Meldung beweist, ist die Untersuchung der Tätigkeit amerikanischer Agenten in der Bundesrepublik offensichtlich bis zur Fahndungsreife gediehen. Entsprechende Vorwürfe sind auch keineswegs „rechtslastig“, sondern waren und sind gerade in linken Kreisen sehr verbreitet. Daß die Kieler Nachrichten auf diesen einzigen genauer bezeichneten Vorwurf hin einen Artikel verbreitet, der geradezu wie Rufmord wirken kann, ist unverantwortlich.

Gerade Prof . Schmitz ist als besonnener Sachwalter der deutschen Sprache bekannt und für seine Zurückhaltung, sich einer politischen Richtung zuzuordnen. Die ganze Aktion hat eher eine gewisse Ähnlichkeit mit der Sprengung von Lehrveranstaltungen seit den 68er Jahren. Es würde nicht verwundern, wenn einige der „rechten“ Publikumsäußerungen von Provokateuren verschiedener politischer Interessengruppen lanciert worden sind.

Daß auch Leute von der Jungen Union in dem „Bündnis“ (zu welchem sonstigen Zweck?) mitmachen, mag in der Unbedarftheit ihrer Mitglieder liegen und im schlechten Gewissen. Vor dem Volksentscheid 1998 veranstaltete der RCDS, der Ring Christlich Demokratischer Studenten, im Gebäude des Audimax zusammen mit der jetzigen Oberbürgermeisterin Angelika Volquartz und Prof. Schmitz eine Podiumsdiskussion gegen die „Rechtschreibreform“. Den Sieg der Bürgerinitiative feierte die CDU dann am 27.9.1998 in Ermangelung anderer Erfolge bei der Bundestagswahl wie ihren eigenen Sieg.

Nachdem die CDU unter Mißachtung des Volkswillens auf Betreiben des Importkandidaten Rühe und des Fraktionsvorsitzenden Kayenburg im nächsten Jahr eine Kehrtwende in der Rechtschreibfrage vollzogen hatte, durfte es in allen Landtagsparteien keine offenen Fürsprecher der traditionellen Rechtschreibung mehr geben. Wer unabhängig kritisch den Kurs der Parteien bekämpfte, mußte in die rechte Ecke geschoben werden.

Das wird jetzt offensichtlich auch auf den „Verein Deutsche Sprache“ ausgedehnt, obwohl er orthographisch neutral sein will und nur die Achtung der eigenen Sprache auf seine Fahnen geschrieben hat.
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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.02.2007 um 21.23

Als erstes verraten wir die Lösung des Literaturrätsels:

Wer schrieb was?
„Vielleicht liebten sie sich umso mehr, weil die damaligen Verhältnisse Glaukus kein anderes Ziel seines höheren Strebens gestatteten als die Liebe. In dem despotischen Rom jener Zeit fand der A thener keinen Wirkungskreis. Das politische Leben seines Vaterlands war erloschen. Und weil der Ehrgeiz kein Gegengewicht gegen die Liebe bilden konnte, war es die Liebe allein, welche den Geist und das Herz ausfüllen musste. Ihnen erschien das eiserne Zeitalter, in dem sie lebten, wie das goldene, und der Zweck ihres Daseins war jetzt einzig und allein ihre Liebe.“

Die hier schwülstig gefeierte Liebe zwischen dem reichen Athener Glaukus und seiner schönen Landsmännin ist wie geschaffen für einen Hollywood-Historienschinken. Zumal Vertreter aller Stände, dazu Ägypter, Nubier und Angehörige anderer Völker des römischen Weltreichs dem Bild der umtriebigen Handelsstadt effektvolle Farben verleihen, das der Autor von ihren letzten Tagen von ihr malt. Doch der Leser kann beruhigt sein, die sich so innig Liebenden entkommen der Katastrophe. Der Autor, der auch als Politiker eine steile politische Karriere machte und sogar einmal Kolonialminister Großbritanniens war, wurde mit diesem Werk berühmt. Seine anderen Romane sind vergessen. Nur dass Richard Wagner einen von ihnen als Grundlage für eine Oper nahm, mag bekannt sein.

Die letzten Tage von Pompeji“ von Edward Bulwer-Lytton (1834). Da sich der Rätselmacher im allgemeinen an die originale Rechtschreibung hält, muß es sich entweder um eine alte Übersetzung in der (seltenen) ß-losen Schreibung oder um eine auf neue Rechtschreibung umgeferkelte Neuausgabe handeln. Die genannte Oper Wagners war natürlich sein erster Opernerfolg „Rienzi“.

Nun in die Niederungen der Tagespolitik:

Zum Schulgesetz für Schleswig-Holstein gibt es Leserbriefe, die wieder zeigen, wie die „Volksvertreter“ über das Volk hinweg entscheiden, wie vorgeübt bei der „Rechtschreibreform“:

Arrogant und ignorant
Schulgesetz unter Dach und Fach
Selten haben Regierung und Parlament ein Gesetz von so großer Tragweite in einer solchen Blitzaktion „durchgepeitscht" wie das neue Schulgesetz. Sobald die Bürger merkten, was hier gespielt wird, haben sie auf breiter Front ihre Ablehnung bekundet. Doch statt den Fuß vom Gas zu nehmen, um Zeit für einen fairen Dialog mit den Betroffenen zu haben, tritt die Regierung das Gaspedal bis zum Boden durch. Protest ist nicht erwünscht, und wenn die Argumente ausgehen, tun's auch Schläge unter die Gürtellinie
[…]
Matthias Schwertmann

Reformen ja, aber nicht diese
Die flächendeckende Einführung von Regionalschulen ist nun also beschlossen.
Der beeindruckende Widerstand von Eltern und Schülern wird von der großen Koalition und Presse als eine unwillige Schar von Reformgegnern abgetan .
[…]
Silke Jürgensen

… und in der Bundespolitik:

Die Mehrheit für die Gesundheitsreform steht … Die Fraktionsführung hatte nach der Abstimmung durch Handaufheben 30 Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen gezählt, Reformgegner wie der Flensburger Arzt Wolfgang Wodarg sprachen von einem Drittel der Abgeordneten. … „Ich habe noch nie gesehen, dass Parlamentarier so belogen, getäuscht und so ausgetrickst wurden wie bei diesem Gesetz“, hatte sich der Flensburger Arzt beschwert.

Ob sich Herr Dr. Wodarg erinnert, daß mit der „Rechtschreibreform“ die Bürger auf die gleiche Weise behandelt wurden. – Auch für ihn schrieb sein Fraktionskollege Rossmann als Vertreter der Landesgruppe Schleswig-Holstein der SPD an die Bürgerinitiative am 26.04.2006:

Auch wenn die neuen Rechtschreibregeln nicht bei allen Teilen der Bevölkerung auf Gegenliebe stoßen, sollte unserer Meinung nach die Diskussion um die Reform der deutschen Rechtschreibung mit dem neusten Kompromiss beendet werden.

Es ist die Sprache der Tatsachenverdreher, denn diese Worte sollen den Anschein erwecken, als ob nur eine Minderheit Unbelehrbarer gegen die neue Schreibung sei. Tatsächlich haben 1998 fast 71 Prozent der Wähler dagegen gestimmt, ein Ergebnis, an das die Herren Wodarg und Rossmann selbst mit ihren guten ca. 45 Prozent bei der Bundestagswahl nie herankommen werden.

Sowohl bei der ersten Rechtschreibreform als auch jetzt ist eine großzügige Übergangsregelung (bis zum 31.07.07) vorgesehen … zu gütig, die „so genannten“ Volksvertreter.

Jetzt wird nicht nur als fehlerhaft gebrandmarkt, wenn Schüler schreiben, wie sie es bei Thomas Mann, Siegfried Lenz, Hermann Hesse … gelesen haben, sondern auch, wie es verständige Türken auf deutsch haben erscheinen lassen, z.B. Orhan Pamuks vielgelobtes Buch „Istanbul - Erinnerungen an eine Stadt“, im November bei Hanser in klassischer deutscher Rechtschreibung erschienen.

Umso mehr muß man es bedauern, daß die Bundesrepublik dem Nobelpreisträger nicht die Sicherheit bieten kann, die er für eine Lesereise benötigt:

Köln (dpa) - Unter dem Eindruck massiver Drohungen hat der türkische Literatur-Nobelpreisträger Orhan Pamuk (54) eine Reise nach Deutschland nach Angaben des "Kölner Stadt-Anzeiger". abgesagt.

Das Interesse an authentischer fremder Kultur bleibt aber nach wie vor gering, es sei denn, sie wird durch jazzige Ketchup-Sauce dem eingeübten Geschmack angenähert:

Cyminologiy verbanden im KulturForum persische Musik mit modernem Jazz …
Der Bass von Ralf Schwarz konnte singen, brummen, mit spitzig-spritzigen Querschlägern die Musik aufrauen.


Auch hier wäre das gestohlene h von „rauh“ hilfreich zur Untermalung des Timbres der Stimme.
Das verbotene kleine „leid“ haben wir nach zehnjährem Kampf wieder, von der verordneten Großschreibkrankheit wird man sich aber noch in Jahren nicht erholt haben:

Peking findet viele offene Arme, nicht nur, weil es in kurzer Zeit viele Menschen aus der Armut befreit hat. Zudem ist Afrika es Leid, sich von Europäern und Amerikanern wegen korrupter Machenschafter und fehlender Demokratie kritisieren zu lassen.

* * *

Helmut Krausser (Jg. 1964) hat sein neues Buch Eros genannt, … Dem Schriftsteller [Romanfigur], der von Brüggens Erinnerungen notiert, ist es freigestellt, fragwürdige Elemente zu streichen und durch eigene Darstellungen zu ersetzen. Gerade diese Doppelbödigkeit ist es, die dem Roman das entscheidende Quäntchen Glaubwürdigkeit und Ironie verleiht.

Das erinnert an die Doppelzüngigkeit der Schreibdiktatoren, die die (unfreiwillige) Zulassung herkömmlicher Schreibweisen als neue Freiheit preisen, aber nicht die Freiheit gewähren, Wörter der gebildeten Welt, wie „Quentchen“, zu verwenden.

Mahner und Sprachskeptiker
Vor 100 Jahren wurde Günter Eich geboren

… Eich, der mit der österreichischen Autorin Ilse Aichinger verheiratet war, erhielt 1959 den Büchnerpreis. Schon damals warnte er eine selbstzufriedene Öffentlichkeit vor der Kumpanei der Dichter mit der Macht und dem Missbrauch der Sprache.


Mit der vorliegenden Rechtschreib-Kumpanei der Journalisten halten wir uns nicht weiter auf, sondern erwähnen nur noch eine Mißfigur der Missschreibung:

KIELER KÖPFE
Für Susanne Bock (Foto), mehrfache deutsche Meisterin im Bodybuilding, geht ein Traum in Erfüllung. Die 36-Jährige, die 2005 in die Figur-und Fitnessklasse wechselte, hat sich durch ihren zweiten Platz bei dem Amsterdam Grand Prix für die Miss-Figur-Olympia-Show Ende September in Las Vegas qualifiziert, ….


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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.02.2007 um 12.54

Propagandachef Nordkoreas vermisst
Seoul
- Der nordkoreanische Propagandachef Jeong Ha Cheol (74) ist seit 15 Monaten komplett verschwunden. Jede Erwähnung Jeongs sei aus den Publikationen getilgt worden. Sein Gesicht auf offiziellen Fotos geschwärzt worden. … dpa


Gespenstisch ... „1984“... Aber vergessen wir nicht, daß auch bei uns getilgt wurde – in den Schulbüchern das große „Du“, in historischen Briefen, so als ob es diese Höflichkeit nie gegeben hätte. Das gleiche gilt für die klassischen „ß“. Viele haben sich an die Dreistigkeit der Zeitungen gewöhnt, Leserbriefe in die „gültige“ Schreibung umzusetzten. Nur wenn der Kunde Geld dafür bezahlt, traut man sich nicht, z.B. in der Fundgrube:

Esszimmertisch aber: . Briefmarkennachlaß …. Münznachlaß

Aber auch hier war die s-Reform vergeblich:

… Allerdings halten das die Kliniken und auch die die Kassen für gerechtferigt, weil der Aufwand für die Bauchoperation wesentlich höher sei als die Kreissaalgeburt.

Peter Harry Carstensen möchte eine Villa:

Doch plötzlich ist das so genannte Haus B. wieder heiß begehrt. Der Ministerpräsident möchte es gern allein nutzen.

Dudenempfehlungsschreibung für das herkömmliche „heißbegehrt“. Das aber ist zumindest als Adjektiv vor einem Substantiv eindeutig vorzuziehen

Klosterkonzert Bordesholm, Streichersinfonie Nr.3 op. 73 von Dmitri Schostakowitsch:
Der harte, kräftige und Furcht erregende Rhythmus des Scherzos lässt nachhaltig an groteske Märsche bei Gustav Mahler denken.

Diese Darstellung mag ja in der Absicht des Schreibers liegen, aber seit der Zwangsspaltung der zugehörigen Adjektivbildung reagiert man allergisch. Falsch und dann noch mißraten ist das folgende Beispiel:

Von dem Kräftezehrenden Wagnerschen Bühnenweihspiel sattelte Domingo … dann aber doch auf einen bequemeren konzertanten Auszug aus dem Ring um: auf den ers-ten Akt der Walküre.

Auch kehrt die nun wieder verbindliche Zusammenschreibung mit „auseinander“ nur zögernd zurück: … Lohengrin, als allererster Testfall für Wagner, mit dem sich der heute offiziell 66-jährige Künstler immer wieder imponierend auseinander setzte….

Und nun zu den modernen Zeiten:

Um es gleich klar zu stellen: Der Schreiber dieser Zeilen hat bis dato die Kieler Deathmetal/Hardcore-Band Noise Forest nie sonderlich gemocht. Schier unhörbare frühe Demos sorgten zu Beginn und Mitte der Neunziger kaum für Begeisterung, auch wenn der im Doom-Tempo verweilende Sludge-core seiner Zeit tatsächlich voraus schien.

Unerwartet falsch ist die „erleichternde“ Trennschreibung, erschwerend protzt der Rezensent mit Scene-Fachwörtern und hält es nicht für nötig, sie zu erklären. Das ist nicht einmal Denglisch.
...
– geändert durch Sigmar Salzburg am 02.02.2007, 20.25 –
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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.02.2007 um 10.30

Erwähnt sei nur dies:

Auf Seite 1 korrigiert der Bildtexter kurzerhand den falschen Titel des Ballets:

Silvana Schröders neues Tanzstück „Eine Handvoll Leben!“, das im Kieler Opernhaus am Sonnabend heftig und ausdauernd beklatscht wurde …

Das Stück wurde wohl konzipiert, als „Hand voll“ noch allein richtig war. Deswegen heißt es auf S. 15:

Silvana Schröders getanzter Bilderbogen „Eine Hand voll Leben!“ im Kieler Opernhaus

Soweit aus der Beschreibung ersichtlich, spielt eine einzelne Hand keine besondere Rolle in dem Stück.

Noch aus dem Feuilleton (warum nicht „Föjetong“, wie „Portmonee“?):

Natürlich sind „Baßarien“ leserlicher als „Bassarien“, die an Aquarien erinnern.
Also schreibt man als Notlösung „Bass-Arien

Eine greuliche „Abschlussshow“ wollte man auch nicht bieten, sondern mußte wieder zur Bindestrichkrücke greifen: „Abschluss-Show

Und wer ahnt, daß „Irish Step Dancing“ jetzt ungemein erleichternd mit „irischer Stepptanz“ übersetzt werden soll. Umgekehrt sind dann die stepp- und tipp-Fehler für die Englischarbeit vorprogrammiert.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 30.01.2007 um 14.36

Nächstenliebe

Das Geständnis von Hartz liefert der Justiz auch Munition für die kommenden Verfahren um Korruption, Vergnügungsreisen und Sexpartys auf Firmenkosten.

Auch Hartz zählt zu unseren Nächsten und hat Anspruch auf Mitgefühl. Der Text geht weiter in korrekter neuer Rechtschreibung:

Volkert dürfte einer der Nächsten auf der Anklagebank sein.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 30.01.2007 um 11.34

Der SPIEGEL übt bescheidenen Widerstand:

KZ-FOTODATENBANK
… Machten amerikanische Stellen das Foto, um den Deutschen die Greueltaten ihrer Landsleute vorzuhalten? Oder war es gar ein heimlicher Schnappschuss durch einen Häftling, der Beweismaterial gegen seine Peiniger sammeln wollte? …

http://www.spiegel.de/panorama/zeit...-462856,00.html

An den Schulen ist das verbotene Schreibung – und dennoch fühlt man Erleichterung, daß Greuel noch Greuel genannt und sie nicht in einer absurden Vergangenheitsbewältigung zu „Gräueln“ werden, und damit den Geist untertäniger Mitmacherei widerspiegeln, der auch sie ermöglichte.

Die Kieler Nachrichten wagen dies nicht, anders als die in Berlin erscheinende „Allgemeine Jüdische Wochenzeitung“ (AJW), die ihre Ablehnung der neuen Rechtschreibung begründete: „Sie ist amtlich verordnet, wird also befolgt und findet ihren Niederschlag (...) in angepaßten Lehrern und Journalisten, die von den neuen Regeln zwar nicht unbedingt überzeugt sind, aber sich brav daran halten. Vorschrift ist Vorschrift.“ (!!! AJW, 28.10.99).

Irgendwie bringt das konfuse Knäuel der Schreibgräuel ernste Texte um ihre Seriosität, und man liest mit einem unguten Gefühl:

Gräuel des Holocaust ins Bewusstsein rufen
… Und das ist gut so, heißt es doch, sich die Gräuel des Holocaust ins Bewusstsein zu rufen, und gegen das Vergessen anzukämpfen: „Es ist wichtig, sich mit den Texten auseinanderzusetzen“ meint IGE-Schülerin T….


Bemerkenswert: „auseinandersetzen“ war zehn Jahre lang „falsch“ und ist jetzt wieder allein richtig. Bis zum letzten Jahr wurde diese traditionelle Schreibweise verhindert – von falschen „Macht bewussten“ Politikern:

Der durchaus Macht bewusste Ferdinand Piëch …

Reformbeflissener Unterwerfungseifer erzeugt eben Blödsinn. So auch hier:

Da klatschten sogar die hart gesottenen Meese-Fans mit.

Weil die „Reform“ die Abspaltung steigerbarer Wortteile vorschrieb, sollten nur noch „hart gekochte Eier“ zulässig sein; „hartgesotten“ ist aber ein fester Begriff (kann man sich einen „gesottenen Sünder“ vorstellen?) und soll auch nach der „Reform“ nicht abgetrennt werden. Man sieht, allenthalben „Erleichterung“ und „Vereinfachung“ durch die „Reform“.

Auch das Glanzstück dieser Reform, die Aufspaltung üblicher Adjetivbildungen, wird immer noch nicht konsequent als belächelte Tolpatscherei vermieden:

Vorher mussten sie miterleben, wie ihr Körper zerfiel und ihr Spiegelbild immer Furcht erregender wurde.

Manche Wortspaltungen fallen gar nicht mehr auf, so daß vielen Leuten die Vorzüge der traditionellen Schreibung oft nicht mehr bewußt werden.

Als Pizarro und seine schwer bewaffneten Soldaten zu Pferde ins peruanische Hochland vordrangen, um Atahualpa, den letzten Inka-Herrscher, mit List und Tücke gefangen zu nehmen, war das Volk bereits durch eingeschleppte Epedemien wie Masern und Pocken geschwächt …
… in einem selbst gezimmerten Boot


Die Vernichtung des Wortes eine „Zeitlang“ wurde abgewehrt. Im Dumm-Duden 2006 findet es sich wieder neben der unverständlicherweise empfohlenen Neuschreibung „eine Zeit lang“

Um eine Erektion zu bekommen und zu halten, muss dieser Abfluss eine Zeitlang dicht sein.

Ich erspare mir, dazu passende Beispiele von männlichen Gliedern zu bringen, die „eine Zeit lang gezogen“ wurden, um ein vermeintliches körperliches Handicap auszugleichen.

Die „Letzteren“ drängen sich „des Weiteren“ wieder unangenehm vor.

Schließlich geben uns die achtfachen „Essstörungen“ im „Fitnessstudio“ in der Beilage „unizeit“ den Rest.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 26.01.2007 um 20.54

nordClick/Kieler Nachrichten vom 26.01.2007 01:20

Erdsiek-Rave zieht Schulleiter der Preetzer Sprachheilgrundschule ab

Preetz – Die Schließung der Sprachheilgrundschule in Preetz rückt näher. Kultusministerin Ute Erdsiek-Rave (SPD) hat für die Öffentlichkeit überraschend Schulleiter Volker Budzyn zum 1. Februar ans Förderzentrum Plön versetzt und eine kommissarische Leitung berufen. Der Kreistag lehnt es einhellig ab. Die betroffenen Eltern schäumen vor Wut. So geht es auch den Lehrern, die aber schweigen müssen, weil sie Beamte sind. In einer Unterschriftensammlung bescheinigen viele Kindergärten, Schulen und Logopäden, dass der Schritt ein Fehler ist. Erdsiek-Rave bleibt dennoch hart: Die Sprachheilgrundschule in Preetz wird als eigenständige Schule zum Spätsommer aufgelöst.


"Die Versetzung ist ein weiterer Schritt zur Umsetzung des neuen Konzeptes", bestätigte die Sprecherin des Ministeriums, Beate Hinse, gegenüber den Kieler Nachrichten. Das Land möchte, wie berichtet, die sprachgestörten Kinder statt zentral in Preetz dezentral in Kombiklassen in ihren Heimatorten unterrichten. Nur am Förderzentrum in Preetz bleibt eine zentrale Betreuung für schwere Fälle.

Die Versetzung des Schulleiters ist nicht ohne politische Brisanz. Der Kreis als Träger der Sprachheilgrundschule stemmt sich nämlich gegen die Schließung der Einrichtung. Einstimmig über die Parteigrenzen hinweg hat sich der Kreistag in seltener Einheit hinter Eltern und Schüler gestellt. Formell spricht Kultusministerin Erdsiek-Rave nicht von einer Schließung. Wenn sie die Schule offiziell schließen wollte, hätte nämlich der Kreis als Träger ein Wörtchen mitzureden. Faktisch lässt sie aber keine neuen Schüler mehr zuweisen. Das Ergebnis ist das Gleiche: Die Sprachheilgrundschule hört auf zu existieren. Das empfinden viele Kreispolitiker als schlechten Stil. Mit der Versetzung von Budzyn und die Einsetzung einer kommissarischen Zwischenlösung bis zum Schuljahresende dürften sich die Abgeordneten erneut vorgeführt fühlen.

Erdsiek-Rave hatte in der Vergangenheit bereits die Eltern mit einer Äußerung vor den Kopf gestoßen. Auf einer Podiumsdiskussion sagte sie, Sprachauffälligkeiten träten bei Kindern aus "bildungsfernen Elternhäusern" auf, übersetzt: Die Eltern solcher Kinder sind einigermaßen dumm. Zahlreiche Väter und Mütter waren hellauf empört, da Sprachauffälligkeiten oft durch Störungen in der Schwangerschaft ausgelöst werden.

Die Vorsitzende des Schulelternbeirates, Silke Arpe, ist erbost über das neuerliche Vorgehen der Kultusministerin. Noch bevor sich der Petitionsausschuss des Landtages im März mit dem Anliegen befasst, würden vollendete Tatsachen geschaffen. Auch die kurzfristige Benachrichtigung der Eltern macht sie wütend. Die Schüler, die eng verbunden seien mit ihrem Schulleiter, hätten nur wenige Tage Zeit, sich von ihrem beliebten Lehrer zu verabschieden. Der Zeitpunkt der Versetzung ist für sie ein Rätsel. Immerhin ist die Stelle des Schulleiters am Förderzentrum in Plön seit 2005 vakant. "Warum wird sie jetzt besetzt?", fragt sich Silke Arpe.

Von Hans-Jürgen Schekahn

http://www.kn-online.de/artikel/2051341/Erdsiek-Rave_zieht__Schulleiter_der_Preetzer_Sprachheilgrundschule_ab.htm


eingetragen von Sigmar Salzburg am 26.01.2007 um 08.17

Die Aktivitäten gegen das neue Schulgesetz wurden hier schon erwähnt.

Was findet sich sonst an Schreiblichem in den Kieler Nachrichten – neben den chronischen Krankheiten ss-Schreibung, Silbentrennung, -Jährigen und (nunmehr völlig unnötig) „so genannt“?

Der Libanon animiert zu Schrägschreibungen: Diesmal sind es die brennenden Autoreifen der Regierungsgegner, die ihre Unheil verkündenden Rauchsignale über die Stadt schicken. Denn so friedlich wie der seit Wochen andauernde Sitzstreik vor dem Regierungsgebäude ist dieser von den Parteien wohl kalkulierte und präzise gesteuerte Wutausbruch der Demonstranten, bei dem gestern drei Menschen starben, nicht. [Bild] Mit brennenden Reifen versuchen Regierungsgegner das öffentliche Leben in Beirut lahm zu legen.

Das Wort „unheilverkündend“ war acht Jahre lang verboten worden. Davon hat sich der redaktionelle Schreibgebrauch noch nicht erholt. „dieser von den Parteien wohl kalkulierte Wutausbruch“ liest sich eher wie „vermutlich kalkuliert“. Dieser Fall und die neuerdings vom Duden wieder empfohlene Zusammenschreibung mit „wohl“ ist in der 2006er-Ausgabe nicht verzeichnet.
Nach Duden war „lahm legen“ wohl immer falsch.

Noch nachteiliger ist die Wortspaltung von „bloßstellen“, weil dann die Bedeutung „nur“ assoziiert wird. Sicher meint der Hamburger OB-Kandidat Mathias Petersen dies nicht:… sein Vorschlag, Sex Straftäter durch die Veröffentlichung von Anschriften und Fotos im Internet bloß zu stellen, löste bei den Sozialdemokraten nur Kopfschütteln aus.

Und wieder stört die hypertrophe Großschreibung von untergeordneten Funktionswörtern.

… Schlamperei? Es war wohl Letzteres.

An die affige Tipp-Stepp-Reform erinnern „Die Steptokokken“, die sich trotz allem nicht nach dem Tollpatsch-System „ Stepptokocken“ oder „Stepptokokotten“ nennen:

Gute Heilwirkung mit Stepp, Gesang und Comedy
Tipp mit ihrem Programm „Risiken & Nebenwirkung“ verabreicht das Comedy-Duo „Die Steptokokken“ eine Therapie, die angeblich Linderung bei Winterdepressionen bringt: Mit Stepptanz, Sangeskunst und Humor …


Die Gedankenverbindung vom „Steptanz“ zur „Steppdecke“ ist genauso unerwünscht wie die vom „Tolpatsch“ zum „Tollhaus“.

Der Schauspieler Ivan Dentler soll über die Kieler Szene berichten: … der Film beginnt mit einer spannenden neuen Sportart, Parkour. Dabei geht es darum, sämtliche Hindernisse auf einem Weg zu einem selbst gewählten Ziel zu überwinden. Man überspringt und überklettert in einer urbanen Umgebung Pfützen, Papierkörbe, Bänke, Blumenbeete und Mülltonnen ebenso wie Bauzäune, Mauern, Litfass-Säulen, Garagen und wenn möglich Hochhäuser und Hochhausschluchten.

Er (oder die korrigierende Redaktion) müht sich mit dem zugelassenen sss-Vermeidungsbindestrich, wo er gar nicht nötig ist. Der Berliner Drucker Ernst Amandus Theodor Litfaß führte 1855 in Berlin die später nach ihm benannte „Annonciersäule“ ein.

Sein Name wird nun von der ss-indoktrininierten Jugend fälschlich „Litfahs“ gelesen, ebenso wie der geschäftsführender Direktor der Lübecker Museen, Hans Wißkirchen, jetzt wohl als „Wieskirchen“ geführt werden muß. Es ist ja nun verboten zu lehren, daß vor „ß“ auch ein kurzer Vokal stehen kann.

„Lux aeterna“ … Das mit Zwischen- und Begleitspielen der Orgel versehene Stück, dessen Intonatio wegen der vielen Tonreibungen nicht leicht ist, fand trotz seiner rauen, oft kompakten Klanglichkeit großen Anklang.

Wieder fällt auf, daß die banausische Amputation des „h“ an „rauh“ diesem Wort seinen eigentümlichen Charakter nimmt, mit dem es den rauhen Hauch von Winden, Stimmen und Tönen unterstreicht, aber auch die Reibung an einer rauhen Fläche darstellt. Manches mehr siehe frühere Berichte.

Raritäten mit Biss – Heute: Meerrettich
… Er enthält die Bakterien hemmenden und Krebs vorbeugenden schwefelhaltigen Substanzen Allicin und Sinigrin, die auch im Knoblauch vorkommen… Die Schale ist bräunlich, rau und faltig, das Fleisch weiß.


„Schwindel erregend“, aber nicht völlig falsch. „Krebsvorbeugend“ und mehr noch „bakterienhemmend“ sind jedoch, obwohl nicht im Duden zu finden, ganz übliche Wortbildungen.

Und jetzt verraten wir noch die Lösung des Literaturrätsels:

Wer schrieb was?
„Dann passierte es! Nicht irgendeine, nein, die Winsener Jungschützenkönigin nahm mich ins Visier! Sie saß mit einer Freundin auf der harten Zeltbank und trank Rotwein. Verstohlen schaute ich zu ihr hinüber. Plötzlich lächelte sie. Sie lächelte nicht irgendwie oder blickte durch mich hindurch, nein, ich war gemeint! ... Als ihre Freundin gerade zur Toilette war, taperte ich zu ihr hin.“

Immerhin, der Ich-Erzähler hat es geschafft, auf weniger als einen Meter an eine Frau heranzukommen, was ihm in dem über drei Jahrzehnte gespannten „Erinnerungsbuch" höchstens ein halbes Dutzend Mal gelingt, von der eigenen Mutter einmal abgesehen. Wirklich landen kann er allerdings auch bei der Winsener Jungschützenkönigin nicht. Sollte der Autor dieses schonungslos offenherzigen Lebensberichts tatsächlich weitgehend identisch sein mit dem Protagonisten, wie es die biografischen Übereinstimmungen nahe legen, er wäre nicht zu beneiden. …


„Fleisch ist mein Gemüse“ von Heinz Strunk – bei Rowohlt 2004, daher leider wohl in Neuschreib.

– geändert durch Sigmar Salzburg am 29.01.2007, 23.32 –
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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 25.01.2007 um 12.11

Proteste gegen das Schulgesetz reißen nicht ab

Eltern fordern: Rückstellung muss möglich bleiben

Kiel - Das neue Schulgesetz treibt nach wie vor Eltern, Lehrer und Schüler auf die Barrikaden. Zwei Tage vor der Verabschiedung im Landtag meldete sich gestern eine Initiative aus Ostholstein zu Wort, die sich gegen die generelle Pflicht zur Einschulung sechsjähriger Kinder unabhängig von ihrer tatsächlichen Schulreife wehrt, „Es ist doch absehbar, dass schwache Kinder auf der Strecke bleiben", kritisierten Petra und Hubertus Lürbke aus Eutin, die dem FDP-Bildungsexperten Ekkehard Klug mehr als 1400 Unterschriften überreichten.

Dass sich die Initiatoren an die Opposition wandten, ist kein Zufall: Auch die FDP fordert ausdrücklich, die bisherige Regelung beizubehalten.


Bei der „Rechtschreibreform“ hatte die FDP bekanntlich versagt – gegen die vorherrschende Meinung in der Bundespartei. Und auch die Konkurrenz, die „basisdemokratischen“ Grünen, hatte nichts Eiligeres zu tun, als der Annullierung des Volksentscheids zuzustimmen. Jetzt jedoch wiederholt der Grünen-Chef genau die Worte, die der damalige Bundespräsident Roman Herzog 1997 auf die Schreibreformiererei gemünzt hatte:

Kritik am neuen Gesetz gibt es auch von den Grünen. Fraktionschef Karl-Martin Hentschel sieht zwar eine „Riesenchance", Bewegung in die Bildungspolitik zu bringen. Die Doppelkonstruktion von Regional-und Gemeinschaftsschulen sei allerdings „so überflüssig wie ein Kropf", zumal die Regionalschule bei Eltern und Lehrern „keine Akzeptanz" findet.

Genau dasselbe traf auch auf die „Rechtschreibreform“ zu.

Jetzt müssen auch viele, die es gar nicht wollen, das „Arschgeweih“ (eine Tätowierung oberhalb des verlängerten Rückens) der „Reform“ tragen – ein Lieblingswort der ehemaligen Tagesschausprecherin Dagmar Berghoff, wie sie im Interview den KN offenbarte.

Und hier weiß man nicht genau, ob künstlerische Freiheit oder sprachliches Unvermögen im Spiel ist:

Kiel - „Eine Hand voll Leben“ heißt die erste Ballettpremiere dieses Jahres, die Silvana Schröder als Gastchoreografin nach Kiel bringt ...

Da bleibt uns nur das Besaufen im Takt (Bindestrich in der Überschrift hinzugefügt):

Prozes-sauftakt: Brutaler Überfall nach Trinkgelage

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 25.01.2007 um 11.21

Klaus Kramer, stellvertretender Chefredakteur der KN, hat in seinem Unterwerfungseifer unter die „Reform“, die in den ersten Jahren zu den schönsten Stilblüten führte, erheblich nachgelassen. Jetzt entgeht ihm sogar die vorgeschriebene übertriebenen Großschreibung „wie kein Zweiter.“ Später holt er aber wieder auf:

In Bayern ist Seehofer beliebt wie kein zweiter… Perfektionisten vom Schlage Beckstein und Huber sollten sich vor Seehofer jedenfalls in Acht nehmen. …

Da passen andere besser auf:

Mordkommission sucht Düsseldorfer Pärchen
„Große Vorsicht ist geboten, denn die Beiden könnten bewaffnet sein“, so Schwerdtfeger.



