Sprachkatastrophen
Dialekt-Desaster Lena Meyer-Landrut
Unsere Westerwelle für Oslo
[Der Kulturjournalist Mark Espiner lebt in Berlin und London, schreibt unter anderem für den "Guardian":]
Lenamania breitet sich aus. Unser Star für Oslo brachte das Virus in die Wohnzimmer Deutschlands. Und nun droht es auch noch den Rest Europas zu infizieren: Beim Eurovision Song Contest, dem kitschigsten und tuntigsten aller Wettbewerbe, …
Lenas Englisch klingt wirklich, wirklich seltsam. Ihre Versuche, die von ihren Helden Adele und Amy Winehouse geliebte Straßensprache Londons zu übernehmen (die selbst wiederum ein Hybrid aus US-Slang, jamaikanischer Gangstersprache und dem Dialekt des East End ist), enden damit, dass sie sich anhört wie ein schwedischer Sprachtherapeut, der Ali G. imitiert….
Lenas Akzent ist kein Mockney, also vorgetäuschter Londoner Arbeiterklassen-Cockney, den man zum Beispiel dem Blur-Sänger Damon Albarn vorgeworfen hat. Noch ist es das voll ausgeprägte Jafakean, das künstliche Jamaikanisch, das man oft als den bevorzugten Slang jener Schüler, die gern so klingen wollen, als kämen sie von der Straße, auf den Oberdecks der Londoner Busse hört.
Lena bedient sich in ihrem Sprachmix bei beidem und fügt einen Schuss seltsamer Euromischung hinzu, vermutlich etwas von ihrem Hannoverdeutsch, und etwas, das sich anhört wie Skandinavisch. ….
Sie erklärt ganz offenherzig in I Like To Bang My Head, dass sie es liebt, ihren Kopf anzuschlagen. … in Caterpillar In The Rain beobachtet [sie], wie es sich so als Raupe im Regen anfühlt, obwohl in ihrem Fall ein caterpillar aus irgendwelchen Gründen ein Kite-air-pillar ist ich hatte Glück, dass ich die Texte zur Hand hatte, um vom Lenaglish ins Englische zu übersetzen.
Höchste Zeit also, um einmal über die Folgen der Lenamania nachzudenken: Tausende, vielleicht Millionen von deutschen Schulkindern werden von nun an ihre Englischstunden bei Lena nehmen für die englischsprachige Welt werden sie so ebenso unverständlich wie Guido Westerwelle.
Oh Germany, what have you done?
spiegel.de 18.5.2010
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