Der taz-Titel vernebelt absichtsvoll den vernünftigen Inhalt
HENRYK M. BRODER INTERVIEWT THILO SARRAZIN
Es war ein langer und lauter Furz
Was ist so schlimm daran, wenn sich Deutschland selbst abschafft? Und was antwortet Thilo Sarrazin seinen Kritikern? Henryk M. Broder hat für die taz nachgefragt. …
Frau Käßmann hat sinngemäß gesagt …
... beim Lesen wieder mal ein bisschen zu tief ins Glas geschaut. Wenn die Buchstaben dann auseinander laufen, dann kann schon mal was missverstehen. …
Es ist ja nicht in dem Sinne ein originelles Buch, dass ich mir völlig neue Sachen ausgedacht hätte.
In Köln würde man dazu sagen: Aus einem Furz ein Fackelzug gemacht.
Für einen Furz ist das Buch doch ein bisschen zu dick. … Was ist der Qualität des Autors Sarrazin geschuldet, ... Das muss ich auseinander halten. …
Könnte es bei Ihnen auch so sein, dass viele Faktoren zusammen kamen, mit denen sie nicht gerechnet hatten?
… Irgendwann in einer Spätphase meinte der Verlag, ich sollte doch überall das Wort Rasse durch Ethnie ersetzen. Das habe ich dann auch gemacht. Das war mir völlig egal. Ich habe mich nur bei den Zitaten von Charles Darwin geweigert. …
Im Prinzip spricht nichts dagegen, dass sich ein Land abschafft. Holland hat sich abgeschafft, Belgien hat es nie gegeben. England ist im Begriff sich abzuschaffen.
... Schauen Sie, ganz Afrika hatte 1950 210 Millionen Einwohner gehabt, Deutschland damals 68 Millionen. Afrika war also drei Mal so bevölkerungsstark wie Deutschland. Heute hat Afrika eine Milliarde Einwohner, und in 40 Jahren wird es zwei Milliarden Einwohner haben.
… Und deshalb müssen wir das Prinzip aufrecht erhalten, dass jedes Land, jede Region für seine bzw. ihre eigene Bevölkerung selber sorgt. … Die Japaner halten strikt an der Politik fest, dass sie keine Einwanderer haben wollen...
Die Türken sind da auch relativ konsequent. Es gibt in der ganzen Türkei etwa 100.000 Ausländer...
Ja, die Hauptverwaltung der Bank hat an ihrem Frankfurter Standort anderthalbtausend oder zweitausend Mitarbeiter. Und ich habe in meinen letzten 14 Tagen im Amt mindestens 300 Bücher signiert.
Bei Lyrikbänden wäre das schon eine große Auflage.
Da ich in der Chefetage bei Herrn Weber persona non grata war, war es immer interessant, wie die Mitarbeiter ihre Bücher anschleppten. Nämlich in Tüten verborgen oder in Aktendeckeln versteckt... Ein Zentralbereichsleiter unter Herrn Weber hat sich nicht entblödet, in seiner Abteilung Nachforschungen anzustellen, wer bei mir ein Buch habe signieren lassen.
...
Wo kommen wir her, wo gehen wir hin? Absolut offene Fragen, da weiß ich nicht mehr als meine Katze.
Es gibt im Prinzip zwei Möglichkeiten: Genesis oder Urknall. Und die Geschichte der Genesis ist einfach schöner, finde ich.
Wir Menschen können ja nur in unseren Kategorien denken. Also denken wir in Zeit und Raum und können uns eine Welt jenseits von Raum und Zeit nicht vorstellen. Weshalb ich mit der Aussage, dass der Kosmos endlich, aber unbegrenzt sei, ein Problem habe. Ich habe mir das immer so vorgestellt: Wenn eine Raupe auf einer Kugel kriecht, dann wissen wir, dass sie es in einem Raum tut, der endlich, aber unbegrenzt ist. Die Raupe kann das aber nicht verstehen, weil sie nicht merkt, dass es sich um eine Kugel handelt.
...
Sie und ich müssen von unserem Grenzeinkommen also durchschnittlich 44 Prozent abgeben. Ich vermute mal, dass das bei Ihnen auch so ist.
Ich finde es zuviel.
Ja, ich finde es auch zuviel.
taz 7.12.2010
NB: Als kleiner Junge fand ich eines Tages im Garten einen Kohlkopf, der dicht an dicht mit gräulich-grünen Kohlraupen bedeckt war. Das Bild steht mir immer vor Augen, wenn ich von der Bevölkerungsentwicklung auf unserem Globus höre…
Witzigerweise lese ich jetzt morgens meist über die Geometrie der Allgemeinen Relativitätstheorie (bis mich der bescheuerte Reformunfug wieder ablenkt). Dabei bemerkte ich an einem winzigen mit Bleistift berichtigten Tensor-Index, daß ich das Buch bereits vor Jahrzehnten durchgearbeitet hatte. Damals entstand meine Idee eines Blasen-Multi-Universums, das den Riemannschen Kugelkosmos in einen größeren Zusammenhang stellt.
|