Auch der Fortsetzungsroman läßt sich das nicht entgehen: Georg Dengler erwachte und das Erste, was er bemerkte, was seine schlechte Laune. … Kein Blues würde ihn heute Morgen aufheitern.


Ob „zu Gute“ ein Reformstand war, weiß ich nicht. Im Duden 1987 wie im Duden „neu“ 2004 steht „zugute kommen“, im Duden 2006 die affige Vorschrift „zugutekommen“:

Die Impro-Erfahrung kommt der Künstlerin sichtlich zu Gute

Die Trennautomatik vollführt wieder einmal unverstanden reformgerechte Bocksprünge

Comedian Kerim Pamuk: „Moslem-Wochen“ (Big Mecca, Ziegenmilchs-hake in den Geschmacksrichtungen Fromm, Fundi und Fanatisch)

Und ausgerechnet nach der Oberbürgermeisterin, ursprünglich Schuldirektorin, die am Abend des Volksentscheids im Fernsehen für die CDU den Sieg gegen die „Rechtschreibreform“ feierte, folgt „viel Sagendes“:

Ärzteschwemme auf der Tanzfläche im Schloss
Oberbürgermeisterin Angelika Volquartz machte ihr Grußwort kurz. „Gut, dass ich keine Politikerin bin. Bei der Gesundheitsreform!“, sagte sie und hatte Lacher wie Applaus auf ihrer Seite. Dass die Nighttime Band direkt danach zum Walzer mit dem viel sagenden Titel „Que sera, sera“ bat, war allerdings nicht abgesprochen.


Nun, die CDU hat sich ja anschließend unanständig entblößt.

„Kalender Girls“ …Damit der Film in den USA als jugendfrei eingestuft wurde, durfte nicht zuviel nacktes Fleisch gezeigt werden. Regisseur Nigel Cole: „Ich musste am Telefon mit amerikanischen Anwälten über die genaue Platzierung der Brustwarzen verhandeln.“ dpa

Das reformierte „zu viel“ findet also ausgesprochen wenig Akzeptanz, wie schon früher festgestellt.

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eingetragen von Sigmar Salzburg am 25.01.2007 um 10.25

Nur einzelne Splitter:

In der ersten Hälfte seines Lebens war er Opernkomponist, in der zweiten kochte er leidenschaftlich und stopfte so viel in sich hinein „wie drei Fresssäcke zusammen“. [Giacomo Rossini]

Trotz des beschwörenden Anpreisens der Reformschreibung durch den Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag am 20.8.98 stimmten die Bürger am 27.9.98 mit Mehrheit dagegen ...

Nach dem Abschluss-Segen …

... und damit auch gegen den Bindestrichkrampf zur Vermeidung von ss-Krampf.

Außerdem ist Beckstein in den vergangenen zwei, drei Jahren seinen Ruf als Hardliner und bedingungslos erg-ebener Stoibergehilfe weitgehend los geworden.

24 August 2006: Kurnaz wird frei gelassen.

In Freiheit wird man gelassen ... verständlich!

Chinesen greifen im All an … Die USA hatten den Satellitenabschuss verfolgt, aber geheim gehalten

Vor einiger Zeit gab es einen Fernsehbericht: „Mitterands geheim gehaltene Tochter“. Mich erinnerte das sogleich an Schweinehaltung, etwas ferner an die Odyssee ...

In der Ukraine wurde durch den Sturm ein Abschnitt der Pipeline „Druschba“ für Stunden lahm gelegt.

Faule Arbeiter. Aber die Trennung war wohl immer falsch, fand sich aber gleich in der FAZ nach der ersten Reformumstellung 1999

Dr. Eckart von Hirschhausen hielt dem Publikum im Kieler Schloss den Miesmuffel-Spiegel vor „Mein Name ist Hirschhausen. Ich bin Arzt. Ich werde Sie gut behandeln“, stellte sich der 39-Jährige mit dem Arztkoffer in der Hand vor: … Wer sich auf den Daumen haut, darf eben nicht vergessen, darüber zu lachen. Im Grunde keine Bahn brechenden Erkenntnisse. „Sie wussten das alles schon. Ich habe sie nur daran erinnert“, sagt er gen Ende. Und kaum einer tut das mit so viel Witz.

Meiner Tochter versuchte man 2004 vergeblich einzubleuen: „Grauen erregend“ aber „bahnbrechend“. Diese nutzlose Mühe muß man mit den mindestens 20 Millionen Schülern multiplizieren, die davon in den letzten zehn Jahren betroffen waren.

Gesundheits-Reisen werden zunehmend beliebter … „Rund die Hälfte davon wird schon im Voraus gebucht“, sagt die zuständige Bereichsleiterin Sabine Gerhard.

Und ich dachte, die Reisen würden im Reisebüro gebucht.

Sollen wir essen wie die Steinzeitler?
… Und dem heißen Tip „viel Pflanzliches!“ (plant based) steht der ebenso heiße Tip „viel Tierisches“ (animal based) entgegen.


Jungfrau: Nehmen Sie sich für den Februar nicht zuviel vor….

Hier wird wieder Verbotenes geschrieben.

Journal, Kinder:

Grüße zur Genesung
Tofe hat sich im Krankenhaus furchtbar gelangweilt. Sicher würde es Dir genauso gehen, wenn Du krank bist und längere Zeit das Bett hüten musst. Deshalb solltest Du kranke Freunde etwas aufmuntern.


Peinlich beflissen wurde bisher auf der Kinderseite die höfliche Großschreibung des „Du“ unterlassen — gegen die Agentur-Vereinbarung. Die Ministerin vermied es noch am 29.1.2002, mir zuzustimmen, daß in der Schule die üblichen Umgangsformen unterrichtet werden sollten:
„Selbst wenn ich Ihnen inhaltlich zustimmen würde, könnte und dürfte ich Ihre Bitte nicht erfüllen, weil Normen der Rechtschreibung nicht von der persönlichen Meinung bzw. vom persönlichen Geschmack einer Ministerin abhängig sein dürfen."

Nicht der demokratische Volksentscheid, sondern der Springer-Verlag erreichte ein (unzureichendes) Einlenken der politischen Betonköpfe. Schande über sie!

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 24.01.2007 um 12.25

Breite Front gegen das Schulgesetz

Verbände starten Volksinitiative


Kiel - Demonstrationen, Unterschriften und Resolutionen - die Proteste gegen das neue Schulgesetz reißen nicht ab. Einen Tag vor der Verabschiedung im Landtag läutete die „Allianz für ein besseres Schulgesetz" gestern eine weitere Runde ein: Sie will die Novelle mit einem Volksentscheid beerdigen.

Von Bodo Stade

Die Kritiker haben sich einiges vorgenommen: Nicht mehr und nicht weniger als einen kompletten Gegenentwurf zum neuen Schulgesetz will das neue Aktionsbündnis erarbeiten, um dann eine neue Volksinitiative zu starten. 20 000 Unterschriften müsste das Bündnis sammeln, damit sich der Landtag mit dem Anliegen beschäftigt. Wird die Forderung abgelehnt, will die Initiative ein Volksbegehren einleiten und schließlich einen Volksentscheid über das Schulgesetz erzwingen.

Soweit ist es noch nicht. Ulrich Kliegis, Vorsitzender des Schleswig-Holsteinischen Elternvereins und Wortführer der Allianz, gab sich aber optimistisch. „Wir sind hoch motiviert und rechnen uns gute Chancen aus." Der Elternverein zählt nach eigenen Angaben zwar nur rund 100 Mitglieder. Doch allein steht er nicht. Kliegis, der seinerzeit einen Volksentscheid gegen die neue Rechtschreibreform durchfocht und gestern allein 4300 Unterschriften für den Erhalt kleiner Grundschulen vorlegte, hat den Verband der Realschullehrer sowie den Philologenverband an seiner Seite. Außerdem gehören dem Bündnis die Landesschülervertretung der Realschulen sowie die Frauen-Union an, die damit offen auf Gegenkurs zur Mutterpartei geht.

Denn: Im Mittelpunkt der Kritik steht nach wie vor die von der CDU geforderte Regionalschule, die ab 2010/11 an die Stelle der Haupt- und Realschulen treten soll. Nach einer gemeinsamen Orientierungsstufe soll die neue Regionalschule in unterschiedlichen Bildungsgängen zum Haupt- und Realschulab-schluss führen. Anders als die Gemeinschaftsschulen, die auf freiwilliger Basis entstehen, werden die Regionalschulen per Gesetz flächendeckend eingeführt.

Der Realschullehrer-Verband zählt dabei naturgemäß zu den härtesten Kritikern. Als Beamter räumte der Landesvorsitzende Gerhard Kreft zwar ein „Loyalitätsproblem" ein. Dennoch werde er seinen Verband „nicht einfach abwickeln". Er fürchtet, dass die Regionalschule „zur neuen Hauptschule" wird. Auch der Philologenverband kämpft weiter für das dreigliedrige Schulsystem. „An unserer Position hat sich nichts geändert", erklärte der Vorsitzende Helmut Siegmon.

Alle Kritiker hat die „Allianz" allerdings nicht vereint. Der Landeselternbeirat der Realschulen hatte sich bereits bei der Anhörung zum neuen Schulgesetz von dem Bündnis distanziert. Dennoch: Auch die Eltern möchten die Realschule nicht kampflos aufgeben: „Mit der flächendeckenden Einführung wird uns jede Möglichkeit genommen zu entscheiden, wo und wie wir unsere Kinder beschulen lassen", erklärte die Vorsitzende des Kieler Kreiselternbeirates, Silke Jürgensen, die am Nachmittag knapp 3000 Unterschriften an die CDU-Bildungspolitikerin Susanne Herold überreichte. Auch Jürgensen glaubt, dass ein Niveauverlust droht und der An-schluss an das Gymnasium kaum noch zu schaffen sein wird. „Die neue Schulform mag auf dem Land vielleicht funktionieren, in den Großstädten mit ihrer ganzen Bandbreite von Problemen aber sich nicht."

[Bild]
Die Realschüler gingen bereits im vergangenen Dezember auf die Barrikaden und demonstrierten gegen die Einführung von Regionalschulen. Sie fürchten, dass bei einer Zusammenlegung mit den Hauptschulen das Lernniveau sinken könnte. Foto Paesler

[Kommentar: Auffällig ist, daß – wie bei der „Rechtschreibreform“ – manche Elterbeiräte wieder gegen die Eltern Parteipolitik betreiben.]

– geändert durch Sigmar Salzburg am 24.01.2007, 16.35 –
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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 23.01.2007 um 08.01

Sportstätten stecken im Sanierungsstau

Kiel – Die meisten Sportstätten in Deutschland sind alles andere als fit für die Zukunft: Auf 42 Milliarden Euro beziffern Experten den Sanierungsstau von Sporthallen, Schwimmbädern, Füßballplätzen und Tartanbahnen im Bundesgebiet.

Ein ähnlicher Betrag ist unaufällig für die „Rechtschreibreform“ vernichtet worden. Ein paar Seiten weiter meldet sich sogar ein Verantwortlicher zu Wort:

„Jede dritte Sportanlage und jedes zweite Schwimm- bzw. Hallenbad in Schleswig-Holstein müssen dringend saniert oder modernisiert werden“, berichtet Ekkehard Wienholtz, Präsident des Landessportverbandes.

Als Innenminister in Kiel hatte er seinerzeit den Umfall der CDU in der Rechtschreibfrage befördert, indem er die Umstellung der Amtssprache vorbereitete, so daß die Schüler mit ihrer traditionellen Rechtschreibung gemäß Volksentscheid noch nicht einmal im Staatsdienst etwas hätten werden können – ein perfides politisches Schurkenstück. Dem wohlversorgten Rentner fehlt sicher auch heute noch jedes Unrechtsbewußtsein.

Fall Kurnaz: „Da tun sich Abgründe auf

… wie die Amerikaner mit Kurnaz umgegangen sind“, sagte Ausschusschef Kauder (CDU).

… Kurnaz schildert die Haftbedingungen in leisen Tönen. Vielen Zuhörern stockt dabei der Atem. Immer wieder sei er willkürlich von Rollkommandos in seinem Käfig heimgesucht worden. Sie hätten zuerst „KO“-Gas gesprüht und sich dann in schwerer Montur auf ihn gestürzt, während er angekettet gewesen sei. Anschließend habe man ihn bis zu zwölf Stunden auf dem Boden liegen gelassen.
(Dudenempfehlung)

Vielleicht sollten unsere politischen Handlungsreisenden, statt in China und Rußland, einmal in den USA die Einhaltung der Menschenrechte fordern.

16 Shopping-Center wurden im letzten Jahr fertig gestellt, 20 werden es in diesem sein …

Die nicht mehr empfohlene Getrenntschreibung suggeriert den Einsatz von Fertigteilen, die nur gestellt zu werden brauchen.


Strauß soll jahrelang vergeblich versucht haben, Goppel loszuwerden.

Die frühere Schreibung lt Duden „los werden“ für ugs. „erfolgreich verkaufen“ ist grundlos verboten.

Nach Streibls Rücktritt (wegen der so genannten „Amigo-Affäre“) stellte Waigel von 1993 bis 1999 gemeinsam mit Edmund Stoiber das bayerische Führungsduett. Stoiber wird heute noch nachgesagt, sich jahrelang auf Kosten Waigels in Bayern profiliert zu haben, bis er ihm schließlich den Parteivorsitz abnehmen konnte. Es heißt, Waigel habe ihm das nie verziehen.

Schließlich wurde noch Waigels Privatleben ins politische Intrigenspiel einbezogen. Wir können sicher sein, daß eine bayerische Regierung unter einem Ministerpräsidenten Waigel der „Rechtschreibreform“ in dieser Form nicht zugestimmt hätte. Noch vor kurzem äußerte er:

Ich verabscheue die neue Rechtschreibung und halte sie für den größten Unfug, der in den letzten zehn Jahren gemacht wurde.“ (Pforzheimer Zeitung 1.3.2004)

Als ich diesen Spruch im Gästebuch der CDU-SH erwähnen wollte, wurde er nicht zugelassen, vermutlich weil er nach den Forumsrichtlinien „unsachlich“ oder „Beschimpfung“ ist.

Auf „Schifffahrtsfreunde paßt wiederum Waigels Bemerkung von 1997: : „Es bringt Deutschland nicht vorwärts, wenn das Wort Schiffahrt künftig mit drei statt zwei f geschrieben werden soll."

Erleichtert lesen wir wieder von einer „Handvoll Schüler“ – leider nur in der Zeitung. In der Schulliteratur ist „Hand voll“ weiterhin zulässige Regel.

„Kyrill“ zog eine Spur der Verwüstung

Die Ähnlichkeit der „Rechtschreibreform“ mit der abgelaufenen Unwetterkatastrophe ist frappierend:

Das 275 Meter lange Schiff war mit einem Riss an der Bordwand Leck geschlagen.

Im Landkreis Augsburg wurde ein 73-Jähriger von einem Scheunentor erdrückt, das von einer Böe aus den Angeln gehoben worden war.

Das „Regelwerk“ läßt die Schreibung „Böe“ neben „Bö“ zu. Soviel Toleranz brachten die Schreibdiktatoren für „rauh“ neben ihrer Erfindung „rau“ nicht auf.

Aber kommt jetzt die übertriebene Zusammenschreibung gemäß der neuen Eisenberg-Zehetmairschen Reparaturideologie?:

Die „Wohnung fürs Alter fitmachen.

* * *

Würde man die teils radikalen Empfehlungen der Kommission komplett umsetzen, so hätte das weit reichende Folge für die Hamburger Museenlandschaft, die fast einer Zerschlagung gleichkämen. (nicht mehr „empfohlen“)

Hier denkt man an das Wirken einer anderen „toll patschigen“ Kommission, die die Kultusministerkonferenz ohne Dank entlassen hat, deren Folgen man aber gerade in der dümmsten Form gesichtswahrend verteidigt. Die völlige Kontrolle gelingt jedoch nicht:

Deutschlands Tanz-As: Frau oder Mann?
(Tanzshow „You can Dance“ – Sat.1)

Allgemein fällt mir auf, daß ich die Neuschreibung „Ass“ in Verbindung mit englischen Wörtern schon lange nicht mehr gesehen habe. Man verzichtet lieber ganz darauf.


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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 21.01.2007 um 09.33

Ein Bild: Auf einer Demonstration in Dithmarschen wird von Leuten der Volksinitiative ein Pappschild hochgehalten:

„P.H.C DEIN WORT IST NICHTS WERT!

Auch die örtliche CDU vertrat die gleiche Meinung:

… die aufgebrachten Dithmarscher Christdemokraten verlangen, dass ihr Kreis eigenständig bleiben soll. So weit wollte und konnte der Ministerpräsident an diesem Abend nicht gehen. Er versicherte zwar, dass die besondere Situation Dithmarschens „nicht außer Acht gelassen“ werde. Lautstarker Beifall brandete hinter verschlossenen Türen aber immer nur dann auf, wenn ein Kritiker ans Mikro getreten war.

Nun, die Wortbrüche kennen wir schon – von der „Rechtschreibreform“ bis zur „Realschulreform“.

Aber er lebt noch, der Geist alten Dithmarscher, die vor fünfhundert Jahren ihre Bauernrepublik verteidigten und ihren Usurpatoren bei Hemmingstedt eine eindeutige Niederlage bereiteten!

Deswegen auf Seite 1 die Hiobsbotschaft für die kungelnden Parteiapparatschiks:


Den Parteien laufen die Mitglieder davon
CDU und SPD im Norden klagen über dramatische Verluste
Kiel - Die großen Parteien in Schleswig-Holstein werden immer kleiner. CDU und SPD haben im vergangenen Jahr einen dramatischen Verlust an Mitgliedern verzeichnet. Ein Grund: Viele sind unzufrieden mit der Politik der großen Koalitionen in Berlin und Kiel.

Von Bodo Stade
Unerwartet hart hat es die CDU getroffen: Nach Angaben von Landesgeschäftsführer Daniel Günther sank die Zahl der Mitglieder in den vergangenen zwölf Monaten um 1600 auf 27 750. In den Vorjahren lagen die Verluste noch bei 400 bis 600 Mitgliedern. Die SPD meldete einen Rückgang von 1191 Mitgliedern. Damit hat der Landesverband noch 21787 Genossen. Dramatischer waren die Verluste nur in den Jahren 2003 und 2004, als die Partei in Folge der Agenda 2010 jeweils 1800 Mitglieder einbüßte.


Die dagegen glanzvoll dastehende CSU wird demnächst auch Federn lassen müssen:

In der CSU wächst die Empfindung, dass die Partei Stoiber womöglich nicht loswerden will.

„loswerden“ (bereit werden von) stand schon im alten Duden. Neu ist die die verpflichtende Zusammenschreibung in der Bedeutung „etw. verkauft bekommen“.

Was die „Rechtschreibreform anbetrifft, so war Stoiber zweifellos eine äußerst schwacher Ministerpräsident, der sich von der Reformmafia und Zehetmair treiben ließ. „Die Reform ist sicher nicht mein Herzensanliegen.“ (Stoiber in die Die Presse 5.3.98)

Weder im Duden alt noch neu ist „zuende“ vorgesehen:

Beim Otto-Konzern geht eine Ära zuende


Der Regisseur Aki Kaurismäki wird im Interview zitiert:
In meiner Heimat würde ich es nicht mehr aushaltem, zuviel sozialer Druckund dazu noch die permanente Melancholie, das wäre zu viel für mich.
Die differenzierte Verwendung von Getrennt- und Z usammenschreibung ist natürlich auch nach der Rats-Reform immer noch schulisch unerwünscht.

Eine Zeitlang war in den KN übersehen worden, daß „Stilleben“ reformiert worden ist. Jetzt taucht es linientreu als „Stillleben“ auf.

Erfreulich ist, daß Verben und ihre Partizpien mit „auseinander“ jetzt oft richtig richtig gebildet werden:
auseinandergeschnitten

Der Film „Chanson D’Amour“ animiert leider wieder zur Dumm-Duden-Empfehlungsschreibung:
Fortan trifft sich das Paar in leer stehenden Räumen, wo es über das Leben redet.

Die von der „Reform“ begünstigte Lesefallen-Schreibung ist seltener geworden:

Das Münchener Duo „Unsere Lieblinge“ … Solche Haken schlagende Strudel musikalischer Wildwassermoderieren so obendrein voller Witz – mal geistreich, mal albern, aber immer spontan.

Wenn man den üblichen Reform-Kleinmist überstanden hat, möchte man zum Schluß aber doch wissen, was auf diesen Parties (verbotene englische Originalschreibung) eigentlich gezeigt wird:

… auf den offiziellen Aftershowpartys von Eminem in Hamburg …

– geändert durch Sigmar Salzburg am 22.01.2007, 20.19 –
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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 18.01.2007 um 14.16

Bis dahin will Stoiber die Entscheidung offen halten, – und nicht etwa der Landtagsfraktion überlassen …

Falsch! Im Duden 06 steht nun wieder „offenhalten“, als ob es nie anders gewesen wäre. (Deshalb ist der Duden bekanntlich ungeeignet für Korrekturzwecke an den Schulen.)

Hans Herbert von Arnim wird zum Fall Stoiber befragt und meint:
Kluge Ratgeber hätten ihm schon vor Monaten gesagt: ‚Kündige für 2008 Deinen Rücktritt an ….’ … Jetzt ist es schwer, ohne Gesichtsverlust zurückzutreten.
(Das große „Du“ geht auf ein Mißverständnis der Reformkommission der Nachrichtenagenturen zurück, die das briefliche Anrede-Du erhalten wollten, es dann aber auf alle Zitier-Fälle ausgedehnt haben.)

Was in den Kieler Nachrichten nicht erwähnt wird:
Bekannt geworden ist von Arnim durch seine Kritik am Parteienstaat. Sein Buch „Vom schönen Schein der Demokratie … Politik ohne Verantwortung – am Volk vorbei“ setzt sich mit der praktischen Ausgrenzung der direkten Demokratie durch die politischen Entscheidungsträger auseinander.

Erinnerlich ist mir seine Rechnung, daß für den Zulassungsantrag zu einem Bürgerbegehren in Berlin 51mal so viele Unterschriften nötig sind wie in Nordrhein-Westfalen. Er schreibt:
Die Unterschiede sind derart groß, daß möglicherweise die Willkürgrenze überschritten ist.

Ähnliches konnte ich auch 1999 bei der Berliner Unterschriftensammlung zum Bürgerbegehren gegen die „Rechtschreibreform“ feststellen. Durch doppelt so hohe Hürden, zu kurze Auslegezeiten und zu wenig Auslegestellen wurden die Berliner nahezu hundertmal schlechter gestellt als die Schleswig-Holsteiner.

Auch in den anderen Bundesländern betrieb man in der Rechtschreibfrage eine halblegale Ausgrenzung des Volkes, wie sie selbst gegenüber rechtsextremen Parteien von den Gerichten kaum zugelassen wird.

Apropos: Die sind gut, um Immobilienpreise in die Höhe zu treiben:

Nach Delmenhorst nun Kleinow?

Kleinow jedoch ist arm und erklärt schon den Verzicht auf …
„ … einige leer stehende Immobilien, die für ein Schulungszentrum infrage kämen.“

.. die unüblichen, aber vom Duden empfohlenen Getrennt- und Zusammenschreibungen, die meinem 19. Duden noch unbekannt waren.

Wieder falsch sind folgende Schreibungen:
mit sich selbst auseinander setzen

Veraltet „neu“: so genannt, „stecken gebliebene“ Gesetzentwurf,. schwer krank (aber beide mit Dudenempfehlung), kennen lernen.

Die Dreifachbuchstaben sind nur „neu“ richtig: Schifffahrtsimperium, Abschlussspiel, am helllichten Tag,
auch mitunter in unbeholfener Vermeidungsstrategie:
Kuss-Szenen.

Ich habe mir auch den Namen „Uli Hoeneß“ notiert, der sicher froh ist, daß seine Name endlich „Hönees“ gesprochen wird.

Neckisch sind auch die neuen Trennungen: Dis-tanz und Labskau-sessen – nachdem vor etwa vierzehn Tagen schon einmal „Tes-tessen“ angeboten wurden (von Hos-tessen?)

Über die grammatisch falschen „gestern Nachmittag, gestern Abend“ kann man mit eingefleischten Reformern kaum reden, ebenso über die zwei „zurzeit“.


Freuen wir uns, daß fast kontinuierlich in den KN „Handvoll“ geschrieben wird und wurde: Roman über eine Handvoll Menschen.

Auch hier scheint das Gemeinte graphisch richtig umgesetzt worden zu sein:
CDU und Grüne im Rat behaupten: „Alles Mögliche wurde getan.“

Oft handelt es sich bei den Reformdelikten nur um Punkte von lästiger Fliegenschiß-Qualität.

Der Geßlerhut der 16 Herostraten im Kultusministerpelz bleiben die „neuen“ ss:

Die ersten 28 Seiten der KN enthalten rund 160 „neue“ ss.
Davon gehören genau 50 Prozent zur Konjunktion „daß“, deren Schreibung als „dass“ keinem Sprachschwachen hilft.

Die andere Hälfte besteht zu 42 Prozent aus dem Stamm „muß/müß“ (bzw. „muss/müss“) und ist auch noch nie eine Klippe gewesen.

Das Literaturrätsel verwendet erfreulicherweise wieder einen Text, der aus einem der Milliarden Buchexemplare mit traditionellem ß entnommen ist:


Wer schrieb was?

„Ich will ziehen zum reckenhaften Chumbaba! / Den Gott, von dem man redet, will ich sehen! / Dessen Namen die Lande im Munde führen -/ Den will ich ereilen im Zedernwaid! / Daß gar stark der Sproß von Uruk ist, / Will ich hören lassen das Land! / Ich will Hand anlegen, die Zeder abhauen, /Einen Namen, der dauert – mir will ich ihn setzen!“

So spricht der Held des ers-ten, auf 11 Tontafeln in Keilschrift überlieferten Groß-Epos der Weltliteratur. Dann zieht er mit seinem frisch gewonnenen Super-Kumpel, dem Tiermenschen Eniku, los in ein Meer aus Helden-Abenteuern. Die Götter wollen ihm, dem König von Uruk, der zu einem Drittel Mensch, zu zwei Dritteln Gott ist, eine Lektion erteilen: So sehr er sich auch müht, die Bäume auszureißen, um Unsterblichkeit für sich und seinen später sterbenden Freund zu erlangen – es soll ihm nicht gelingen. Lediglich die von ihm gebaute Stadt Uruk, zu der er endlich zurückkehrt, macht zumindest seinen Namen unsterblich. Von Südbabylonien bis nach Kleinasien finden sich Tontafeln dieser sumerischen Heldengeschichte. Der Text wurde erst im 20. Jahrhundert wieder entdeckt: mit der Entzifferung der Keilschrift konnte ein 2000 Jahre währendes Rezeptionsloch geschlossen werden. Unter anderem enthält dieses Epos auch die Erzählung von der großen Sintflut, die sich später auch in der Genesis findet.


Der Verfasser des „Gilgamesch-Epos“ ist natürlich unbekannt. Älteste Textbruchstücke sind auf sumerisch, später auf akkadisch (eine semitische Sprache) überliefert. Das akkadische Schriftsystem übertrifft das japanische, das auch chinesische Zeichen verwendet, an Komplikation beträchtlich, da zu entscheiden ist, ob die Zeichen in akkadischer Bedeutung oder als sumerische Lautwerte zu lesen oder als Deutezeichen zu verstehen sind. Vor diesen Schwierigkeiten erscheint das Bedürfnis, durch eine „Rechtschreibreform“ die traditionellen „ß“ zu beseitigen, als Irrwitz der Schriftgeschichte.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 17.01.2007 um 12.44

Man hört, daß in manchen renommierten Zeitungen noch massenweise Fehler als Folge der „Rechtschreibreform“ auftreten. Bei den Kieler Nachrichten sind die Zeiten, in denen die Mitarbeiter ihre Linientreue oder ihre Abneigung durch auffällige Neuschreibungen zu demonstrieren suchten, schon seit längerem vorbei. Selbst die noch vorgeschriebenen Skurrilitäten werden oft umgangen.

Das ermöglicht es, den Nutzen der „Reform“ besser zu beurteilen. Auf den ersten drei Seiten der KN-Ausgabe v. 16.01.06 finden sich 22 zu „dass“ reformierte „daß“. Dies nützt niemandem, erhöht aber die Fehlerqote. Dem stehen 12 andere „neue ss“ hauptsächlich der Stämme „schluss“ und „muss“ gegenüber, die auch mit „ß“ nie ein Schreib- oder Leseproblem verursachten. Hinzu kommen die Trennungen „sa-cken“ und „nahe legen“ und „aufs Heftigste“, ebenso nichtsnutzig, aber mitverantwortlich für den beispiellosen kostspieligen Feldzug gegen traditionelle Rechtschreibung.

Eine der eifrigsten Verfechterinnen kommt auch zu Wort, Annette Schavan, die jetzt als Bundesbildungsministerin in Unwesen treibt:

Schavan lehnt Rechtsanspruch auf Weiterbildung ab

Sie behauptet im Hinblick auf die von ihr befürworteten Studiengebühren:
Die Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass es dennoch einen höheren Anteil von Studenten aus einkommensschwachen Familien gibt.

Manchmal scheint es, daß sie ihr von religiösem und wirtschaftspolitischem Konservativismus geprägtes Erscheinungsbild durch forsche Betriebsamkeit, etwa das Durchpeitschen der „Rechtschreibreform“, „fortschrittlicher“ zu gestalten versucht. Das dürfte beim „Kultur bewegten“ Zehetmair kaum anders sein.

Auch die Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave, die trotz ihres linken Hintergrundes zum frommen Flügel neigt, zeichnet sich mit ihrem neuen Projekt durch emsigen Aktionismus aus. Der Koalitionspartner CDU ist, wie bei der „Rechtschreibreform“, trotz aller Wahlversprechen wieder einmal umgefallen und hat sich zu einer Teilliquidierung des dreiteiligen Schulsystems breitschlagen lassen.

Mit Trillerpfeifen gegen neues Schulgesetz
Von der Realschule zur Regionalschule – gegen diese geplante Änderung im Schulgesetz wehrten sich gestern 1500 Schüler, Lehrer und Eltern der vier Neumünsteraner Realschulen in einem Protestmarsch. … Ihr Ziel: Das gegliederte Schulsystem soll unverändert erhalten bleiben. Ihr Argument: Bei der letzten PISA-Studie schnitten die Realschulen in Schleswig-Holstein in allen getesteten Bereichen – das sind Mathematik, Lesen, Naturwissenschaften und Problemlösen – ausgezeichnet ab. Die Schulart Realschule werde zudem landesweit am häufigsten nachgefragt. …


Die Realschulen bewegen sich, wie ich selbst an einem Sprößling beobachten konnte, fast auf gymnasialem Niveau. Das wird sich mit der neuen Bastardschulform nicht halten lassen. Das ganze ist eben durchdacht und ideologisch motiviert wie die „Rechtschreibreform“. Als Beispiel dafür sei noch aus dieser Ausgabe zitiert:

Doch auch wenn Helga Mollenhauer der Abschied von dem Feinkostgeschäft, das sie seit 40 Jahren mit ihrem Mann Peter betreibt, schwer fällt, der Zeitpunkt ist für sie richtig…. „Zu-cker und Mehl lagerte in Schubladen und wurde noch von Hand in Tüten gefüllt“, erzählt der 61-Jährige. „Sobald ich etwas bewegen konnte, musste ich mit ran.“ Das war mit etwa sechs Jahren. Rosinen wurden in Holzkisten angeliefert, auf Pergamentpapier geschüttet und die Brocken von ihm auseinander geknetet.

Die erste und die letzte Wortspaltung wurden 2006 als sprachwidrig wieder aufgegeben, letztere ist auch uneindeutig. Die Hinterlassenschaften der Reformtäter dazwischen sind auch nicht viel besser, werden aber mit Klauen und Zähnen verteidigt.

Auch beim nächsten Satz stellt sich reformbedingt ein leichtes Schwindelgefühl ein:

Spätestens bei der Kadenz stellt sich im Hinblick auf diese Solistin das Gefühl ein, das man bei so viel gespielten Stü-cken selten hat: Man ist überrascht, erschrocken von dem, was da gerade auf der Bühne passiert.

Sonst begegnen einem nur wohlbekannte Bekannte: aufs Heftigste; nahe zu legen, Schlussstrich, heute Nachmittag, so genannte (4), sogenannt (1), -Jährige (5), kennen gelernt, bestplatzierte, Schloss-Allee, stehen bleiben usw.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 16.01.2007 um 13.52

Aus einem Kommentar:

Dass ein solches System ohne dras-tische Beitrags- und Steuererhöhungen nicht zu bezahlen ist, erkennen die wenigsten.

Hier gilt anscheinend die geheime Neuregel „Großschreibung bei Verdacht auf Substantivierung“ nicht, wobei der Duden (04/06) zur Erklärung gerade diese Regel anwendet: im Allgemeinen wird „wenig“ kleingeschrieben … die wenigsten glauben das. Es gibt eben eine unklare Zahl von Ausnahmen; z.B. auch „ein bißchen“, oder „ein bisschen“, das Goethe noch großgeschrieben hat.

