Nochmals: Irre Correctness
BERLIN taz | Als Mekonnen Mesghena seiner siebenjährigen Tochter aus dem Kinderbuch vorlas, das ihm eine Freundin geschenkt hatte, staunte er nicht schlecht. Denn als er zu dem Kapitel kam, in dem sich Otfried Preußlers kleine Hexe unter eine Gruppe von Kindern mischt, die sich zu Fasching verkleidet hatten, fühlte er sich wie vor den Kopf gestoßen. Von einem „Negerlein“ war da unter anderem die Rede, von „Chinesenmädchen“ und „Türken“.
Mesghena, der in der Heinrich-Böll-Stiftung das Referat Migration & Diversity leitet, schrieb einen Brief an den Verlag, in dem er sich über die „rassistischen und ausschließenden“ Begriffe beschwerte. Nach einem Mailwechsel erhielt er im Dezember dann eine überraschende Antwort. „Auch Ihrem Schreiben von neulich ist es wohl zu verdanken, dass es gelungen ist, die Familie Preußler davon zu überzeugen, die fraglichen Begriffe in ’Die kleine Hexe‘ auszutauschen“, hieß es da. Das Ergebnis werde in der neuen Ausgabe, die im Sommer 2013 erscheinen soll, zu sehen sein.
taz.de 4.1.13
Andere Länder, andere Sitten: Ich käme, anders als Herr Mekonnen Mesghena, auch als langjähriger Immigrant in China nie auf den Gedanken, mich bei dortigen Verlagen zu beschweren, wenn Europäer in Büchern als „Langnasen“ bezeichnet werden. Aber bei den Grünen kann mit so etwas wohl Geld verdienen. Warum aber auch „Chinesinnen“ und „Chinesenmädchen“ pfui sein sollen, entzieht sich meinem beschränkten Verstand. Es erinnert fast an die irre Kampagne gegen „Schwarz“fahrer in München. Der ganze Schwachsinn wird noch dadurch gesteigert, daß es ja um historische Phantasiekostümierungen geht:
Konkret geht es Willberg um ein Kapitel der „Kleinen Hexe“, in dem von einer Fastnachtsfeier die Rede ist und von Kindern, die sich als „Negerlein“, „Türken mit roten Mützen und weiten Pluderhosen“, „Chinesinnen“, als „Menschenfresser“, „Eskimofrauen“ und als „Hottentottenhäuptling“ verkleiden. Wenigstens die Worte „Neger“, „Türken“ und „Chinesinnen“ wird man in der künftigen Neuausgabe nicht mehr finden, die Kinder werden sich dann eben, sagt Willberg, als etwas anderes kostümieren. Als inhaltlichen Eingriff könne er das nicht werten, schließlich gehe es ja um die Fastnachtsszene als solche und nicht um die Rollen.
faz.net 9.1.13
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