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MDR Mitteldeutscher Rundfunk
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Sigmar Salzburg
08.08.2017 21.44
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Nerius' DDR-Stolz auf die „Reform“

MDR
Die neue deutsche Rechtschreibung – eine Erfindung der DDR

Die große Rechtschreibreform von 1996 ist gewissermaßen eine DDR-Erfindung. Denn im Osten war man in Sachen Orthografie-Anpassung stets deutlich weiter gewesen als im Westen. Das musste 1979 sogar der „SPIEGEL“ zugeben.

Wäre es nach den rechtschreibpäpsten der ddr gegangen, würden unsere zeitungen, schulaufätze, briefe und e-mails und selbstverständlich auch diese webseite heute alle so aussehen. Generationen von schülern hätten es der forschungsgruppe orthografie an der akademie der wissenschaften vermutlich gedankt, hätte sie sich mit ihrer „gemäßigten kleinschreibung“ auch im westen durchgesetzt. Hat sie aber nicht.

„Im Osten war man immer deutlich weiter“

Und so schreiben wir als die letzten Europäer nach wie vor alle Substantive groß. Vielleicht wäre diese Reform auf breitere Zustimmung gestoßen, als die Rechtschreibreformen, die sich durchgesetzt haben. Aber immerhin, die große von 1996, die ist quasi auch eine DDR-Erfindung. Denn im Osten der Republik war man in Sachen Orthografie-Anpassung schon immer deutlich weiter als im Westen. Das gab 1979 sogar der Spiegel zu.

Im Interview mit dem MDR erinnert sich auch der damalige Leiter der DDR-Orthografie-Kommission Dieter Nerius: „Dass die Orthografie überhaupt wieder auf eine wissenschaftliche Ebene gehoben wurde, das ist unser Verdienst. Vorher gab es Reform-Diskussion eigentlich nur unter Lehrern.“ Schon in den 70er Jahren hat sich Nerius mit seinem Team an der Akademie der Wissenschaften hingesetzt und Vorschläge ausgearbeitet, die dann zum Großteil in die große Reform 1996 eingeflossen sind. Welche Regeln, nach denen wir heute schreiben, nun genau aus dem Osten stammten, das könne man heute nicht mehr so genau sagen. Schließlich sei das am Ende ein Gemeinschaftswerk der vier deutschsprachigen Länder DDR, BRD, Österreich und Schweiz gewesen, sagt Nerius.

„Republikflucht“ gab es nicht, musste man also nicht schreiben können

Dass man eine eigene, vom Rest des deutschen Sprachraums abweichende Rechtschreibung ernsthaft in Betracht gezogen hätte, solche Bestrebungen gab es aber nie. Es gab zwar zwei deutsche Duden, denn der ostdeutsche Duden-Verlag, das Bibliographische Institut Leipzig, wurde 1946 verstaatlicht und musste dann der Parteilinie folgen. Die schlug sich aber nicht in der Rechtschreibung nieder, sondern im Wortschatz. 400 Wörter weniger umfasste der Ost-Duden im Vergleich zu seinem westdeutschen Pendant, fand der Germanist Werner M. Hellmann heraus. Das Wort „Weltreise“ suchte der Ossi wohl aus naheliegenden Gründen vergeblich – ebenso wie die staatlicherseits verhasste Vokabel „Republikflucht“. Allerdings mussten die Ossis auch raten, wie man „Armenhaus“ oder „Armenrecht“ schrieb. Diese Worte brauchte man in der 16. Auflage von 1967 nicht, schließlich seien „bei uns Wort und Sache längst überwunden“, verkündete der Hallenser Germanist Willi Steinberg. In der 20. Auflage war dann das Armenhaus zurückgekehrt. Aber das war dann auch schon 1991.

Im Osten wurde kreativer definiert

Große Unterschiede zwischen Ost- und West-Duden gab es auch in der Definition von Wörtern. Während „Kosmopolitismus“ im West-Duden schon immer schlicht und einfach mit „Weltbürgertum“ umschrieben wurde, machten sich die Sprachpäpste im Osten weitreichende Gedanken, wie dieser Begriff zu definieren sei. Ergebnis 1951: „Als Weltbürgertum getarnte Ideologie der… Versklavung der Nationen zugunsten des Machtanspruchs des anglo-amerikanischen Imperialismus.“ Ergebnis 1967: „Weltbürgertum, unwissenschaftliche Ideologie der imperialistischen Bourgeoisie.“

Einen Unterschied in der Orthografie gab es dann aber doch. West-Berlin wurde je nach Republikteil mit oder ohne Bindestrich geschrieben. Denn auch das folgte der Parteilinie. Es gab schließlich kein geteiltes Berlin, sondern nur eine DDR-Hauptstadt und eben eine andere Stadt, „Westberlin“.

Über dieses Thema berichtete der MDR im TV auch in „MDR um 4“ 12.04.2016 | 16.00 Uhr

Zuletzt aktualisiert: 07. August 2017, 11:01

mdr.de 7.8.2017

Auch in der DDR war Vordenker der „Reform“ der NS-Erziehungsminister Bernhard Rust! Siehe auch Spiegel 25.7.2005.– Am 6.10.1999 konnte ich in Schwerin noch den DDR-Prof. Nerius erleben. Dazu hat auch Th. Ickler eineinhalb Jahre später etwas gesagt.