Im nächsten Fall empfiehlt Duden wiederum die Großschreibung, die wir nun wirklich nicht brauchen:

Für die Lobbyarbeit gründet Scientology laut Caberta eine Vielzahl von Unterorganisationen, die nicht ohne weiteres als solche erkannt werden können.

Die Trennung von „offenlassen“, seit 1996 den Schülern eingebleut, ist seit 2006 wieder falsch:

Ob auch Tom Cruise kommt, wird offen gelassen.

Zweimal findet sich „hierzulande“. Die hölzerne Schreibung „hier zu Lande“ scheint nun fast ausgestorben zu sein. Zuletzt wurde sie in den KN vor fünf Monaten gesichtet.

Rätselhaft bleibt die seit 2004 völlig unnötige Bevorzugung der Spaltung von „sogenannt“– ein Software-Macke?:

Entflechtungen (so genannte „Unbundlings“)

Das Folgende ist gar völlig falsch, obwohl „hoch“ sonst mit unverständlichem Eifer abgetrennt wurde:

„Jo“ Deckarm …. den begnadeten und hoch intelligenten Handballer

Die folgende Großschreibung suggeriert völlig unpassend etwas Besonderes:

„Bräuteschule von 1958“ … Auch Waschmaschinen konnten sich die Wenigsten leisten. …. Jede Zweite davon musste nebenbei einen Haushalt und oft auch Kinder versorgen.

Sie entdeckt als Erste die kleinen Pillen im Alibert-Schrank … Die Jugendlichen, die er im Sender kennenlernt

Dafür macht das noch seltene Wiedersehen mit „kennenlernen“ Freude. Wir finden allerdings auch dies:

Weit über 100 Rota-rier der Clubs Eckernförde, Eckernförde-Dänischer Wohld und Kappeln nutzten die Gelegenheit zum gegenseitigen Kennen lernen und Meinungsaustausch.

Selbstverständlich belästigt das unmotivierte Kleingehacke:

Nordseekrabben: Gepult wird in Afrika Der Job in der Krabbenfabrik ist bei den marokkanischen Frauen begehrt. … Außerdem fragt niemand in der Krabbenfabrik, wo der Vater ihrer Kinder ist, warum sie allein stehend sind, geschieden oder verwitwet.

aufwändige Krananlagen … übrig gebliebene Restfracht … jeweils 13 Boxen übereinander gestapelt


... ist der Vergleich von David gegen Goliath zwangsweise heran zu ziehen.

… und die Reformkleinkacke …
Schlussstrich, He-rausforderung, schwer verletzt, Weltschifffahrt

Der dreiste h-Klau an „rauh“ wurde schon oft gebrandmarkt:

Humphrey Bogart … Dass der raubeinige Gesell auch eine zweite Seite hatte, lassen die Blickwechsel Philipp Marlowes schon ahnen.

Ralph Giordano empörte sich zu Recht: „… rau ohne „h" oder Schifffahrt mit drei „f" … Wer, verdammt noch mal, bestimmt denn das hier! Das ist doch nicht zu glauben! ....“

Das Adjektiv „halbvoll“ war verboten, und Duden nimmt sich heraus, auch jetzt nur die getrennte Schreibung zu empfehlen.

Sandra Keck „ … für mich ist das Glas immer halbvoll

Bei attributivem Gebrauch würde ich es allerdings nie trennen.

Das Trenngebot wird hier wieder frei mißachtet:

Für die Mitarbeiter des Standesamtes bedeuten soviel Hochzeiten Hoch-Zeiten ….

… GinTonic zum Zerstäuben im Wohnzimmer – Kulinarisches entströmt seit Neuestem Flakons und Sprühflaschen.

Unverständlich, warum dann „seit gestern“ immer klein geschrieben werden soll, aber wahlweise groß „vor Kurzem“: …

Kinderseite: Wenn Dein Papa im Fernsehsessel schnarcht und Du den Krach unerträglich findest, kannst Du das hier probieren: …. Ich hatte vor kurzem einen Patienten, der machte bein Schnarchen einen Krach wie ein vorbeifahrender Lastwagen. … Ein paar Tipps gegen das Schnarchen stehen übrigens nebenan.

Und dann folgt noch eine Tipp-Orgie auf der nächsten Seite:
Tipps … Tipps … Tipps … Tipps … so genanntes „Chatten“ …

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 15.01.2007 um 10.44

Man achte auf die vielen „soviel“ und „zuviel“, deren Verbot überwiegend mißachtet wird.

11.01.07

Klaus Kramer: Die Bundesregierung will Vorreiter in der Verringerung von Treibgasemissionen sein. Zugleich ächtet sie die Atomenergie, ohne allerdings für – Kohlendioxyd freien – Ersatz zu sorgen.

Frank Lindscheid: Es wäre zwar verlockend, aber grundfalsch, sich auf den positiven Wirtschaftsdaten auszuruhen – da hat Angela Merkel Recht.

Die beiden Herren meiden inzwischen die gröbsten Reformskurrilitäten. Daß Duden „recht haben“ empfiehlt, ist aber wohl noch nicht in den Norden vorgedrungen. Das große „Leid“ ist auch wohl passé, obwohl die Agenturen noch viel Altreformunfug verzapfen:

[Pauli] Ihr Blick wird traurig bei den Worten, dass Stoiber die Stimmung der Menschen nicht an sich heran lasse. „Er hat mich verletzt, aber tut mir auch sehr leid…“

Obwohl das richtige „aufwendig“ immer zulässig war, hatte die „aufwändigen“-Seuche zeitweilig alle Texte befallen. Das richtige ist jetzt aber nicht mehr vom völligen Aussterben bedroht. Drei seltene Exemplare „aufwendig“ wurden gesichtet.
Ebenso zwei Exemplare „kennenlernen“.

Die EU müsse verhindern, dass Gewalt verherrlichende Computerspieleoder DVDs in die Hände von unter 16-Jährigen gerieten, sagte Frattini. … Nach Amokläufen an Schulen befürworten 60 Prozent der Deutschen ein Verbot so genannter Killerspiele.

Tauziehen um den Naturschutz … Ob sich die SPD in dieser Frage noch einmal quer stellt, dürfte auch von einem Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes abhängen.

Traditionell „querstellen“: „quer“ bis 2006 „immer getrennt von Verb“, seitdem zusammen bei „übertragener Gesamtbedeutung“

[Schauspielerin Helen Mirren] Vor 20 Jahren war ich nicht im Entferntesten eine Anhängerin der Monarchie.

Traditionell klein, denn es ist ja ein Ersatz für „überhaupt nicht“.

Ein Leserbrief:

Zu: Viele Fremdwörter

Ja, das ist eine neue Zeit! Wir sind in! Eine Studie hat zwar gerade herausgefunden, dass über die Hälfte der Bundesbürger die vielen englischen Begriffe in der Werbung nicht versteht, aber was soll's.
Wir machen weiter so. Die Tourismus Werbung in Schleswig-Holstein legt da auch richtig los. Jetzt kommen die best-ager dran. Sie haben genügend cash, ihnen wollen wir uns jetzt auch einmal widmen. Sie sind diejenigen, die per cruiser den neuen Cruise and Ferry Terminal erreichen, um von dort Kiel, ach so: Kiel Sailing City, zu erkunden. Es locken diverse Locations, wie Kai City (woher haben wir die nur?), Shopping Center, Outlet Stores usw. Überall lockt Fun & More, Sea food, Non Food, Säle oder irgendeine Performance. Leider konnten unsere Gäste diesmal nicht Fröhliche Weihnachten in Kiel erleben, denn auch hier hat Merry X-mas stattgefunden.
Das alles ist Ihnen too much? Gut, dann einen Coff.ee to go und Kiel Ahoi!
Traute Schnabel


Auf der nächsten Seite folgt gleich das entsprechende Beispiel:

Am Sonnabend läuten die Pink Pirates das neue Partyjahr ein; …. Wer dann vom gepflegten Chillen genug hat, kann sich zu DJ Mirkos House-tunes und allen zugehörigen groovenden Begleiterscheinungen im satten Sound auf der frisch polierten Tanzfläche in Bewegung bringen. Location und Veranstaltung haben sich in Kiel nachhaltig etabliert …

Und dann kommt noch das Wort, für das es sich gelohnt hat, Volksentscheide zu annullieren:

Kinder-Uni lockte 600 Besucher in den großen Physikhörsaal.
… beim Thema Fliegen verging die Zeit wie im Flug. Abgestürzte Hexen, Karlson vom Dach, die ersten Fluggeräte, die meistens entzwei gingen, bevor sie abhoben, junge Albatrosse bei tollpatschigen Bauchlandungen.


Mit dem Erstsemester-Projekt „startIng! ist der Fachbereich Maschinenwesen der Fachhochschule (FH) Kiel neue Wege gegangen…. Die Erstsemester gaben ihm Recht …Die Einblicke in ein „fast originale Arbeitsleben“ begeisterten Björn Aßmann (21) …

Der Eigenname, üblicherweise mit kurzem Anfangsvokal zu sprechen, klingt nach der neuen Heyse-Vorschrift jetzt wie Aas-Mann.

KN v. 12.01.07


In den KN vom nächsten Tag prangt der Name links oben auf S. 1 Gut zu Fuß: Jule Aßmann (14) hat schon zwei Marathons in den Beinen

Das gleiche Problem macht ein anderer norddeutscher Name:

Voß: Ohne Jauch geht’s auch
SWR-Intendant Peter Voß …


Auf S. 18 gibt es mehr über Fräulein Aßmannn: Und so schnürt sie weiter ihre Joggingschuhe. „Weil es soviel Spaß macht“, wie sie sagt. …

„So viel“ verweigert auch KN-Mitarbeiter Wolfgang Buhmann: Neue Sorge: offene Stellen Im letzten Jahr ist die deutsche Wirtschaft um 2,5 Prozent gewachsen. Mehr als dreimal soviel, wie die Pessimisten unter den Auguren vorhergesagt haben und immer noch doppelt soviel wie die Optimisten glaubten.

Die folgende Dumm-Duden-Empfehlung ist auch deswegen dumm, weil es „gefächerte Angebote“ eigentlich nicht gibt:

… mit einem breit gefächerten Angebot

Das richtige „sechsmal“ fiel wieder einmal dem Anschlag auf die GZS zum Opfer.

124 Selbstmordattentäter sprengten sich in die Luft, rund sechs Mal so viele wie im Vorjahr.

Irak-Krieg
Gesamtkosten bis Ende 2006: 151,1 Milliarden US-Dollar


Das sind 110 Mrd. Euro. Wenn man bedenkt, daß schon 1999 Heinz Troschitz vom Bund der Steuerzahler, die Kosten der „Rechtschreibreform“ auf umgerechnet 25 Milliarden Euro geschätzt hat, kann man sich ausmalen, was der Krieg der Kultusminister gegen die traditionelle Rechtschreibung uns nur materiell kostet – nur, um solchen sprachlich-logischen Unsinn als Duden-Empfehlung ins Volk zu pressen:

VW-Markenchef Wolfgang Bernhard verlässt nach nur zwei Jahren den Autobauer. Der Topmannager zog damit die Konsequenz aus dem tief greifenden Umbau in den Führungsstrukturen

Echte Wortvernichtung („jedesmal“) finden wir im Fortsetzungsroman:

Jedes Mal kommt sie kopfschüttelnd zurück. … das pausenlose Schimpfen der Mutter über die Mieter, die ihr diese Arbeit nicht im Geringsten danken würden.

Wir erinnern uns, daß die sprachlich inkompetenten Kultusminister bis 2006 „kopfschüttelnd“, aber „Kopf stehend“ vorgeschrieben hatten.

Thalia in der Gaußstraße: David Bösch entschleunigt Goethes „Clavigo“ …. Zuviel Gefühl bewegt da höchstens noch das Jungmänner-Duo Clavigo und Carlos.

„Eva Menk-Huditz ist eine Finderin“, so die Lehrerin über die in Wolfenbüttel geborene Textildesignerin aus Heikendorf, die ihre Motive in der Natur und der Architektur sucht. Mensch und Tier erstarren in realistisch gehaltenen Arbeiten zu Stillleben

Als ich wenige Stunden später in der Kunsthalle einen Bildband „Stillleben“ fand, habe ich ihn schleunigst wieder aus den Händen gelegt. „Stilleben“ hätte man beibehalten können, denn es ist eigentlich ein holländisches Fremdwort, das immer so geschrieben wurde.


„Ich hoffe, ich werde eine gute Erinnerung sein“
Polarforscher Scott schrieb seinen letzten Liebesbrief bei Minus 70 Grad
London - Die letzten Briefe des britischen Polarforschers Robert Falcon Scott (1868-1912) sind jetzt erstmals veröffentlicht worden. Kurz vor seinem Tod im Eis auf dem Rückweg von seiner Südpol-Expedition im Jahr 1912 schrieb Scott einen Abschiedsbrief: „An meine Witwe": „Liebe, es ist nicht einfach zu schreiben bei dieser Kälte - 70 Grad unter Null und kein Schutz außer unserem Zelt. (...) Das schlimmste an der Situation ist, dass ich Dich nicht wieder sehen werde."


Obwohl die höfliche Großschreibung im Englischen nicht üblich ist, gehört sie selbstverständlich zu einer guten Übersetzung. Bei den Übersetzungen haben die Systemveränderer ein leichtes Spiel, wie man an der Masse der Neuerscheinungen beobachten kann.

In der Samstagsausgabe der KN v. 13.01.07 fällt auf, daß auch die Kinder im Journal wieder groß mit „Du“ angeredet werden. Die durch die dummdreiste „Unhöflichkeitsreform“ der Kultusminister erzwungene Wahlfreiheit in der Anrede wird wider Erwarten doch nicht immer ausgenutzt.

Hier breche ich den Bericht ab. Der viele kleine Reformmist ist zwar für Ästheten lästig, Vorstadtbewohner nehmen ihr Leben in mäßigem Müll jedoch oft kaum noch wahr.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 12.01.2007 um 13.28

KN v. 09.01.07

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir uns näher kommen – es sei denn, Herr Stoiber tritt 2008 nicht mehr an.“ Gabriele Pauli, Fürther CSU-Stadträtin

Nach Duden 2006 wieder falsch.

100 Jahre Kieler Philharmoniker
Die Hoffnung auf einen Aufstieg in die A-Klasse sei bei ihnen im Übrigen noch keinesfalls gestorben.

Im Herzen oder im was … ist die Hoffnung noch nicht gestorben?


Wiesbaden-SPD fordert Verschiebung der Wahl
Wiesbaden
- Nachdem die SPD in Wiesbaden die Anmeldungsfrist für ihren Kandidaten zur Oberbürgermeisterwahl verpasst hatte, fordert sie eine Verschiebung des Wahltermins in der hessischen Landeshauptstadt. Das funktioniert aber nur, wenn alle fünf fristgerecht gemeldeten Bewerber ihren Rückzug erklären, dpa


Hat die SPD Fristverlängerung gefordert, als die Bürgerbegehren wegen der offziellen Behinderungen nicht die erforderlichen Unterschriften fristgerecht beibringen konnten?

Im gleichen Text:
Heute ein neues Angebot für BenQ?
des potentiellen Investors … für die potenzielle Investorengruppe … dpa/afp


Trennquatsch:
Roman: „Wie kommt sie dann auf di-ch“?

Hinter „Schattensprache“ ste-cken dieselben Macher.
Man erwarten „ste-hen“.

Fiddler’s Green „Drive Me Mad“ … nicht die Behäbigkeit und Trin-kaus-Mentalität vergleichbarer Irish-FolkBands.
… Trennung nach dem Hi-naussystem.

Der singuläre h-Klau, schon mehrfach besprochen:

Donizettis Farce „Viva la Mamma!“
Unter dem mal raubeinigen, mal tönenden Befehlston-Brausen seine Bassbaritons stöckelt er sich derart virtuos durch das Probenchaos, dass kein Auge trocken bleibt.

Und etwas zum Lachen, wie blöd man früher war:

ARD „Bräuteschule 1958“ … Die Reise in die Welt ihrer Großmütter war bei Weitem kein pures vergügen für die „Bräute in spe“. Jetzt mal ein bisschen Tempo…“ … Um als Hausfrau und Mutter bestehen zu können, wurden die Backfische auf so genannte Bräuteschulen geschickt…. Schauplatz der neuen „Living-History“-Serie ist das abgeschiedene Soonwaldschlösschen bei Mengerschied im Hunsrück. … Ein Mal pro Woche dürfen die „Bräute“ die graue Schuluniform ablegen … Ein Mal in der Woche zu duschen … Dauerwelle, Schuluniform und befremdliche Unterwäsche samt Strumpfhaltern sorgen für erste Miss-stimmungen.

Nicht falsch, aber befremdlich ist „ein Mal“. Man schreibt üblicherweise „einmal“, bei Betonung „ein einziges Mal“.
1958 war es der Traum vieler junger Mädchen, einmal Siegerin bei einer Miss-Wahl zu sein, manche kamen in „Miss-Stimmung“


KN v. 10.01.2007

Einmal in der Woche findet man mitunter regelrechte klassische Rechtschreibung, im

LITERATURRÄTSEL
Wer schrieb was?

„Es ist schlimm, wenn ein einziger Herr eine große Menge Sklaven besitzt Und ich denke, daß es nicht besser ist, wenn ein Sklave viele Herren hat * Ohne Kenntnis der fremden Sprache wirst du niemals das Schweigen des Ausländers verstehen können. * Ein Hahn besingt sogar den Morgen, an dem er in den Suppentopf wandert. * Die Fetten leben kürzer. Aber sie essen länger. * Den Blick in die Welt kann man mit einer Zeitung versperren.“
.
„Fassen wir uns kurz. Die Welt ist überbevölkert von Wörtern" - vielen seiner Aussprüche ist die größte Ehre widerfahren, die es für ein literarisches Werk überhaupt geben kann: Sie sind zu geflügelten Worten geworden. Die entsetzlich-beschwerliche Last seines europäischen Schicksals als Jude, Pole, Emigrant, Reemigrant, Monarchist, Sozialist, Pazifist und Partisan, als vielfach Verfolgter und vielfach Entronnener hat ihn zu einem Mahner und melancholischen Menschenfreund werden lassen. Seine insgesamt über 2000 Aphorismen haben zur Mobilmachung des Denkens (über Staat, Gesellschaft und Politik) geführt. Als die erste Sammlung der Aphorismen 1955 erschien, standen ihm in Warschau plötzlich wieder alle Redaktionstüren offen; nach Stalins Tod trafen die lapidaren Einwände den Nerv der Zeit, weil sie die großen Vorwände mit wenig Aufwand sichtbar machten.


Hier nimmt man meist die greifbaren Texte, und die sind meist unreformiert:

Stanislaw Jerzy Lec „Unfrisierte Gedanken“

Anläßlich der Premiere des Hitler-Films mit dem Musik-Clown Helge Schneider findet sich ein Interview im Kulturteil, das in wieder unzulässiger Schreibweise mit der Frage beginnt:

“Ist es Ihnen schwer gefallen, sich für die Rolle von Ihrer Haarpracht zu verabschieden?
Und später nochmal:
… Ist es Ihnen schwer gefallen, sich zurückzuhalten?

Ob die Frage auch so betont war, wie die Aussage „es hat uns schwer gefallen“?

Helge Schneider schien über seine Rolle nicht so glücklich zu sein. Er betonte, daß er ja nur Laienschauspieler sei. Anderswo hatte er schon gesagt, daß er lieber ohne Maske aufgetreten wäre. Schließlich meinte er, zum gleichen Angebot, auch wenn es dollarschwerer wäre, würde er jetzt sagen: … „Och nee, ich fahr lieber Paddelboot“.

Helge Schneiders eigene Western-Parodie „Für eine Handvoll Scheiße“ ließ ihm da mehr Möglichkeiten zur Improvisation.

Der Titel erwies sich als Falle für die „Rechtschreibreform“, denn tatsächlich wird er vom reformbeflissenen Marketing mitunter als „Für eine Hand voll Scheiße“ angeboten.

Achten wir also darauf, was für eine Hand uns entgegengestreckt wird. Der Duden läßt immer noch die unappetitlichste Variante zu.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 12.01.2007 um 11.40

Kieler Nachrichten v. 06.01.2007

Erfreulich sind einige (wieder zulässige) Altschreibungen;

eine Zeitlang, das tut mir heute noch leid, einen aufwendigen Lebensstil, eine krebserregende , Produktion, eine fertiggestellte neue Lagerhalle, die Zeit sei stehengeblieben (2004 immer getrennt, 2006 zusammen möglich, aber nicht vom Duden empfohlen]
Bangemachen gilt nicht. Und schlechtreden erst recht nicht.

Warum aber „sogenannt“ weiterhin getrennt geschrieben wird, bleibt unerfindlich:

… das so genannte Nahost-Quartett …
(Leider immer noch, auch von den hauseigenen Schreibern)

[Markus Günther: Merkel] Sie wünscht den Amerikanern im Irak Erfolg, ohne Schröders Ohne-uns –Politk im Geringsten korrigieren zu müssen.

(Gemeint ist „überhaupt“, gesagt ist durch die Großschreibung „in den kleinsten Einzelheiten“.)

Mehrfach haben die deutschen Fluglotsen … den deutschen Luftverkehr mit Arbeitskämpfen lahm gelegt. (1996-2006 „richtig“, jetzt wieder falsch)

Dr. Stefan Deiters Vor 90 Jahren: Kein Gas für Koch und Kraftzwecke „Wir erwarten bestimmt, dass die Einwohner sich ausnahmslos der Gasverwendung für die erwähnten Zwecke enthaltenwerden.“
(Das Faksimile zeigt: „daß“; frühere Darstellungen noch älterer Schriftstücke ließen alle „th“ und „c“ und konvertierten nur die „ß“ – die systembedingte Geschichtsfälschung )

Glosse von Kai U. Jürgens: Am Ende der Leitung … Das hat eine Zeitlang geklappt [seit 2006 wieder „zulässig“] …Nun, fürs erste [neu „falsch“] reicht wohl ein Eintrag in die Robinsonliste …, um sich weitgehend aus der Werbeflut zurückzuziehen… Der Schauspieler Manfred Krug soll daher seinen Telefonanschluß [streng verboten, das ist die „Reform“] abgeschafft und dazu gemeint haben: „Wer was will, soll schreiben.“

Eine Hand voll Hartgesottener surft auf dem See hinter dem Deich … (In den KN selten)

Trennungen:
Webs-tühle, budd-histische Texte

„… andere Arbeitsweisen und Produkte kennen lernen.“ Manche Betriebe hätten Austasuchprogramme eingerichtet, um sich das zu Nutze zu machen.

Dreikönigsbild des Meisters von Meßkirch (um 1538)
Bei „unangepassten“ Eigennamen erzeugt die Heyse-Schreibung Unsicherheit über die Aussprache und den Bürokrateneifer, daß zu ändern.

Nicht mehr zulässige oder falsche Schreibungen sind häufig:
aufeinander gestapelte Särge
Oberfläche aus fest gestoßenem Erdreich



Alte Herren rasten nicht

Über eine Fußball-Altherren-Hallenrunde.
Rasen oder Rasten, das ist hier die Frage. Hier wäre eine Präzision der Vokallänge sinnvoll gewesen, wurde aber unterlassen. Dafür sind die meisten neuen ss-Fälle unnütz.

Doch nachdem der 50-jährige Wesley Autrey dies Woche beherzt vor eine U-Bahn sprang, um einem Anderen das Leben zu retten, machte New York ihn zu seinem Helden.

Die rückwärtsgerichtete Großschreibung macht aus einem „anderen“ einen „Alien“.


KN. v. 08.01.2007

Erste PC-Festplatte mit 1000 Gigabyte Der japanische Hitachi-Konzern will im ersten Quartal nach eigenen Angaben als Erster ein Laufwerk mit diesem Volumen in den Handel bringen.
Den Fragwürdigkeit der Großschreibung bei Aufzählungen erkennt man durch die Präzisierung „in seiner Eigenschaft“, z.B.:
„Er war (in seiner Eigenschaft) als Erster an der Unfallstelle und (in seiner Eigenschaft) als Arzt leistete er Erste Hilfe.“

„Viva la Mamma!“ … reizt auch heute noch aufs Schönste die Lachmuskeln der Theaterbesucher.

Die „Sunday Times“ hatte berichtet, die israelische Luftwaffe bereite sich mit so genannten Bunker brechenden Waffen auf einen Nuklearangriff vor, bei dem dann unterirdisch Atombomben gezündet werden könnten … dpa

Anne Gramm schreibt: die so genannte Mittelschicht … Und wenn man dann noch offen lässt, wie diese Entlastung aussehen könnte, darf sich jeder, der sich dieser Klientel zugehörig fühlt, verstanden und ernst genommen wähnen.

… das Ermyias M. zu Boden ging und reglos liegen blieb…. epd


Ski-As Tobias Angerer wird in der Überschrift zitiert:
„Im Steilen schöne Dinge vorgestellt“

Jetzt kann ich mir endlich etwas unter „Altersteilzeit“ vorstellen.

Nicht Kriegsgräuel und Rassenwahn stehen im Zentrum von Peter Reichels „Der schöne Schein des Dritten Reiches“ …
Ich kann mir nicht helfen, aber die „Gräuel“-Schreibung wirkt irgendwie lächerlich und unseriös.

Noch lächerlicher aber ist das Neu-Denglisch, das sogar der Schreiber in Anführungszeichen setzte, um sich zu distanzieren

Statt zu fusionieren soll Dithmarschen zusammen mit Nachbarkreisen ein „Backoffice“ gründen, wo man gemeinsam administrative Aufgaben erledigen lässt …

Anscheinend ist kein Bäckerladen gemeint.
Die Neuschreibung „Topten“ wie die „Kopten“ ist aber wieder in der Versenkung verschwunden:

Eitel ist er, das bekennt Biolek (72) gerne und auch sensibel – bei den Top Ten der schlimmsten Verrisse zieht er sich Kopfhörer über… Für einen Moment ist der Abend entschleunigt, dann aber geht es munter weiter mit Intimschmuck, Walzer tanzenden Brüsten und einem Wiegenlied der zwölfjährigen Anke Engelke.

Zumindest ist die Parallelität von Intimschmuck und Walzer überraschend.

Und immer wieder die Freuden der neuen „sss“:

Auch im närrischen Treiben gibt es eine Kleiderordnung … Das königliche Gewand aus Samt, Seide und Strasssteinen ist mindestens so teuer wie eine dreiwöchige Urlaubsreise.

Walter Laqueur, 85 Jahre alte, in Breslau geboren und in London und Washington lebend …

„Mein Europa, das Europa, das ich kenne, ist im Verschwinden begriffen.“


Dazu hat die „Rechtschreibreform“ in Mitteleuropa ihren Teil beigetragen.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Norbert Lindenthal am 07.01.2007 um 15.53

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Sigmar Salzburg
… des Falles „der Rose“ müßte hier in den Tiefen des Archivs noch zu finden sein.

Der Name der Rose (in den Tiefen des Archivs, 8mal).
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Norbert Lindenthal


eingetragen von Sigmar Salzburg am 07.01.2007 um 14.25

Nach flüchtiger Durchsicht:

Ex-ABBA-Miglied Die Finanzbehörden streiten mit Ulvaeus, wie viel Steuern er zahlen soll …

„wieviel“ bleibt in der reformierten Reformschreibung verboten, obwohl auch die Zeitungsschreiber dies weithin nicht beachten. Die Einebnung der Differenzierung von „wieviel“ und „wie viel“ geht gegen die Intuition und erschwert manchmal auch das Verständnis, etwa bei dem folgenden aktuellen Satz:

„Die Attentäter überlegten, wie viel Polonium in den Körper zu bringen sei.“

Der alte Duden hatte nur „wieviele“ nicht zugelassen, obwohl es schon immer anolog zu „wieviel“ gebraucht wurde.

Heuschrecken fallen in Mexiko ein
… Felder und Bäume kahl gefressen.


„kahlfressen“ war die übliche Schreibweise, die dann zehn Jahre lang verboten sein sollte. Im letzten Frühjahr wurde sie wieder zugelassen, wird jedoch vom Duden nicht empfohlen. Über die Gründe dieser Unterminierung der Arbeitsergebnisse des Rechtschreibrates kann man nur spekulieren.

Und SPD-Landeschef Claus Möller appelierte mit wohl gesetzten Worten an mögliche Bewerber für seine Nachfolge, bald aus der Deckung zu kommen.

Hier ist der Duden über seinen Schatten gesprungen und hat die Zusammenschreibung empfohlen.

Im nächsten hauseigenen Artikel bewirkt der Großschreibfimmel der Reform alt und neu falsche Großschreibungen:

Invasion der Rippenquallen
Das Schwarze Meer bot dieser Quallenart zwar deutlich höhere Temperaturen, doch bislang scheint sie auch mit den Temperaturen der Ostsee gut zu Recht zu kommen. … Noch sei nicht eindeutig geklärt, ob die Rippenqualle tatsächlich Schuld am Rückgang der Fischebestände im Schwarzen Meer war …


Eco, der Fabulierer, wird 75

Das ist zugleich Anlaß, daran zu erinnern, daß vor zwei Jahren die Süddeutsche Zeitung/Bibliothek die Dreistigkeit hatte, Werke von Milan Kundera und Umberto Eco („Der Name der Rose“) ohne Absprache mit dem Lizenzgeber und dem Übersetzer in stümperhafter „neuer“ Rechtschreibung herauszugeben. Schon 1996 hatte ich in einem Leserbrief geschrieben: „Das Reformsammelsurium enthält Anschläge auf Sprache, Wortsinn, Ästhetik und gute Sitten,…“ und nicht nur das: Es ermuntert auch zum Verstoß gegen die guten Sitten, wie die Missionare und Mitläufer der neuen Rechtschreibung allenthalben beweisen.

Die Untersuchung des Falles „der Rose“ müßte hier in den Tiefen des Archivs noch zu finden sein.



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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 05.01.2007 um 11.15

Frau steckte vier Tage im Aufzug fest …Die Frau wurde in ein Krankenhaus gebracht, ihr Zustand wird aber als nicht sehr Besorgnis erregend eingeschätzt. dpa

Journal: „Das war 2006“:
Im März kein Wort zur Teilrücknahme der Rechtschreibreform.

Horoskop: Das wird Ihnen nicht schwer fallen …. Setzen Sie dann Alles daran, Ihre Position zu halten…. Im Bereich Gesundheit gilt Ähnliches. … Das Gleiche gilt für Juni … dürfen sich dann nicht zuviel zumuten.

Schach … als er einen taktischen Coup übersah und auf die Verliererstrasse geriet.

Karo-Ass ... aber nicht Piek-König, warum wohl?

Auch andernorts wirken „Reformen“. Zum Beispiel hat man den rasanten Entwurf für das neue World Trade Center von Daniel Libeskind „reformiert“:

Ground Zero als Schauplatz der Mittelmäßigkeit … Der eher nichts sagende gläserne Büroturm mit 52 Stockwerken und 158 000 Quadratmetern Bürofläche ersetzt die frühere „World Trade Center Nummer 7“.

Köhler: Bei Reformen nicht nachlassen
Hamburg - Bundespräsident Horst Köhler hat die Bundesregierung davor gewarnt, in ihren Reformbemühungen nachzulassen. „Die notwendige grundlegende Erneuerung Deutschlands haben wir noch nicht geschafft", sagte Köhler dem Hamburger Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. „Da stehen wir erst am Anfang." Zwar habe sich die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft deutlich verbessert, betonte Köhler…


Ein Erfolg schon der „Rechtschreibreform“?

Piercing und Tattoo können zum Ausbildungs- und Jobhindernis werden. …“Auf der letzten Weihnachtsfeier war mein Körperschmuck sogar Gesprächsthema Nummer Eins – im positiven Sinne.“

Piercing – sonst von gleicher Nützlichkeit wie der Neuschrieb – wird wenigstens in den Schulen noch nicht amtlich gefördert. Dagegen „reformieren“ Modernschwätzer unser Deutsch auch mit Sprachpiercings:

Stimme und Stimmung
Konzert mit Party: Shift 3000 im Nachtcafe
Super Bandname; leider entwickelt der Output dahinter nicht ganz so viel Wirkungskraft, … Fair beklatscht gehen sie nach einer Stunde gehen sie von der Bühne.
Viel mehr wert als einen Seitenblick ist der zweite Live-Act des Abends. Die Golden Tulips aus Kiel fangen mit einem lässig-schweren Dub an und der MC und Spoken Word-Künstler Flomenga zeigt sich der Sache mit rauer Stimme und sicherem Tuning gewachsen. So kann es weiter gehen, tut es aber nicht. Denn mit dem zweiten Song legen die Musiker den Hebel um: Shift 3000 sozusagen. Mit garagenschepprigem und dabei sehr tightem Funk geht es ab jetzt in die Nacht, die zusehends an Fahrt aufnimmt…. Große Stimme, große Stimmung, sicher von der Bremer Straight Ass Broken DJ-Crew aufgenommen und elegant dem noch lange auf sich warten lassenden Ende zugeführt. Die Shift-Reihe wird immer besser...


Und im nächsten Artikel ist es auch nicht besser:

Ian Cussik rockte im KulturForum
Der Mann mit den Achtziger-Hits kriegt noch immer jede Höhe und spielt dazu einen genial grobgroovenden Bass.


Kaum ein Schüler in den mittleren Klassen kann alles verstehen, geschweige denn sicher schreiben. Als „Erleichterung“ propagieren die Reformisten nun den Fortfall des „h“ in „rauh“ und die Hinzufügung eines „s“ an „As“ – die Nichtsnutzigkeit der „Reform“.

Auch andere Bürger ärgern sich, aber offensichtlich ohne Wirkung:

Begriffe, über die sich unsere Leser ärgern

… Man nehme ein wenig Weltstadtgefühl, ein wenig Fernweh und die Rudimente des eigenen Englisch-Vokabelschatzes – fertig ist die Mixtur, aus der die verbalen Stolpersteine sind. Nun, über "KIEL.SAILING CITY" haben sich viele Anrufer ausgelassen, ebenso über die gar nicht blühende Schöpfung einer "Entente Florale". Aber das ist nicht alles, sagen aufgeweckte Kieler und zählen eine lange Liste auf: Als reinen Appetitverderber nennt Gabriele Ibelshäuser etwa den "Coffee to go"; nein, nicht der Kaffee, der uns zum Rennen bringt oder der sich selbst in Bewegung setzt, gemeint ist jenes überwiegend in Pappbecher gefüllte Getränk, das wir nun bequem im Gehen schlürfen dürfen. Oder es einfach mitnehmen. So eine Art Selbstbedienung, aber bitte kein "self service".

Überraschend auch, wo wir inzwischen als gute Kunden umworben werden: In "Studios" statt Geschäften, in "Shops" oder in der "Back-Factory". Allein der "Ostseepark" verspricht Träume von satten Wiesen und leichten Brisen, klagt Uwe Zabel, der ernüchternd dann doch nur ein Raisdorfer Gewerbegebiet erblickt. Doch wer Glück hat, darf den "sale" nutzen, der zuvor mit "Flyern" groß beworben wurde. …

Überhaupt die Menschenwürde. Die kann durch schlichte Begriffe in Frage gestellt werden. "Hartz-IV-Empfänger" ist für Silvia Krantz dazu geeignet. Es klassifiziert, demütigt und entwürdigt und verschleiert den Sachverhalt, dass Menschen ein Recht auf Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe haben.


Ein politisches Kabarett spießte als entwürdigend noch die Tatsache auf, daß das Arbeitslosengeld nun auch den Namen eines prominenten Wirtschaftsmanagers trägt, der Puffbesuche in Südamerika ermöglichte. „Die größte Sozialreform in der Geschichte Deutschlands trägt den Namen eines Kriminellen. Und da behauptet man, wir Deutschen hätten keinen Humor.“ Richard Rogler im „Scheibenwischer“.


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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 03.01.2007 um 09.53

KOMMENTARE
Große Koalition 2007 Von Klaus Kramer

Es fehlt an Vertrauen

In einer bewegenden Rede hat Angela Merkel den Deutschen die Leviten gelesen: „Es fehlt an der wichtigsten Voraussetzung für eine Gesundung des Landes: Es fehlt an Vertrauen. Es fehlt an Vertrauen in die politische Führung, an Vertrauen in die ökonomische und soziale Kraft unseres Landes, an Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, Chancen und Möglichkeiten."

Nein, das sagte die Kanzlerin nicht in ihrer Neujahrsansprache, sondern gut drei Jahre zuvor, am 13. Jahrestag der Deutschen Einheit in Berlin. Damals war Merkel die Oppositionsführerin. Das Vertrauen in die politische Führung ist seitdem nicht gewachsen, sondern eher geschwunden. Die Bundesregierung hat dazu reichlich beigetragen. Sie hat Steuern erhöht, Leistungen gekürzt und Vergünstigungen gestrichen. Sie hat eine Gesundheitsreform beschlossen, die niemand braucht


Dasselbe trifft auch auf die „Rechtschreibreform“ zu. Nur davon wird in den KN nicht mehr gesprochen. Man fügt sich ja in das angeblich Unausweichliche und fällt so den Mutigen, wie FAZ und Springer, in den Rücken.

Weil die Bilanz nach gut einem Jahr großer Koalition so mager ausfällt und weil die Kanzlerin davon ablenken will, fordert sie mehr Anstrengungen von den Bürgern im neuen Jahr und setzt im Übrigen auf den wirtschaftlichen Aufschwung. Vertrauen erweckend klingt auch das nicht unbedingt….

Hier kann Klaus Kramer noch einmal demonstrieren, daß er die Demontage des im Duden wieder empfohlenen Wortes „vertrauenerweckend“ eigentlich ganz gut findet.

Ein ähnlich starkes Interesse daran, dass Merkel nicht zu groß wird, haben übrigens die schwarzen Ministerpräsidenten. Auch sie tun viel dafür, dass die große Koalition klein geredet wird.

Im Letzt-Duden steht nun in dieser Bedeutung variantenlos „kleinreden“.

Die lächerliche und meist falsche Spaltschreibung ist auch sonst häufig zu finden:

Um die Bio-Quote zu erfüllen, verwenden sie ein weiter veredeltes Produkt namens ET.BE (Ethyltertiärbutylether) das gemessen am Energiegehelt ungefähr drei Mal so teuer ist wie Sprit aus Mineralöl.

… und dann war ich einen Tag und eine Nacht im Wasser, bevor mich ein Fischerboot heraus zog …

Während der Duden „vertrauenerweckend“ empfiehlt, protegiert er völlig willkürlich „Not leidend“, obwohl „notleidend“ schon in der deutschen Klassik üblich war (Adelung). Von 1996 bis 2004 sollte es aus dem deutschen Wortschatz getilgt werden. Die Zeitungen, die dem Duden-Empfehlungsschreiben folgen, sollten wissen, daß die verbale Auffassung anstelle der adjektivischen Wortbildung nicht immer guter Stil ist:

Die St. Nikolaus-Gemeinde weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es sich bei den Sternsingern nicht um Rummelpott-Läufer handelt und dass die erbetene Spende für Not leidende Kinder in der Dritten Welt bestimmt ist.

* * *

Oberster Richter: Rauchverbot muss nicht einheitlich sein

Berlin
- Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier hat die Forderung nach einem bundesweit einheitlichen Rauchverbot kritisiert. . . .


Hier meldet sich Papier zu Wort. Als er aber gerade seinem Parteifreund, dem bayrischen Kultusminister Zehetmair, die gesetzlose Einführung der „Rechtschreibreform“ ermöglicht hatte, und die „Volksvertreter“ in Schleswig-Holstein unter dem Vorwand der Einheitlichkeit den Volksentscheid annullierten, hat er sich in Schweigen gehüllt. Noch nicht einmal eine Verfassungsbeschwerde wollte das Gericht entgegennehmen, obwohl es zuständig gewesen wäre, weil das nördlichste Bundesland kein eigenes Verfassungsgericht hat.

Einer aber weiß, wie man Verfassungsgerichte umgeht:

Wolfgang Schäuble hat seinerzeit viel dazu beigetragen, die traditionelle Rechtschreibung abzuschießen. Jetzt will er sogar harmlose Bürger selbst abschießen lassen, wenn sich Terroristen ihrer bemächtigt haben:

Verteidigungsfall erhält „Quasi"-Variante
Berlin - Im Grundgesetz soll es künftig neben dem Verteidigungsfall einen „Quasi-Verteidigungsfall" geben. Die Entführung eines Flugzeugs durch Terroristen solle einen solchen „Quasi-Verteidigungsfall" darstellen, der nach den Vorstellungen von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) zum Abschuss des Flugzeugs durch die Bundeswehr berechtige, berichtet die „Süddeutsche Zeitung" heute. Damit solle das Luftsicherheitsgesetz verfassungsgemäß gemacht werden. dpa


Besser: Damit soll die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes umgangen werden.

Dagegen wird eine Verfassungsänderung, die angeblich nötig ist, um bundesweite Volksabstimmungen zu ermöglichen, von der CDU hartnäckig verhindert. Als erstes hätte nämlich das Volk die „Rechtschreibreform“ abgeschossen.

Jetzt gibt es kaum noch „missstandsfreie“ Periodika. Hätte mir das jemand vor zwanzig Jahren prophezeit, ich hätte ihn für verrückt erklärt:

Bulgarien: Geradezu Missstimmung herrschte allerdings in der „Atomhauptstadt“ Kosloduj an der Donau. Im dortigen Kraftwerk mussten zwei umgerüstete Reaktoren wegen Sicherheitsbedenken der EU geschlossen werden.

Eins der lächerlichsten Kapitel der Bürokratenschreibe ist die ä-Reform. Es gibt dabei jedoch weiße Flecken:

Die orangeroten Blüten des Nelkenwurzes eignen sich zum Kombinieren – hier mit Gemswurz.

Dieser Name ist im Duden nicht verzeichnet. Als Eigenname sollte er von der „Reform“ unberührt bleiben. Die Blockwarte der Neuschreibmafia werden dennoch nicht ruhen, bis sie auch dieses Wort „richtig gestellt“ haben. Das gleiche gilt für das Orgelregister „Gemshorn“, das wohl nie ein „Gämshorn“ war.

Die reformierte Trennschreibe, die aus „wohl“ (gut) die Bedeutung „vermutlich“ macht, wird vom Duden nicht mehr empfohlen, treibt dennoch weiterhin ihr Unwesen:

Für die Unabhängigkeit liebenden Friesen - sie sind in Deutschland offiziell anerkannte nationale Minderheit - ist Boßeln eine Freizeitbeschäftigung mit durchaus ernstem historischen Hintergrund. Für sie war es früher eine Art militärisches Training für die Dorfverteidigung. Sie besaßen keine Waffen und konnten sich daher gegen Seeräuber und andere Eindringlinge nur mit Steinen und wohl gezielten Lehmkugeln wehren.

Man fragt sich, wie diese „Reform“ als organisierte Unfugsleistung der Kultusminister möglich war. Eine Vorstellung könnte der neue Fortsetzungsroman in den KN (leider in Neuschreibung) vermitteln. Es soll zwar nicht um die „Rechtschreibreform“ gehen, sondern um unser tägliches Trinkwasser, aber es scheinen hierbei ganz ähnliche Mechanismen, Mächte und Interessen im Spiel zu sein:

„Es geschieht vor unseren Augen"
IM GESPRÄCH
Mit Wolfgang Schorlau, dem Autor unseres neuen Romans, sprach Ruth Bender
Kiel - Georg Dengler ist Privatdetektiv mit BKA-Vergangenheit. Und meistens lässt ihn sein Erfinder, der Stuttgarter Autor Wolfgang Schorlau, hart an der Realität ermitteln. In seinem dritten Fall „Fremde Wasser“ beschäftigt Dengler die weltweite Privatisierung städtischer Wasserversorgung. Von Münster bis Kiel und von London bis Bolivien. Im Gespräch gab der Autor unseres neuen, ab heute laufenden Fortsetzungsromans Auskunft über seinen Helden und den Stoff aus denen seine Fälle gewebt sind.

„Fremde Wasser", das klingt sehr poetisch. Ihr Krimi ist aber in der knallharten Realität von Lobbyismus, Gewinnsucht und Korruption angesiedelt…

Manchmal übertrifft die Realität die Phantasie. Und manchmal sind die kriminellen Tatbestände in der Wirklichkeit so interessant, dass ich mir sie gar nicht ausdenken könnte. Außerdem schreibe ich lieber über Themen, die auch in der Lebenswelt spielen, in der der Leser verankert ist.

Das zeichnet den Kriminalroman ja auch allgemein aus. Aber Ihre Themen sind ein bisschen größer als der schlichte Alltag. War der Polit-Krimi eine Lücke, die zu füllen notwendig war?

Es liegt den Dengler-Romanen keine Marktanalyse zugrunde. Ich bin einfach groß geworden mit den schwedischen Kriminalromanen und ihrem sozialkritischen Ansatz. Aber ich habe auch sehr gern die Paretsky-Romane aus Chicago gelesen. Und überall spielt das Politische im Kriminalroman eine größere Rolle, das gilt für Amerika genauso wie für Schweden oder Frankreich. Nur wir Deutschen lassen das gern wie einen schmutzigen So-cken weg. Ich nicht.

Wie finden Sie denn Ihre Themen?

Das passiert ganz zufällig. Über Zeitungsmeldungen zum Beispiel. Den Anstoß für „Fremde Wasser“ aber gaben zwei Frauen, die vor dem Literaturhaus in Stuttgart Unterschriften sammelten gegen den Verkauf der Stuttgarter Wasserwerke. Das schien mir so abstrus, dass ein so existenzielles Gut wie Wasser verkauft wird. Also habe ich recherchiert und festgestellt: Da passiert Ungeheuerliches. Das ist so, wie ich es in meinem Nachwort geschrieben habe: Es geschieht öffentlich vor unser aller Augen, aber trotzdem nahezu unbemerkt.

Kiel spielt in diesem Zusammenhang eine kleine, aber nicht unbedeutende Rolle. Hier wurden die Stadtwerke 1999 teilprivatisiert, und Sie zitieren aus den Sitzungsprotokollen unter anderen namentlich OB Norbert Gansel.

Was ich unter dem Titel „Kieler Wasser“ beschreibe, war einfach symptomatisch. Ich bin über die NDR-Dokumentation „Wasser unterm Hammer“ darauf gekommen. Man kann an den Sitzungsprotokollen gut sehen, wie so etwas funktioniert: Die Stadtväter wurden kirre gemacht, mit einer Flut von Gutachten. Dann haben alle Fraktionen unisono zugestimmt, und danach stellte sich raus, dass sie keinesfalls Herren der Lage waren...

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– geändert durch Sigmar Salzburg am 03.01.2007, 18.31 –
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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 30.12.2006 um 12.09

Saddam Hussein stirbt im Morgengrauen am Galgen
Bagdad
(dpa) - Iraks Ex-Diktator Saddam Hussein ist wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit hingerichtet worden. Wie irakische Fernsehsender unter Berufung auf das Außenministerium in Bagdad berichteten, wurde der 69-Jährige im Morgengrauen gehängt.
(KN-online dpa/online vom 30.12.06)

Die Hinrichtung Saddam Husseins stößt weltweit auf Ablehnung. Allein US-Präsident George W. Bush begrüßte den Tod des irakischen Ex-Diktators. (Focus Online 30.12.06)

Psalm 58
Der Gerechte wird sich freuen, wenn er solche Rache sieht, und wird seine Füße baden in des Gottlosen Blut …



Nahende Hinrichtung Saddams umstritten
Bagdad
- Die nahende Hinrichtung des ehemaligen irakischen Gewaltherrschers Saddam Hussein bleibt umstritten. Einen Tag nach der Bestätigung des Urteils gegen Saddam und zwei seiner Gefolgsleute bekräftigten gestern die Regierungen Deutschlands, Frankreichs und Italiens ihre Ablehnung der Todesstrafe. DieUSA hatten dagegen die Bestätigung des Todesurteils als „Meilenstein" bezeichnet…. dpa (KN v.28.12.06)

Bush bezeichnete die Hinrichtung als „wichtigen Meilenstein“ auf dem Weg des Golfstaats zu einer tragfähigen Demokratie. (Focus Online 30.12.06)

Saddam hatte laut KN v. 15.10.2002 hatte über sein Schicksal als Regierungschef abstimmen lassen.
Ein arabischer Stimmzettel war abgebildet. „Die Frage: Stimmen Sie für Saddam Hussein...?" Darunter zwei Ankreuzfelder mit der deutlichen Beschriftung „na’am" (ja) und „la" (nein), die eine klare Entscheidung ermöglichen.

Das Regime Saddam Husseins zeigte hier ein mustergültiges demokratisches Vorgehen, ganz anders als die Landesregierung von Schleswig-Holstein mit ihrem Stimmzettel für die Volksabstimmung zur Rechtschreibreform vom 27.September 1998 (abgedruckt in den KN v. 18.9.98), der das Wählervolk durch die Aufspaltung in drei Gruppen entmachten sollte. Das gelang dann erst ein Jahr später durch das Parteienkomplott im Kieler Landtag.

Den Erfolg von Jahren der Trickserei nicht nur im Norden sieht man wieder in einer Meldung auf der Titelseite der KN v. 28.12.06

Kluft zwischen Politik und Bürgern wird immer größer

Berlin - Die Kluft zwischen Politik und Bevölkerung war in Deutschland noch nie so groß wie Ende dieses Jahres. Laut Forsa-Umfrage glauben 12 Prozent der Bundesbürger, dass die Politiker „auf die Interessen des Volkes keine Rücksicht" nehmen. In Ostdeutschland beträgt dieser Anteil sogar 90 Prozent. Nur 18 Prozent seien bundesweit der Meinung, dass „das Volk etwas zu sagen hat", heißt es. Mit dem politischen System, wie es im Grundgesetz festgelegt ist, sind der Umfrage zufolge 36 Prozent der Deutschen unzufrieden, mit dem tatsächlichen Funktionieren des Systems 61 Prozent. In Ostdeutschland ist sogar eine Mehrheit von 51 Prozent mit dem politischen System unzufrieden, 79 Prozent mit dessen Funktionieren. Eine überwältigende Mehrheit von 80 Prozent der Deutschen tritt daher für die Einführung von Volksbegehren und Volksentscheiden auch in der Bundespolitik ein. Die Forderung nach direkter Demokratie wird von den Anhängern aller Parteien mit großer Mehrheit geteilt. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) warnte vor „Demokratie-Resignation" in den neuen Ländern. Viele Menschen im Osten seien von den demokratischen Entscheidungsstrukturen des Parlamentarismus enttäuscht. dpa


Während unser Bundespräsident nicht genug von Reformen kriegen kann, sehen andere Politiker das anders:

Beck: Bürgern nicht zu viel zumuten
SPD-Chef sieht bei Reformen die Grenze erreicht


Chefkommentator Klaus Kramer meint dazu:
Da hat Beck zweifellos Recht.

Diese Verbeugung vor dem Neuschrieb ist nicht mehr zwingend. Immerhin meidet Kramer inzwischen extreme Groteskschreibungen der „Reform“, derer er sich früher gerne demonstrativ bedient hat.

Das undemokratische Regierungsgehabe hat radikalen Parteien in Schleswig-Holstein keinen Zulauf gebracht. Dennoch werden sie wieder als Buhmann aufgebaut, um das eigene Fehlverhalten bei den Reformen abzusichern:

Carstensen warnt vor rechtsradikalen Nutznießern der Kreisreform
Kiel (dpa/lno) - Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) sieht die Gefahr, dass sich rechtsradikale Gruppierungen "manche irrationale Debatte" im Streit um die Kreisgebietsreform zu Nutze machen. Dem "Flensburger Tageblatt" (Sonnabend-Ausgabe) sagte er: "Die Diskussion um Verwaltungsregionen ist vergeigt worden."
( KN dpa/regioline vom 29.12.06)

Zur geplanten Lehrer-„Einstellungsreform“ gibt es einen Leserbrief:

Wer hat diese Lehrer eingestellt?
Zum selben Thema
Da stellt unsere Kultusministerin fest, dass viele Lehrerinnen und Lehrer ausgebrannt sind und resigniert haben. An den Arbeitsbedingungen kann das natürlich nicht liegen, denn die sind bekanntlich an den Schulen optimal.
Folglich liegt es daran, dass einfach die falschen Leute Lehrer werden. Fragt sich nur, wer die vielen Luschen eingestellt und ausgebildet hat?
Aber das bekommen wir auch noch raus.
Norbert Holst
Kiel


Am nötigsten scheinen fachliche Einstellungstests für KultusministerInnen zu sein, die bisher nur die politischen Trickkisten beherrschen. 2004 war die „Rechtschreibreform“ am Ende. Daher wurde der „Rat“ für Rechtschreibung eingesetzt und köderte die abtrünnigen Zeitungsverlage mit der Wiederherstellung von Wörtern wie „selbsternannt“ und „übelriechend“. Dann erschien der Übertölpelungs-Duden 2006 – und was ist nun wieder die empfohlene Schreibung?:

Deutschlands bekannteste Köchin: Sarah Wiener
Bei Kerner ist sie selten um eine Einschätzung verlegen. Nachdem der Gastgeber mit einer übel riechenden Fischsoße durchs Publikum gezogen ist ….


Michael Jackson (48) selbst ernannter „King of Pop“, will noch einmal neu anfangen …. (KN v. 28.12.06)

Und das rheinland-pfälzische Justizministerium verfügt:
Es ist beabsichtigt, grundsätzlich auf die von der Dudenredaktion bevorzugte Schreibvariante zurückzugreifen, weil sie – anders als das vom Bundesministerium der Justiz bevorzugte Festhalten an der „hergebrachten“ Schreibweise, soweit sie zulässig bleibt – am ehesten die Weiterentwicklung der deutschen Sprache ermöglicht und gleichzeitig in hohem Maße Gewähr bietet, dass der Rechtsanwender (gegebenenfalls mit Hilfe des Duden) dieselbe Schreibweise verwenden würde. Außerdem wird die vom Duden vorgeschlagene Schreibweise oftmals auch die „hergebrachte“ sein. (Zitiert n. Ickler in http://www.sprachforschung.org/)
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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 29.12.2006 um 08.07

Das KN-online-Forum wurde stillgelegt.

http://www.nordclick.de/forum/viewforum.php?f=5&sid=433bcca904704b0b4fe5337689a7a5cd

Die Beiträge sind aber zur Zeit noch lesbar, auch das umfangreiche Rechtschreibthema. Beim Thema „Neue Bibel“ jedoch hielt die Administration Zensur nachträglich für angemessen und löschte meinen Beitrag zusammen mit einem ergänzenden Link von Peter Lüber auf den Gesamtartikel in „livenet“. Da es sich bei dem Bibel-Projekt auch um eine Umformung der Sprache handelt, lasse ich hier meinen Beitrag v. 1.12.06 folgen:

1998 hatte ich einen Leserbrief zur feministischen Sprachregelung der Regierung geschrieben, der in einigen Zeitungen veröffentlicht wurde.

Regelmäßig weggelassen wurde jedoch der letzte Teil:

Wenn aber Gleichstellung, dann bitte konsequent und nicht so halbherzig wie in Niedersachsen: Dort wurde eine 150.000 DM teure staatliche CD-ROM-Produktion vernichtet, weil in einigen Berufsbildern die gleichgestellte Nennung von Zimmer-, See- oder Flachfrauen vergessen worden war. Kurz zuvor aber wurde versäumt, den nachgeschobenen Gottesbezug in der niedersächsischen Verfassung mit „Gott und/oder Göttin“ feministisch korrekt zu formulieren.

Die Wirklichkeit überholt aber oft genug die Satire.

In einem Interview der „taz“ vom 21.11.06 mußte sich jetzt die Bischöfin Wartenburg-Potter fragen lassen:

Frau Wartenberg-Potter, beten Sie zu Gott oder zur Göttin?

Bärbel Wartenberg-Potter:
Ich bete zu Gott. Gott hat viele Namen in der Bibel, etwa auch "Licht" oder "Liebe". Gemeint ist immer die Quelle des Lebens, die möglich macht, dass wir uns gerecht und lebendig auf dieser Erde bewegen. ….
Es gibt in der Bibel auch weibliche Gottesbilder: Barmherzigkeit etwa soll man sich so vorstellen, wie es dem Kind in der Gebärmutter geht. Es ist ganz umsorgt und geschützt. Deshalb kann man sich Gott ohne weiteres auch weiblich vorstellen.


Nun hat Frau Wartenberg-Potter die Frucht jahrelanger ideologisch motivierter Umarbeitung der Bibel vorgestellt (KN v. 28.11.06):
Zitat:
Neue Bibel entdeckt die Frauen wieder
Kiel
- Die Bibel sei kein Museum, sondern ein lebendiges Buch, erklärte die Lübecker Bischöfin Bärbel Wartenberg -Potter gestern Abend in Kiel bei der Präsentation der „Bibel in gerechter Sprache". Eine Aufgabe dieser neuen Übersetzung sei es, die „unsichtbar gemachten Frauen" wieder zu benennen. Außerdem weise die neue Fassung auf die jüdischen Wurzeln des neuen Testaments hin.
Wartenberg-Potter, die zum bundesweiten Beirat des Projektes gehörte, hielt den Festvortrag bei der vom Nordelbischen Frauenwerk gemeinsam mit dem Gottesdienst Institut Nordelbien, dem Nordelbischen Bibelzentrum, dem Nordelbischen Männerforum und der Gleichstellungs- und Genderbeauftragten der Nordelbischen Kirche veranstalteten Präsentation für Hamburg und Schleswig-Holstein.
Innerhalb von fünf Jahren haben 42 Theologinnen und zehn Theologen die 2400 Seiten starke Übersetzung erarbeitet. Unterstützt wurden sie nach Angaben des Nordelbischen Frauenwerks von mehr als 1200 Gemeinden, Institutionen, Kirchenleitungen und Einzelpersonen, die zusammen 400 000 Euro gespendet haben. Die Neufassung möchte dem griechischen und hebräischen Urtext der Bibel in „heute verstehbare und geschlechtergerechte Sprache" gerecht werden. … ehr


(Wer weiß schon, was „Gender“ heißt! Das Englisch-Lexikon sagt schlicht „Geschlecht“ und gibt die Aussprache „dsch …“ an. Also übersetzen wir: „Gleichstellungs- und Geschlechtsbeauftragte der Nordelbischen Kirche“.)

Glaubensfernen Menschen könnte der Eiertanz der Ideologen und Ideologinnen nun eigentlich gleichgültig sein. Tatsächlich sind aber letzlich alle von diesem Angriff auf die historische Wahrheit und die Sprache betroffen.

Wer die rechte Vorstellung von „Gott“ zu haben meint, wird diese doch nicht vom grammatischen Geschlecht des Wortes abhängig machen! Die neue Umtriebigkeit ist im Grunde das Eingeständnis einer großen Glaubensschwäche.

In der neuen Bibel ist von Jesu „Jüngerinnen und Jüngern“ die Rede, obwohl sich unter den Zwölfen keine einzige Frau befand. Der Trick gelingt, weil jetzt die Frauen, die Jesum „Handreichung taten von ihrem Vermögen“, einfach dazugezählt werden.

Luthers richtige Übersetzung des griechischen „Kyrios“ als „Herr“ wird gemieden und stattdessen das hebräische „Adonai“ eingesetzt – was nichts anderes bedeutet. Dies wird dann mit Blick auf die nazi-reuigen Protestanten als „Stärkung der jüdischen Wurzeln“ verkauft.

Die FAZ bezeichnete die neue Übersetzung als „Gesinnungskult feministischer Randgruppen und Gleichmacher“.

Der Zürcher Theologieprofessors Ingolf U. Dalferth nannte die "Bibel in gerechter Sprache" ist unbrauchbar:

Irrtümer seien in keiner Übersetzung auszuschliessen, schreibt Ingolf U. Dalferth, der an der Universität Zürich systematische Theologie, Symbolik und Religionsphilosophie lehrt, im Kulturteil der NZZ. "Aber wenn man sich durchgehend nicht mehr darauf verlassen kann, dass das, was man im Deutschen liest, im biblischen Originaltext steht, sollte man nicht mehr von Übersetzung reden." … Statt die alten Texte ernst zu nehmen, das heisst gegen heutige Vorverständnisse und Vorurteile stark zu machen, sei es den ÜbersetzerInnen darum gegangen, „den Impulsen der Befreiungstheologie, der feministischen Theologie und des jüdisch-christlichen Dialogs gerecht zu werden“. … Der geschlechtergerechte Antidiskriminierungswunsch sei der "Vater der Übersetzung". Die sei jedoch "historisch irreführend und philologisch unzuverlässig." Der in Zürich lehrende deutsche Theologe lehnt Umdeutungen wie in Johannes 15 ab: „Ich bin der wahre Weinstock und Gott ist meine Gärtnerin“. Oder Johannes 1: „Am Anfang war die Weisheit“ – statt „Am Anfang war das Wort“. (Livenet / Kipa, 21.11.2006)

„kath.net“ berichtet:
Der Bremer Pastor Jens Motschmann befürchtet, „dass diese neue Bibelübersetzung ein weiterer markanter Schritt auf dem Weg der Selbstzerstörung der evangelischen Kirche ist“. Für den Gebrauch in der Gemeinde sei diese Bibel ungeeignet. „Denn sie dient einem anderen Gott als dem Vater Jesu Christi.“ Sie verleugne das urchristliche Bekenntnis, wie es der Jünger Thomas vor Jesus ausgesprochen habe „Mein Herr und Gott“ (Johannes 20,28), schreibt Motschmann auf der Internetseite der Sankt-Martini-Gemeinde.

Für Motschmann ist die „Bibel in gerechter Sprache“ die „Bibel der Feministinnen und Feministen“. So wird der Begriff „Herr“ unter anderem umschrieben mit „Adonaj“, „Gott“ oder „Die Ewige“. Zum Herausgeber-Kreis gehören der hessen-nassauische Kirchenpräsident Peter Steinacker (Darmstadt), die Lübecker „Bischöfin“ Bärbel Wartenberg-Potter und der Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentags, Reinhard Höppner (Magdeburg).


Man beachte die kleine Spitze von kath.net, die Bischöfin in Anführungszeichen zu setzen.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.12.2006 um 08.47

In der Beilage „Theaterzeit“ oder wörtlich „theaterZEIT*“
– wohl in Verantwortung der Kieler Staatstheater verfaßt – gibt die Rolle einer Hand Rätsel auf.
Man denkt an zuerst an eine gelungene Operation, bei der einem Unfallopfer eine abgerissene Hand wieder angenäht wurde, die nun gut durchblutet ist und deren Heilung erfreuliche Fortschritte macht.

Premiere
Sa 27. Januar 19 Uhr Opernhaus
Eine Hand voll Leben!
Tanzstück von Silvana Schröder zu Musik von Goran Bregovic u.a.


Dann erwägt die Phantasie andere Möglichkeiten: Es könnte sich um die vergrabene Hand einer zerstückelten Leiche handeln, in der sich schon ein kräftiges Eigenleben entwickelt hat – sehr zur Freude der Gerichtsmediziner, die daran den Todeszeitpunkt des bedauerlichen Mordopfers ablesen können:

Fr 19. Januar 19 Uhr Ballettsaal Opernhaus
Öffentliche Probe: Ein Hand voll Leben!


Da der Fall tanzkünstlerisch dargestellt wird, ließe sich auch schlicht an eine besondere Rolle von Handbewegungen denken, wie man es vom indischen Tanz her kennt:

So 21. Janur 11 Uhr Foyer Opernhaus
Ballettcafé zu „Eine Hand voll Leben!“
Choreografin Silvana Schröder und Ausstatter Andreas Auerbach stellen die neue Premiere des Kieler Balletts vor: EINE HANDVOLL LEBEN! …


Das vorletzte (unbedacht?) geschriebene Wort gibt dem Ganzen schließlich eine unerwartete Wendung. Sollte vielleicht doch nur eine „Handvoll“ gemeint sein?

Eine Hand spielt auch in der nächsten Zeitungsstory eine Rolle:

Er überlebte von fünf Untergänge
… Auch die „Gustloff“-Katastrophe mit tausenden Toten hat der Seemann überlebt. Von Mia Hehn, dpa

Im Skagerak wird sein Schiff von einem britischen Torpedo getroffen und sinkt. 800 Mann kommen teils im Feuer, teils im Wasser um. Er wird unverletzt zusammen mit einer Hand voll Kameraden gerettet.


Mein Scanner hatte auch noch „von“ statt „voll“ gelesen.

2007 verlieren die Konsumenten 24 Milliarden Kaufkraft

Mindestens genausoviel materielle Werte – von den ideellen nicht zu reden – hat die „Rechtschreibreform“ vernichtet. Da hilft es wenig, wenn die jetzt nur getrennt zulässigen Wörtchen „soviel“ und „zuviel“ trotz allem ein zähes Eigenleben bewahren.

Dem FDP-Abgeordneten Koppelin wird z.B. Verbotenes in den Mund gelegt:
Gleichzeitig müssen wir zu einem Staat der Bescheidenheit werden, das heißt, wir geben noch immer zuviel Geld aus.


Gerade sehe ich, wie meine Dreizehnjährige, die sich aus Vergnügen eine Geschichte ausdenkt, in ihre Tastatur tippt: „Es tut mir Leid!“ Das arme Mädchen war eingeschult worden, als das dreiste Politikerpack den Volksentscheid gegen „Rechtschreibreform“ annullierte, um der Kultusministerin die Indoktrination der Schulkinder mit derlei Unfug zu ermöglichen. Offensichtlich unternimmt man in den Schulen immer noch keine Anstrengungen, um die dadurch entstandenen Schäden und Verwirrungen zu beseitigen.

Doch weiter in den Zeitungstexten:

Saddam soll gehenkt werden.

Nach der Logik der behänden Stängel-Reformer hätte es hier „gehänkt“ heißen müssen, denn das ist ja nur die Kausativform von „gehängt“. Daß Saddam nicht mit „Stränge“ „… zum Tode durch den Strang verurteilt“ wurde, ist noch ein Fall unterlassener „Reform“, der den Verdacht nährt, daß es den Reformern nicht um Systematik ging, sondern nur darum, an vereinzelten Pfosten das Beinchen zur Reviermarkierung zu heben.

Der Großschreibfimmel der „Reform“ hat den Kommentator im nächsten Satz irregeführt:

Die irakische Justiz ließ sich vom Druck von Außen nicht beeindrucken und zeigt eine gewisse Unabhängigkeit.

Nun zur „Szene“ (oder „Scene“):

Groove ohne Ende
Der „Godfather of Soul“, James Brown, starb in Atlanta.
Seine harten, rhythmusbetonten Songs und sein mit rauer Stimme gekrächzter Gesang wurden von einer ganzen Generation von Rock- und Popmusikern aufgegriffen.