P.S. Nerius schreibt, soweit ich gesehen habe, aber immer unbanausisch „Orthographie“.

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Sigmar Salzburg
14.01.2007 11.25
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Unabhängiges Denken beim MDR

Glosse zur Rechtschreibreform | FIGARO

Duden – Das nächste Unwort des Jahres?

von Burkhard Müller-Ulrich

Mit ungefähr derselben Regelmäßigkeit wie die Harry-Potter-Romane erscheint alle zwei Jahre ein neuer Duden. Auch sonst sind sich die beiden Werke ziemlich ähnlich: sie wiegen jeweils mehr als ein Kilo und sind mindestens drei Daumen dick. Um weiteren Verwechslungsgefahren vorzubeugen, heißt der Duden deshalb Duden und nicht Potter und hat einen leuchtend gelben Umschlag. Überhaupt ist Farbe bei der deutschen Rechtschreibung von ganz besonderer Bedeutung. „Nachdem 1996 mit der neuen Rechtschreibung schon die Farbe Rot in den Duden Einzug gehalten hat“, so heißt es im Vorwort zur neuesten Ausgabe, „helfen nun auch die Farben Gelb (für die Dudenempfehlungen) und Blau (für die Infokästen und die Regelverweise) allen Nachschlagenden, sich schnell zu orientieren und die gesuchte Information zügig zu finden.“

Da wir aber im Alltag mit 256 Farben arbeiten und im Notfall sogar auf Millionen Farben hoch schalten können, sind für den rechtschreibreformierten Variantenreichtum noch beachtliche Entwicklungsmöglichkeiten gegeben. So könnte man neben den durch Gelbdruck gekennzeichneten empfohlenen Schreibweisen beispielsweise diejenigen, die den weiblichen Mitgliedern der Dudenredaktion besonders zusagen, in Lila hervorheben. Oder diejenigen, um die besonders lang gestritten wurde, in Braun. Dann sehen die Leser, pardon: die Nachschlagenden sofort, wie schwer die Autoren mit sich und miteinander um die korrekte Falschschreibung gerungen haben.

So wie in jedem Harry-Potter-Buch eine wichtige Figur umkommt, so gibt es auch mit jedem neuen Duden ein Stück Sprache weniger. Erst wurde das scharfe ß beseitigt, dann tötete man ästhetische Konventionen wie die, dass nicht drei gleiche Konsonanten aufeinander folgen sollen. Schließlich starb eine Hauptperson der Sprache, nämlich der Sinn, als tödliche Trennungen und krankhafte Etymologien eingeführt wurden. Auch die klassische Briefanrede „Du“ wurde schon zu Grabe getragen, doch nun sind – wie in Potters Spukwelt – etliche Untote im neuen Duden auf einmal wieder da.

Diese inhaltliche Beliebigkeit jedoch löst ein unabweisliches Gefühl von Langeweile aus. Als Nachschlagender erwartet man auch von einem Duden, der längst kein Nachschlagewerk mehr ist, eine gewisse Entschiedenheit – und sei es nur um des Entertainments willen. Tatsächlich hat sich der Duden ja schon zu der Zeit, als der erste Harry Potter herauskam, von einem deutschen Wörterbuch zu einem polemischen Pamphlet entwickelt. Jetzt ist der Verlag, der in den frühen Tagen der Reform mit orthografischer Volksverhetzung eine Menge Umsatz machte, offenbar darauf bedacht, mit orthografischer Breitbandberuhigung die Kasse noch mal klingeln zu lassen.

Da kein Leser diese unwahrscheinliche Geschichte irgendeinem Schriftsteller abkaufen würde, sollte das auch kein Nachschlagender bei einer derart anrüchigen Mannheimer Sekte tun. Da, um das Maß der Unseriosität voll zu machen, auf der hinteren Umschlagseite auch noch alle Unwörter der Jahre ab 1991 aufgelistet sind, kann der Vorschlag für die nächste Unwort-Kür nur lauten: Duden.


zuletzt aktualisiert: 02. August 2006 | 11:54


http://www1.mdr.de/mdr-figaro/literatur/3248519.html

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Sigmar Salzburg

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Norbert Lindenthal
12.07.2006 18.13
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MDR Mitteldeutscher Rundfunk

Nachrichten im Mitteldeutschen Rundfunk MDR 12. Juli 2006

Schüler machen mehr Rechtschreibfehler als früher

Deutsche Schüler machen heute deutlich mehr Rechtschreibfehler als vor 40 Jahren. Zu diesem Schluss kommen Wissenschaftler der Uni Würzburg und des Max-Planck-Instituts. Ihrer Langzeitstudie zufolge ging das Niveau bei der Rechtschreibung seit den 60-er Jahren extrem zurück. Studienleiter Schneider sagte, gemessen an damaligen Diktat-Leistungen müssten heute drei Viertel der Schüler als Legastheniker gelten. Als Ursache machten die Forscher aus, dass beim Unterricht heute weniger Wert auf Orthografie gelegt werde. Die frühe Lebensphase werde nicht ernst genug genommen.

zuletzt aktualisiert: 12. Juli 2006 | 14:32
Quelle: MDR INFO

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