„Groovty“ Brown war letzlich doch kein „Looser“ (Roman am 13.12.06). (Eine Gruft-Mugge ist ein musikalischer Gelegenheitsauftrag anläßlich einer Beerdigung) Die zwei unhörbaren „h“ in „Rüttmuss“ mochte man nicht streichen, die hörbaren in der „rauhen“ Stimme schon – ein Markenzeichen der spießigen „Reform“. Es kehrt im nächsten Beispiel wieder, wie auch andere bekannte Errungenschaften dieser Wörterbastelei:

Monolith Minsters und The Meteors … Ur-Feuerkugel Fenech … Der greift … sägt, schrebbelt und kitzelt Schwindel erregend flinke Läufe und Soli heraus, während seine rau-markige Stimme durch anwesendes Mark und Bein fährt, wenn er überMonster, Friedhöfe und derlei Gedöns singt. Vor der Bühne ist die Hölle los, wird trotz mittlerweile akuten Sauerstoffmangels männlich-ruppige Tan-zattitüde gepflegt.

Die Zattitüden-Trennung steht nicht allein:


Barry Miles: Frank Zappa …. Eine Provokation mit jugendgefährdenden Texten. Un-dundund.

LITERATURRÄTSEL
Wer schrieb was?

„Es war ein dunstiger Morgen, kurz nach Sonnenaufgang, als wir Pavel zum Tode verurteilten. Horst thronte auf einem Baumstumpf, wir anderen hockten rings um ein Feuer, nur Günti fehlte. „ Wer will das Urteil vollstrecken?" fragte Horst. Keiner meldete sich. „Wir können ja losen", schlug Bubi Schweim vor. „Für einen von uns müßte es ein inneres Bedürfnis sein", sagte Horst. „Seine Ehre ist besudelt durch die Fahnenflucht seines Vaters; er könnte sie reinwaschen, indem er diesen Untermenschen zur Strecke bringt. Ich erfasste den Sinn seiner Worte erst, als ich die Augen der anderen auf mich gerichtet sah.“

Die letzten Tage des zweiten Weltkriegs in einem kleinen Ort in der Probstei. Ein durchgeknallter HJ-Führer meint, das Vaterland, die Ehre.oder was auch immer durch den Mord an einem tschechischen Zwangsarbeiter retten zu müssen. Schießen soll freilich ein anderer. Zum Glück kommt es nicht so weit, der Ich-Erzähler weigert sich und muss dafür beinahe selbst sterben. Der Autor dieses eng an der Wirklichkeit entlang geschriebenen Romans war einmal der Intendant des Ohnsorg-Theaters. Mit seinem Schlüsselroman machte er sich in seinem Heimatort nicht nur Freunde. Er erzählt allerlei über das Verhalten der Erwachsenen in der Nazi-Zeit, die viele gerne vergessen würden. Von einer Reihe saftiger Details aus dem Leben der Dorfbewohner ganz zu schweigen.

Das müßte „Der wilde Sommer“ von Konrad Hansen sein. Das Textbeispiel läßt im unklaren, ob der Roman in der traditionellen Kulturschreibung gedruckt wurde. Es könnte sich bei den ss zuviel auch nur um Kontamination durch die Korrekturautomaten handeln. Dies ist leider auch bei anderen Werken unreformierter Autoren wie Walser und Kempowski zu beobachten. Neulich schlug ich im Buchladen Kempowskis „Alles umsonst“ willkürlich auf Seite 68 auf und wurde als erstes geschockt mit dem Satz: „Dann schloss sie ab und schob ihn wieder unter das Bett“. Die Umgebung sah dann aber ganz kultiviert aus.
– geändert durch Sigmar Salzburg am 28.12.2006, 13.16 –
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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 26.12.2006 um 12.14

Das Titelblatt ist nochmals umhüllt von einer gleichen Seite, die nur die bebilderte Weihnachtsgeschichte im Großdruck wiedergibt, in der Übersetzung von Luther – aber mit dem Dass-Zwang.
Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. … Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe.

Gewiß, Luther hat das einfache „das“ bevorzugt, doch bald folgte man auch hier der allgemeinen daß-Schreibtradition. Es ist ein Tiefpunkt der deutschen Schriftgeschichte, daß ausgerechnet die sich „christlich“ nennenden Parteien in unbegreiflicher Verblendung daran mitwirken, eine siebenhundert Jahre alte Schreibtradition auszulöschen.

Ganz gelingt das jedoch nicht, denn auch der Stadtrat Adolf-Martin Müller, der auf der nächsten Seite sein Lieblingsgedicht zitieren darf, verfällt wieder in die angeblich schwer erlernbare Schluß-ß-Schreibung:

Von drauß vom Walde komm ich her;
Ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr!
Denn Äpfel Nuss und Mandelkern
essen alle Kinder gern…
Von drauß vom Walde komm ich her;
Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!


Doch weiter: Weihnachtliche Ochs und Esel, ein As oder bloß ein Arsch?

Im Bermuda-Dreieck zwischen Politik, Musik und einem Sich-in-Frage-Stellen geht Knarf Rellöm dabei keineswegs verloren, sondern findet auch noch zu einer eigenen Sprache. Wie im Intro, das auch die aktuelle CD Move your Ass & Your Mind will follow einleitet.

Das lateinisch-französische „As“ wurde der ss-Beferkelung („Ass“) unterworfen, das ganz ähnliche „Plus“ in freier Willkür jedoch nicht:

Mit einem Plus von 0,9 Prozent [Beitragserhöhung] bleiben wir im Mittel der Ortskrankenkassen“, erklärte der schleswig-holsteinische AOK-Vorstandschef Dieter Pfaffrath.

Hoch „Zeno“ beschert Deutschland zu Weihnachten Plusgrade

Ein großer ästhetischer Fortschritt war die Einführung des kleinen runden Schluß-s im späten Mittelalter anstelle des allgemein üblichen langen s.

Ästhetische Monster aus lauter Schluß-s wären damals undenkbar gewesen:

Erwin Geschonnek wird 100 … Die Verbrechen der Stalin-Zeit erschütterten ihn, und Missstände in der DDR, die er als solche erkannte, prangerte er zum Unwillen der SED-Oberen an.

… wenn Wohnungen neu errichtet oder aufwändig saniert wurden.
Radon-Belastung in Häusern … Über Messstellen informieren …


Unerwünschte Buchstaben weist auch die Unratsschreibung im Roman auf:

Unter dem Hut … waren ihre blonden Haare zu sehen, mit metallenen Klammern festgesteckt, denen jeder Zierrat fehlte.

Bekanntlich entspricht die Endung „-at“ an „Zier“ > „Zierat“ derjenigen in „Heim“ > „Heimat“, die Anbindung an „Haus-rat“ ist Genmanipulation.

Es ist das erste Mal in fünf Jahren, daß mir das Wort in einem normalen KN-Text untergekommen ist. Das zeigt, daß es den Manipulierern nicht um notwendige Erleichterungen ging, sondern darum, Zugriff auf die Rechtschreibung über wenig bewachte Stellen zu erlangen.

Nur der erste Akt in der Spitzel-Affäre?
… Unzufriedenheit. Genährt auch von Unerschro-ckenen wie Gabriele Pauli …


Mitunter wird offenbar, wie verschro-bene politische Entscheidungen innerhalb der Parteien zustande kommen. Die „Rechtschreibreform“ hätte keine Chance gehabt, hätten ihr nicht Machtintriganten wie Stoiber, Zehetmair und, nicht zu vergessen, Verfassungsrichter Papier aus anderen Gründen den Weg bereitet.

Nur wenn es sie selber trifft, reagieren die Herrschaften empfindlich. Der folgende Leserbrief von Dr. Kliegis, auch Vorsitzender des Elternvereins, kommentiert den Protest der CDU gegen den geplanten Rauswurf des CDU-Bildungsexperten Schlie aus dem Verband der Realschullehrer, weil er entgegen den Zusagen nun doch die Abschaffung der Realschulen betreibt – ein verbandsschädigendes Verhaltens.

Fremdbestimmtheit selbst erfahren
Zu: Schlie droht Rauswurf aus dem Verband Deutscher Realschullehrer
Herr Schlie erfährt hier am eigenen Leib, was es heißt, fremdbestimmt zu werden. Wenn der Ministerpräsident es undemokratisch nennt, dass der Realschullehrerverband ein Mitglied aus seinen Reihen entlässt, weil es die Beseitigung der Realschulen betreibt, möge er bitte in die andere Waagschale die bisherige Krönung seiner von Wortbruch und Wahlbetrug geprägten Regierungstätigkeit legen: die mutwillige Zerstörung der tragenden Grundsäulen unseres Schulsystems zugunsten einer nur auf Sozialromantik fußenden vagen Idee.
Gemeinsames Lernen aller Schüler funktioniert nicht. Niedersachsen, Bremen und Sachsen-Anhalt haben es jahrelang versucht und erkannt, dass das Ziel nicht zu erreichen ist. Sie haben ihre gemeinsamen, schulartunabhängigen Orientierungsstufen wegen Erfolglosigkeit gerade wieder abgeschafft, Hessen zieht jetzt nach. Wir müssen diesen Fehler nicht auch noch wiederholen. Wenn die Wähler Herrn Schlie bei der nächsten Landtagswahl wieder ins Privatleben schicken, wird er vielleicht froh sein, wenn es seinen Arbeitsplatz in einer Realschule noch gibt.

Dr. Ulrich G. Kliegis
Heikendorf


Man kann annehmen, daß der Text ungefragt in die Neuschreibung konvertiert wurde. Dieser Verfall der guten Sitten begleitet die „Rechtschreibreform“ von Anfang an und wird bei Leserbriefen pedantisch gehandhabt. Nicht so bei Anzeigen oder auch Gedichteinsendungen:

Die Gattin wälzt die Schokolade
in einer Hasenußpanade …


In den Familienanzeigen taucht auch wieder häufiger das groß geschriebene „Du“ auf, nach dem die Kultusminister einen halben Rückzieher mit ihrer dummdreisten Klein-Duz-Vorschrift gemacht haben:

Du warst so neugierig, konntest es kaum mehr erwarten; wir werden Dich stützen bei all Deinen Taten … Willkommen im Leben! Louisa Dorothee 12 Dezember 2006 • 12.50 Uhr • 2600 g • 48 cm

Auch eine stillende Mutter sandte ein Gedicht ein:

Ich freu mich nun im Stillen
auf das vierte Kerzenlicht.


Die neue unmäßige Großschreibung sickert nun als triviales Unkulturgut ins Volk, wie diese Probe der Dichtkunst beweist:

Und bald am Baume Vieles bammelt.

Agenturmeldungen beachten natürlich beflissen die neuen hypertrophen Großschreibmanie:
[Morde von Ipswich] „Ich möchte jeden daran erinnern, dass bis auf Weiteres die Unschuldsvermutung gilt.“

Zur Duzerei gibt es noch eine auffällige Anzeige:

Wir suchen zur Verstärkung unserer Abteilung Medizin zum nächstmöglichen Zeitpunkt einen
Scientific Project Manager (m/w)
Du* bist verantwortlich für sämtliche medizinisch-wissenschaftlichen Fragestellungen eines bestimmten Produktbereichs. ….

*Unsere Unternehmensphilosophie fördert bewusst den Teamgeist und ein unkompliziertes Miteinander. Das „Du“ bringt dies zum Ausdruck und lädt Dich dazu ein, es uns schon bei der Bewerbung gleichzutun….


Offenbar hat man die (nach Meinung der Reformer zu „ehrerbietige“) Großschreibung des „Du“ ohne Rücksicht auf die „Reform“ beibehalten. Diese Duzerei, ein Nebenprodukt der 68er, ist aber eigentlich längst „out“ und ihre Protagonisten, die inzwischen zu Professoren aufgestiegen sind, lassen sich längst wieder siezen.

Eine zweite Anzeige bewegt sich auch auf dem verminten Gebiet der Correctness:

Das Mädchenhaus Kiel – Lotta e. V. sucht zum nächstmöglichen Termin
eine Sozialpädagogin (3/4) …
verantwortungsvolle und richtungweisende Tätigkeit in einem feministischen transkulturellen Frauen-Lesbenprojekt … Besonders freuen wir uns über Bewerbungen von Migrantinnen/women of color.


Die ursprünglich unschuldige „Negerin“ ist streng verboten, die „Farbige“ auf dem Wege, die „Afrikanerin“ ist nicht präzise genug. Also tarnt man sich mit einem amerikanischen Wort, von dem man nicht sicher sein kann, ob es nicht auch schon verbrannt ist.

Leser Karlheinz Szalys erweist sich als Opfer der „Reform“:

ein moderner, leichter und Licht durchfluteter Glaspavillon

Der übrige Kleinmist der „Reform“ ist lästig, aber nicht erwähnenswert.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von PL am 23.12.2006 um 12.56

Lieber Herr Salzburg!

Gerne hätte ich Ihnen im Forum der Kieler Nachrichten frohe Weihnachten gewünscht und Ihnen dort für die Arbeit gedankt, die Sie mit zähem Fleiß und großem Sachverstand ein weiteres Jahr lang geleistet haben. Beim Lesen Ihrer Kommentare zu den unzähligen sprachlichen Schnitzern, die Sie aufgespürt haben, dachte ich manchmal: „Dieser Herr Salzburg muß ein Masochist sein; und zwar in jeder Hinsicht!“ Denn viele der von Ihnen aufgezeigten Sprachverbrechen erzeugten nicht nur ein Schwindelgefühl in meinem Kopf, sondern bereiteten mir auch körperliche Schmerzen. Allein Ihr heilsamer Humor hat es mir ermöglicht, Ihnen als Leser treu zu bleiben.

Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie frohe Festtage.

Peter Lüber


eingetragen von Sigmar Salzburg am 23.12.2006 um 08.23

Die EU-Staaten einigten sich in der Nacht zu gestern zwar auf Schutzmaßnahmen für Kabeljau und Seezunge.
… „Die Reduzierung der Seetage für Kabeljaufischer von 103 auf 91 ist Existenz bedrohend.“ „Leider fehlte auch diesmal die Kraft für weit reichende Beschlüsse.“


Neben der falschen Trennschreibung nimmt sich die „richtige“ neue Rechtschreibung aber nicht viel überzeugender aus:

Theater-Tipps [Hamburg] „Little Shop of Horrors“ ist die Geschichte vom schüchternen Lehrling Seymore, der in einem kleinen Blumenladen ein unscheinbares Pflänzchen zum Fleisch fressenden Monster hochpäppelt.

Was hier noch sinnvoll sein kann, ist bei der klassifizierenden Artenbezeichung auf jeden Fall Bürokratenunfug:

Die Knochenreste des Pflanzen fressenden Turiasaurs riodevensis wurden in der ostspanischen Ortschaft Riodeva gefunden.

Neben den ss-Clustern sorgt im nächsten Text die übertriebene n-Beinigkeit für Augenpulver. Und der reformreaktionäre „erleichternde“ Letzt-Duden empfiehlt wider Erwarten die für Europäer unaussprechliche Schreibweise „Ginkgo“, die von der verballhornten Schreibung der japanischen Aussprache „gin kyo“ des chin. „yin xing“ stammen soll.

Wem der ganze Weihnachtsstress so kurz vor Toresschluss an den Nerven zerrt, für den hat Simon Schreiber ein „Geheimmittel“ parat: Brennnessel, .... Ginko- und Brennnesselblätter

Das Verbot der Einsparung eines „f“ in Schiffahrt ist eine typische Theoretikermarotte und wird bei Eigennamen naturgemäß weiter mißachtet, wie eine Eintragung ins Handelregister zeigt. Sogar die richtige Trennung mit Hinzunahme des ausgelassenen Buchstabens wird bei den KN noch beherrscht. Es geht also:

19. Dezember 2006: KG MS „THEODOR STORM“ Schiffahrtsgesellschaft … Verwaltung MS „Theodor Storm“ Schiff-fahrtsgesellschaft

Schon vor zehn Jahren hatte der damalige Bundesfinanzminister Theo Waigel gesagt: „Es bringt Deutschland nicht vorwärts, wenn das Wort Schiffahrt künftig mit drei statt zwei f geschrieben werden soll.“ Das ist in den Augen mancher fundamentalistischer Reformanhänger reine „Hofffahrt“.

Natürlich werden im Roman immer mal wieder Leute genannt, die Inhaber von „Recht“ sind:

Der wird alles ausspielen, was ihm helfen könnte, auch die große Politik, da haben Sie Recht

Eine unscheinbare Reformvorschrift aber wird weithin mißachtet: die Spaltung von „soviel“ und „zuviel“:

Das Buch wiegt soviel wie vier oder fünf mit Wasser vollgesogene Lederbälle.
(Fußballpoesie)

Veraltete Spaltschreibung …

… ein echter Verkaufsschlager die selbst gebackenen Adventsplätzchen [für den Hund]

… findet man neben richtiger Altschreibung:

Mit seinem Regiedebüt Amores Perros wurde der mexikaische Filmemacher Gonzales Iñárritu als eines der vielversprechendsten Regionaltalente gefeiert.

Aber oft säumen zerschossene Wortruinen den Weg:

… an einem Punkt angekommen, an dem man nicht mehr weiter kommt. …. Vier Jahre nach der Gründung hatte sich die endgültige Formation zusammen gefunden

… und immer wieder Schlaglöcher so genannt, so genannt, so genannt.

Dabei liegt die Eroberung der Zeitungen durch die Reformafiosi doch schon über sechs Jahre zurück.


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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 20.12.2006 um 12.28

Sehr geehrter Herr Dr. Gothsch,

Sie haben das KN-Forum geschlossen. Die Begründung klingt allerdings nicht sehr überzeugend. Sollten wirklich die wenigen Spam-Angriffe pro Jahr der Hauptgrund gewesen sein? Zumal die parallelen Foren, die weiterhin verfügbar sind, genauso Zielscheibe sein können! Ich biete Ihnen an, das KN-Forum, falls Sie es wieder zugänglich machen, täglich zu überwachen und Ihnen Spam-Einträge umgehend zu melden, wie ich es ja auch mitunter schon getan habe.

Es wäre bedauerlich, wenn die Möglichkeit zum Austausch von Meinungen, die ja längst nicht ausgeschöpft ist, endgültig verschüttet würde.

Mit freundlichem Gruß

Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 19.12.2006 um 20.18

Bildungsministerin Erdsiek-Rave will Tests für angehende Lehrer

Der Kommentator schreibt: … Völlig Recht hat die Ministerin mit ihrem Bedauern darüber, bei bestimmten Fächerkombinationen aus Mangel an Bewerbern jeden nehmen zu müssen.

Der Satz beginnt mit dem Standardtest nach Konrad Duden zum Nachweis, daß „recht“ hier kein Substantiv sein kann. Man kann auch nicht sagen, „völlig Grippe hat die Ministerin“ u.ä..

Falsche Rechthaberei und dumme Großschreiberei auch im Fortsetzungsroman „Austernmörder“, der nun schon etwas zu lange dauert (132. Fortsetzung)
Sie musste ihren Mann als Letzte gesehen haben, und er wollte zu gerne wissen, wann das gewesen war. Auf dem Heimweg schien Hansen ein eisiger Wind ins Gesicht zu wehen. Falls er damit Recht hatte, dass Tammens erwürgt worden war, …


Sönke Rix, SPD-Familienpolitiker
Im Übrigen ist in vielen öffentlichen Gebäuden bereits der Alkoholkonsum untersagt.

Im Foyer ist in vielen Gebäuden auch schon das Rauchen untersagt, aber „im Übrigen“?
Schlimmere Gifte werden in den USA verabreicht:

USA: Qualvolle Hinrichtung verschärft Debatte über Todesstrafe … Fogel beklagte einen „tief greifenden Mangel an Professionalität“ bei der Verabreichung von Giftspritzen.

Tiefgreifender Mangel an Professionalität auch bei der Rechtschreibung. Man glaubt es kaum: Diese Trennschreibung wird vom Duden 08/06 empfohlen, obwohl sie nicht mehr verbindlich sein soll. Gerade hat Dr. Martin String in einem Leserbrief im Münchener Merkur v. 7.12.06 anläßlich der Besprechung von Icklers „Falsch ist richtig“ festgestellt:

,Die Kritiker’, schreibt Steffen Habit, ,konnten schließlich einige Änderungen durchsetzen.’ Dazu kann man Genaueres sagen. 1997 zählte ich in ,Deutschstunde’ von Lenz 131 Wörter, deren Schreibweise die Reform für ,überholt’ erklärte (ohne ß zu ss). Von diesen wurden durch, Weiterentwicklung und Präzisierung’ bis 2006 107 in der originalen Schreibweise wieder ,zugelassen’. Jetzt bringen die Empfehlungen des Duden 2006 eine gegenläufige Bewegung in Gang: Nicht weniger als 47 von den 107 wieder zugelassenen Wörtern werden zur Reform von 1996 zurückentwickelt.

Die Vermutung liegt nahe, daß die Dudenleute sich das Wohlwollen der Kultusminister erkaufen wollen, indem sie ihren Fehlgriff als sinnvolle Möglichkeit darstellen – auf Kosten der Schreibkultur.

Eine Parallelkatastrophe zur „Rechtschreibreform“ ist das bekannte Halstenbeker „Knick-Ei“.

Hamburg
„Knick-Ei" wird nun abgerissen
Halstenbek
- In Halstenbek im Kreis Pinneberg haben am Sonnabend die Vorbereitungsarbeiten für den Abriss des so genannten Knick-Eis begonnen. In der Ruine der Sporthalle, die zwei Mal eingestürzt war, werden nach Angaben der Verwaltung zunächst Stützen des Notdachs entfernt. Der Abriss der Glaskuppel und der oberirdischen Beton wände ist im Januar vorgesehen. Spätestens im März 2007 soll vom Hallenwrack nichts mehr zu sehen sein. Der Hamburger Architekt Andre Poitiers hatte das futuristische Bauwerk – einen halb in die Erde versenkten ellipsenförmigen Baukörper – entworfen. 1995 begannen die Bauarbeiten. Im Februar 1997 war die Metallkonstruktion des eiförmigen Daches erstmals eingestürzt. Kurz vor der Einweihung senkte sich im Juni 1998 erneut das Glasdach. Seitdem wurde das Bauwerk durch ein provisorisches Notdach geschützt.
Die Gemeinde Halstenbek führte Jahre lange aufwendige juristische Verfahren mit Statikern und Montagefirmen, um die Ausgaben erstattet zu bekommen. Laut Gutachtern sollen sie den zweiten Einsturz verschuldet haben.
Zwei Mal stimmten die Bürger über die Zukunft des Bauwerks ab. Im September 2002 gab es eine knappe Mehrheit für die Voll-endung. Vor rund einem Jahr entschieden sich die Bürger jedoch für den endgültigen Abriss. Wenn der Rest der Ruine im Erdboden vergraben ist, soll auf dem Grundstück eine Sporthalle nach herkömmlichem Baumuster errichtet werden. lno


Obwohl es nötig wäre, die „Rechtschreibreform“ ebenso durch ein herkömmliches Baumuster zu ersetzen, meinen die Kultusminister, darauf verzichten zu können, weil den Leuten ja keine Materie auf dem Kopf fällt; „aufwendig“ zählt in den KN immer noch zu den bedrohten seltenen Schreibweisen; die herrlich saudumme neue Trennmöglichkeit „Vol-lendung“ hat man sich hier entgehen lassen.

Unbedarftheit – oder doch Mut? – hat auch zur verbotenen englischen Schreibweise „Quickstep“ in „Standard auf Top-Niveau“ geführt (nicht: Topp-Niveau!), mit dem man sich aber gut „platzieren“ kann. Neben „Tipp“ gefährdet auch der „Stepptick“ der Reformer die Englischleistungen unserer Schüler.

Wenn auch in einer Großanzeige für „Wiener Walzerseligkeit im Schloß“ „am 10. Januar im Kieler Schloß“ geworben wird, werden in dieser Ausgabe immer wieder ss-Greuel verübt:

Berlin: „Idomeneo" wieder auf der Bühne
Die Schlussszene, in der die abgeschlagenen Häupter von Buddha, Mohammed, Jesus und Poseidon auf die Bühne gebracht werden, hatte bei der Premiere die Gemüter kaum erregt.


Und noch einen isolierten Kopf gibt es in den KN:
Das Denkmal für Unterseeboot-Konstrukteur Wilhelm Bauer, Bronze, Stahl, Schifffahrtsmuseum, Wall/Seegarten …
Als Sockel aber wählte Sihle-Wissel den rostigen Ambosstisch eines historischen Schmiedehammers, der sich schon zuvor als Exponat vor dem Museum befunden hatte. „Es ist der schönste Sockel, den ich je in meinem Leben gehabt haben werde", meint der Bildhauer. Im Juni 2004 wurde der Kopf darauf montiert und der Öffentlichkeit übergeben.


Es heißt mitunter, um „Fährniss“ (nicht „Fairness“) zu vermeiden, „ss“ sei nur bei betonten, kurzen Vokalen zu schreiben. „Amboß“, neu „Amboss“ erfüllt dies nicht – aber einen ähnlich klingenden „Kossmoss“ soll es dennoch nicht geben.

Auch bei Popphitts sind
Tiefe Bassschläge und knackende Drumhiebe, heiß bezüngelt von sexy Gitarrenlicks, …
sehr beliebt.

Wenn wenigsten die neuen „dass“ narrensicher wären! Es scheint sie jetzt jedoch zuviel zu geben, wo die „daß“ vorher eher vergessen wurden. Selbst der Korrekturautomatik der Zeitung entgeht manches:

Pilzbefall … Der Pilz ist übrigens nicht pflanzenpathogen – dass heißt, er tut dem Ficus nichts.

Zum Schluß eine Meldung von KN - dpa/online vom 17.12.06

Köln (dpa) - Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans- Jürgen Papier, sieht in der deutschen Politik einen "Hang zur Überreglementierung". "Ich meine die Tendenz in der Politik, dass immer dann, wenn mögliche oder vermeintliche Probleme in der Gesellschaft auftreten, sofort die Gesetzesmaschine angeworfen wird und Normen produziert werden", kritisierte Papier im Deutschlandfunk.

Für die „Rechtschreibreform“ hat er sogar die parlamentarische Gesetzesmaschinerie stillgelegt, damit sein Parteifreund Zehetmair den Reglementierungsunfug der „Rechtschreibreform“ ungestört installieren konnte.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 16.12.2006 um 12.45

Etwas verspätet erhielt ich die Kieler Nachrichten v. 8. und 9. Dezember.

Erwähnung verdient darin nur, daß hier wieder einmal das Wirken der medialen Strippenzieher deutlich wird – in der künstlich aufgebauschten Nacktfoto-Affäre der EU-Kommissars:

Kieler Nachrichten v. 8.12.06

Darf ein EU-Kommissar alle Hüllen fallen lassen?

... nun hat es EU-Kommissar Günter Verheugen (62) erwischt. Fast schien schon Gras gewachsen zu sein über die umstrittene Beförderung von Petra Erler (48) zu seiner Kabinettschef in und einen gemeinsamen „Turtel-Urlaub", da berichtet die Bild-Zeitung nun in großer Aufmachung über angebliche Nacktfotos. Sie sollen den Vizepräsidenten der Europäischen Kommission und die Kabinetts chefin am FKK-Strand in Litauen zeigen.

Die CSU-Europaabgeordnete Gabriele Stauner jedenfalls lässt mitteilen, dass sie sich sehr um Deutschlands Ruf in der Kommission sorge. Deshalb fordert sie: „Verheugen muss zurücktreten." Mit einem „Klotz am Bein" dürfe die deutsche Ratspräsidentschaft am 1. Januar 2007 auf keinen Fall starten …


Wir erfahren hier nur, daß die BILD-Zeitung ihre Klosprücheklopfer mobilisiert hat, um an einem renommierten Politiker lautstark das zu denunzieren, was auf den gleichen Seiten als moderne Lebensart, dort allerdings anzüglich aufgemotzt, angepriesen wird und was tatsächlich eine wachsende Zahl von Bürgern im Urlaub praktiziert: private Textilfreiheit. Scheinheilige Unterstützung kommt aus der leibfeindlichen Fraktion.

KN v. 09.12.06

Zu EU-Kommissar Verheugen Von Klaus Kramer
Schmutzkampagne
Darf ein EU-Kommissar ohne Badehose ins Wasser gehen? Die Frage ist so dümmlich, dass sie keine Antwort verdient. Das Problem ist: Die Frage wird gestellt, längst nicht mehr nur auf dem Boulevard, allen Ernstes auch in Brüssel und in Berlin.
Man muss sich das vorstellen: Die Kanzlerin und der SPD-Chef sehen sich gezwungen, Verheugen in Schutz zu nehmen, weil er an einem FKK-Strand die Hüllen fallen ließ. Unter den Augen seiner Freundin. Politiker, die Verheugen noch nie leiden konnten, sehen nun das Abendland in Gefahr, … Der Deutsche ist mit dem Brüsseler Beamtenapparat hart ins Gericht gegangen. Dafür kriegt er nun die Quittung. Nachdem der Vorwurf, er habe seine Kabinettschefin begünstigt, nicht nachgewiesen werden konnte, versucht man nun, ihn mit Nacktfotos lächerlich zu machen.


Der Angegriffene kann sich noch nicht einmal juristisch dagegen wehren, denn es wird bisher nur die Existenz der Fotos behauptet. Von wem die Denunziation ausgeht, ist erst im nächsten Bericht auszumachen:

Die Bundesregierung stellt sich hinter Verheugen
Zukunft des Kommissars hängt von EU-Präsident Jose Manuel Barroso ab
Brüssel - Darf ein Mitglied der EU-Kommission mit einer engen Mitarbeiterin an einem öffentlichen Strand Freikörperkultur genießen? Zumal schon ein Bild existiert, das die beiden im gemeinsamen Urlaub Hand in Hand zeigt? Diese Frage beschäftigt die politischen Spitzen in Brüssel und Berlin, seit öffentlich wurde, dass das Nachrichtenmagazin „Focus" Nacktfotos von Industriekommissar
Günter Verheugen und dessen engster Mitarbeiterin Petra Erler hat - aufgenommen an einem FKK-Strand in Litauen.


Da taucht auf einmal die feiste Biedermannsmiene von Helmut Markwort auf, dem Chef des bunt lackierten Nachrichtenmagazins „Focus“. Er bedient sich also eifriger Kleindenunzianten, „Bürger-Journalisten“ genannt, die an ihren Ferienorten prominente Urlaubsnachbarn ablichten und der Denunziationskraft der „Gossen-Goethes“ von BILD, um die Existenz seines „Materials“ bekanntzumachen. Er selber läßt bislang nur juristisch „prüfen“, ob eine Veröffentlichung in Frage kommt.

Vergeben und vergessen sind dabei die Angriffe, die er gegen BILD, WELT, die Springer AG überhaupt, gerichtet hatte, als sie zusammen mit SPIEGEL, SÜDDEUTSCHE und FAZ die kultusminsterielle Geiselnahme der Schüler aufbrechen und die Rücknahme der „Rechtschreibreform“ erzwingen wollten. Das durften obrigkeitsgefällige Speichellecker in seinem Magazin „Revolte gegen die Schüler“ nennen und dazu unter übelster Verdrehung der Tatsachen am 16.8.2004 schreiben: „Eins aber haben die Schreibrevoluzzer erreicht: Deutschland ist wieder geteilt.“

Die „Reform“ selbst als „Revoluzzertum gegen die Schüler, gegen die Deutschen und gegen die deutsche Sprache und Literatur“ zu erkennen, überstieg offensichtlich ihren Horizont. Auch Markwort war zum Mitmachen im Widerstand eingeladen worden, hatte das aber höhnisch zurückgewiesen. Das mag auch ein Grund gewesen sein, warum Stefan Aust für den SPIEGEL die Unterstützung der höheren Medienmächtigen versagt wurde – mit dem Vorwand, daß über Markworts Magazin die Sonne des kultusbürokratischen Wohlwollens wärmer scheinen könnte.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 15.12.2006 um 08.26

Bei KN-online und LN-online schreibe ich seit etwa 1998.
Nach dem Umzug des Forums schrieb ich von März 2002 bis April 2004 etwa 650 Beiträge und wurde von der Zählautomatik zur „Nördlichen Sagengestalt“ ernannt. Seit Erneuerung der Forumssoftware im April 2005 habe ich wieder 317 Beiträge geschrieben – allerdings vorwiegend als Alleinunterhalter. Die Zahl der Aufrufe nähert sich jedoch 130000.

Nun hat der Betreiber (Geschäftsführer Dr. Manfred Gothsch) das ganze KN-online-Forum geschlossen, angeblich weil er wegen Überlastung Spam-Angriffe (bisher nur ganz wenige) nicht zeitnah abwehren kann. Das dürfte aber nicht der Hauptgrund sein. Es ist kaum vorstellbar, daß die ständige Kritik an der „Rechtschreibreform“ bei ihren Betreibern und Verbreitern auf Wohlgefallen gestoßen ist.

http://www.nordclick.de/forum/

Meinen letzten Beitrag füge ich hier ein. Vielleicht setze ich die Zeitungskritik an dieser Stelle in unregelmäßigen Abständen fort, je nach dem, wie mir die Zeitungsexemplare von den Nachbarn überlassen werden.

Kieler Nachrichten v. 13.12.06

Natürlich dominieren die „neuen“ ss.
Bis Seite 12 finden wir 48 neue „dass“, die grammatisch genauso fehlerträchtig sind wie die traditionellen „daß“, und 39 andere „neue“ ss, die bis zu 22 Prozent mehr Fehler verursachen als nach alter Regel (s. die Untersuchung von Prof. Harald Marx).

Der Milliardenaufwand für diesen Teil der „Reform“ steht also in keinem Verhältnis zu dem Nutzen.

Gericht gibt Graf Kerssenbrock Recht: Verkauf von neuem Barschel-Buch gestoppt

Für das im September erschienene Buch „Der Doppelmord an Uwe Barschel" von Wolfram Baentsch hat das weit_reichende Folgen. … So darf künftig nicht mehr behauptet werden, Kerssenbrock sei mit der Verurteilung des früheren Ministerpräsidenten bereits „fix und fertig" gewesen, als der Untersuchungsausschuss gerade erst begonnen hatte. …

Wer Distanz zu dem Umfallkurs der CDU in der Rechtschreibfrage hat (s. Beitr. v. 4.12.2004), dem darf man auch sonst objektive Unabhängigkeit zutrauen.

Die Israelis selbst haben die Welt darüber immer im Ungewissen lassen wollen – um sich zu ersparen, was Iran widerfährt: die internationale Ächtung. … Zwar ist es ein himmelweiter Unterschied, ob man – wie der iranische Staatspräsident Ahmadineschad – offen mit der Zerstörung eines anderen Staates droht oder – wie Olmert – den Einsatz von Atomwaffen als ultima ratio nicht ausschließt.

Klaus Kramer hat kein Glück mit der neuen Rechtschreibung. Bisher galt die einfache Regel, bei fremden Ausdrücken das erste Wort groß zu schreiben und die folgenden klein: „Ultima ratio“. Die „Reform“ erfordert hier nun zur Umsetzung humanistische Bildung, denn es sollen die Fremdwörter nach ihrer Wortart klein- oder großgeschrieben werden, also „Ultima Ratio“ – aber keinesfalls „ultima Ratio“ oder „ultima ratio“.

Im Kinoprogramm haben wir nun tatsächlich nach Jack ass 2 und Jackass die dritte Schreibweise Jack Ass 2.

REINGEHÖRT: CP-TIPPS
Perfekte Märchenwelt mit Musik: „Allerleihrauh"
Sie hat ein besonders feines Gespür für märchenhafte und musikalische Stimmungen: Ute Kleeberg gelingt es nun schon seit einigen Jahren, mit der Herausgabe von musikalisch geschmückten Märchen exquisite Hör-Bücher zu präsentieren - einmal mehr in dem jüngst veröffentlichten Perrault/Grimmschen Märchen Allerleihrauh. Da stimmt einfach alles: Das bezaubernde Märchen wird mit ruhiger und dennoch stofflich-lebendiger Stimme von Eva Mattes erzählt, die Musik von Mozart bis Martin (zum Teil in bemerkenswerten Er-steinspielungen) trifft, haargenau Stimmung und Befindlichkeit vom Geschilderten und die hervorragenden Musiker komplettieren eine bemerkenswerte Produktion -ein Hörgenuss nicht nur für Kinder. Wie schon der mit dem diesjährigen Schallplattenpreis ausgezeichneten, ebenfalls in allen Teilen faszinierend aufbereiteten Geschichte von Jorinde und Jo-ringel wünscht man auch Allerleirauh eine große Hörerschar, shs
Allerleihrauh: Edition Seeigel ISBN 3-935261-13-6 Jorinde und Joringel: Edition Seeigel ISBN 3-935261-12-8


Es verdient Anerkennung, daß hier nicht die Stammverstümmelung „rau[h]“ zur Kulturbanauserie „Allerleirau“ ausgeweitet wurde. Sonst siehe Beiträge v. 1.9.2005 u. 23.7.2005.


Flavia Company: der Mensch in den Städten.
Nachfragen aus dem Publikum beantwortete sie prompt, ausführlich und mit Herz erfrischender Verve.



SPD hofft nach kühnem Coup auf Nachsicht der Behörden
Kiel
- Aus der zähen Debatte um die Carl-Peters-Straße wurde gestern eine frische Tat der SPD. Etwas verwegen blickten die Genossen drein, als der Wind ihr ungenehmigtes Straßenschild enthüllte: Statt für Carl Peters' (1856-1918) rassistisch-kolonialistischen Hintergrund Reklame zu machen, stand da „ Carl-Petersen-Straße". Neben der Grünen-Option „Albert-Schweitzer-Straße" ist das der zweite Namensvorschlag. „Die Entscheidung Schwarz-Grüns, die Straße nach einem Symposium irgendwann umzubenennen, konnten wir nicht durchgehen lassen", wetterte SPD-Ratsfraktionschefin Cathy Kietzer, morgen werde man im Rat beantragen, die Straße ab März 2007 in Carl-Petersen-Straße umzutaufen.


Man sieht, der kulturrevolutionäre Geist gärt in der SPD noch. Leider war er jahrelang mit der Schaffung von „Missständen“ wie „Schlossstrassen“ und „Hassstrassen“ beschäftigt, so daß für vernünftige Dinge kaum Zeit blieb.

Der Hamburger Petersen (1868-1933) machte in Kiel Abitur, war 1919 Gründungsmitglied der Deutschen Demokratischen Partei und von 1899 bis 1933 Mitglied der Hamburger Bürgerschaft - bis auf Jahre als Abgeordneter in der Nationalversammlung (1919/2 0) und im Reichstag (1920-1924).
Er verlor sein Amt als Erster
Bürgermeister 1933. …


Der auf deformierte Großschreibung der Ordinalzahlen dressierte Leser gerät bei dem gewählten Zeilenumbruch unerwartet ins Stolpern

Unterstützt wurde die Aktion von der FDP-Ratsfraktion; „Nach einem Schlächter kann man in einer weltoffenen Stadt keine Straße benennen", erklärte Wolf-Dietmar Brandtner, …

Vielleicht ist der Schlächter nur zu unbedeutend. Die weltoffene Stadt Aachen hat keine Skrupel, ihren renommiertesten Preis nach dem Sachsenschlächter Karl zu benennen, der im Jahre 782 bei Verden 4500 sächsische Edelinge einen Kopf kürzer machen ließ.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 25.11.2006 um 10.48

Jemand, der sich immer wieder heftig gegen den Reformunfug ausgesprochen hat, ist Günter Kunert (SH:Z am 12.8. 02) „… die Rechtschreibreform »eine irrwitzige Narretei« (viel Beifall aus dem Publikum).“

Am 21.11.06 las er im Kieler Literaturhaus. Die KN v. 23.11.06 berichteten:



Der Alte Mann mit dem jungen Humor

Günter Kunert stellte im Literaturhaus neue Miniaturen und Gedichte vor

Von Sabine Tholund

Kiel - Einen Autor, der gleich zwei Neuerscheinungen vorstellt, den gäbe es nicht alle Tage, lobte Eckart Cordes Günter Kunert, der am Dienstag im Literaturhaus zu Gast war. „Es sind nicht nur zwei, sondern drei", konterte der so Gepriesene und legte los. Ohne Botschaft heißt der Gedichtband, mit dem er den ersten Teil seiner Lesung bestritt, die er so knapp wie kurzweilig gestaltete.

Man kennt und schätzt den 76-Jährigen als Autor pointierter, bissiger Texte. Seine jüngsten Gedichte, die mit wenigen Worten intensive innere Bilder aufscheinen lassen, kommen da vergleichsweise nachdenklich daher. Ähnlich wie die literarischen Miniaturen aus dem Band, den er Der alte Mann spricht mit seiner Seele genannt hat. „Den Titel habe ich gestohlen", schickt er voraus. „Aber da bei den Pharaonen das Copyright wohl abgelaufen ist, habe ich mich einfach bedient", schmunzelt Kunert. Selbstironisch mit einem Lächeln im Knopfloch und doch nicht ohne Wehmut schildert er die Tücken, die das fortschreitende Alter mit sich bringt.

Dass er nichts von seinem Humor eingebüßt hat, bewies Günter Kunert mit einer Kostprobe aus Irrtum ausgeschlossen, einem ebenfalls 2006 erschienenen Band mit Erzählungen. Zum hörbaren Vergnügen seiner vielköpfigen Zuhörerschar las er die wunderbar zugespitzte Geschichte eines Reisenden in Sachen Reinigungsmitteln, der mit einem berühmten Autor verwechselt wird. Taxifahrer, Hotelportier oder Zimmerkellner: Alle ste - cken dem ratlosen Protagonisten mit Verschwörermine Selbstverfasstes zur Begutachtung zu.

Und dann klappt Kunert seine Bücher zu. Signieren würde er gern, bietet er freundlich an, es müssten auch nicht unbedingt seine Bücher sein: „Die Unterschrift von Kafka kann ich auch recht gut."


Gerne unterschreibt er auch Aufrufe gegen die „Rechtschreibreform“. Man dürfe dergleichen nicht hinnehmen, auch wenn man zunächst wenig bewegt, meint er – im Gedanken an seine Erfahrungen mit der DDR.

Mit Recht. In einem seiner genannten Gedichte überlegt der alte Mann, nachdem er die Grabsteine auf dem Friedhof studiert hat, was auf seinem stehen könnte.

…Doch / es fällt ihm nichts ein. / Bloß: Er war einmal. Wie / nichtssagend, denn das waren ja alle. …

„Reformiert“ müßte dies geschrieben werden…

Er war einmal. Wie nichts sagend …

… und das bedeutet doch wohl etwas ganz anderes.
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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 19.11.2006 um 12.01

Kieler Nachrichten v. 16.11.06

„Wir geben nicht so einfach auf“
Realschullehrer contra Regionalschule

Kiel - Im Kampf gegen die Regionalschule will der Verband der Realschullehrer alle Register ziehen. Der Landesvorsitzende Gerhard Kreft kündigte gestern die Gründung eines Aktionsbündnisses an. Auch eine Volksinitiative sei nicht ausgeschlossen.
…. Der Unmut des Lehrerverbandes richtet sich dabei vor allem gegen die CDU. Die war im Landtagswahlkampf vom Verband noch tatkräftig unterstützt worden. Ausgerechnet die Union war es dann aber, die im Tauziehen um das neue Schulgesetz die Regionalschule durchsetzte, die ab 2010/2011 landesweit Haupt- und Realschulen unter einem Dach vereinen soll….
(Ende des KN-Zitats)

Der Umfall der CDU in der Rechtschreibfrage 1999 war also kein einmaliger Unfall.
Eine Volksinitiative muß heute immer damit rechnen, daß ein festgestellter Volkswille durch Parlamentsbeschluß in sein Gegenteil verkehrt wird.

Gerade erleben die Hamburger dergleichen wieder:

Die Bürgerschaftsfraktionen von SPD und GAL ziehen gemeinsam vor das Hamburger Verfassungsgericht, um gegen die von der CDU beschlossenen Änderungen des Wahlrechts zu klagen… Die CDU hatte gegen die Proteste der Opposition das erst vor zwei Jahren per Volksentscheid eingeführte Wahlrecht im Oktober mit ihrer absoluten Mehrheit geändert.

''Unabhängig vom begangenen moralischen Verfassungsbruch durch CDU- Fraktion, CDU-Landespartei und CDU-Bürgermeister wollen wir klären lassen, ob die Entscheidung der CDU auch juristisch nicht zu halten ist'', sagte SPD-Fraktionschef Michael Neumann. ''Uns geht es darum, deutlich zu machen, dass wir den Volksentscheid verteidigen - notfalls auch vor Gericht.''
(14.11.06) http://www.hamburg1.de/hh1/citylife_article.html?citylife/2006/11/14/295200000


In Hamburg will die SPD den Volksentscheid verteidigen, während sie den von Schleswig-Holstein schon vor seinem Erfolg vernichten wollte. Die Abgeordneten sind nur ihrem „Gewissen“ verpflichtet. Seltsamerweise sind Gewissen und Machtwille oft ununterscheidbar. Die Genossen in Hamburg nennen also das, was ihre Parteifreunde in Schleswig-Holstein 1999 zusammen mit der CDU veranstaltet haben, „moralischen Verfassungsbruch“.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Detlef Lindenthal am 29.10.2006 um 06.31


Sigmar Salzburg schrieb:
Selbstverständlich ist es sinnvoll, wenn das Volk die mühevolle Kleinarbeit der Entscheidungsfindung und Gesetzgebung vertrauenswürdigen Vertretern überträgt.
Sie haben völlig recht, und insofern möchte ich auch etwas zurückrudern: Wenn die parlamentarische Demokratie begleitet wird von lebendiger Demokratie (samt demokratischen, nichtgleichgeschalteten Medien) und sich als dienendes Berufsfeld sieht, kann sie sehr nützlich und segensreich sein.

Wenn jedoch eine ungebremste Allparteienkoalition unser Gesetz, für das wir fast zwei Jahre voll gearbeitet haben und das eine Volksmehrheit auf sich vereinigen konnte, wie noch keine Partei sie bisher erreicht hat, innerhalb von kaum 2 Minuten ohne jede Aussprache und ohne jede Begründung wieder beseitigt, so zerschlagen die Politiker sehr viel Vertrauens-Porzellan und zeigen allen Bürgern, Schülern und Denkern, wo der Hammer hängt: Hier wird nicht nachgedacht und mitverantwortet, sondern gehorcht!

– Nachfolgend noch mal das Protokoll der Schnellhinrichtung, die mich grausam an das Ende des Filmes „Die weiße Rose“ (1982) erinnert:

Schleswig-Holsteinischer Landtag Plenarprotokoll 14/95 14. Wahlperiode 99-09-17
Plenarprotokoll
95. Sitzung
Kiel, Freitag, 17. September 1999


Vizepräsident Dr. Eberhard Dall’Asta: ...
Meine Damen und Herren, ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes
Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, F.D.P. und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 14/2368
Bericht und Beschlußempfehlung des Bildungsausschusses, Drucksache 14/2398

Das Wort hat zunächst der Berichterstatter des Bildungsausschusses, Herr Abgeordneter Dr. von Hielmcrone.

Dr. Ulf von Hielmcrone [SPD]:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bildungausschuß hat sich in seiner gestrigen Sitzung mit dem Gesetzentwurf beschäftigt. Er empfiehlt dem Haus einstimmig, den Gesetzentwurf anzunehmen.

Vizepräsident Dr. Eberhard Dall’Asta:
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? – Das ist nicht der Fall. Da eine Aussprache nicht vorgesehen ist, lasse ich jetzt über den Gesetzentwurf in der vom Ausschuß empfohlenen Fassung abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf ...

siehe: http://www.lvn.ltsh.de/infothek/wahl14/plenum/plenprot/1999/14-095%5f09-99.pdf , S.7155, linke Spalte

Ja, kaum 2 Minuten dürfte das gedauert haben. Meine Meinung dazu: Wenn wir für einen Widerstand gegen solche Politikerwillkür zu unklar sind, obwohl wir heute weder durch Fliegerbomben noch durch Todesstrafe bedroht werden, so lassen wir die Geschwister Scholl nachträglich schmachvoll im Stich – so, als wenn wir aus vergangenen Diktaturen nichts gelernt hätten.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.10.2006 um 10.21

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Detlef Lindenthal
....
Demokratie und parlamentarische Demokratie haben inzwischen ähnlich viel miteinander zu tun wie Geld und Falschgeld oder Bub und Belzebub.


Dieser Gleichsetzung möchte ich nicht ganz folgen. Selbstverständlich ist es sinnvoll, wenn das Volk die mühevolle Kleinarbeit der Entscheidungsfindung und Gesetzgebung vertrauenswürdigen Vertretern überträgt. Allerdings muß es immer das letzte Wort haben dürfen.

Bei der Durchsetzung der„Rechtschreibreform“ hat sich aber deutlich gezeigt, daß die in Deutschland nach Vorstellung der Parteien installierte Form der repräsentativen Demokratie mühelos in eine Parteiendiktatur „umfunktioniert“ werden kann, wenn sich die Parteien einig sind. Das deutsche Demokratie-Defizit zeigte sich auch bei der Verabschiedung der EU-Verfassung, bei der die Franzosen und Niederländer in Volksabstimmungen befragt wurden, den Deutschen aber die Einflußnahme vorenthalten wurde.
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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.10.2006 um 09.52

Immer mehr Deutsche lehnen Demokratie ab

Berlin
- In Ostdeutschland ist in den vergangenen fünf Jahren die Demokratiefeindlichkeit deutlich gestiegen. Nur noch gut die Hälfte der Ostdeutschen (64 Prozent) halten die Demokratie für die beste Staatsform, wie sich aus dem Datenreport 2006 ergibt, der gestern in Berlin vorgestellt wurde. 85 Prozent der Westdeutschen gaben im Jahr 2005 an, die Demokratie für die beste Staatsform zu halten. Doch ging in West wie Ost die Zustimmung zurück: 2000 waren es noch 78 Prozent im Osten und 92 Prozent im Westen gewesen. Allerdings nahm auch die positive Einstellung der Ostdeutschen zum Sozialismus leicht ab. 2005 sagten 74 Prozent der Ostdeutschen, der Sozialismus sei im Grunde eine gute Idee gewesen, die nur schlecht ausgeführt worden sei. Fünf Jahre vorher waren es noch 76 Prozent der Befragten gewesen.

Insgesamt schätzen die Deutschen ihre Lebensbedingungen schlechter ein, als sie tatsächlich sind. Obwohl die Einkommen über dem europäischen Durchschnitt liegen, beurteilen die Deutschen ihre Einkommenssituation schlechter als viele EU-Nachbarn, ergab der Datenreport. epd/dpa Kommentar Seite 2


Zum Datenreport 2006 Von Anne Gramm
Ehrliche Analyse gefragt

Nur noch zwei von drei Ostdeutschen halten die Demokratie für die beste Staatsform. Diese Zahl aus dem neuen Datenreport ließe sich schnell mit dem Hinweis auf die hohe Arbeitslosigkeit und der darauf gründenden Ostalgie erklären. Aber der Vertrauensverlust ist nicht auf die neuen Länder begrenzt. Mit Abstand, aber gleichfalls deutlich sinkt die Zustimmung auch im Westen. Der hatte es zwar um ein Vielfaches leichter, demokratische Regeln neu einzuüben, weil die ersten Jahrzehnte mit einem enormen Wirtschaftsaufschwung einhergingen, allerdings sollten sich die politischen Strukturen nach 60 Jahren aus sich heraus verfestigt haben. Was oder wer diskreditiert die beste aller Staatsformen? Politiker, die vor den Wahlen das Blaue vom Himmel versprechen und anschließend die grauen Wolken erklären? Wähler, die zu viel von den nationalen Regierungen erwarten, obwohl diese ja nicht mehr als eine, wenn auch im Fall Deutschlands durchaus gewichtige Stimme im weltweiten Chor haben?
Vermutlich kämen alle zusammen ein Stück weiter, wenn sich die politische Teilhabe der Bürger nicht im Wesentlichen auf Wahlen beschränkte. Dazu allerdings gehören ehrliche Analysen des politisch Machbaren – von beiden Seiten –, die Bereitschaft der Politik, von ihrer Macht abzugeben, und ein hohes Maß an bürgerlichem Engagement.


Zu diesem recht schlicht denkenden Kommentar hatte ich am 15.9.06 bei kn-online, Nordklick, geschrieben:

„Das politisch mühelos Machbare war [z.B.] der Verzicht auf die Rechtschreibreform. Das hohe Maß an bürgerlichem Engagement hat es gegeben und hat eine 71prozentige Ablehnung sichtbar gemacht. Aber:

Am 17. September 1999 stimmten die Abgeordneten des Kieler Landtages, einschließlich der „basisdemokratischen“ Grünen, geschlossen für die Annullierung des Volksentscheids gegen die „Rechtschreibreform“. Bald darauf griffen die Beseitiger des Volkswillens wieder den entrechteten Bürgern mit der Parole „Demokratie gibt es nicht zum Nulltarif“ in die Taschen, um ihre Diäten kräftig aufzubessern. Wenn wundert da die Demokratieverdrossenheit?“



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Sigmar Salzburg


eingetragen von Detlef Lindenthal am 27.10.2006 um 20.10


Kieler Nachrichten hatten geschrieben:
Immer mehr Deutsche lehnen Demokratie ab

Lieber Herr Salzburg,

als ich 1999 die KN anrief, um sie wegen einer ganzseitigen dreisten Lüge abzubestellen, hat die Bestellabteilung das Gespräch an den Chefredakteur, Herrn Jürgen Heinemann, durchgestellt (so ist das dort wohl üblich), und ich mußte mich lange mit ihm über Wahrheit und Demokratie herumstreiten. Er versuchte, mich gegen die Wand zu reden, und ließ nicht locker, bis ich nach 1 Stunde(!) feststellte, daß das Gespräch sich im Kreise drehe, und vorschlug, es zu beenden. Für sowas hat der Chefredakteur Zeit! (Ziemlich das gleiche ist mir bei den Flensburger Nachrichten passiert, als ich darum bat, daß die Zeitung mich nicht einen Vollidioten nennen solle – die Zeitungschefs lassen nicht locker, wenn jemand ihnen einen Fehler nachweist.)

Und nun also haben die KN frech getitelt: „Immer mehr Deutsche lehnen Demokratie ab“. Zwar kenne ich diesen Aufsatz nicht (können Sie ihn besorgen?), vermute aber, daß (sofern es eine Umfrage war) nicht die Demokratie, sondern die sogenannte parlamentarische Demokratie, sprich: Parteienherrschaft mit gleichgeschalteten Medien, zunehmend abgelehnt wird.

Demokratie und parlamentarische Demokratie haben inzwischen ähnlich viel miteinander zu tun wie Geld und Falschgeld oder Bub und Belzebub.

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Detlef Lindenthal


eingetragen von Sigmar Salzburg am 27.10.2006 um 08.22

Volk wird für unfähig gehalten
Zu: Immer mehr Deutsche lehnen Demokratie ab


Soweit ich weiß, heißt Demokratie Volksherrschaft. Was wir hier im Moment haben, ist eher eine Parteienherrschaft. Die etablierten Parteien verhindern mit allen Mitteln, dass Gruppierungen/Parteien mit anderen Meinungen Chancen haben.

Die herrschende politische Klasse hält das Volk für unfähig, bei wichtigen Entscheidungen mitzubestimmen, sonst würde es wohl auch Volksentscheide geben. Und wenn man uns fragt, wie das im Falle der Rechtschreibreform in Schleswig-Holstein der Fall war, dann wird sich frech einfach darüber hinweggesetzt. Schöne Demokratie!

Man bekommt das Gefühl, die Politiker lachen sich ins Fäustchen, wenn sie das Volk mit blauäugigen Versprechungen wieder an die Wahlurnen gelockt haben, um nach dem Feiern großer Wahlsiege wieder die eigenen Interessen zu vertreten. Meine Stimme bekommen die schon lange nicht mehr!

Thorsten Klahn
Großenapse


Kieler Nachrichten v. 18.10.2006


eingetragen von Detlef Lindenthal am 19.10.2006 um 06.34

Wie, so frage ich, will ein gebildeter Deutscher diese

Fruchtstand-Anordnungsart der Haselnuß

benennen? Als kleiner Bub lernte ich von meiner Mutter ehrenvollen Angedenkens die richtige Bezeichnung Kluster.

Dieses schöne Wort findet sich bei Adelung

ebenso wie bei Grimm, Mackensen, Mensing (Kluuster) und Wiktionary.de; nicht hingegen bei Duden, Ickler und Wahrig. Ab Duden _20 gibt es dann den cluster als Reimportware aus dem Inselanglischen.

Neue Wörterbücher braucht das Land.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Sigmar Salzburg am 18.10.2006 um 07.15

Die Wörter der Woche:

Exzellenzcluster

„Cluster“ (engl.: Traube, Haufen) fabrizierten musikalische Avantgardisten, die die Klaviatur mit der Faust oder dem Arsch traktierten und das als „Ars nova“ („Neue Kunst“, urspr. 13. Jhdt.) ausgaben. Im Iraqkrieg kamen allgemein geächtete Clusterbomben hinzu.

„Exzellenz“ ist ein Titel für hohe Beamte, Diplomaten oder katholische Bischöfe.

Da hat sicher die ehemalige ZK-Vorsitzende Schavan ihre Hände im Spiel, die meint, daß vor allem der Haufen Exzellenzen im Süden gefördert werden müsse. Aber warum dieser saudumme Fremdwortschreibmischmasch für ein angeblich intelligentes Vorhaben? Schließlich heißt es im Englischen „excellence“!

Prekariat

Ich kenne Prokaryonten, aber was Prekarianten sein könnten, erschließt sich mir nicht; dpa-Meldung in verschiedenen Zeitungen v. 16.10.06:

In Deutschland hat sich eine neue Unterschicht herausgebildet, zu der bereits acht Prozent der Bevölkerung gehören. Dies hat eine Studie im Auftrag der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung ergeben.
Zur dieser Unterschicht zählen demnach 20 Prozent der Ostdeutschen und vier Prozent der Westdeutschen. Die Wissenschaftler sprechen in der Studie „Gesellschaft im Reformprozess" vom „abgehängten Prekariat", also Menschen, die sich in unsicheren Arbeitsverhältnissen und einer deshalb prekären Lebenslage sowie sozialer Lethargie befinden. Im Rahmen der Grundsatzdebatte will die SPD einer wachsenden Unterschicht den sozialen Aufstieg ermöglichen. Dabei setzt die Partei auf Bildung. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sagte am Wochenende: „Die neue Armut in unserem Land ist nicht nur materielle Armut." Es handele sich auch um Armut an Bildung, an Kultur, …


Es handelt sich also um diejenigen, für deren Teilhabe an Bildung und Kultur man die Verdummung der Rechtschreibung meinte durchführen zu müssen. Offensichtlich ist der Schuß nach hinten losgegangen, denn nun kann eine ganze Nation nicht mehr richtig schreiben, die vermeintlich Begünstigten sind aber in noch größere Bildungsarmut gestürzt worden. Und das, obwohl doch ein riesiger Beamtenapparat zwanzig Jahre lang nur ihr Heil in der Rechtschreibung im Sinn hatte.
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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 03.10.2006 um 04.52

Fest der Einheit mit viel Prominenz

Kiel – Die Landeshauptstadt rüstet sich für ein Fest der Superlative. Die zentralen Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit werden mehr Politprominenz an die Förde locken als je zuvor – und hunderttausende Besucher.


Weil für so ein pralles Programm ein Tag einfach zu kurz ist, beginnt das große Fest rund um die Hörn bereits am Montag, 2. Oktober, um 12 Uhr. Die Politik-Größen, allen voran Bundespräsident Horst Köhler, Bundestagspräsident Norbert Lammert, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesratspräsident/Ministerpräsident Peter Harry Carstensen und Bundesverfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier sowie vier weitere Ministerpräsidenten, treffen dann am Dienstag zum Ökumenischen Gottesdienst in der Nikolaikirche und zum Festakt in der Ostseehalle ein.

Beim Drachenbootrennen wird es am 3. Oktober dann unter drei Länderchefs auch sportlich zugehen: Peter Harry Carstensen gegen Kurt Beck (Rheinland-Pfalz) und Peter Müller (Saarland). Überhaupt kündigt der Präsident des Landessportverbands, Ekkehard Wienholtz, an: "Für zwei Tage ist Kiel Bundeshauptstadt des Sports." Damit verbunden ist viel Prominenz, aber auch viel Gelegenheit zu Bewegung….


Kommentar:

Die Prominenten lassen die Deutsche Einheit feiern. Es finden sich jedoch darunter die Namen von etlichen, die gerade durch ihre Mitwirkung an der Zerstörung der Deutschen Einheit bekannt geworden sind – der Einheit in der deutschen Rechtschreibung.

Diese Leute treffen sich in dem Bundesland, in dem die Bürgerinnen und Bürger durch einen Volksentscheid ihre Ablehnung des traditionsverachtenden Umgangs mit unserer Schriftsprache bekundet haben.

Allein der Bundestagspräsident hat noch ein offenes Wort gefunden und den abgekarteten Kuhhandel vom Anfang des Jahres in Frage gestellt:

Berlin - Die Korrektur der Rechtschreibreform war aus Sicht von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) überfällig. Für ihn sei das Verfahren "ein famoses Beispiel dafür, wie mühsam die Politik gelegentlich Lösungen für Probleme sucht, die sie selbst ohne Not geschaffen hat", sagte Lammert dem 3Sat-Magazin "Kulturzeit". Die Kultusminister hatten am Donnerstag Änderungen an der Rechtschreibreform beschlossen.
Die Uneinigkeit sei besonders für die Schulen eine Zumutung, sagte Lammert. Er glaube nicht, daß mit der Entscheidung der Kultusminister die Debatte über die Rechtschreibung endgültig vom Tisch sei.
(Die Welt 4.3.2006)

Köhler, Merkel, Carstensen, Müller, Beck sind im Kulturschurkenstück „Rechtschreibreform“ schwache bis opportunistische Figuren. Zwei der Gäste verdienen aber eine besondere Aufmerksamkeit:

Der heutige Bundesverfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier war 1998 Vorsitzender des Senats, der unter der Präsidentschaft von Jutta Limbach den Kultusministern den Freibrief zur Einführung „Rechtschreibreform“ ausstellte. Während Papier den unionsregierten Ländern und vor allem seinem Parteifreund Zehetmair die ungehinderte Einführung der „Reform“ ermöglichte, entstammte Limbach als ehemalige SPD-Justizsenatorin dem Berliner Senat, dem sie, wie auch den übrigen SPD-geführten Ländern, Beihilfe leisten konnte.

Amtsrichter Dr. Kopke, der sich schon in seiner Dissertation mit der juristischen Seite der Rechtschreibreform auseinandergesetzt hatte, schreibt in der Neuen Juristischen Wochenzeitung zum Urteil des Verfassungsgerichts:

Nicht nur die dürftige Argumentation, sondern auch die Umstände des Verfahrens zeigen, dass es dem BVerfG nicht um unbefangene Rechtsfindung, sondern darum ging, der KMK beizuspringen; Beim BVerwG war nämlich die Sprungrevision gegen ein die Zulässigkeit der Reform verneinendes (Hauptsache-)Urteil des VG Berlin nicht nur anhängig, sondern bereits kurz vor der Terminierung, Während das BVerfG ansonsten nicht müde wird, unter Hinweis auf seine Überlastung die Rechtsuchenden aufzufordern, zuerst die Fachgerichtsbarkeit zu bemühen, hatte man es hier ganz eilig, dem BVerwG zuvorzukommen. Denn hätte dieses in Fortsetzung seiner bisherigen Schulrechtsprechung das wohlbegründete Urteil des VG Berlin bestätigt, wäre die Reform erledigt gewesen, da die Senatsverwaltung hiergegen nicht vor das BVerfG hatte ziehen können und die Verfassungsbeschwerde dann schon vor einer mündlichen Verhandlung des BVerfG zurückgenommen worden wäre. (NJW 49/2005, Hervorhebung von mir)

Während die Kultusminister und Ministerpräsidenten der Länder nach dem Prinzip der Einstimmigkeit verfahren müssen (ein abtrünniger Kultusminister hätte die „Rechtschreibreform“ zu Fall bringen können), schrieb das Verfassunggericht in das Urteil v. 14.Juli 1998:

Deshalb hat das Ausscheren eines Beteiligten aus dem Kreis derer, die sich zuvor auf gemeinsame Regeln und Schreibweisen verständigt haben, verfassungsrechtlich nicht notwendig die Unzulässigkeit der Neuregelung zur Folge, wenn Kommunikation im gemeinsamen Sprachraum trotzdem weiterhin stattfinden kann.

885511 Schleswig-Holsteiner sollen also nicht das können, was ein einzelner Politiker kann. Dies ermutigte die Regierungen der anderen Länder, deren Bürger die „Reform“ gleichermaßen ablehnen, den Volksentscheid schlicht zu ignorieren.

Als dann 2005 die Ministerpräsidenten wieder über die Rechtschreibung zu befinden hatten, wurde erneut das Prinzip Einstimmigkeit zum Vorwand genommen, um die Unmöglichkeit einer Rücknahme der „Reform“ festzustellen.

Die hinterhältigste Mißachtung des demokratisch festgestellten Willens der Bürger aber wurde vom damaligen Innenminister Ekkehard Wienholtz inszeniert. Weil der Volksentscheid formal nur für die Schulschreibung galt, bereitete er durch Erlaß die Umstellung der Behörden auf die Neuschreibung vor (es gibt eine Expertise des Staats- und Verwaltungsrechtlers Prof. Erwin Quambusch von 2003, die dies für unzulässig erklärt). Dies nahm der Importkandidat der CDU, Volker Rühe, zum Anlaß, seiner Partei den Schwenk zur „Reform“ zu verordnen. „Der aus Hamburg“ habe es so gewollt wird noch heute zur Erklärung des antidemokratischen Verhaltens der CDU von einzelnen Führungsmitgliedern geantwortet.

Und was sind die Folgen der „Reform“ in der KN-Ausgabe v. 30.9.06? Außer den allgegenwärtigen Spalter-ss, den ck-Abtrennungen, den „so genannten“, den „hi-naus“ und „-Jährigen“: „Haben also die Zweifler Recht“, die grammatisch falsche recht-Schreibung; „voran zu bringen“, „voran gebracht“, die falsch verstandene Reform-Trennschreibung, eine „Besorgnis erregende Selbstzensur“ d.h. die versuchte Wortvernichtung; das „lahm gelegte“ öffentliche Leben im Irak, inzwischen wieder „out“; „Dogmas“ als sprachliches Unvermögen von afp; „was auch die halb so Alten können“, verwirrte Großschreibung; „Helden-meiner-Jugend-Wiederverehrungs-Tripp“, die „Tipp“-Folge und als Clou „Fleisch fressende Pflanze in Botanischem Garten fängt sich Maus“ – gesehen nur nach flüchtigem Durchblättern.

– geändert durch Sigmar Salzburg am 05.10.2006, 07.20 –
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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 24.08.2006 um 14.44

Leserbrief:

Chaos ist perfekt
Zur Rechtschreibreform
Das Rechtschreibchaos ist perfekt; selbst der Duden kennt sich nicht mehr aus. Dank der Weitsicht unserer Kultusminister und Kultusministerinnen ist unser Kulturgut Schriftsprache zum Popanz verkommen.
Sigrid Wortmann
Klausdorf/Schw.


[Obwohl in den Kieler Nachrichten ganzseitig über die neueste „Reform“ berichtet wurde, sind anscheinend Meinungsäußerungen von mehr als 25 Wörtern unerwünscht.]

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.08.2006 um 20.38

Er kämpfte um jede Stimme
Landeswahlleiter Dietmar Lutz in Ruhestand verabschiedet

Kiel - Elf Jahre sorgte er dafür, dass bei Wahlen alles mit rechten Dingen zuging und die Stimmen zügig ausgezählt waren. Gestern ging Dietmar Lutz, „Jurist aus Leidenschaft", in den Ruhestand.
… „Ich bin stolz darauf, dass ich keine Panne hatte", sagt der ehemalige Leiter der Abteilung im Innenministerium für Verfassung, Gesetzgebung, Dienst- und Ordnungsrecht sowie das Vermessungswesen. Aber schwierige Situationen, die habe es schon gegeben. Zum Beispiel 1998, als parallel zur Bundestagswahl die Volksabstimmung zur Rech[t]schreibreform stattfand. Denn der Gesetzgeber - in diesem Fall der Landtag - habe durchaus versucht, die Fragen in seinem Sinne zu beeinflussen, um einen Misserfolg abzuwenden. …uwi


(KN v. 1.8.2006)

Offensichtlich war das, was die Bürger während des dreijährigen Kampfes um den Volksentscheid an versuchten und vollzogenen schmutzigen Tricks erkennen konnten, nur die Spitze des Eisberges. Frau Wilke drückt sich kryptisch aus: Mißerfolg – für die regierende reformbesoffene SPD, für die noch reformresistente CDU oder für das Volk?

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 29.07.2006 um 15.11

Ein kleiner Strich kommt groß raus
Nie wieder muss ein Zooorchester Leser verwirren

Frankfurt/Main - Acht Jahre, nachdem die 1996 beschlossene neue Rechtschreibung verbindlich wurde, müssen sich Lehrer und Schüler noch einmal umstellen. Ab 1. August wird an den Schulen ein revidiertes Regelwerk verbindlich. Betroffen ist unter anderem die Getrennt-und Zusammenschreibung. Viele Bereiche wie etwa die Regelungen zum Doppel-S bleiben dagegen unangetastet. Ein Gesamtüberblick:

Doppel-S: Ob ein Wort mit 'ss' oder 'ß' geschrieben wird, hängt von der Aussprache des vorangehenden Vokals ab.
Wird dieser kurz ausgesprochen, wird das Wort mit Doppel-S geschrieben. Das ist zum Beispiel bei 'Kuss', 'Fluss' oder 'bisschen' der Fall. Bei langen Vokalen bleibt es dagegen beim 'ß', also etwa bei 'Gruß', 'Spaß' oder 'Straße'.
Mit Doppel-S wird auch die Konjunktion 'dass' geschrieben, die das vorher geltende 'daß ersetzt. Es bleibt aber bei der seit Jahrzehnten geltenden Unterscheidung zwischen 'das' und 'dass': Danach wird 'das' geschrieben, wenn es sich durch dieses, jenes oder welches ersetzen lässt. Ansonsten heißt es 'dass'. Folgende Beispiele können den Unterschied verdeutlichen: „Er betrachtete das Bild, das (welches) an der Wand hing."
„Ich weiß, dass es heute schon ziemlich spät ist."

Drei gleiche Buchstaben in Wörtern: Wenn bei Zusammensetzungen drei gleiche Buchstaben aufeinandertreffen, wird keiner davon gestrichen. Dadurch entstehen die berühmt gewordene 'Schifffahrt' mit drei 'f’, aber auch der 'Sperrriegel' oder das 'Zooorchester'. Alternativ ist auch die Schreibung mit Bindestrich möglich, also etwa 'Zoo-Orchester'.

Getrennt- und Zusammenschreibung: Die Regelungen in diesem Bereich sorgen noch immer für Verwirrung. Die Reform führte in vielen Fällen die Getrenntschreibung ein: Ist der erste Teil eines Wortes ein Verb, wird in der Regel getrennt geschrieben, also etwa 'spazieren gehen'. Auch Verbindungen mit dem Wort 'sein' wie zum Beispiel 'da sein' oder 'dabei sein' werden getrennt geschrieben. Der Rat für deutsche Rechtschreibung stärkte jetzt allerdings in einzelnen Fällen wieder die Zusammenschreibung. So ist diese bei übertragen gebrauchten Verbindungen von zwei Verben, die als zweiten Bestandteil die Verben 'bleiben' oder lassen' haben, wieder möglich. Dies gilt zum Beispiel für die Formulierung 'in der Schule sitzenbleiben'. Der Duden hält aber auch in diesem Fall die getrennte Schreibweise 'sitzen bleiben' für sinnvoller. Bei der Getrennt- und Zusammenschreibung stehen Schreibende also oft vor der Qual der Wahl. In Zweifelsfällen kann ein Wörterbuch aber zumindest die möglichen Varianten aufzeigen.

Groß- und Kleinschreibung: Die Grundregel, dass Nomen (Haupwörrter) mit einem großen Anfangsbuchstaben geschrieben werden, ist bei der Reform unangetastet geblieben. Die Reform sollte Klarheit in einzelnen Punkten schaffen: So werden beispielsweise Tageszeiten nach den Adverbien wie 'gestern' oder 'heute' großgeschrieben, also etwa 'heute Mittag' und 'gestern Abend'. Nach den ab August geltenden Vorschlägen des Rechtschreibrates werden einzelne Begriffe wie 'pleitegehen' nun wieder klein und zusammen geschrieben. Auch hier hilft der Blick in ein Wörterbuch.

Zeichensetzung: Im Zuge der Reform sollten die Kommaregeln vereinfacht werden. Bei Hauptsätzen, die mit 'und' beziehungsweise 'oder' verbunden sind, kann zur Gliederung des Satzes ein Komma gesetzt werden - dies muss aber nicht sein. Ein Beispiel dafür: „Andreas löst ein Rätsel (,) und Sabine malt ein Bild." Vereinfacht wurden auch die Vorgaben bei Inifinitivgruppen. Es muss aber beispielsweise weiter ein Komma gesetzt werden, wenn die Infinitivgruppe mit 'als', 'anstatt', 'außer', 'ohne' oder 'um' eingeleitet wird. Dies gilt zum Beispiel für den Satz: „Sie öffnete das Fenster, um frische Luft he-
reinzulassen." afp

[Bild: Über Heften brütende Frühkläßler]
Keine Angst vor den korrigierten Regeln - vielfach sind Varianten möglich. Foto ddp

[dpa-Grafik 2734 „Die Reform der Reform“, dunkelgrüne Tafel mit drei Spalten: alte Regel – Reform – neue Regelung zu: eislaufen, sich zu eigen mache, recht haben, Grizzlybär, daß, Schiffahrt, radfahren, überschwenglich, gelbe Karte]

Zeitungen stellen erst zum Jahreswechsel um
Hamburg - Die meisten Zeitungs- und Zeitschriftenverlage wollen die Änderungen der Rechtschreibung umsetzen. Die deutschsprachigen Nachrichtenagenturen - und dementsprechend auch diese Zeitung - werden die Änderungen ebenfalls anwenden und bei Varianten die klassischen Schreibweisen wählen, wie sie vor 1996 galten. Mit der Einführung der neuen Software rechnen die Agenturen frühestens zum Jahreswechsel. dpa

Keine Zusatzkosten für die Schulträger
Kiel- Nach Angaben des Kieler Bildungsministeriums entstehen durch die Rechtschreibreform keine zusätzlichen Kosten - etwa für die Anschaffung neuer Schulbücher. Diese würden turnusmäßig ersetzt, da sich in den meisten Bereichen nichts ändere. So werde das frühere „daß" weiter mit ss geschrieben. Und bei Zusammen- und Getrenntschreibung seien Varianten zulässig. uwi

Belletristik-Autoren behalten das letzte Wort
Hamburg - In der Literatur wird auch künftig der Autor oft das letzte Wort über die Rechtschreibung in seinem Werk haben. Die meisten Verlage in Deutschland wollen zwar die Rechtschreibregeln übernehmen, Wünsche ihrer Belletristik-Autoren nach den alten Schreibweisen aber respektieren. Anders sieht es hingegen bei Sach-, Kinder- und Schulbüchern aus. Die Schulbuchverlage wollen die Schreibreform möglichst schnell umsetzen. dpa


eingetragen von Norbert Lindenthal am 29.07.2006 um 06.32

Wie wärs denn, wenn die KN als Hauptstadtzeitung eines Bundeslandes mit Volksentscheid die propagandistische Liste der dpa um das Datum 27. September 1998 ergänzen würde? Da liegt doch der Schlüssel zum Rechtschreibfrieden. Haben die KN keine wachen Redakteure?
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Norbert Lindenthal


eingetragen von Sigmar Salzburg am 29.07.2006 um 05.30

Die neue Rechtschreibung
Jetzt soll „Sprachfrieden" herrschen
Die Politik dreht die Reformschraube zurück – und verspricht, sich künftig beim Thema Rechtschreibung zurückzuhalten
Berlin - Mitten in den Sommerferien werden für Schulen und Behörden noch einmal neue Rechtschreibregeln verpflichtend. Die ab 1. August geltende „Reform der Reform" soll den lange ersehnten Rechtschreibfrieden wiederherstellen.

Von Tim Braune, dpa

Zehn Jahre lang ging es mit der deutschen Sprache drunter und drüber: Ob groß oder klein, zusammen oder getrennt - die Politik hatte 1996 mit der großen Rechtschreibreform ein Wirrwarr ausgelöst, das Schüler, Lehrer, Dichter und Denker nachhaltig verunsicherte. Jetzt verspricht die Politik, sich künftig aus dem leidigen Thema herauszuhalten.
„Die jetzt gefundenen Regelungen sind eine gute Basis für einen Rechtschreibfrieden. Da sie nicht nur von der Politik, sondern auch von einer breiten Mehrheit der Fachleute unterstützt werden, hoffe ich sehr, dass die Akzeptanz auch außerhalb der Schulen weiter wachsen wird", sagt die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz (KMK) der Länder, Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave (SPD).
Die Ministerpräsidenten der 16 Länder hatten Ende März einstimmig die Korrekturen beschlossen, die vom Rat für deutsche Rechtschreibung empfohlen worden waren. Sie betreffen vor allem Groß- und Kleinschreibung sowie Zusammen- und Getrenntschreibungen. Die Regeln gelten für Schulen und Behörden, der einzelne Bürger muss sich nicht daran halten. „Sie sind vielmehr frei, wie bisher zu schreiben", entschied das Bundesverfassungsgericht.
Der Vorsitzende des Rats für deutsche Rechtschreibung, Hans Zehetmair, sieht gute Chancen für einen weitgehenden „Sprachfrieden". In der Sprachwissenschaft solle die Debatte bewusst weitergehen. „Wir wollen ja die Sprache beobachten und dann sehen wir, ob sich Orthographie oder Orthografie, Spaghetti oder Spagetti durchsetzen und ob man creditcard groß, getrennt oder zusammenschreibt." „Einheitlichkeit per se war auch gar nicht das Ziel", sagt er. Es sei gewollt, dass Zusammensetzungen wie „sitzen bleiben" mal zusammen und mal auseinander geschrieben werden, „und zwar nach Sinninhalt".
Nach Ansicht der Lehrerverbände wird die Reform zum neuen Schuljahr Lehrer und Schüler kaum verunsichern. Das Textverständnis der Schüler leide unter den Änderungen nicht, sagt die stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Marianne Demmer. Welche Varianten sich in der Praxis bewährten, werde sich in den ein- bis zweijährigen Übergangsfristen zeigen.
Der Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, erwartet ebenfalls keine praktischen Probleme. „Die Lehrer sind einfach froh, dass in den Klassenzimmer[n] Ruhe einkehrt." Die Änderungen beträfen nur einen Promille-Bereich des Wortschatzes. „Und die Welt geht nicht unter, wenn der Lehrer einmal nachschlagen muss", sagt der Vertreter der Gymnasiallehrer. Nach dem Ende des Reformchaos könnten sich die Schulen nun darum kümmern, das sich verschlechternde Rechtschreibniveau der Schüler zu verbessern.
In fünf Jahren wird der Rechtschreibrat seinen nächsten Reformbericht vorlegen. Die Lehrerverbände sind optimistisch, dass die Ministerpräsidenten dann der Versuchung widerstehen, noch einmal an der ganz großen Reformschraube zu drehen. „Ich bin mir sicher, die Fehler werden nicht noch einmal gemacht. Es wird nur noch um sehr behutsame Änderungen gehen, die sich am praktischen Sprachgebrauch orientieren", meint Meidinger.

[Grinsebild vom März]

Im März war's endlich geschafft: Hans Zehetmair, Ute Erdsiek-Rave - und die Korrekturen der Korrekturen. Foto dpa

Duden geht eigenen Weg
Der neue Duden, seit zwei Wochen auf dem Markt, ist durchaus umstritten. Das Wörterbuch weicht in Teilen von Empfehlungen des Rechtschreibrates ab. Die „FAZ" führt zudem Beispiele für „Dudens Willkür" auf: So soll zwar „kaputt machen" getrennt, „kaputtsparen" aber zusammengeschrieben werden. Ähnliches gilt für die Getrenntschreibung von „still sitzen" und die Zusammenschreibung von „stillstehen". Unterschiede gibt es auch zwischen dem Duden und dem Wahrig-Wörterbuch: So empfiehlt Wahrig den „Blauen Brief", während der Duden für den „blauen Brief" plädiert. Foto dpa

Etappen eines jahrelangen Streits
1. Juli 1996: Nach mehr als zehnjähriger Beratung von Experten unterzeichnen
Deutschland, Österreich, die Schweiz, Liechtenstein und die Länder mit deutschsprachiger Minderheit eine Erklärung zur Rechtschreibreform.
14. Juli 1998: Das Bundesverfassungsgericht erklärt die Reform für rechtmäßig.
1. August 1998: Die neue Rechtschreibung tritt für alle Schulen und Behörden in Kraft. Die Übergangszeit endet zum 1. August 2005.
1. August 1999: Nahezu alle Zeitungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz benutzen die neuen Regeln.
3. August 2000: Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung appelliert an Verlage, Betriebe und staatliche Stellen, zur alten Rechtschreibung zurückzukehren.
10. September 2000: 64 Prozent der Deutschen lehnen die Rechtschreibreform ab.
29. Juli 2004: Die Mehrzahl der 16 Ministerpräsidenten plädiert dafür, die neuen Regeln zum 1. August 2005 verbindlich einzuführen.
8. April 2005: Der Rat für deutsche Rechtschreibung spricht sich dafür aus, die Reform teilweise wieder rückgängig zu machen.
16. Juli 2005: Bayern und Nordrhein-Westfalen kündigen an, dass sie entgegen dem früheren Ministerpräsiden-ten-Beschluss die verbindliche Einführung der neuen Regeln verschieben.
1. August 2005: In Schulen und Behörden werden die als unstrittig geltenden Teile der Reform endgültig verbindlich.
3. Februar 2006: Der Rat für deutsche Rechtschreibung beschließt Änderungen für die Groß- und Kleinschreibung. Zuvor hatte er bereits Änderungsvorschläge für Getrennt- und Zusammenschreibung, Silbentrennung und Zeichensetzung vorgelegt. dpa


eingetragen von Sigmar Salzburg am 13.06.2006 um 14.34

Zu KN v. 2. Juni 2006 „Landtag erhöhte Diäten“

1999 stimmten die Abgeordneten des Kieler Landtages geschlossen für die Annullierung des Volksentscheids gegen die nichtsnutzige „Rechtschreibreform“. Jetzt stimmten sie fast geschlossen für die Erhöhung ihrer „Diäten“. Es klingt wie Hohn, wenn die Unterdrücker des Volkswillens nun zu eigenen Gunsten auch noch den entrechteten Bürgern mit der Parole „Demokratie gibt es nicht zum Nulltarif“ in die Taschen greifen.




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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 31.03.2006 um 07.23

KN v.31.3.06
Zitat:
Rechtschreibreform: Änderungen gebilligt
Berlin
- Die umstrittene Rechtschreibreform von 1996 wird endgültig geändert. Die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer billigten gestern in Berlin einstimmig eine Fülle von Korrekturen, die vom Rat für deutsche Rechtschreibung vorgeschlagen worden waren. Damit gelten ab Beginn des neuen Schuljahres im Herbst bundesweit wieder einheitliche Regeln. In einer einjährigen Übergangsfrist sollen Abweichungen von den Lehrern zwar als falsch markiert, nicht aber als Fehler gewertet werden. dpa


Eine dürre Meldung, die die meisten Leser nicht werden entschlüsseln können

Deshalb mein Kommentar dazu:

Die „Reform“ besteht bekanntlich aus der neuen ss-Regel mit begleitendem Reformsammelsurium.
Beides ist gescheitert:

Die ss-Regel erhöht die Fehlerzahl um bis zu 22 Prozent (Prof. Harald Marx lt.BILD v.6.9.04), spaltet Deutschlands Jugend von der großen schriftstellerischen Gegenwart und Vergangenheit und erzwingt die Konversion klassischer Texte zu ständigen Kosten. Weil die Regel aber das Symbol der Reform ist, muß sie bleiben – trotz der schweren Schäden, die sie an der deutschen Schreibkultur verursacht.

Am übrigen Reformsammelsurium sind nach Schreibratsvorsitzenden Zehetmair selbst nur die „eklatantesten Unebenheiten“ beseitigt worden. Unglaubliche zehn Jahre lang haben sich die Kultusministerien erfrecht, den Schülern gegen den Volkswillen Grundfalsches einzudressieren, zum Beispiel die aller Grammatik hohnsprechende Substantivierung „wie Leid du mir tust.“ Die „eklatanten“ Unebenheiten hat man jetzt aber belassen, infantile Albernheiten wie „Tollpatsch“ sowieso. Den Gipfel stellt die „Erlaubnis“ dar, das „Du“ in Briefen wieder groß schreiben zu dürfen – als ob der Staat jemals das Recht gehabt hätte, in solche privaten Dinge einzugreifen.

Dazu feiern die dumpfen Zerstörer der deutschen Sprachkultur nun, daß einige Zeitungen wieder wie die zwangsverdummten Schüler schreiben wollen, preisen das als die wiederhergestellte deutsche Einheit im Schreiben – und zeigen damit den lebenden Meistern des deutschen Wortes wie Siegfried Lenz, Günter Grass, Elfriede Jelinek ... nichts als das nackte Gesäß.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 22.03.2006 um 08.19

Initiative für alte Rechtschreibung

Reform habe „völlige Ratlosigkeit geschaffen" -Aufruf an alle Länder

Kiel - In einem gemeinsamen Aufruf fordern 22 Bürgerinitiativen die Wiederzulassung der „klassischen" Rechtschreibung. „Wer sie an den Schulen unterdrückt, vergeht sich an der deutschen Sprache und Kultur", heißt es in dem Aufruf an die Ministerpräsidenten und Kultusminister der Länder. Ein „Rechtschreibfriede" werde erst dann einkehren, wenn die traditionelle Rechtschreibung auch an den Schulen und Hochschulen wieder geachtet und gelehrt werde. Die Reform habe das Gegenteil ihres ursprüngliche Ziels erreicht, meinte der Koordinator der Aktion und Sprecher der Initiative „WIR gegen die Rechtschreibreform in Schleswig-Holstein", Sigmar Salzburg, gestern in Kiel. Statt des leichteren Lernens habe man „völlige Ratlosigkeit" geschaffen. Prof. Hubertus Menke sprach von einem „Reformtorso" und einem „Chaos". Es gebe einen „buntscheckigen Teppich verschiedener Schreibweisen". In einem Brief an alle Landtagsabgeordneten fordert die Initiative außerdem „die ausdrückliche Rücknahme des Gesetzes, mit dem der erfolgreiche Volksentscheid gegen die Rechtschreibreform von 1998 vom Landtag annulliert wurde". chr

Kieler Nachrichten v. 22. März 2006, S.18


eingetragen von Sigmar Salzburg am 15.03.2006 um 09.11

Kieler Nachrichten v.15.3.2006:

Unterschriften für Rechtschreibung
Kiel
- Der Deutsche Elternverein hat eine bundesweite Unterschriftenaktion für die Zulassung der alten Rechtschreibung an den Schulen gestartet. Unter dem Motto „Klassisch schreiben heißt richtig schreiben" will der Elternverein so lange Unterschriften sammeln, bis das Ende des „absurden, unpädagogischen und kinderfeindlichen Massenexperiments Rechtschreibreform" erreicht ist. Der Landes- und Bundesvorsitzende des Elternvereins, Ulrich G. Kliegis, beklagte gestern in Kiel einen „Wildwuchs an Reform-Schreibweisen". Lehrer wüssten schon selbst nicht mehr was richtig ist, und die Schüler würden die Schule mit einem „Trümmerhaufen an Halbwissen" verlassen. Der Elternverein zählt nach Angaben von Kliegis landesweit rund 120, bundesweit rund 12 000 Mitglieder. chr



eingetragen von Sigmar Salzburg am 12.03.2006 um 08.16

So werden die Nachrichten von den willfährigen Agenturen umgebogen:

KN v. 8.3.06
Zitat:
Springer macht die Rechtschreibreform mit
Berlin - Die Korrekturvorschläge des Rechtschreibrates kommen gut an: „Der Spiegel" hat sie schon aufgegriffen, der Springer-Verlag kündigte gestern in Berlin an, seine Blätter bis August auf die reformierte Rechtschreibreform umzustellen. afp


In der unabhängigeren FAZ heißt es:

Zitat:

07. März 2006 Die Axel Springer AG kehrt von der bewährten Rechtschreibung wieder ab, zu der der Verlag 2004 übergegangen war. ... Das Unternehmen äußerte aber zugleich sein Bedauern, daß die Rechtschreibreform alles andere als ein überzeugendes Ergebnis vorzuweisen habe...

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 03.03.2006 um 08.17

Rechtschreibreform korrigiert
Berlin - Die umstrittene Rechtschreibreform von 1996 wird in mehreren Punkten korrigiert. Dies beschlossen die Kultusminister gestern einstimmig. Ab August können damit wieder bundesweit an allen Schulen die gleichen Rechtschreibregeln gelten. Auch Bayern und Nordrhein-Westfalen, die vor einem Jahr zunächst die weitere Umsetzung der Reform zurückgestellt hatten, sind dabei. Während Österreich sich den Korrekturen anschließen will, wird die Schweiz abwarten. Der neue Duden kommt am 22. Juli in den Buchhandel. dpa

[Ab jetzt wieder Nachrichtendürre zur RSR?]
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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.03.2006 um 08.11

Engagement für die alte Rechtschreibung

Kiel - Der deutsche Elternverein bleibt auf Protestkurs. Auch die Korrekturvorschläge des Rates für deutsche Rechtschreibung können die Wogen im Streit um die Rechtschreibreform nicht glätten. Im Einzelnen geht es bei den Korrekturen um Änderungen bei der Groß- und Kleinschreibung, der Zeichensetzung, Getrennt- und Zusammenschreibung sowie der Silbentrennung. Einen Tag bevor die Kultusministerkonferenz über die neuen Vorschläge entscheidet, fordert der Elternverein in einem offenen Brief das Gremium zum Richtungswechsel auf. „Öffnen sie Ihren Geist für die Wirklichkeit", heißt es darin. Diese Wirklichkeit sieht nach Meinung des Vereins so aus, dass die klassische Rechtschreibung noch immer so weit verbreitet ist, dass sie Schülern nicht als falsch angestrichen werden dürfte. Stattdessen sollten die alten Schreibweisen wieder einen Platz im Deutschunterricht finden und neben der neuen Rechtschreibung akzeptiert werden, lautet die Forderung. Als Argument hierfür wird auch der Boykott der neuen Rechtschreibung durch einige Verlage ins Feld geführt. Der offene Brief enthält zudem massive Kritik am „Rechtschreibchaos" und bemängelt, dass es kein verbindliches Wörterverzeichnis mit allen gültigen Änderungen gebe. Dies mache es Lehrern unmöglich, in „strittigen Feldern unstrittige Entscheidungen zu treffen". jp


eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.03.2006 um 04.52

KN-online

dpa/regioline vom 28.02.2006 14:24

Initiative fordert Rückkehr zur alten Rechtschreibung


Kiel (dpa/lno) - Die schleswig-holsteinische Bürgerinitiative "Wir gegen die Rechtschreibreform" hat angesichts der am Montag veröffentlichten Änderungsvorschläge die Rückkehr zu den alten Schreibweisen gefordert. Durch die Absicht der Kultusminister, Anfang März die neuen Schreibweisen für allein gültig zu erklären, werde die bisher gedruckte Literatur ins "Rotstrichmilieu" abgedrängt, teilte die Initiative am Dienstag in Kiel mit. Unterstützt wird die Initiative von Germanisten, Deutschlehrern und Schriftstellern.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.02.2006 um 09.56

S. 1

Rechtschreibrat legt neue Empfehlungen vor

Kultusminister entscheiden über Reform der Rechtschreibreform

Berlin - Nach gut einjähriger Arbeit hat der Rat für deutsche Rechtschreibung seine Empfehlungen zu Änderungen an der umstrittenen Rechtschreibreform der Kultusministerkonferenz (KMK) übergeben. Die amtierende KMK-Vorsitzende, Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave (SPD), erklärte bei der Übergabe, sie hoffe, dass mit den Vorschlägen des Rates die weitere Entwicklung der Rechtschreibung „von einer allgemeinen Zustimmung in der Bevölkerung" getragen werde. Die KMK wird auf einer Sitzung am Ende der Woche darüber entscheiden, ob die Vorschläge des Gremiums zum kommenden Schuljahr verbindlich werden sollen.

Die Empfehlungen seien ein „wichtiger Schritt" hin zu dem Ziel, dass das neue Regelwerk zum Schuljahresbeginn 2006/ 2007 für alle Schüler gelte, erklärte Erdsiek-Rave. Die Rechtschreibreform ist mit Ausnahme von Nordrhein-Westfalen und Bayern bereits seit August vergangenen Jahres in großen Teilen verbindlich. Lediglich für die nach Ansicht der KMK strittigen Regelungen wie die Getrennt- und Zusammenschreibung wurde die Übergangsfrist ausgeweitet. Nordrhein-Westfalen und Bayern kündigten aber bereits an, die Reform auf Grundlage der Vorschläge des Rates verbindlich einführen zu wollen.

Das 36-köpfige Expertengremium legte der KMK Vorschläge für die Bereiche Getrennt- und Zusammenschreibung, Groß- und Kleinschreibung, Zeichensetzung sowie Worttrennung am Zeilenende vor. Der Rat habe sich intensiv bemüht, durch „Glättung erkennbarer Unebenheiten dem Sprachgebrauch" der deutschsprachigen Bürger „möglichst gerecht zu werden", erklärte der Ratsvorsitzende und frühere bayerische Wissenschaftsminister Hans Zehetmair (CSU). Der Rat war als Konsequenz aus der anhaltenden Kritik an der bereits im August 1998 an den Schulen eingeführten Reform eingesetzt worden und hatte seine Arbeit im Dezember 2004 aufgenommen.
Seite 3, Kommentar Seite 2


eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.02.2006 um 09.48

S.2
Kommentare

Zur Reform der Rechtschreibreform Von Gabriele Lorenz

Praktikable Lösung

Vorwärts Kameraden, wir müssen zurück - dieses Motto galt offenbar bei der Reform der Reform, und das war nicht einmal schlecht. Denn in der Tat dürfte man mit der Novelle dem „deutschen Rechtschreibfrieden", den sich nicht nur KMK-Chefin Ute Erdsiek-Rave wünscht, näher gekommen sein. Besonders bei der Getrennt-und Zusammenschreibung sowie der Groß- und Kleinschreibung hatte die Rechtschreibreform ihr Ziel klar verfehlt. Schließlich sollte sie Regelungen logischer und damit besser erlernbar machen. Wenn jetzt mehr Rücksicht auf den allgemeinen Sprachgebrauch genommen wird, stellt das zwar weder die Verfechter einer kompletten Rückkehr zur alten Schreibweise noch die Reform-Puristen zufrieden, verspricht aber eine praktikable Lösung.
Eines kann aber keine Reform der Welt den Sprachbenutzern ersparen: Ohne Lernen und Üben ist keine korrekte Rechtschreibung zu haben. Für die Schulanfänger ist das Neu-Lernen kein Problem, auch ältere Schüler sind mit dem Umlernen, das sich ja in engen Grenzen vollzieht, sicher nicht überfordert. Alle anderen müssen sich aus eigenem Antrieb darum bemühen, bei der Rechtschreibung auf der Höhe der Zeit zu sein. Allzu viel Beliebigkeit sollte nicht erlaubt sein, auch wenn Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Medien und Schriftstellern versprach, es solle niemand unter Druck gesetzt werden. Richtige Rechtschreibung ist ein Empfehlungsschreiben, das man sich selbst ausstellt. Wenn wieder einheitliche Regeln gelten, könnte das klappen.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.02.2006 um 07.54

„Die Seite drei

„Nur moderate Korrekturen"

INTERVIEW

Mit KMK-Präsidentin Ute Erdsiek-Rave sprach Frank Lindscheid

Sind Sie mit dem Ergebnis rundum zufrieden oder sehen wir nur wieder einen Formel-kompromiss?

Das ist insgesamt eine gute Grundlage für einen Rechtschreibfrieden in Deutschland. Es wird nur ein kleiner Teil der neuen Rechtschreibung verändert, es werden also moderate Korrekturen empfohlen. Ich übersehe zwar noch nicht alle Regelungen inhaltlich, aber ich verlasse mich auf die Kompetenz des Rates.

Ist die Zeit der Unsicherheit für die Schüler wirklich vorbei?

Unsicherheit gibt es nur in Bezug auf die Frage, was sich jetzt noch verändert. Ansonsten ist seit einem Jahr verbindlich, was 1998 eingeführt worden ist. Mindestens sechs Jahrgänge von Schülern haben die neue Rechtschreibung problemlos erlernt. Dass Unsicherheit bei den Eltern entstanden ist, die es anders gelernt haben, ist logisch. Aber Änderungen in der Rechtschreibung brauchen immer lange Zeit.

Die neue Schreibweise ist nicht allgemein verbindlich. Droht also das große Kuddelmuddel?

Die KMK kann nur dafür sorgen, dass in den Schulen und in der Verwaltung die neue Rechtschreibung angewendet wird. Bei den Schulbuchverlagen gibt es eine Selbstverpflichtung durch die Mitgliedschaft im Rat. Aber wie sich große Verlagshäuser wie Springer verhalten, muss man abwarten.

Hätten die Kultusminister die heillose Verwirrung nicht vermeiden können?

Immer dann, wenn man eine so grundlegende Veränderung in der Rechtschreibung vornimmt, ist eine gewisse Verwirrung vielleicht nicht zu vermeiden. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und Umstellung erzeugt Widerstand. Aber ein Blick in den Duden hilft weiter: Es wurden auch schon früher neue Schreibweisen eingeführt. Und es gab ein großes Missverständnis. Es ist in der Vergangenheit vielleicht zu sehr der Eindruck entstanden, als wolle die Politik jedem vorschreiben, wie er zu schreiben hat. Wir sind verantwortlich für die Schulen und die amtliche Sprache. Wir hoffen natürlich darauf, dass sich die neue Rechtschreibung durchsetzt.

Kann also nach acht Jahren Streit jeder schreiben, wie er will?

Jeder kann natürlich Briefe oder Tagebücher schreiben, wie er will. Aber wir brauchen eine verständliche und verbindliche Rechtschreibung für das, was in der Schule gelehrt wird.

[Foto: Zwei Grinsende]
Hans Zehetmair, Vorsitzender des Rates für deutsche Rechtschreibung, übergab der Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Ute Erdsiek-Rave gestern die neuen Reformvorschläge. Foto dpa

– geändert durch Sigmar Salzburg am 01.03.2006, 05.31 –


eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.02.2006 um 07.36

„Die Seite drei“

Eltern und Lehrer wollen keine neue Debatte

In Schleswig-Holstein eint die Hoffnung auf einen endgültigen Reformbeschluss

Kiel - Die alte Debatte um das Für und Wider einer Rechtschreibreform wollte gestern niemand noch einmal führen. Eltern und Lehrer in Schleswig-Holstein einte vielmehr die Hoffnung, dass die neuen Empfehlungen die letzten sein mögen. „Es müssen jetzt endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden", sagte etwa die stellvertretende Vorsitzende des Landeselternbeirates für Grund-, Haupt- und Sonderschulen, Annedore Scholz. Grundsätzlich hätten sie und ihre Mitstreiter es zwar lieber gesehen, wenn es damals bei der alten Rechtschreibung geblieben wäre. „Aber jetzt müssen wir nach vorn blicken. Und da wäre es einfach wünschenswert, wenn ein Beschluss gefasst wird, der dann auch Bestand hat."
Ähnlich äußerte sich auch Johann Kleißenberg, Landeselternvertreter für die Realschulen. „Es muss jetzt eine Regelung gefunden werden, die bundeseinheitlich gilt." Es könne nicht sein, dass immer wieder einzelne Bundesländer Sonderwege gehen „und Eltern und Schüler bei einem Umzug nicht wissen, woran sie sind".

Auf eine breite Zustimmung zu den neuen Empfehlungen setzt auch Bernd Schauer von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Eine neue Debatte ergebe keinen Sinn. Allen Unkenrufen zum Trotz sei die neue Rechtschreibung schließlich ohne große Probleme an den Schulen eingeführt worden. „Wir haben ganz andere Sorgen." Dass viele Schüler nicht vernünftig lesen und schreiben können, habe nichts mit der Rechtschreibreform zu tun.

„Bildungspolitisch gibt es wichtigere Themen", pflichtete ihm Claus Mangels vom Verband der Realschullehrer bei. Er begrüßte aber, dass einige Neuerungen der Reform nun wieder zurückgenommen werden. „Das ist sinnvoll, zeigt aber auch, wie unausgegoren das Ganze war." In den letzten Jahren sei der falsche Eindruck entstanden, „dass es fast egal ist, wie man etwas schreibt". std


eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.02.2006 um 07.27

„Die Seite drei“

Alle Zeichen stehen auf Konsens

Der „deutsche Rechtschreibfrieden" ist zum Greifen nah

Berlin - Nach fast zehn Jahren Streit hofft Ute Erdsiek-Rave, amtierende Präsidentin der Kultusministerkon-ferenz (KMK), auf den „deutschen Rechtschreibfrieden". Die Reform-Gegner halten nicht viel vom Kompromiss.

Von Frank Lindscheid

„Es war kein einfacher Ritt", verriet der frühere bayerische Kultusminister und Vorsitzende des Rechtschreib-Rats Hans Zehetmair, bevor er Erdsiek-Rave in der schleswig-holsteinischen Landesvertretung die lange erwarteten Empfehlungen überreichte. Über ein Jahr lang haben die 18 Experten und Verbandsvertreter im Rat für deutsche Rechtschreibung gebrütet, über 50 Mal musste in Streitfällen abgestimmt werden, immer war eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Gestern wurde endlich der Tag der Zuversicht ausgerufen. Am Freitag sollen die Empfehlungen die letzte Hürde nehmen: Dann entscheiden die Kultusminister. Die KMK-Präsidentin geht davon aus, dass kein Länder-Kollege quer schießt. „Konsens ist nicht möglich, wenn man in Extrempositionen verfällt", mahnte CSU-Mann Zehetmair die Gegner der 1996 beschlossenen Reform. „In vielen Fällen wird eine dem Sprachgebrauch näher stehende Schreibung gefunden", resümierte Ludwig M. Eichinger, Direktor des Instituts für Deutschen Sprache.

Nach den Empfehlungen soll wieder mehr zusammengeschrieben werden, bei feststehenden Begriffen folgt der Rat dem Sprachgebrauch und empfiehlt Großschreibung, Komma-Regeln sollen wieder verbindlicher gefasst werden.

Bis zum 1. August 2006 haben Schüler und Lehrer Zeit, sich die neuen Änderungen anzueignen. Danach wird in der Schule zwar nach den Empfehlungen des Rechtschreib-Rates angestrichen, aber es beginnt eine einjährige „Toleranzzeit". In dieser Phase werden auch die jetzt gültigen Schreibweisen nicht als Fehler gewertet - wenn nicht ohnehin Mehrfachschreibungen möglich sind. Im Kieler Bildungsministerium geht man davon aus, dass die Empfehlungen „relativ reibungslos im Unterricht umzusetzen sind". In Schleswig-Holstein lernen Kinder seit gut sechs Jahren die neue Orthografie.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) warnte indessen vor einer „voreiligen Korrektur" der Reform. Es gebe keine wirklich bedeutsamen Verbesserungen, deshalb sei keine nochmalige kostspielige Korrektur der Schul- und Wörterbücher gerechtfertigt, kritisierte GEW-Vize Marianne Demmer.

Verlage und Zeitungen müssen jetzt entscheiden, wie sie es mit der neuen Rechtschreibung
halten. Der „Spiegel" will die Vorschläge übernehmen. Der Springer-Verlag äußerte sich vorsichtig positiv. Die Mehrheit der Tageszeitungen praktiziert bereits „Neuschreib". Erdsiek-Rave geht unterdessen im Alltagsgebrauch von einem „friedlichen Nebeneinander" von alter und neuer Schreibweise aus - zumindest eine ganze Generation lang. „Druck wird nicht ausgeübt."

Die schärfsten Kritiker halten nicht viel vom „Rechtschreibfrieden". So ließ der bayerische „Rechtschreib-Rebell" Friedrich Denk, der zahlreiche Autoren mobilisiert hat, wissen, dass eine „halbwegs brauchbare und stabile Rechtschreibung" nach wie vor nicht in Sicht sei. Der Erlanger Germanist Theodor Ickler hat sich verärgert aus der Kommission verabschiedet. „Es ist unvermeidlich, dass jetzt eine enorme Verwirrung ausbricht, weil dieses Machwerk völlig unausge-goren ist", schimpft der Vertreter des Schriftstellerverbands PEN. Ickler hofft darauf, dass sich in der Praxis eine konservative Schreibweise durchsetzt. Die KMK-Präsidentin appellierte an die Reformgegner einzulenken. Einen Weg zurück gebe es nicht. „Wenn zwei Drittel der Fachleute im Rat zu einem Ergebnis kommen, dann muss man das vielleicht auch akzeptieren."

Ab Montag ist der Katalog im Internet abrufbar: http://www.kmk.org

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Karl-Heinz Isleif am 08.11.2005 um 13.41

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Sigmar Salzburg
Seine Sprache ist ein Geschenk
Siegfried Lenz erhielt den Hermann Ehlers Preis für sein Gesamtwerk

(...)
„Seine Sprache ist ein Geschenk", sagt Ganske in seiner Laudatio, bevor er die Rechtschreibreform als „unselig und stümperhaft" kritisiert und verspricht, dass die Werke von Siegfried Lenz weiterhin in der alten Rechtschreibung verlegt werden: „Alles andere wäre ein Gewaltakt gegen die deutsche Sprache." Die 400 Gäste applaudieren.

(Kieler Nachrichten 4. 11. 2005)


Mensch, von diesen Ganskes bräuchten wir noch ein paar ...

Karl-Heinz Isleif
Tokyo, Japan


eingetragen von Sigmar Salzburg am 08.11.2005 um 13.27

Seine Sprache ist ein Geschenk
Siegfried Lenz erhielt den Hermann Ehlers Preis für sein Gesamtwerk

Kiel - Ein zierlicher Mann mit einem freundlichen, ja gütigen Gesichtsausdruck geht gebeugt durch die Petrus-Kirche. Hat er sich der Last ergeben, der Last der Erkenntnis, dass es vielleicht bald vorbei ist mit dem Kulturgut Buch? Nein, dieser Siegfried Lenz, der nach höchsten literarischen Ehrungen erstmals mit dem Preis einer politischen Stiftung bedacht wird, zeigt auch an diesem Abend, dass er sich nicht wegduckt in Zeiten von Ratlosigkeit und Kulturpessimismus.


Von Heike Stüben

Der sakrale Ort passt, denn der 79-Jährige nutzt die Ehrung für ein Glaubensbekenntnis: Er glaube an die Zukunft der Literatur und die Zukunft des Buches. Dabei ist Lenz ja nicht weltfremd, räsoniert über jene magische Macht der elektronischen Medien, über Passivität und Sprachverlust vor den Bildschirmen. „Doch ich glaube an das Buch, weil es in Zeiten der Not und Ratlosigkeit ein Überlebensmittel sein kann...und weil es uns mehrfach zurückgibt, was wir an Gefühlen und Gedanken während des Lesens investieren. " Und dann zitiert Siegfried Lenz ausgerechnet Kafka, um seine Zuversicht zu belegen: „Literatur kann die Axt sein für das zugefrorene Meer in uns."
29-mal wurde der Hermann Ehlers Preis bereits vergeben, an Staatsmänner, Wissenschaftler, Wirtschaftsführer, Theologen, Mäzene und Generäle. Der 30. Preis trifft nun erstmals einen Künstler. Atmosphäre und Applaus in der Petrus-Kirche zeigen, dass hier nicht nur einem Schriftsteller Anerkennung für sein Werk gezollt wird, sondern viele Gäste dem Menschen Siegfried Lenz danken möchten, der nationale Identität stiftet und Orientierung bietet: weil er selbst Verantwortungsgefühl und Zivilcourage verkörpert.
„Wir Deutsche verdanken Ihnen einen großen literarischen Schatz. Aber Sie haben sich in ihren Werken auch stets mitverantwortlich gefühlt für die politische Kultur in unserem Lande", sagte der Vorsitzendes der Hermann Ehlers Stiftung, Otto Bernhardt. Lenz sei damit eine würdige Erinnerung an Hermann Ehlers, des zweiten Präsidenten des Deutschen Bundestages und Demokraten mit Leib und Seele, der während der NS-Zeit „christliches Widerstehen" gelebt hat.
„Siegfried Lenz ist auch ein homo politicus, der die Stimme erhebt, aber nie im Chor singt", beschreibt ihn Thomas Ganske, der schon als Dreijähriger auf Lenz' Schoß seinen Worten gelauscht hat und heute Chef jenes Hoff mann und Campe Verlags ist, in dem Lenz all seine Werke publiziert. Als Geschichtenerzähler habe Lenz dabei ein besonderes Volksvermögen vermehrt, indem er die deutsche Sprache gepflegt und bereichert habe. „Seine Sprache ist ein Geschenk", sagt Ganske in seiner Laudatio, bevor er die Rechtschreibreform als „unselig und stümperhaft" kritisiert und verspricht, dass die Werke von Siegfried Lenz weiterhin in der alten Rechtschreibung verlegt werden: „Alles andere wäre ein Gewaltakt gegen die deutsche Sprache." Die 400 Gäste applaudieren.

(Kieler Nachrichten 4. 11. 2005)

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 04.11.2005 um 10.27

Die Werbung erkennt den abschreckenden Wert der „Rechtschreibreform“:
Kieler Nachrichten v. 3.11.05, Seite 7, Anzeige in DIN-A4-Größe – das bekannte Bild: zwei Schülerinnen vor einer grünen Wandtafel, darauf in Weißdruck:


Sie sind auch der Meinung, dass sich etwas ändern muss, aber Sie haben keine Lust mehr zu Reformen, zu denen Sie nie gefragt wurden und von denen Sie glauben, dass sie Ihnen nichts bringen? Suchen Sie sich doch einen Bereich aus Ihrem Leben und starten Sie Ihre eigenen Reformen. Fangen Sie gleich damit an, indem Sie mit uns zusammen überprüfen, ob Ihre Geldanlage noch die richtige Balance zwischen Gewinnchancen und Risiken hat. Und wir schlagen Ihnen dann Ihre persönliche Vermögens-Reform vor, beispielsweise mit einem von unabhängigen Instituten ausgezeichneten Anlagekonzept.

[darunter drei Plaketten „Testsieger: Fonds-Vermögensverwaltung HypoVereinsbank …]

Schluss mit halbgaren Reformen!

[handschriftlich mit Tafelkreide:]

alt ................... neu
Tolpatsch ........ Tollpatsch
notleidende ...... Not leidende
Stengel ............ Stängel
.... Ku ............. Kuss

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 30.07.2005 um 10.13

Kieler Nachrichten … Eckernförder Nachrichten v. 30.7.2005

Neue Rechtschreibung: „Endlich eine klare Linie"
Gettorf
- Neues Schuljahr, neue Rechtschreibung: Wenn am Montag, 8. August, wieder der Unterricht beginnt, gibt es nur richtig oder falsch Geschriebenes. Das haben die Kultusminister Anfang Juni entschieden: Ab Montag, 1. August, darf nach einer Übergangszeit von sieben Jahren nur noch nach den neuen Regeln korrigiert werden. Was das für Schüler und Lehrer bedeutet, wollten die KN von drei Pennälerinnen und von Volker Strehlow, dem Rektor der Gettorfer Jarnwith-Schule, wissen.
„Ab jetzt werden Rechtschreibfehler eindeutig gewertet", freut sich Volker Strehlow. Bisher hatten der Deutschlehrer und seine Kollegen dort Vermerke gemacht, wo etwas nach der alten Rechtschreibung richtig, nach den neuen Regeln falsch war: „Aber diese Vermerke sind in der letzten Zeit gegen Null gegangen." Mit Blick auf die Schüler begrüßt er, dass künftig nur noch die neue Schreibweise gilt: „Die haben endlich eine klare Linie - ansonsten ändert sich für sie nichts."
Auch die Lehrer hätten nur anfangs „intensiv umlernen müssen", erinnert sich Strehlow an die erste Zeit nach der Reform: „Die Referendare mussten zeitweise sogar beide Schreibungen parallel beherrschen." Inzwischen aber sei das Korrigieren „kein Problem" mehr, der Wegfall der Vermerke eher eine Erleichterung.
So ganz in Fleisch und Blut sind die neuen Schreibweisen aber auch den Lehrern noch nicht übergegangen, gibt der 56-jährige Rektor zu: „Ich habe bei Korrekturen vorsichtshalber immer einen Duden daneben liegen." Grundsätzlich sieht Strehlow die neue Rechtschreibung positiv -auch wenn es seiner Meinung nach durchaus Fehlschüsse
gibt: „Stängel sieht einfach hässlich aus." Nur die Art der Reform passt dem Pauker überhaupt nicht: „So etwas kann man nicht staatlich verordnen."
Dass ab 1. August staatlich verordnet für jedes Wort in der alten Rechtschreibung ein Fehler angestrichen wird, war weder Jennifer Thiel von der Jarnwith- noch Lena Peppe und Margarita Schuller von der Isarnho-Schule bekannt.
„Das wusste ich nicht", gibt die 15-jährige Jennifer zu, die jetzt in die achte Klasse kommt. Aber die neue Rechtschreibung findet sie ohnehin „doof, mit der alten kam ich besser klar". Aber die Reform hat keine Schuld an ihrer „4" in Deutsch, meint sie: „Ich habe mich nicht angestrengt."
Eine Note besser ist Lena Peppe: „In Diktaten habe ich immer eine 1 bis 2." Daran wird sich künftig nichts ändern, ist sich die 13-Jährige sicher, die ebenfalls in die achte Klasse kommt: „Ich komme mit der neuen Schreibung viel besser klar." - Beispiele kann sie aus dem Stand allerdings keine nennen.
„Die neue Schreibung ist viel strukturierter und logischer", sagt auch die Gymnasiastin Margarita Schuller, 16 Jahre, und hat gleich ein Beispiel parat: „Beim langen Vokal schreibt man ,ß', sonst ,ss'." Die künftige Zehnt-klässlerin findet es richtig, dass „ein Fehler jetzt auch wirklich ein Fehler ist - das ist auch für die Lehrer leichter".

[Bild] Volker Strehlow, Rektor der Gettorfer Jarnwith-Schule und Deutschlehrer, hat bei Korrekturen „vorsichtshalber" immer den Duden parat.

[Bild] Im neuen Schuljahr bekommen Jennifer Thiel, Lena Peppe und Mar-garita Schuller (von links) für ein falsches Wort keinen Vermerk mehr, sondern „richtige" Fehler angestrichen. Fotos Boese

sbo Siehe auch KN, Seite 3

[auf S. 3 der aufbauschende dpa-Bericht „Verwirrung an der Rechtschreibgrenze“]

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 11.05.2005 um 13.44

zu KN v. 10.5.05

Claudia Raabes Bericht über den Vorlesewettbewerb mit der Überschrift: „Auf die Betonung kommt es an" trifft genau das Richtige. Leider wird die richtige Betonung und damit die Sinnerfassung durch die „neue“ Rechtschreibung erschwert. Der Artikel selbst gibt Beispiele dafür: „die heute 13-Jährige“ mit der absurden Substantivierung von „jährig“ suggeriert Betonung auf diesem nie selbständigen Wortteil. Während „feingemacht“ auf der ersten Silbe betont und richtig verstanden wird, gilt jetzt die Trennung mit bevorzugter Betonung am Ende: „Die beiden haben sich fein gemàcht“? Ähnlich verhält es sich mit „dabèisein ist alles“, das gespalten „dabei sèin …oder nìcht sein“ bedeuten könnte. Der Buchtitel „Ein Kuss zuviel“ ist neu falsch, es wird „zu viel“ verlangt. Die neue ss-Schreibung entwertet alle ältere Literatur für Schulzwecke. In „Brass-Band“ markieren die „ss“ zudem eine Vokallänge, gegen die ohnehin schon löcherige Regel. Nach Einstein ist das Weltall vielleicht, die menschliche Dummheit aber ganz sicher unendlich. Das wollen nun auch unsere Politiker bestätigen, indem sie gegen den Volksentscheid von 1998 die Schreibweisen unserer besten Schriftsteller ab 1. August in den Schulen und Ämtern als Rechtschreibfehler verfolgen lassen.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 12.04.2005 um 20.26

Ein Offizier in der Staatskanzlei
Heinz Maurus soll Chef werden - CDU und SPD streiten noch um Schule
Kiel
- Läuft alles wie geplant, geben in der Staatskanzlei künftig die Nordfriesen den Ton an. Wie am Wochenende bekannt wurde, will Peter Harry Carstensen nach seiner Wahl zum Ministerpräsidenten den parlamentarischen Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Heinz Maurus, zum Chef der Staatskanzlei machen.

[…]
Offiziell werden die Personalentscheidungen zwar erst am Ende der schwarz-roten Koalitionsverhandlungen getroffen. Klar ist aber, dass auch die Besetzung der Ministerposten im Laufe der Woche geklärt werden soll. Als Kandidaten der CDU stehen weitgehend fest: Dietrich Austermann (Finanzen), Christian von Boet-ticher (Agrar/Umwelt), Karin Wiedemann (Justiz) und Jost de Jager (Wissenschaft). Die SPD setzt auf Ralf Stegner (Innen), Ute Erdsiek-Rave (Schule), Gitta Trauernicht (Soziales) und Uwe Döring (Wirtschaft). Durcheinander gebracht werden könnte das Personalpaket aber, wenn sich CDU-Fraktionsvize Klaus Schlie als Innenminister durchsetzen sollte. Da in diesem Fall die CDU Stegner als Finanzminister akzeptieren müsste, gilt dieser Fall aber als unwahrscheinlich.
[…] (Kieler Nachrichten v. 11.4.2005)

Das Kultusministerium wird anscheinend geteilt. Es bleibt wohl bei der Alten, Erdsiek-Rave (SPD), die hühnerhaft im Reformmist kratzt, und dem Neuen, Jost de Jager (CDU), der Mitte des letzten Jahres in einer CDU-Presseerklärung Christian Wulff angeschossen hat wegen seiner Alleingänge in Sachen Rechtschreibung: Pressemitteilung Nr. 381/04 vom 14. Juli 2004: Martin Kayenburg, Jost de Jager und Sylvia Eisenberg: CDU-Landtagsfraktion spricht sich gegen die Rücknahme der Rechtschreibreform aus – die Koalition der Stehler und Hehler vom 17.September 1999.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 11.04.2005 um 15.02

ANSICHTSSACHE
Was Sinn macht
Von Jan Ullrich
„Was macht Sinn?", fragt eine philosophische Fachzeitschrift, die ich vor einiger Zeit erstanden habe, und sie antwortet: „Man kann alles und jedem einen Sinn geben, genauso gut kann man es auch lassen." Ich will nicht ungerecht erscheinen, aber irgendwie hatte ich mir vom Sinn etwas mehr versprochen. Da hilft es auch nicht, wenn wenig später geschrieben steht:„Sinn ist erst dann sinnvoll, wenn er in Verbindung mit etwas auftritt, also irgendetwas einen Sinn gibt." Das letzte Mal, dass ich an einen vernünftigen Zusammenhang als Sinnstifter geglaubt habe, war das vor der Rechtschreibreform. Seitdem bin ich, was Rechtschreibung betrifft, Agnostiker: Ich kann mir zwar vorstellen, dass die neue Rechtschreibung Sinn macht, mir fehlen aber die Möglichkeiten, ihn auch zu erfassen…


Kieler Nachrichten v. 9.4.2005
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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 16.02.2005 um 12.21

Zu KN v. 29.01.2005
Schüler diskutieren mit Spitzenkandidaten (S.3)
und
Politiker diskutierten vor allem über Bildung und Schule [in Molfsee] (S.22)
ZU KN v. 11.2.05
Das ewige Ringen um die beste Schule
Streitgespräch zwischen Ute Erdsiek-Rave und Jost de Jager


Die SPD hat einen ihrer alten Ladenhüter, die Einheitsschule, zum Wahlkampfthema gemacht und die CDU nimmt dankbar den Kampf dagegen auf – irreale Scheingefechte [von verschworenen Spießgesellen], um die Bürger vom eigentlichen Bildungsskandal abzulenken: Schüler, die nach dem 1. August so schreiben wie Siegfried Lenz oder Günter Grass, werden mit schlechteren Zensuren oder mit Sitzenbleiben bestraft. Diese Folge des Reformkomplotts von 1999 – gegen den Willen der Bürger – wird nun in trauter Einigkeit totgeschwiegen.

Ein Leserbrief, der auch in seiner entschärften Version wohl kaum abgedruckt werden wird, schon gar nicht vor der Wahl am 20.2.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 04.12.2004 um 00.26

Geschrieben: Dez. 03 2004,14:01

Zu KN v. 3.12.04
Rubrik Leserbriefe

Sehr geehrte Damen und Herren von der Redaktion,

gerade sehe ich, daß der bisherige Passus, nach der eine Veröffentlichung der Leserbriefe auch in alter Rechtschreibung zugesichert wird, entfallen ist. Wenn das auch in Ihrem Hause nachlässig gehandhabt wurde – ein Brief von mir war halb alt und halb neu zu lesen – so ist das doch das falsche Signal an die Öffentlichkeit.

Nach sechs Jahren ist zweifelsfrei erwiesen, daß die „Reform" genau das Gegenteil ihres Zieles, das Schreiben zu erleichtern, erreicht hat, nämlich eine Vermehrung der orthographischen Fehler und Absurditäten. Dazu ist die Einheit des Schreibens zerstört worden, und die heranwachsende Generation kann nur noch mit Befremden die "seltsamen ß" unserer großen Schriftsteller von Goethe bis Grass lesen. Die Kultusminister der Länder führen jetzt Eiertänze auf, um die bösen Folgen kleinzureden und ihre totales Versagen zu vertuschen.

Deshalb hat der Axel-Springer-Verlag das einzig Richtige in dieser Lage getan und ist zur traditionellen Rechtschreibung zurückgekehrt. Anstatt dem zu folgen, was auch laut Volksentscheid die Kunden wünschten, verschärfen jetzt die Kieler Nachrichten ihren Kurs der Zwangsmissionierung.

Dabei ist unklarer denn je, wie die „zulässige" Schreibung heutzutage auszusehen hat. Längst ist im Duden wieder „sogenannt" anerkannt, während die Kieler Nachrichten immer noch die alberne Schluckauf-Schreibung "so genannt" verwenden. Dagegen wird der laufende Fortsetzungsroman in der alten Rechtschreibung veröffentlicht, wenn auch mit den saudummen neuen Silbentrennungen. Wenn der Kunde bezahlt, darf er in den Kleinanzeigen der KN sogar „Eßtische" verkaufen. Aber ein normaler Leser, der Briefe schreibt, und nur einen knappen Euro bezahlt hat, gehört eben zum schäbigen Fußvolk, auf dessen Wünsche man nicht einzugehen braucht.

Wenn die alte Rechtschreibung in den Leserbriefen weiterhin ausgeschlossen bleibt, werde ich dafür Werbung machen, daß in Schleswig-Holstein mehr WELT, BILD und FAZ gelesen wird. Ich hoffe aber, daß Sie doch noch ein Einsehen haben.


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Sigmar Salzburg


eingetragen von Christoph Kukulies am 22.10.2004 um 08.52

Gestern erzählte mir meine Frau von einer dieser laufenden Fernsehserien, Marienhof. Dort habe ein verzweifelter Lehrer den Ausspruch "die neue Rechtschreibung bringt mich noch um" von sich gegeben. Problemlose Umsetzung an den Schulen?
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Christoph Kukulies


eingetragen von Sigmar Salzburg am 21.10.2004 um 07.24

Briefe an die Redaktion

Nach Diktatorenart

Zur Rechtschreibreform, Kommentar von Frank Lindscheid: Keine Zeit für internen Zwist

Frank Lindscheid hält es für Irrsinn, was zwei Drittel der Deutschen wünschen, was fast alle besseren Schriftsteller, darunter zwei Literaturnobelpreisträger, fordern und was die wichtigsten Zeitungen schon vollzogen haben: die Rückkehr zur traditionellen Schreibweise. Ist es nicht vielmehr so, dass die Durchsetzung der „Rechtschreibreform“ Irrsinn war? Nach Diktatorenart haben die Ministerpräsidenten jetzt ihre Verbindlichkeit verfügt, obwohl noch niemand weiß, wie die korrigierte Version aussehen wird. Auch das ist Irrsinn!

Sigmar Salzburg
Hans-Olde-Weg 22
24229 Dänischenhagen

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Norbert Lindenthal am 06.10.2004 um 18.12



6.10.2004, 14.51 Uhr

Eine Chance

Kommentar von Christiane Sengebusch zur Kultusministerkonferenz

Der Rebell gegen die Rechtschreibreform, Christian Wulff, hat für Niedersachsen den Vertrag über die Kultusministerkonferenz (KMK) gekündigt.

Mag sein, dass dabei verletzte Eitelkeit eine Rolle spielte, weil er sich in Sachen Rücknahme der Rechtschreibreform nicht durchgesetzt hat. In erster Linie ist die Kündigung aber als Druckmittel zu werten. Im Gegensatz zur FDP, die die KMK völlig abschaffen möchte, will Wulff der schleppenden Reform des Gremiums Tempo machen.

Bildung gilt als Kernstück des Föderalismus. Dennoch ist die Kultusministerkonferenz unentbehrlich, um ein Mindestmaß an Gemeinsamkeit und Vergleichbarkeit im deutschen Bildungswesen zu gewährleisten. Gerade in Zeiten größerer Flexibilität der Menschen gewinnt dies immer mehr an Bedeutung. Doch das Gremium selbst ist unflexibel, hat sich seit seiner Gründung 1948 zu einem schwerfälligen Ungetüm entwickelt. Obwohl sich alle Parteien seit mehr als 30 Jahren in fast jedem Wahlkampf das Thema „Bildung“ auf die Fahnen geschrieben haben, hat sich kaum etwas bewegt. Ideen und Innovationen scheiterten nicht nur an den immer schmäleren Budgets von Ländern und Kommunen, sondern allzu oft auch an der Schwerfälligkeit des Gremiums. Zum Beispiel daran, dass alle Beschlüsse einstimmig gefasst werden müssen.

Wulff ist nicht nur mit Kritik von der SPD, sondern auch aus den eigenen CDU-Reihen überhäuft worden. Dennoch sollten die Länder jetzt die Chance ergreifen, bis zum Auslaufen des Vertrages Ende 2005 eine Reform in Gang zu setzen, die diesen Namen verdient und die dazu beiträgt, das angeknackste Bildungswesen wieder flott zu machen.

Dithmarscher Landeszeitung

Christiane Sengebusch

nordClick/dlz vom 06.10.2004 14:51


eingetragen von Sigmar Salzburg am 26.08.2004 um 09.56

Die monatlich (KN-unabhängige) 20seitige Beilage zu den Kieler Nachrichten, „Ostsee-Park-Journal“, erschien nach dem Rückzug seines Herausgebers Helmut Ohl in der letzten (und vorletzten?) Ausgabe in (fehlerhafter) neuer Rechtschreibung. Am 29.7. schickte ich folgende Email:

Sehr geehrte Damen und Herren,

es ist wirklich bedauerlich, daß Sie Ihr Ostsee-Park-Journal auf "Dass-Deutsch" umgestellt haben, wo doch noch vor einigen Ausgaben Herr Ohl ausführlich begründet hat, warum die solide, traditionelle Schreibweise beibehalten werden soll – und wo jetzt allenthalben die "Rechtschreibreform" wieder diskutiert wird mit dem Ziel der Rücknahme. Ich werde in Ihr Blatt nur noch sporadisch und ungerne hineinsehen.

Mit freundlichem Gruß


Heute ist das Journal wieder in einwandfreier herkömmlicher Rechtschreibung beigelegt.

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 26.08.2004 um 09.13

Kieler Nachrichten v. 25.8.04
in der Rubrik „Weltspiegel"

Hundekot ärgerlicher als Rechtschreibreform
Wien
- Hohe Öl- und Spritpreise sowie Hundekot auf den Straßen ärgern die Österreicher weit mehr als die Rechtschreibreform. Das geht aus einer Umfrage hervor. Vier von fünf Befragten zeigten sich über das teure Benzin verärgert, drei von vier ärgerten sich über die herumliegenden Hundehaufen. Nicht einmal jeder Zweite nannte die Rechtschreibreform als Ärgernis.


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Sigmar Salzburg


eingetragen von Norbert Lindenthal am 10.08.2004 um 07.32

10.8.2004

Rechtschreibreform - die KN fragten bei Kieler Lehrern nach

Trotz Mängel im Detail ließen sich die von den KN befragten Lehrer nicht zu einem "mangelhaft" oder gar "ungenügend" bei derBenotung der Rechtschreibreform hinreißen. Wenn schon eine Reform der Reform, so der Umfrage-Tenor, dann mit Augenmaß – und keine Rückkehr zur alten Schreibweise.

Hildegard Doerr (Lateinlehrerin am Gymnasium im BZM): "Ich bin für die Beibehaltung der neuen Rechtschreibung. Wir haben uns daran gewöhnt, und es gibt kaum noch Probleme bei der Umsetzung. Höchstens bei älteren Menschen, die sich verständlicherweise auch nicht mehr umstellen mögen. Nur ein paar Unklarheiten sollten beseitigt werden. Ich war vor einigen Jahren in der Grundschule tätig. Dort wurde alles schon vor dem offiziellen Beginn der Rechtschreibreform umgestellt. Das war für uns Lehrer und für die Schüler kein Problem. Vor allem die Vereinfachungen in der Kommasetzung und die Regelungen bei der "S"-Schreibung wurden gerne angenommen."

Thomas Hinz (Deutschlehrer am Gymnasium im BZM): "Ich habe gute Erfahrungen mit der Neuen Rechtschreibung gemacht. Zum Beispiel kann ich die S-Schreibweisen besser vermitteln, da sie nun regelhafter sind. Aber die Rechtschreibreform hat auch Schwachstellen. Doch die Haltung der Politiker und die Diskussionen, die nun über eine erneute Reform in Gange sind, finde ich idiotisch. Meine Schüler sind lernwillig und veränderungsbereit. Sie hinterfragen die Dinge kritisch. Sollte es wieder eine Änderung geben, werden sie auch damit umgehen können. Doch wird es nicht nur für die Schüler, sondern auch für Verlage eine unbequeme Zeit werden, wenn durchgesetzt wird, dass jahrelange Arbeit wieder zunichte gemacht werden soll."

Silke Hübner-Schälke (Deutschlehrerin am Gymnasium m BZM): "Meine Töchter Hannah (11), Lisa (9) Jahre und Paula (7) haben die Neue Rechtschreibung von Anfang an gelernt und schnell angenommen. Sie lesen viel, ihre Jugend- und Kinderbücher sind in der neuen Rechtschreibung geschrieben. Allerdings hole ich selber beim Redigieren der Aufsätze öfter meinen Duden aus dem Regal. Es wäre wirklich skurril, wenn die Reform rückgängig gemacht werden würde."

Angelika Lodemann-Paterna (Fachleiterin Deutsch an der Klaus-Groth-Realschule): "Ich plädiere für eine erneute Überarbeitung der Rechtschreibreform durch politisch unabhängige Fachleute. Denn vor allem die Zusammen- und Getrenntschreibung sowie die Zeichensetzung ist den Schülern nicht schlüssig vermittelbar. Deshalb ist hier der Willkür Tür und Tor geöffnet. Eine komplette Rückkehr zur alten Schreibweise wäre aber nicht der richtige Weg. Denn es gibt auch positive Elemente in der Rechtschreibreform wie die Verwendung von Doppel-"S" und "ß", auch die Groß- und Kleinschreibung ist in weiten Teilen in Ordnung."

Dagomar Heinz, Deutschlehrer am Max-Planck-Gymnasium: "Die Rechtschreibreform ist ein Prozess, der noch Jahre oder vielleicht sogar Jahrzehnte dauern wird. Meine Erfahrungen sind unter dem Strich bis jetzt eher positiv, viele Standardfehler der Schüler bei der Rechtschreibung sind zurückgegangen. Es gibt mehr Freiheiten bei der Fremdwortschreibung und Zeichensetzung, diese Freiheiten gilt es nun weiter zu entwickeln. buck/küp/bog

nordClick/Kieler Nachrichten vom 10.08.2004 01:00
In den letzten 7 Tagen schon 152 mal gelesen - zuletzt am 10.08.2004 um 09:21.


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